18. Kapitel
"Blassschopf, hast du Nebeljunges gesehen? Ich mache mir Sorgen um ihn",ihre Mutter trat unruhig von einer Pfote auf die andere und bohrte unruhig die Krallen in die Erde, als wolle sie damit Regenwürmer aus der Erde fischen.
Blassschopf hielt inne und drehte sich einmal um ihre eigene Achse um sich im Rest des Lagers umzusehen. "Er wollte doch mit Winterjunges Moosball spielen"
Die Ohren ihrer Mutter zuckten unruhig umher und auch ihr Schweif wsr nicht in der Lage eine Sekunde lang an einer Stelle zu verweilen. "Ich weiß, aber ich kann ihn nicht finden und Winterjunges ist doch schon längst wieder bei Hinmelblüte"
Toll, jetzt war sie schon da und jetzt fehlte Nebeljunges.
Auch wenn Streifenpfote ihren Bruder bisher nicht kennengelernt hatte teilte sie trotzdem die Sorge ihrer Mutter.
"Vielleicht sollten wir erst einmal zurück in die Kinderstube gehen, vielleicht ist er ja mittlerweile dort", schlug Blassschopf vor und strich ihrer Mutter mit der Schwanzspitze über die Schulter.
Auch wenn diese Aussage ziemlich unglaubwürdig schien, da sie die Kinderstube gerade erst verlassen hatten, änderte ihre Mutter die Richtung und schlug den Weg in Richtung Kinderstube ein.
Bedrückt folgte Streifenpfote den älteren Katzen und konnte nicht anders, als ihren Blick immer wieder über das Lager schweifen zu lassen.
"Sag mal, hat Winterjunges eigentlich Geschwister?", murmelte sie nachdenklich und sah kurz zum glasklaren Himmel empor, in deren Mitte die goldgelb Sonne ihre Wärme spendete.
Anders als sonst, war der Himmel mit strahlenden Blautönen gefüllt, durch die sich nur wenige schneeweiße Wolkenstreifen drängten.
Die Schülerin genoss das frische Wetter sehr und besonders die Brise, die durch ihr flauschige Winterfell flog und ihre Schnurrhaare erzittern ließ.
"Ja, er hat noch eine Schwester, Kristalljunges. Wieso?", Streifenpfote hielt an und konzentrierte sich wieder auf ihren vorherigen Gedankenzweig.
Winterjunges hatte eine Schwester.
Warte.
Erneut ordenete sie ihre Gedanken und ging sie der Reihe nach durch.
Winterjunges hatte eine Schwester!
Die Wahrheit traf sie wie ein harter Schlag mitten auf die Schnauze.
Wie konnte sie eigentlich so blind sein?
Ihr Herz setzte einen Schlag aus und eine unangenehme Hitze bedeckte ihre Haut.
Das Junge vorhin war nicht Winterjunges' Bruder! Es war Nebeljunges!
Sie schüttelte den Kopf und vor Aufregung begann das Blut in ihren Adern wie verrückt zu rauschen.
Eigentlich wollte sie am liebsten sofort damit rausplauzen und ihrer Mutter die Sorgen nehmen, aber etwas hielt sie zurück.
Und sie wusste auch was es war.
Bedrückt senkte sie ihren Blick auf den Boden, auf welchem winzige Blätter im Wind tanzten.
Sie hatte schon wieder einen Fehler gemacht. Sie hatte ihren eigenen Bruder nicht erkannt, obwohl er direkt vor ihr stand.
Selbst wenn sie ihn vorhin gesehen hatte, wusste selbst sie nicht, wo er jetzt war.
Mäusehirn. Beschimpfte sie sich selbst und schüttelte abgelenkt den Kopf.
Mit gesenkten Schweif setzte die Schülerin sich wieder in Bewegung und trabte sicheren Schrittes auf die Kinderstube zu, aus deren inneren sie bereits den vertrauten, milchigen Geruch vernehmen konnte.
Als sie ihren Kopf in den Bau streckte war es dunkel und nur wenige milchiges Licht frag durch die dicht verflochtenen Wände nach innen.
Irgendwie hatte sie die Kinderstube anders in Erinnerung, aber das lag wahrscheinlich daran, dass der Bau mittlerweile wesentlich gefüllter war.
In der hintersten Ecke des Baus lag Himmelblüte zusammengerollt in ihrem Nest und bemerkte sie scheinbar erst, als ihre Mutter sich bereits einen Weg zu ihr hinbahnte.
Verschlafen hob die Königen ihren weißen Kopf, der in den Schatten allerdings viel mehr einem dunklen Grauton ähnelte.
Ihre eisblauen Augen glommen in der Dunkelheit nur schwach und man konnte ihr ihre Erschöpfung deutlich ansehen.
"Ist das Streifenpfote?", fragte die Kätzin sanft und musterte sie neugierig, was Streifenpfote etwas unangenehm war.
Die Schülerin nickte knapp wobei sie sich unsicher war ob die Kätzin ihre Bewegung überhaupt wahrgenommen hatte, da sie ihren Kopf bereits abwendete und stattdessen Blütentupfen ansah, die besorgt um ihr Nest herumschritt.
"Hast du Nebeljunges gesehen? Seit er mit Winterjunges Moosball gespielt hat kann ich ihn nirgends finden?"
Himmelblütes verflog augenblicklich das Lächeln aus dem Gesicht und sie blinzelte ihre Mutter entgeistert an.
"Winterjunges ist schon seit einiger Zeit wieder zurück", gab sie schulterzucken zu und strich mit dem Schweif sanft über eines der beiden Fellhäufchen, die zusammengerollt neben ihr im Nest lagen.
Das Junge drehte sich daraufhin nur etwas und schlug dann den Schweif aus seinem Gesicht. "Was ist den los Mama, ich will schlafen!", protestierte der kleine und öffnete seine Augen einen Spatlt breit.
"Hast du Nebeljunges gesehen, er ist nicht mit dir zurückgekehrt", das Junge, das offensichtlich Winterjunges war, schüttelte aber bloß den Kopf und kullerte sich dann wieder zusammen.
"Hat er dir nicht gesagt, was er machen will?", fragte Himmelblüte etwas ernster nach und funkelte ihr Junges eindringlich an.
Winterjunges schnaubte und hob dann widerwillig den Kopf, wobei er seiner Mutter direkt in die Augen sah.
"Ich glaube er wollte sich aus dem Lager schleichen", sagte er ungerührt und bettete seinen Kopf wieder auf seine Pfoten, "Darf ich jetzt weiterschlafen?"
Doch Himmelblüte ignorierte seine Frage und verpasste ihm nur einen leichten Klapps aufs Ohr. "Und du hast es nicht für nötig gehalten uns das zu sagen?", aber Winterjunges hegte scheinbar keinerlei Interesse daran ihr zu antworten.
Blütentupfen dagegen hatte angesichts dessen die Luft angehalten und an ihrem Gesicht konnte sie erkennen, dass sie es bereits geahnt zu haben schien.
Ein nervöse Kribbeln kroch Streifenpfote durch den ganzen Körper und endete schließlich in ihrer Schweifspitze, die unruhig umherzuckte.
Das war alles ihre Schuld!
Sie konnte das Rauschen ihres Blutes in ihren Ohren vernehmen und auch in ihrem Kopf verschaffte sich ein merkwürdiges Dröhnen einen Platz, welches sie zuletzt gespürt hatte, als sie nach dem Kampf auf der großen Versammlung erwacht war.
Wieso nur machte sie immer alles falsch? Wenn sie Nebeljunges erkannt hätte, dann wäre das alles nicht passiert!
Dann wäre ihr Bruder jetzt nicht da draußen und jedem Angreifer schutzlos ausgeliefert!
Eine unangenehme Stille hatte sich in der Kinderstube breitgemacht, eine Stille, die ihre Trübheit nur noch mehr unterstützte.
"Was ist denn los....? Wer sind diese ganzen Katzen?", ein leises Flüstern hallte durch den schattigen Raum und Streifenpfote bemerkte erst jetzt, dass das zweite Junge nun ebenfalls ihren Kopf gehoben hatte.
Blassschopf war die erste die in der Lage war etwas zu sagen." Alles gut, wir sind hier, weil wir Nebeljunges suchen, hast du ihn gesehen?"
Ein winziger Funke Hoffnung schien sich in die Augen ihrer Mutter zu schleichen, so winzig, als würde es bloß Eine Schneeflocke sein, die vor ihr herabsegelte.
Die kleine Kätzin jedoch richtete ihre Augen nur unsicher auf ihre Mutter und schüttelte schließlich den Kopf.
Enttäuscht ließ ihre Mutter den Kopf hängen und ließ sich zittrig in ihr Nest fallen.
Sie hatte ihren Kopf der Wand zugedreht und starrte blindlings ins Leere.
Deprimiert sah Streifenpfote zu Blassschopf hinüber, die ihr nur einen mitfühlend Blick zuwarf, der ihr zu verstehen gab, dass sie ihrer Mutter am besten ihre Ruhe ließ.
Himmelblüte hatte sich indes aus ihrem Nest erhoben und war gerade dabei sich einige Moosreste aus dem Fell zu entfernen. "Ich helfe euch suchen"
Blassschopf sagte nichts und blinzelte die Königin nur dankbar an, ehe sie auch schon zurück ins Freie schlüpfte.
Streifenpfote verharrte noch einen Moment an Ort und Stelle, ehe sie sich sich umdrehte und auf den Ausgang der Kinderstube lief, wobei sie beinahe über eines der warmen Nester gestolpert wäre.
Verwirrt betrachtet sie das Nest und sah dann zu Himmelblüte hinüber, die ihre stumme Frage jedoch nicht mitbekommen hatte, da sie in einem leisen Gespräch mit Kristalljunges verwickelt war.
"Ihr beide bleibt hier und wehe ich muss euch auch noch suchen, dann werde ich nämlich dafür sorgen, dass ihr die Kinderstube bis zu eurer Schülerzeremonie nicht mehr verlasst", richtete sie ein paar abschließende Worte an ihre beiden Jungen, wovon jedoch nur eines wirklich zuzuhören schien, auch wenn Streifenpfote bezweifelte, dass Winterjunges wirklich wieder eingeschlafen war.
Ob meine Jungen später auch so stur sein würden?
Augenblicklich wanderten ihre Gedanken wieder zurück zu Mohnhauchs Vision und sie sandte abermals ein Gebet an den SternenClan, dass sie nicht wahr werden würde.
"Blütentupfen wird euch im Auge haben!", warnte Himmelblüte ihre Jungen nochmals, während sie sich einen Weg über eine Brombeerranke suchte und sich dann an ihr vorbei ins Freie schob.
Streifenpfote folgte der Königin, welche sich neben Blassschopf einreihte.
" Vielleicht sollten wir noch einen Krieger mitnehmen. Nur für den Notfall." Zweifelnd musterte Himmelblüte Blasschopf und wenn Streifenpfote es sich recht überlegte, sah die Kriegerin wirklich ziemlich fertig aus.
"Denkst du ich habe meine Kriegerfähigkeiten verlernt, nur weil ich seit zwei Sonnenaufgängen in der Kinderstube wohne?", entgegnete Blassschopf amüsant und hob stolz das Kinn.
Ein leises Schnurren entwich Streifenpfote. Blassschopf erwartete Junge!
Sie hatte wirklich so einiges verpasst, während sie allein durchs Terretorium gezogen war.
Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, wie sich eine Katze annährte, die sich als Eichenblick indentifizieren ließ.
"Ich könnte mitkommen?", miaute er ihr zu.
Streifenpfote nickte nur und wartete darauf, dass die anderen ihr zustimmten.
"Gut, am besten suchen wir erst die Umgebung um das Lager herum ab. Ich denke nicht, dass er es sehr weit geschafft hat" Himmelblüte nickte Blassschopf zu, womit sie ihr die Führung überließ.
Eichenblick reihte sich neben Himmelblüte ein und Streifenpfote bildete die Nachhut.
Nacheinander schlüpften sie durch den Dornentunnel und prüften die Luft, jedoch ohne eine Spur des Jungen entdecken zu können.
Er muss das Lager an einer anderen Stelle verlassen haben.
Geduckt schlich sie am Rand des Lagereingangs entlang und schnüffelte an jedem Brombeerstrauch ausgiebig.
"Er könnte das Lager über den Schmutzplatz verlassen haben", warf Himmelblüte ein und lief in die entgegengesetzte Richtung, die zum Schmutzplatz führte, auch wenn sich Streifenpfote ziemlich sicher war, an welcher Stelle er das Lager verlassen hatte.
"Ich helfe Streifenpfote. Er könnte schließlich auch eine andere Lücke gefunden haben." Eichenblick sprang zu ihr und schnüffelte ebenfalls die Dornenhecke ab.
Blassschopf verweilte noch einen Moment am Lagerausgang. "Ich schaue, ob ich seine Spur hier in der Nähe irgendwo entdecken kann"
Streifenpfote beobachtete wie die Kriegerin in einem Haselnussstrauch unterging.
"Ich gehe hier entlang, schau du ob du da drüben etwas findest." Streifenpfote zögerte bei der Aufforderung des weißen Kriegers.
Vielleicht sollte sie ihm sagen, was sie wusste?
Allein bei der Vorstellung, dass es ihre Schuld sein könnte, wenn ihr Bruder von einem monströsen Dachs zerfetzt werden könnte wurde ihr übel.
"Alles in Ordnung?", Eichenblicks bernsteinfarbenen Augen ruhten auf ihr und sie konnte Besorgnis in ihnen schimmern sehen.
"Ich glaube ich weiß wo er das Lager verlassen hat", gab sie zu und hielt die Luft an.
Was würde Eichenblick sagen?
Der weiße Krieger hob überrascht den Kopf. "Hast du seine Spur gefunden?"
Unbehagen machte sich in Streifenpfote breit wie eine Schlange die durch ihren eisigen Körper kroch.
"Ich habe ihn gesehen, als ich ins Lager zurückgekehrt bin. Ich glaube er hat die Lücke hinterm Kriegerbau ausgenutzt",erklärte sie und deutete auf einige Farnwedel die sich am Lagerwall entlangschlängelten.
Eichenblick kniff die Augen zusammen und musterte sie streng. "Bist du dir sicher?", fragte er, während er sich auf den Weg zur besagten Stelle machte.
Erleichtert atmete Streifenpfote aus. Immerhin schien er nicht wütend auf sie zu sein.
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