10. Kapitel - Kupferstern
Zwei Sonnenaufgänge später kam Kupferstern wieder zu Bewusstsein. Der tiefe, ruhige Strudel aus Dunkelheit, der sie die letzte Zeit ruhen gelassen hatte wich und ihr war es endlich möglich wieder klare Gedanken zu fassen. Ihr Herz schmerzte bei den Erinnerungen an ihre Mission, die katastrophaler geendet hatte, als sie es für möglich gehalten hatte - und dennoch war ihr Lager unenddeckt geblieben. Ob dies nun pures Glück war, oder der SternenClan ihr tatsächlich die Pfoten gelenkt hatte, konnte sie allerdings nicht sagen.
Ihre Träume fühlten sich seltsam leer an, wenn ihre Ahnen nicht anwesend waren. Sie waren nur erfüllt mit Erinnerungen, wie Hagelkralle sie verließ, ihr Clan umgebracht oder Finsternis ihren Krieger Goldkralle vor aller Augen tötete, während dessen Schwester in Flammen aufging und sich kein bisschen dabei verletzte. Es waren Albträume, dennoch wusste Kupferstern, dass sie ohne die junge Kriegerin nicht die geringste Chance hatten, denn Funkenblitz war die Einzige, die auch nur ansatzweise gegen die seltsame Magie von Finsternis angekommen war.
Sie schloss ihre Augen und sah erneut Hagelkralles leeren, hoffnungslosen Blick vor sich. Sie mussten ihren Clan wieder zusammenführen, dachte sie. Sonst sehen bald alle von ihnen so aus.
Schaudernd vielen ihr weitere Augen ins Gedächnis - voller Panik und Todesangst, in dem Moment, wo sie von den glänzenden Monstern auf dem Donnerweg erfasst wurden und Kupferstern ihnen ihre Warnung zu spät hinterherschrie - und das obwohl die beiden Katzen eine KrallenClan-Patrouille waren, die nur wenige Herzschläge vor Kupfersterns Flucht über den Donnerweg versucht hatten, sie umzubringen.
Stur schüttelte die Anführerin ihren Kopf, als wolle sie eine lästige Fliege loswerden, und richtete ihren Blick auf die Mitte ihres Lagers. Blutpfote und Buchenstern lieferten sich gerade einen heftigen Streit. Sie hatten beide Recht, das wussten sie beide, aber dennoch bestanden beide Parteien auf ihrem Standpunkt.
>> Die feindlichen Krieger sind tot, Buchenstern, sie konnten ihr nicht bis hierher folgen! << fauchte der rotbraune Schüler dem Anführer ins Gesicht. >> Wenn der KrallenClan ihre Krieger suchen geht, werden die uns finden! Wir müssen gehen, solange wir noch können! << fauchte Buchenstern zurück.
>> Das hier ist der sicherste Platz, den es gibt für uns alle. Wenn wir das aufgeben, dann müssten wir uns aufteilen. <<
>> Dann ist es so. Dann wird der Clan wenigstens nicht auf einen Schlag ausgelöscht. <<
>> Deine Krieger überleben nicht lange alleine. Keiner hat eine Chance gegen fünf Gegner gleichzeitig zu kämpfen, wenn ihr euch aufteilt, ist dass euer sicherer Tod! <<
>> Das weiß ich! <<
>> Warum ziehst du es dann in Erwähnung? << schrie Blutpfote und mittlerweile hatten sich fast alle Katzen den Streitenden zugewand - bis auf die BlattClanKrieger, die am Rand Wache hielten, aber auch die hatten ein Ohr lauschend nach hinten gedreht.
>> Das reicht jetzt! << rief Kupferstern und erhob sich aus ihrem Nest, auch wenn ihre Seite dabei schmerzte. Doch auch Feuerpfote hatte sich zwischen die beiden Kater geschoben und funkelte beide mit ihren bernsteinfarbenen Augen wütend an, dass beide unwillkürlich einen Schritt zurücktraten.
>> Ihr seid beide fuchsherzige Idioten! << fauchte die Heilerin. >> Sich zu streiten bringt gar nichts. Wir bleiben. Ich bin die einzige, die die Wunden deiner Krieger heilen kann, Buchenstern und - <<
>> Wir könnten weiter nach Lichttropfen suchen. Vielleicht - lebt sie doch noch. << sagte Buchenstern scharf. Feuerpfote senkte ihren Blick. >> Sie ist tot, Buchenstern. Das weißt du doch. <<
>> Dann Wolkensprung. Oder meinetwegen auch Ameisenpelz. Du bist schließlich nicht die einzige Heilerin. << miaute Buchenstern stur, als wolle er einfach nicht einsehen, dass er bleiben musste - an einem eigentlich tatsächlich zu kleinen Ort für zwei Clans, mitten zwischen Zweibeinernestern und Donnerwegen. Feuerpfote rang mit sich, wirkte plötzlich so klein und verloren. Sie hob den Blick, doch der verzweifelt traurige Blick der Kätzin fiel während ihrer nächsten Worte nicht auf Buchenstern sondern auf Kupferstern, die sie mit wachstendem Entsetzten ansah.
>> Ich - ich weiß - Sie sind - sie sind tot, sie alle. << miaute Feuerpfote leise und ein leises - >> Igelherz auch. << - zu ihrer Anführerin.
Kupferstern schwieg. Das war das, was Hagelkralle ihr ebenfalls schon ins Gesicht gesagt hatte, doch diese Worte hatte sie automatisch wieder verdrängt, überhört, denn sie konnte sich das einfach nicht Vorstellen. Igelherz war doch hinter ihr gewesen, war doch bei ihr gewesen, als sie geflohen waren. Sie hatte seine Stimme gehört, er würde ihr folgen, sie solle schon gehen. Er war doch gar nicht so stark verletzt. Er wäre hinter ihr. Vielleicht war er einfach vom Weg abgekommen, hatte sie aus den Augen verloren, aber das hieß doch nicht, dass er tot war -
Sie schloss die Augen und verdrängte das Brennen in ihnen - sie hatte die letzten vielen Tage getrauert, jetzt musste sie endlich wieder etwas tun.
>> Feuerpfote, du solltest zum Sternenfels gehen. Rede mit dem SternenClan. << sagte sie und starrte Feuerpfote mit einem nun entschlossenen Ausdruck an.
>> Aber - die Zermonie ist nicht so wichtig, jetzt, das kann doch - <<
>> Nein. Jemand muss mit ihnen reden, wir können nicht warten und darauf hoffen, dass unsere Ahnen in unseren Träumen zu uns durchdringen. Der Sternenfels ist die einzige Möglichkeit. <<
>> Sie hat recht. << sagte nun auch Buchenstern, >> Aber sie sollte auf keinen Fall alleine gehen. <<
Feuerpfote trat betreten von einer Pfote zur anderen.
>> Es wären unverantwortlich, euch jetzt zu verlassen. Und ihr könnt keine Krieger zu meinem Schutz entbehren - hier sind viele Junge, sie können sich nicht verteidigen. << sagte sie.
>> Wir schaffen das Feuerpfote. Bring uns bei, was du kannst. Wir haben in dem letzen Mond schon viel so gelernt. << miaute Blutpfote jetzt sanft.
Zu wenig Krieger.
Ruckartig tat Kupferstern vor, sodass ihr wieder alle Blicke zugewandt wurden.
>> Ich weiß, dass du deinen Mentor gerne dabei haben würdest, Blutpfote - << miaute sie, während die Augen des rotbraunen Schülers sich vor Erkennen weiteten - >> und auch für dich mag die Situation vollkommen ungeeignet für die Zeremonie sein, Finkpfote. << Die graue Schülerin, die sich zuvor in der Nähe der Kinderstube aufgehalten hatte trat nun unsicher vor.
>> Aber Blutpfte hat recht, wir können keine Krieger entbehren - wir haben einfach keine. Und ihr seit den Umständen entsprechend schon lange bereit dafür. <<
Blutpfote und Finkpfote traten einige Schritte vor und warfen sich gegenseitig unsichere, und dennoch entschlossene Blicke zu.
Kupferstern setzte sich vor sie, während Buchenstern respektvoll zurücktrat, ebenso wie Feuerpfote und den drei Katzen den Platz in der Lagermitte überließ.
Kurz atmete Kupferstern durch - es schien Jahreswechsel her zu sein, dass sie diese Worte aussprach - und wandte ihren Blick nach oben zu dem Blättergewölbe, durch dessen winzige Spalten Sonnenlicht drang, und stellte sich die Sterne vor, wie sie immer leuchteten, nur zu schwach um das Licht der Sonne zu übertreffen. Noch einmal holte sie tief Luft und wandte sich dann den beiden Schülern zu.
>> Es ist an der Zeit, zwei jungen Katzen ihren Kriegernamen zu geben. Sie haben in diesem Krieg ihren Mut und ihre Entschlossenheit gezeigt und ihren ehrenvollen Willen, jeder Katze in Not zu helfen - auch über die Clangrenzen hinaus. Sie haben bewiesen, dass sie tief in ihrem Herzen wahre Krieger sind. << sagte Kupferstern und sah die freudige Erwartung in Finkpfotes blauen Augen glitzern.
>> SternenClan, sieh auf diese Katzen herab, sie haben hart gekämpft um das edle Gesetz der Krieger zu erlernen. Gebe ihnen die Kraft, weiterhin dafür zu kämpfen. Finkpfote und Blutpfote, versprecht ihr, das Gesetz der Krieger zu halten und eurem Clan, und allen Clans, zur Seite zu stehen, egal was die Zukunft bringen mag? <<
>> Ich verspreche es. << sagte Finkpfote mit erhobenen Kopf.
>> Ich verspreche es. << sagte Blutpfote, mit einem Blick, den sie erst nicht deuten konnte. War das Dankbarkeit?
>> Dann heiße ich euch willkommen, als vollwertige Krieger des BlitzClans. Finkpfote, von heute an wirst du den Namen Finkenflug tragen. Mögest du deinem Clan weiterhin deine Treue und deine Entschlossenheit schenken. <<
Kupferstern legte ihre Schnauze auf den grauen Kopf und spürte die Zunge der Kätzin an ihrer Schulter, während Finkenflugs Zittern auf sie überging.
>> Blutpfote. Du bist nicht als Mitglied des BlitzClans geboren, doch bist du darin hineingewachsen. Ich weiß nicht, für welchen Clan du dich entscheidest, sollten wir sigen können, aber du musst wissen, dass ich deine Entscheidung unterstützen werde. Von heute an sollst du den Namen Blutherz tragen, mögest du deinem Clan weiterhin deinen Glauben und deine Herzlichkeit schenken. <<
Blutherz wirkte verlegen und stolz zugleich, als er vortrat, den Jubelrufen der wenigen Katzen lauschend, während Kupfersterns Blick auf die silberne Kätzin am Rand fiel, die Blutherz mit so viel Liebe betrachtete, wie Hagelkralle sie einst angesehen hatte - und sie konnte nur hoffen, dass die Geschichte von Silbernebel und Blutherz nicht so endete wie ihre Eigene.
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