17. Kapitel
"Du weißt gar nicht was alles passiert ist während du weg warst!", Distelpfote trottete neben der Schülerin her und quasselte ununterbrochen, "Du musst umbedingt die neuen Jungen sehen! Ich habe noch nie so etwas süßes gesehen!"
Ein leises Seuftzen entwich Streifenpfote, als sie sich durch das nächste Dornengestrüpp schob.
Mittlerweile waren sie eine gefühlte Ewigkeit dem Weg zum Lager gefolgt und sie konnte sich lebendig vorstellen wie es sich wohl anfühlte, wenn man diesen Weg zur Großen Versammlung lief.
Sie wollte sich gar nicht ausmalen wie sich die Katzen fühlten, nachdem sie diesen Weg gleich zweimal genommen hatten.
Vielleicht war es aber auch einfach die Tatsache, dass ihre Wunden wieder angefangen hatten zu schmerzen.
Vorhin hatte sie die Schmerzen kaum noch wahrgenommen, bei dem ganzen Adrenalin, dass in ihren Körper gepumt worden war, aber mittlerweile fehlte von dieser Vorfreude jede Spur.
Stattdessen wurde sie abermals von ihrem schlechten Gewissen heimgesucht.
Sie hatte so viele Fehler gemacht und es war so viel passiert.
Erst hatte sie Erdenwelle getötet, dann hatte sie ihren Clan im Stich gelassen und damit auch ihre Mutter und Nebeljunges. Außerdem hatte sie Bruchpfote und Meisenschatten getroffen, aber das war alles so verwirrend.... Nicht zu vergessen hatte sie auch noch Mohnhauchs Prophezeiung erhalten und....
Mohnhauchs Prophezeiung.
Ihr Herz setzte aus und sie hielt vor Schreck den Atem an.
Was wenn sie wirklich Junge von Senkerschweif erwartete?
Dann hätte sie ja auch noch das Gesetz der Krieger gebrochen!
"Hörst du mir überhaupt noch zu!?", sie zuckte zusammen, als sie von Distelpfotes rauer Stimme angefahren wurde.
"Tut mir leid, aber ich bin wirklich müde", gab sie zu und unterstützte dies sogleich mit einem gewaltigen Gähnen.
"Keine Sorge, wir sind gleich da", warf Nebelblüte ein und blinzelte ihr aufmunternd zu.
Streifenpfote erwiderte dies automatisch mit einem Lächeln und richtete ihre Augen wieder nach vorne, wo sich Senkerschweif mit Spinnenstern unterhielt.
Sofort wandte sie ihren Blick von den beiden ab und stattdessen auf die dichten Baumreihen vor ihr.
Es wirkte irgendwie alles so frwmd, dass sie sich gar nicht mehr richtig erinnern konnte hier schon jemals gewesen zu sein, wenngleich dies nicht einmal einen Mond her war.
"Da vorne ist es!", japste Distelpfote aufgeregt und beschleunigte ihr Tempo, sodass sie fast neben Graskralle lief, der sich mittlerweile ebenfalls zu Spinnenstern gesellt hatte.
Nebelblüte lief etwas weiter hinter den drei Katzen und sah sich nach ihr um.
Ohne darüber nachzudenken beschleunigte auch Streifenpfote etwas, sodass sie zu der Kriegerin aufschließen konnte.
Am liebsten wäre es ihr, wenn sie die letzte wäre die das Lager betrat, aber Nebelblüte wollte, dass sie vor ihr lief.
Was wenn sie mich wegschicken?
Beinahe hätte sie diesen Gedanken laut ausgesprochen, aber sie schaffte es gerade noch diese Frage für sich zu behalten.
Würde sie zu Bruchpfote in den SchattenClan gehen, wenn sie verbannt werden würde?
Sie erinnerte sich, wie sehr Bruchpfote sie ignoriert hatte und wie verschlossen ihr Freund in letzter Zeit gewesen war.
Mittlerweile begann sie sogar zu zweifeln, ob sie überhaupt befreundet waren.
Durfte man überhaupt mit den Katzen eines anderen Clans befreundet sein?
Eigentlich dürfte es nicht verboten sein, schließlich unterhielten sich die Katzen ja immer auf Großen Versammlungen und da entstanden doch garantiert auch Freundschaften.
Streifenpfote schloss für einen Moment die Augen und versuchte sich von diesem Gedsnken zu befreien.
Sie würden sie nicht verbannen, versuchte sie sich einzureden und sie hoffte, dass dies auch wirklich stimmte.
"Spinnenstern müsste Fliegen im Hirn haben, dich wegzuschicken", erklärte Nebelblüte und Streifenpfote trat verlegen von einer Pfote auf die andere.
Hatte sie das alles wirklich laut gesagt?
Sie wollte die Kriegerin gerade fragen, aber in dem Moment erreichten sie auch schon den verwucherten Dornentunnel.
Die Schülerin musste schlucken und hätte am liebsten noch einen Moment hier verweilt und darüber nachgedacht, wie sie sich gleichn ei verhalten sollte, aber Spinnenstern war bereits in den Schatten des Gestrüpps verschwunden, weshalb ihr kaum etwas anderes überblieb, als den anderen zu folgen.
Vor ihr drückte sich Distelpfote durch das Geäst und sie konnte das leise Fluchen der jungen Kätzin hören, als sich ihr Fell abermals in einem der Äste verfing.
Auch wenn der Tunnel nur sehr kurz war, fühlte es sich an, als würde es mehrere Sonnenaufgänge nicht mehr heller werden.
Schließlich schob sich Distelpfote hinein ins Lager und Streifenpfote konnte bereits ihre Clangefährten hören, die nach ihr fragten.
Die Schülerin holte einmal tief Luft und verweilte einige Atemzüge in der Dunkelheit, bevor sie sich ebenfalls hinaus ins Licht schob.
Ihr Kopf war leer. Sie schaffte es gar nicht auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen.
Als erstes ließ sie ihren Blick über dir Lichtung gleiten.
Viel hatte sich nicht verändert.
Der Frischbeutehaufen war wieder stärker gefüllt, aber sonst war soweit alles gleich geblieben.
Ihr Blick richtete sich auf die Kinderstube, wo gerade ein grauer Kopf erschien.
Die winzigen Augen des Junges fuhren unruhig umher und die Ohren hatte es ebenfalls aufgestellt.
Grduckt schlich sich das Kleine aus dem sicheren Bau hinaus und kroch über die Lichtung, während es sich immer wieder nach seiner Mutter umsah.
Streifenpfote konnte ein sehnsüchtiges Seuftzen nicht unterdrücken.
Wie sehr sie ihre Zeit in der Kinderstube doch vermisste.
Damals, als es keine Probleme gab die ihr das Leben schwer machten.
Sie erinneete sich, wie sie mit Disteljunges vor der Kinderstube Moosball gespielt hatte und wie sie sich versucht hatten aus dem Lager zu schleichen.
Einmal hatteb sie es sogar geschafft immerhin ein paar Schwanzlängen aus dem Lager zu kriechen, bis Blütentupfen sie zurück ins Lager geschleppt hatte.
"Streifenpfote ist wieder da!", jaulte neben ihr eine Katze und sie konnte Fetzschweifs dunklen Tigerpelz neben sich ausmachen.
Der Älteste sah sie erfreut an.
Sein Blick war weich und zeigte keinerlei Verärgerung.
Erleichtert zuckte sie mit den Schnurrhaaren.
Ihre Clangefährten schienen sie wirklich zu brauchen.
"Du meinst, dann hast du wieder jemanden, der dir freiwillig die Flöhe knackt?", fragte Distelpfote mit einem bissigen Unterton, der Streifenpfote vermuten ließ, dass auch sie froh darüber war, diese Aufgabe zukünftig nicht mehr übernehmen zu müssen.
Ein amüsiertes Schnurren entglitt ihrem Maul und sie verspürte augenblicklich die Wärme, die ihr die Nähe ihrer Clangefährten verlieh.
"Ich bin auch froh", gab sie zu und blinzelte dem Ältesten ebenso freundlich zu.
"Blütentupfen wird sich freuen", flüsterte der Älteste krächzend zurück, wartete jedoch nicht länger und stolperte in Richtung Kinderstube davon.
Seine Schritre waren kurz und es schien ihm jeder Schritt immer schwerer zu fallen.
Abermals konnte die Schülerin einen plötzlichen Anflug von Mitleid empfinden.
Fetzschweif musste schon so viel für seinen Clan getan haben.
Die Erkenntnis brachte Streifenpfote dazu, dass ihre Augen glasig wurden.
Wie nur hatte sie es übers Herz gebracht all das hinter sich zu lassen, was ihr jemals wichtig gewesen war?
Ihr Blick schweifte zur Seite und ihre Augen suchten automatisch nach den vertrauten grasgrünen Augen, die ihr jedes Mal neue Kraft gaben.
Wo er nur steckte?
Ein plötzlicher Schlag gegen ihre Pfote riss sie aus ihrem Gedankengang und veranlasste, dass sie ihren Blick sofort gen Boden richtete.
Ein grauer Fellknäul lag zwischen ihren Pfoten und war gerade dabei sich wieder aufzurappeln.
Überrascht musterte die gestreifte Schülerin das Junge und beugte sich zu ihm runter um sicherzugehen, dass alles in Ordenung war.
Das Junge stemmte sich auf die Pfoten und schüttelte sich energisch um die Staubreste loszuwerden, die sich bei dem Sturz in seinem Fell verfangen hatten.
Mit einer Pfote fuhr sich das graue übers Ohr und musste niesen, als der Staub von seinem Fell in seine Nase dran.
Dann drehte es sich zögerlich zu ihr um und fixierte sie mit seinen bernsteinfarbenen Augen.
Was hat es?
Neugierde blitzte in den großen Augen des Jungen und die Schülerin war etwas unsicher, was das Junge von ihr wollte.
Genüsslich setzte es sich zwischen ihren Pfoten nieder und ringelte seinen Schwanz um seine zarten Vorderpfötchen.
Den Kopf in den Nacken gelegt durchbohrte sein Blick sie förmlich.
"Du bist Streifenpfote nicht wahr?", fragte es und legte den Kopf leicht schief, was ihr ein Lächeln ins Gesicht wehte.
Streifenpfote wollte gerade den Mund öffnen, um etwas zu sagen, als das Junge ihr auch schon zuvorkam.
"Du bist Streifenpfote!", quiekte es in so hohen Tönen, das die Schülerin meinte, ihr Trommelfell müsse platzen.
Plötzlich zuckte das Junge zusammen und duckte sich, während es sich unruhig umsah. "Mich hat doch keiner bemerkt oder?"
Flehend und zugleich nervös sah das Fellbündel zu ihr hinauf.
Seine Nackenhaare waren aufgestellt und auch der Rest seines Pelzes ähnelte einer Baumkrone.
Belustigt schüttelte die silberne den Kopf. "Bestimmt nicht"
Erleichtert entspannte sich das Junge und kroch in den Schatten ihres Körpers.
Streifenpfote musste zugeben, dass es eigentlich ganz praktisch war einen grauen Pelz zu haben, so konnte man sich viel besser tarnen.
"Bist du ein Bruder von Winterjunges?", fragte sie dann interessiert, zumal der kleine tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit dem weißen Jungen hegte und auch vom Alter her würde es sicherlich passen.
Doch der kleine schien ihre Frage überhört zu haben.
Stattdessen suchte er mit seinen Augen das Lager ab.
"Vor wem versteckst du dich eigentlich?", Streifenpfote blickte das Junge eindringlich an.
"Wir spielen verstecken", konterte das Junge ohne eine Miene zu verziehen.
Seine Augen waren wachsam auf den Eingang der Kinderstube gerichtet, wo Blassschopf gerade ihren Kopf herausstreckte.
Als sie Streifenpfote entdeckte drehte sie sich kurz um und sprang dann mit einem eleganten Satz aus der Kinderstube.
"Spielst du mit Winterjunges?", Streifenpfote senkte ihren Kopf wieder.
Verwirrt blinzelte sie. Dort wo eben noch das Junge gesessen hatte waren jetzt nur noch ein sandiger Fleck.
Wo ist er?
Ein unwohles Gefühl durchzuckte ihre Adern bis zur Schwanzspitze, auch wenn sie nicht wusste warum.
Die Jungen spielten verstecken, was wsr da schon dabei?
Jetzt fiel ihr Blassschopf wieder ein und als sie den Kopf hob entdeckte sie die Kätzin auch schon einige Schwanzlängen vor ihr.
Wie erstarrt blieb die Schülerin stehen, als ein schildpattfarbener Pelz hinter der Kriegerin hervorschoss, "Streifenpfote!"
Flink wie ein Wiesel kam ihre Mutter auf sie zugestürmt und rieb ihren Kopf an dem ihren.
"Ich kann es gar nicht glauben, dass du wieder da bist!", jaulte sie und leckte ihr zur Begrüßung den Kopf.
Freude überkam Streifenpfotr, als sie ihre Mutter so gesund und glücklich sah.
Ich habe sie wirklich vermisst! Wie konnte ich nur so Mäusehirnig sein?
Die Augen der jungen Katze wurden glasig und hätte sie weinen können, dann hätte sie dies vermutlich jetzt getan.
Stattdessen stieg ein wohliges Schnurren in ihrer Kehle auf, wie sie es schon lange nicht mehr getan hatte.
Das letzte Mal, dass sie so ausgiebig geschnurrt hatte, war, als sie Senkerschweif wiedergesehen hatte.
"Ich habe dich so vermisst!", wiederholte sich ihre Mutter und presste sich eng an sie heran.
Eine liebliche Wärme erfüllte sie und sie wusste, dass sie diese nie wieder auffeben würde.
"Ab jetzt bleibe ich hier, versprochen."
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