30
(03. September 2023)
(Überarbeitet: 18. Oktober 2023)
Luftpfote
Schreie scheuchten Luftpfote auf. Er befreite sich von den Moosfetzen in seinem Fell und stürmte aus dem Schülerbau. Auf der Lichtung herrschte das reine Chaos, aber nirgends konnte er fremde Katzen entdecken oder andere Eindringlinge.
Der Schüler drängte sich an ein paar anderen Katzen vorbei in die Mitte des Kreises.
Wie erstarrt blieb er stehen als er sah, was in der Mitte los war.
„Minzpfote", flüsterte er.
Sie lag starr auf dem Boden, ihre Augen waren glasig.
„Was ist passiert?", fragte er die nächstbeste Katze. Wie sich herausstellte war es Falkenschwinge, der Mentor von Minzpfote.
„Ich weiß es nicht. Wir waren gerade dabei das Fische fangen zu trainieren, da ist sie auf einmal zusammen gebrochen und-", stotterte der Mentor. Er zitterte am ganzen Körper.
Tröstend drückte er sich gegen den Krieger. Falkenschwinge wehrte sich nicht.
Nach einer Weile entfernte sich der junge Kater von dem goldbraunen Krieger und begann nach seinen Geschwistern zu suchen. Kaum war er ein paar Schritte gegangen, hörte er einen dumpfen Aufprall. Gefolgt von entsetzen Maunzen und Wimmern.
Luftpfote wirbelte herum. Falkenschwinge lag am Boden, seine Pfoten zuckten und er hatte die Augen geschlossen.
„Blütenschleier!", rief jemand. Bewegung geriet in den Clan als sich die Heilerin hindurch drängte.
„Weg von ihm!", fauchte sie, blieb aber ansonsten ruhig. Die Katzen des HagelClans wichen zur Seite. Einige begannen zu reden, andere schauten nur erschrocken zu.
Luftpfote trat zu Blütenschleier.
„Kann ich helfen?", fragte er und versuchte den sich krümmenden Falkenschwinge nicht anzusehen. Es war einfach zu schrecklich. Blütenschleiers Antwort ging in einem Jaulen unter.
„Wo ist er? Falkenschwinge?"
Kirschherz schubste die Katzen, die ihr im Weg standen, beiseite und rempelte Luftpfote an.
„Falkenschwinge? Kannst du mich hören?", rief die Königin panisch und leckte ihrem Gefährten über die Wange. Er reagierte nicht.
„Luftpfote?", flüsterte Blütenschleier.
„Du kannst mir helfen, indem du Kirschherz wegbringst." Luftpfote nickte und ging zu Kirschherz.
„Kirschherz, komm. Du solltest wieder zu deinen Jungen zurück. Was ist, wenn es ansteckend ist?", versuchte der Schüler die Kätzin dazu zu überreden wieder zurück in die Kinderstube zu gehen. Ihm war bewusst, dass es nicht der Wahrheit entsprach, was er zu Kirschherz sagte.
Er wusste, dass das was Falkenschwinge hatte nicht ansteckend war, sondern von dem vergifteten Wasser kam. Jedoch konnte er nichts sagen, ohne Sturmsterns Autorität zu untergraben. Der Anführer hatte unmissverständlich klar gemacht, dass er der Geschichte von Abendlied und Kletterschweif nicht glaubte, alleine schon aus dem Grund, dass der Traum nicht von einer Heilerkatze stammte, sondern von einer einfachen Schülerin.
Luftpfote glaubte den beiden und, soweit er wusste, auch ein paar andere aus seinem Clan.
„Ich will bei Falkenschwinge bleiben!", knurrte die Kätzin und schüttelte den Kopf.
„Bitte! Denk an deine Jungen, sie brauchen dich. Was ist, wenn du auch krank wirst?", wollte Luftpfote von ihr wissen und legte den Kopf kurz in den Nacken.
Warum sind Kätzinnen immer so stur?
Zu seiner Überraschung nickte Kirschherz, legte ihrem Gefährten noch einmal übers Ohr und folgte Luftpfote zurück zu Kinderstube. Besorgt blickte sie noch einmal zurück und verschwand dann, gefolgt von Luftpfote, in dem Bau.
***
Die Sonne stand schon lange nicht mehr am höchsten Punkt als Luftpfote sich endlich zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit hinsetzen konnte. Der Grund war jedoch so schlimm, dass Luftpfote gerne noch lange Zeit stehen geblieben wäre. Wenn es sein müsste, dann sogar Monde!
Der HagelClan wollte den Katzen die letzte Ehre erweisen, die gestorben waren. Es war nicht bei Minzpfote geblieben. Der Gedanke an Minzpfote schnürte ihm die Kehle zu.
„Katzen des HagelClans!", rief Sturmstern. Heute stand er nicht auf dem Anführerfelsen, sondern bei seinen Clangefährten. Er sah zum Himmel hoch und schwieg für ein paar Sekunden. Ein Wimmern durchbrach die Stille.
„Leider müssen wir uns heute von viel zu vielen Katzen verabschieden. Jede von ihnen wird von uns in Ehren gehalten! Heute Nacht halten wir Totenwache für sie", maunzte Sturmstern laut genug, damit jeder ihn hören konnte.
Nacheinander trat er zu den Verstorbenen. Zuerst zu seinem zweiten Anführer Finsterkralle. Luftpfote beobachtete wie der Anführer zittrig Luft holte bevor er sich zu seinem ehemaligen Stellvertreter setzte und sich verabschiedete.
Luftpfote stand auf. Zuerst wollten ihm seine Beine nicht gehorchen. Sein Blick lag auf dem toten Körper seiner Mutter. Seine Kehle war wie zugeschnürt.
Ich kann mich nicht von ihr verabschieden! Sie soll nicht tot sein! Nein, SternenClan, du darfst sie nicht haben! Ich brauche sie noch!
Es half nichts, Wellenschweif blieb reglos liegen. Luftpfote beobachtete wie seine Geschwister und sein Vater zu ihr hingingen. Er konnte sich nicht bewegen. Der Schmerz schien ihn zu lähmen.
Erst als Brombeerpfote ihn ansah, bewegte er sich. Langsam und mit schleifenden Pfoten und Schweif ging er auf sie zu. Dabei fiel sein Blick auf Minzpfote und er blieb stehen.
Ein Stich fuhr durch ihn. Nie wieder würden Minzpfote und er gemeinsam jagen. Nie wieder würden sie sich ein Beutestück teilen können. Nie wieder würden sie ihren Geschwistern oder ihren Mentoren Streiche spielen können. Nie wieder würden sie über ihre Zukunft reden.
Und nie würden sie Gefährten werden und gemeinsam ihren Jungen beim Spielen zusehen können.
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