24. Der Springende Punkt

»Weidenpfote? Oh, und Sturmpfote. Du bist auch hier«, sagte er, als hätte er nicht längst gewusst, dass Sturmpfote auch hier war. »Was für eine Überraschung. Hat Farnblatt dich hierher geschickt?«

Sturmpfote sah auf und blinzelte, dankbar für die Ja-Nein-Frage; wenn schon Weidenpfote seine Ausrede entlarvt hatte, würde sie bei Tupfenherz niemals funktionieren. »Ja. Und ich müsste dann auch los. Farnblatt zerreißt mich in der Luft, wenn ich nicht pünktlich wieder zurück bin.« Er lächelte schmal, nickte beiden zu und stürzte davon.

Langsam drehte sie sich zu ihrem Mentor um.

»Schön, dass ich dich treffe.« Er nickte.

Sie nickte.

Schweigen.

Tupfenherz sah ihr in die Augen, versuchte, ihren Blick aufzufangen, und scheiterte daran.

Schweigen.

Er seufzte. »Also gut, du hast gewonnen. Ich habe dich gesucht, weil - hast du die Taube gefangen?«

»Naja, Sturmpfote hat...« Sie hielt inne. Vermutlich hatte er sie sowieso dabei beobachtet. Wer denn noch alles! Sah ihr der halbe Clan zu, wenn sie nicht hinschaute?

»Du bist eine gute Jägerin. Buchenpelz hat dir Einiges beigebracht. Bei Weitem mehr, als ich dir je hätte beibringen können.«

Sie sagte nichts.

Tupfenherz seufzte. Seine Ohren zuckten nervös hin und her, er warf einen Blick über die Schulter. Aber da war nichts. Sie waren allein. »Also. Ich wollte dich ... etwas ... nein, ich fange anders an«, er holte tief Luft, »mir kommt es vor, als würdest du dich in letzter Zeit...«, er hielt kurz inne, zögerte und sprach dann viel schneller weiter, als wolle er die Worte schnell hinter sich bringen: »irgendwie seltsam verhalten, mir gegenüber,gibt es einen Grund dafür oder bilde ich mir das nur ein oder ist es Zufall oder ist etwas passiert oder...«, er zögerte, »...nicht.«

»Seltsam?«, wiederholte sie.

»Naja - du gehst auf andere Patrouillen, selbst mit Hellpfote.« War es so offensichtlich, dass sie ein Problem mit Hellpfote hatte? »Du stehst mitten in der Nacht auf, um jagen zu gehen...«

»Der Morgen ist die beste Zeit zum Jagen«, sagte sie.

Er ging nicht darauf ein. »Du redest auch nicht mehr mit Sturmpfote.« Was ging ihn das an? »... und du redest nicht mehr mit mir.« Er seufzte. »Ich weiß, das war etwas schwierig, wegen der drei Jungen. Und vielleicht habe ich dir auch nicht immer genug zugehört, oder ... ich weiß auch nicht...«, er seufzte noch einmal, »... ich war selbst beschäftigt, mit meiner Familie, und dabei hätte ich beinahe vergessen...« Er hielt inne, überlegte offenbar, ob er das sagen sollte, was er sagen wollte, entschied sich nach kurzem Zögern aber dagegen und musterte sie stattdessen. »Ich wollte mich entschuldigen, falls ich dich etwas vernachlässigt haben sollte. Ich bin dein Mentor, und das ist eine Ehre für mich. Wirklich. Du müsstest oberste Priorität haben, und ich glaube, die habe ich im letzten Mond vernachlässigt.«

Weidenpfote nickte.

Schweigen.

»Also ... war es das?«

»Es ist alles in Ordnung.«

»Weidenpfote, ich merke, wenn jemand ein Problem mit mir hat.«

»Ich habe kein Problem mit dir.«

»Mit irgendjemand anderem?«

»Nein.«

»Und es ist wirklich alles in Ordnung.«

»Ja.«

»Und wenn nicht, sagst du mir bescheid.«

»Ja.«

»Auch wenn dich etwas beschäftigt?«

Sie seufzte.

»Okay, okay.« Er zuckte mit dem Schwanz, stand aber noch nicht auf, sondern saß ein paar Augenblicke still neben ihr. Sein Blick fiel auf die Taube. Sie lag noch immer neben ihnen im Schnee, Sturmpfotes Zähne als deutlichen Abdruck zu sehen. »Du bist eine gute Jägerin geworden«, sagte er, stand auf und wandte sich zum Gehen. »Eine wirklich gute Jägerin. Der Clan wäre schwach, wenn du nicht da wärest.« Er hielt inne. »Kommst du? Es ist spät geworden. Bald ist Sonnenhoch«, er lächelte mild, »und ich möchte wenigstens nicht als ein Mentor dastehen, der seiner Schülerin keine Pünktlichkeit beigebracht hat.«

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