15

(27. August)
(Überarbeitet: 15.10.2023)

Tigerpfote

Ihre Pfoten flogen geradezu über den Boden und fühlen sich doch bleischwer an. Ihr Kopf wurde von dem Gedanken beherrscht, was Milo wohl denken musste, wenn er aufwachte und sie verschwunden war. Sie bereute nicht, dass sie bei ihm geblieben war, jedoch machte sie sich Sorgen um den FrostClan und die anderen Clans. Sie hoffte sehr, dass Distelstern ihr glaubte, sobald Tigerpfote ihr von dem Traum erzählte.

Der Geruch nach Katzen ihres Clans streifte Tigerpfotes Nase und riss sie aus ihren Gedanken. Schnell schaute sie sich um. Sie putzte sich noch einmal über das Fell und legte auch ihren Pelz an, der sich vor Angst und Aufregung gesträubt hatte. Kaum einen Herzschlag später raschelte es links von Tigerpfote und Wiesenblüte trat gefolgt von Bachstreif und Mottenschweif zwischen zwei Farnbüscheln hervor. Offensichtich kamen sie gerade von einer Grenzpatrouille zurück, denn sie trugen weder Beute bei sich, noch rochen sie nach frischen Blut oder hatten vom Beute vergraben nach Erde riechendes Fell.

Tigerpfote bemühte sich einen normalen Eindruck zu machen und zwang sich möglichst unbesorgt drein zu schauen.
„Hallo, Wiesenblüte", begrüßte sie die Anführerin der Patrouille und nickte den beiden anderen Kätzinnen zu, „Bachstreif, Mottenschweif." Ihr Blick blieb etwas länger bei Mottenschweif hängen als bei den anderen Katzen.
Habe ich noch ich immer ihre Unterstützung? Hat sie jemandem von meinem Treffen mit Milo erzählt?
Tigerpfote beschloss, dass sie unbedingt mit Mottenschweif reden musste. Sie warf der hellgrauen Kätzin noch einen Blick zu und wandte sich dann an Wiesenblüte, deren gelbe Augen sie neugierig und auch etwas besorgt musterten.

„Seid ihr auf dem Weg zurück ins Lager?"
„Ja, sind wir, aber wo warst du die ganze Nacht? Dunstschimmer ist beinahe durchgedreht. Flusspfote konnte ihn zum Glück beruhigen, sonst hätte er einen Suchtrupp geschickt!", erzählte die grau-weiße Kätzin, ohne dass Tigerpfote fragte. Innerlich verdrehte sie die Augen, doch es gab ihr auch einen Stich. Ihre Mutter hatte sich anscheinend nicht um sie gesorgt, eigentlich kein Wunder. So war es immer, wenn die beiden sich stritten. Tigerpfote haute in den Wald ab und kam erst Ewigkeiten später zurück, während Distelstern ihren normalen Alltag weiterführte, sich um den Clan kümmerte und dabei ihre Tochter komplett vergaß.

„Oh", machte Tigerpfote und schaute zu Boden.
„Naja, hier bin ich und mir geht es gut", murmelte sie dann weiter und versuchte die Schuldgefühle wegen Milo zu unterdrücken und in die hinterste Ecke ihres Kopfes zu schieben. Momentan war er ihr kleinstes Problem, auch wenn ihr Herz das anders sah. Kaum hatte sie ihn verlassen, zog es sie wieder zu ihm hin.

„Ja, zum Glück. Du kommst am besten mit ins Lager zurück und erklärst deinem Vater, wo du warst. Ich würde das übrigens auch gerne wissen", maunzte Wiesenblüte und blickte Tigerpfote streng an.
Uff, das auch noch!
Ohne zu wiedersprechen trabte die junge Schülerin Wiesenblüte nach. Das Schlusslicht bildete Bachstreif, während Mottenschweif schweigend neben ihr herlief.
Die Gruppe redete den ganzen Weg über kein einziges Wort. Erst als der Geruch nach FrostClan-Katzen immer stärker wurde und man leise Stimmen hörte, schien es so als ob die vier Katzen wieder erwachten.

Tigerpfote nutzte den Moment, indem Wiesenblüte Bachstreif zurief, sie solle Distelstern und Dunstschimmer informieren, um Mottenschweif etwas zu zuflüstern.
„Ich muss mit dir reden." Mottenschweif zuckte einmal kurz mit dem Ohr, ließ sich aber sonst nicht anmerken, dass sie Tigerpfote gehört hatte.
Als die Kätzinnen das Lager erreicht hatten, war sich Tigerpfote nicht mehr sicher, ob Mottenschweif sie wirklich gehört hatte. Zu ihrem Pech hatte sie nicht mehr die Zeit Mottenschweif noch einmal zu sprechen, denn ihre Eltern erwarteten sie bereits am Eingang.

In den Augen von Dunstschimmer konnte Tigerpfote Freude und Erleichterung erkennen, doch Distelsterns Augen gaben nichts preis. Unterwürfig senkte Tigerpfote den Kopf und den Schweif. Mottenschweif berührte sie kurz mit der Nase an der Schulter und entfernte sich mit Wiesenblüte und Bachstreif zum Frischbeutehaufen. Distelstern nickte Dunstschimmer zu, drehte sich um und stapfte mit arroganter Haltung zurück zu ihrem Bau. Tigerpfotes Vater sah ihr hinterher und seufzte leise.

„Wo warst du, Tigerpfote?", richtete er sich schließlich an sie. Seine Stimme klang müde und sobald die erste Erleichterung nachgelassen hatte, trat Erschöpfung in seinen Blick. Die Schultern sackten herab und er winkte Tigerpfote zu sich.
Tigerpfote antwortete nicht auf seine Frage.
Soll ich es ihm erzählen? Vielleicht glaubt er mir jetzt, dass das Wasser vergiftet ist!

„Hast du Hunger?", versuchte Dunstschimmer die Unterhaltung auf etwas anderes zu lenken. Offensichtlich hatte auch er keine Lust, sich wirklich mit ihr darüber zu unterhalten, wo sie gewesen war.
Noch immer rasten die Gedanken der kleinen Kätzin hin und her. Sie brauchte Verbündete, das war ihr klar. Jedoch bestand die Gefahr, wenn sie ihrem Vater von dem Treffen mit Milo erzählte, dass er das an Distelstern weiterleitete und das wollte sie auf keinen Fall.

„Ja", gab Tigerpfote zurück und folgte ihrem Vater über die Lichtung zur Höhle im Felsen in der sich der Frischbeutehaufen befand. Die beiden betraten die kleine Höhle und Tigerpfote setzte sich neben den Frischbeutehaufen an den Rand. Sofort hatte sie sich mit den Augen eine Maus gefunden. Sie wollte nicht gierig oder so wirken, obwohl sie einen ganzen Bären fressen könnte. Ihr Magen begann bei dem Anblick des Eichhörnchen, das sich ihr Vater ausgesucht hatte, leise zu knurren. Nebeneinander setzten sie sich an den Rand der Lichtung und begannen zu essen.

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