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(6. Juli 2023)
(Überarbeitet: 16.10.2023)

Milo

In geduckter Haltung schlich er auf die Grenze des Frost-Clans zu. Noch immer konnte er keine frischen Gerüche ausmachen und auch die Geräusche deuteten nicht auf eine Patrouille oder auf einzelne Katzen hin. Milo entspannte sich ein kleines bisschen, aber nicht wirklich. Noch immer blieben seine Muskeln angespannt. Mit weit aufgerissenen Augen und gespitzten Ohren überquerte Milo die Grenze. Kaum hatte er sie überquert, blieb er auch schon stehen. Ihm war eine Idee gekommen.

Bäh. Sein Gesicht verzog er vor Ekel, als er sich auf die Seite fallen ließ und in der Grenzmarkierung wälzte. Nachdem er kurz überprüft hatte, ob sein Geruch halbwegs überdeckt war, duckte er sich neben einen Farn und beobachtete den Wald. Dabei drehte er seine Ohren in alle Richtung, damit er auch nur das kleinste verräterische Geräusch hören konnte.

Ohne, dass er es wollte, dachte er daran, was Tigerpfote gerade machte und warum sie noch vor Sonnenaufgang abgehauen war. Hatte es etwas damit z tun, dass sie sich keinen Ärger einhandeln wollte, den sie eigentlich so oder so bekam oder hatte sie etwas anderes zu tun? Vielleicht schmiedete sie aber auch gerade jetzt einen Plan mit den Frost-Clan, um ihm zu schaden oder in eine Falle zu locken.
Was ist, wenn ich Tigerpfote vertraut habe, ohne, dass sie wirklich vorhatte ihrem Clan zu helfen und sie mich die ganze Zeit belogen hatte? Vielleicht hatte sie die Geschichte mit der Versammlung auch nur erfunden? Ist sie wirklich so ehrlich wie sie wirkt?

Ein Jaulen zerriss die Luft und die Stille im Wald. Vor Schreck fauchte Milo, fuhr die Krallen aus und wirbelte herum. Doch da war es schon zu spät. Ein schwere Körper presste ihn zu Boden und Krallen bohrten sich tief in seinen Rücken. Der Geruch des FrostClans stieg ihm in die Nase.

„Was hast du denn schon wieder hier verloren? Sagte Distelstern nicht, du sollst verschwinden?", knurrte eine bekannte Stimme in Milos Ohr. Erst nach ein paar Herzschlägen erkannte er, dass es sich um den zweiten Anführer handeln musste, ihm fiel aber der Name nicht mehr ein.
„Ja, schon, aber...", setzte Milo an und versuchte sich freizustrampeln, während der andere Kater seine Krallen nur noch tiefer in sein Fleisch grub.
„Nichts aber, du hast kein Recht hier zu sein!", sagte er und biss ihm in die Schulter. Milo wusste, dass der Kater noch viel fester zu beißen konnte und ihn nur als Vorwarnung biss. Doch ein leises Fauchen konnte er sich nicht verkneifen.

„Was ist, wenn ich aber hier bleibe?", fragte der Hofkater herausfordernd. Er musste es irgendwie schaffen, dass der zweite Anführer von seinem Rücken herunterkletterte oder gar flog. Ihm war beides recht, solange er dann wieder ordentlich Luft bekam.
„Dann werde ich die das Fell über die Ohren ziehen müssen, aber so wäre das doch unfair, nicht wahr?", schnurrte der Kater. Das Gewicht verschwand von seinem Rücken und in Sekundenschnelle hatte sich Milo aufgerappelt und stand nun einem dunkelgrau-getigerten Kater gegenüber. Zusammen mit der Fellfarbe tauchte auch der Name wieder in Milos Kopf auf. Krähenschatten.

„Gut?", maunzte Milo und legte den Kopf leicht schief. Dabei spannte er seine Muskeln an und grub die Krallenspitzen in den weichen Erdboden.
„Gut, ein Zweikampf. Wenn ich gewinne, verschwindest du", befahl Krähenschatten und schaute Milo herausfordernd und mit einem siegessicheren Blick an.
„Wenn ich gewinne, bringst du mich zu eurem Lager und ich darf mit Tigerpfote und Distelstern sprechen", knurrte Milo selbstbewusst. Krähenschatten kniff die Augen zusammen.

„In Ordnung", kaum hatte der zweite Anführer das letzte Wort ausgesprochen, machte er auch schone einen Satz auf Milo zu und erwischte ihn eiskalt. Milos Wange brannte an der Stelle, wo Krähenschatten ihm einen Kratzer verpasst hatte. Er drehte sich zu dem Kater um und sah gerade noch, wie er auf ihn zuschoss, bevor Milo auf dem Waldboden aufschlug. Für einen Moment blieb ihm die Luft weg. Krähenschattens Krallen hinterließen blutende Spuren an Milos Flanken.

Vor Anstrengung knurrend stemmte Milo die Hinterläufe in den Boden, warf sich herum und landete wieder auf den Pfoten. Einen Herzschlag lang kämpfte er mit dem Gleichgewicht. Krähenschatten, der damit nicht gerechnet hatte, flog zur Seite und landete zu Milos Glück nicht auf den Pfoten. Das verschaffte Milo die Gelegenheit sich aufzurappeln und seinen nächsten Schlag zu planen.
Doch lange Zeit hatte er nicht. Krähenschatten war schon wieder auf den Pfoten, bevor Milo auch einen nur einen Gedanken fassen konnte. Er merkte, dass er keine Chance gegen den ausgebildeten Krieger hatte und verlieren würde, aber er musste zu Tigerpfote.

Ein Funkeln trat in Krähenschattens Augen, als er bemerkte wie Milos Entschlossenheit langsam nachließ und seine Fassade zu bröckeln begann.
„Schon müde?", stichelte der Krieger und machte einen Schritt nach dem anderen auf Milo zu. Dabei ließ er die Muskeln unter seinem Fell spielen. Milo antwortete nicht, sondern senkte einfach nur den Kopf, behielt aber dunkelgrauen Kater aber trotzdem im Auge. 

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