33
(06.10.2023)
(Überarbeitet: 19.10.2023)
Tigerpfote
„Dunstschimmer ist nicht dein Vater", kam es von Distelstern, so leise, dass Tigerpfote nicht wusste, ob sie überhaupt etwas gesagt hatte.
„Was?", schrie Tigerpfote, sobald sie das Gesagte verstanden hatte.
„Dunstschimmer. Er ist nicht der Vater von dir und Flusspfote", wiederholte die Kätzin und schaute Tigerpfote nun endlich an.
„Das kann nicht sein!", hielt Tigerpfote verzweifelt dagegen.
Wieso rückte Distelstern ausgerechnet jetzt mit der Wahrheit heraus? Das ist der unpassendste Moment!
„Lange bevor du und dein Bruder geboren wurden, habe ich einen Streuner kennengelernt...", setzte Distelstern an, aber Tigerpfote unterbrach sie.
„Ich will das nicht hören!"
„Ich weiß, ich will nur versuchen zu verhindern, dass du denselben Fehler machst wie ich", miaute Distelstern ruhig und sah Tigerpfote zum ersten Mal seit sie mit der Wahrheit herausgerückt war, wieder in die Augen.
„Ich will auch nicht mehr mit dir darüber reden! Morgen bei Sonnenhoch brechen die Clans auf!", setzte Tigerpfote dem Gespräch ein abruptes Ende. Dachte sie zumindest.
„Werdet ihr nicht! Du bist nicht die Anführerin des FrostClans! Das bin ich! Und du hast nicht das Recht zu entscheiden, was mein Clan tut und lässt!", knurrte Distelstern gefährlich leise.
„Wenn wir hier bleiben, sterben wir alle. Wir müssen dringend hier weg und alle Anführer haben zugestimmt, also geht auch der FrostClan. Die Clans müssen zusammen bleiben!", sagte Tigerpfote bestimmt und richtete sich zu ihrer vollen Größe auf.
„Gut, du kannst gehen, aber der FrostClan bleibt!" Distelstern schlug mit dem Schweif hin und her.
„Ein paar Katzen wollen aber mitkommen und du kannst niemanden aufhalten und einsperren!" Die Schülerin unterdrückte den Drang ihrer Mutter einen triumphierenden Blick zu zuwerfen und starrte stattdessen in das Territorium des SonnenClans.
„Ein- zwei Katzen weniger verträgt der Clan schon", hielt Distelstern noch immer dagegen, aber Tigerpfote kannte ihre Mutter gut genug, um zu erkennen, dass sie langsam an ihrer Entscheidung zweifelte.
„Gehen wir ins Lager zurück und erzählen dem Clan die Neuigkeit, dass wir das Territorium verlassen", schlug die junge Kätzin vor.
„Woher willst du überhaupt wissen, dass der SternenClan billigt, was du da anzettelst?", wollte Distelstern wissen, folgte Tigerpfote aber zurück in den Wald.
„Ich hatte einen Traum vom SternenClan", meinte sie und duckte sich unter einem Busch hindurch.
„Aha, ein Traum."
Die Anführerin wirkte alles andere als überzeugt. Den Rest des Weges legten sie in Schweigen zurück. Je näher sie dem Lager wieder kamen, desto nervöser wurde sie.
„FrostClan!", rief die schwarze Kriegerin und Anführerin und lief auf den Anführerfelsen zu, jedoch blieb sie davor stehen und wartete bis sich die Katzen um sie versammelt hatte. Tigerpfote war ihr gefolgt und saß nun in der ersten Reihe direkt vor Distelstern.
„Die Clans verlassen morgen bei Sonnenhoch das Territorium!", verkündete Distelstern und schaute ihre Tochter mit einem Blick an, den Tigerpfote nicht ganz deuten konnte.
Es wirkte wie eine Mischung aus Stolz, Schuldgefühlen und Wut.
„Genau. Die anderen Anführer haben zugestimmt und sind bereit das Gebiet zu verlassen. Milo wird uns führen", erklärte Tigerpfote noch bevor eine Katze etwas sagen konnte.
„Distelstern! Wieso glaubst du einem flohverseuchtem Streuner!", rief Krähenschatten dazwischen und erhob sich von seinem Platz neben Fliederglanz.
„Tigerpfote glaubt ihm", lautete die einfache Antwort und Tigerpfote sah ihre Mutter mit einem dankbaren Blick an. Dann fiel ihr Blick auf ihren Vater und ihre Brust zog sich zusammen. Neben dem hellbraunen Krieger stand Flusspfote und schaute erstaunt zwischen Distelstern und Tigerpfote hin und her.
Wie sollte sie Flusspfote erklären, dass Dunstschimmer nicht ihr Vater war? Und wusste Dunstschimmer davon?
„Weiß er es?", flüsterte Tigerpfote, während der Clan sich in Grüppchen zusammenstellten und lautstark diskutierten.
„Ja", flüsterte Distelstern genauso leise zurück.
„Und Flusspfote?"
„Nein."
„Soll ich es ihm sagen oder du?"
„Sag du es ihm. Er nimmt es besser auf, wenn du es ihm sagt", meinte Distelstern und schaute zu ihrem Gefährten hinüber, nickte ihm zu und wandte sich dann ihrem Clan zu.
Tigerpfote zerriss es das Herz als sie den Blick von Dunstschimmer sah. Er wusste, dass sie es wusste und sie wusste, dass er wusste, dass sie es wusste. Neben ihm stand noch immer Flusspfote, völlig unwissend.
Die Schülerin beobachtete Flusspfote, der versuchte dem Gespräch zwischen Sumpfschweif und Wiesenblüte zu verfolgen. Er wirkte viel jünger als Tigerpfote und viel unerfahrener.
Sie atmete einmal tief ein und wieder aus, bevor sie auf die beiden Kater zuging.
„Dunstschimmer? Flusspfote?", machte sie auf sich aufmerksam. Zwei Augenpaare schauten sie an. Eines war blau und das andere hellgrün, eines war traurig und eines neugierig.
„Ich muss mit euch reden, mit euch beiden", begann Tigerpfote und blickte kurz zu Distelstern hinüber, die die drei beobachtete und ihr zunickte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top