15. Kapitel

"Wie geht es Zweigpfote?", fragte Streifenpfote, als sie Meisenschatten sah, die gemeinsam mit Senkerschweif gerade einige Kräuter zu ihrer provisorischen Unterkunft brachte.

Sie zwang sich den Kater nicht anzusehen, sonst hätte sie ihren Blick vermutlich nicht mehr abwenden können.

Es war bereits zwei Nächte her, seit ihrem letzten Gespräch, seit sie gemeinsam in dem alten Fuchsbau gelegen hatten.

Zwei Nächte, seit sie diese seltsamen zwei Katzen im Traum gesehen hatte.

Wieder rauschte Mohnhauchs Warnung durch ihren Kopf.

"Nimm dich in acht Streifenpfote! Das Böse lauert und es ist dir näher als du denkst"

Was beim SternenClan hatte das alles zu bedeuten?

"Zweigpfote geht es bereits sehr viel besser. Er trauert zwar immer noch um seine Mutter, aber er hat es ganz gut verkraftet. Ich denke wir können heute zurück in unser Lager ziehen"

Erleichtert atmete die Schülerin aus.

Insgeheim hatte sie befürchtet, dass Zweigpfote seiner Mutter womöglich folgen würde und sie war froh, dass does nicht der Fall war.

"Das freut mich, ich denke wir können auch zurück", sagte sie glücklich und warf einen seitlichen Blick auf Senkerschweif, welcher ihr mit einem Nicken zustimmte.

Meisenschatten schnurrte und beschleunigte ihren Schritt, ehe sie in dem Dornengestrüpp verschwand, in dem sie gemeinsam mit Zweigpfote die Nächte verbracht hatte.

Gestern war Farnstern mit einer Patroullie vorbeigekommen und hatte der Heilerin zum Schutz Nieselwind dagelassen.

Streifenpfote wusste, dass Meisenschatten der Gedanke keineswegs gefiel, dass sie gemeinsam mit DonnerClan-Katzen hier war.

Sie seuftzte.

Langsam bekam sie das Gefühl, dass Meisenschatten eine besondere Abneigung gegen sie empfand, da sie jeder Begegnung bestmöglich aus dem weg ging.

"Apfeltiger kommt nachher mit einer Patroullie vorbei, am besten gehen wir gleich mit", sprach Senkerschweif und gesellte sich zu ihr.

Ihr Herz begann zu rasen, nicht nur wegen ihm, sondern auch wegen dem Gedanken ihre Clangefährten wiederzusehen.

Wie würden sie reagieren?

Sie hoffte, dass sie sie einfach wieder aufnahmen, ohne groß darüber zu reden.

Doch sie wusste, dass dies niemals passieren würde, es würde nicht so sein wie vorher.

"Keine Sorgen, ich bin sicher sie werden sich eher freuen, dass du wieder da bist, als dich wieder wegschicken", schnurrte er.

Sie lächelte und nickte bedenklich.

Irgendetwas hatte der Heiler an sich, was ihr neue Kraft verlieh.

"Sag mal, hast du eigentlich Bruchpfote gesehen?", fragte der Kater und ließ seinen Blick über die Senke gleiten.

Sie schüttelte den Kopf, "Nicht seit er sich mal wieder zum Jagen verabschiedet hat"

Irgendwie hatte sie ein ungutes Gefühl bei der Sache.

Bruchpfote war Tag und Nacht dabei zu Jagen, und wenn er doch mal hier war, dann wollte er nicht reden.

Sie beschloss ihn sofort aufzusuchen, sobald er wieder da war.

Sie musste einfach mit ihm reden, er verheimlichte etwas.

Vielleicht wusste er Antworten, die sie dringend brauchte.

"Ich gehe schauen, ob ich ihn im Wald finde, er ist bestimmt wieder jagen", seuftzte sie und trottete los.

"Pass auf dich auf, du bist immer noch geschwächt", hörte sie die besorgte Stimme des Heilers hinter sich.

Sie schnurrte und verschwand dann im dichten Gestrüpp des Waldes.

Fast sofort nahm sie Bruchpfotes Duftspur war, die wie üblich von kräftigen SchattenClan-Gerüchen geziert war.

Sie wusste, dass er in der Nähe sein musste. Viel weiter würden ihn die Grenzen des freien Terretorium nicht führen.

Streifenpfote war sich bewusst, dass sie sich ganz in der Nähe der FlussClan-Grenze befand, umso vorsichtiger war sie bei jedem Schritt.

Was wäre, wenn sie einer Patroullie begegnen würde? Wie würden die FlussClan-Katzen nach dem Kampf reagieren?

Die Miene der Schülerin verfinsterte sich.

Sie wusste ja noch nicht einmal, wie es zu dem Kampf gekommen war!

Ihr wurde mulmig zumute. Was wenn der DonnerClan zuerst angegriffen hatte!

Eilig schüttelte sie den Kopf.

Das würde Spinnenstern niemals tun!

Bevor sie noch andere solcher Gedanken plagten, versuchte sie lieber sich auf die Umgebung zu konzentrieren.

Wieder prüfte sie die Luft, diesmal war der SchattenClan-Geruch den die Luft mit sich trug noch kräftiger, sodass sie angewidert die Nase rümpfte.

Wieso musste der SchattenClan auch so schrecklich stinken!

Nicht zum ersten Mal war sie froh eine DonnerClan-Katze zu sein und keiner dieser stinkenden Krähenfraßfresser.

Ein schlechtes Gewissen machte sich in ihr breit. Bruchpfote war definitiv anders!

Sicher, dass sie sich auf der richtigen Spur befand, hob sie ihr Tempo etwas.

Im Gestrüpp konnte sie einige Beute rascheln hören und über ihr knackte ein Zweig, sodass sie kurz zusammenzuckte.

Der Boden unter ihren Pfoten war mittlerweile sehr weich und als sie sich umsah bemerkte sie, dass sie sich keine Schwanzlänge von der Grenze entfernt befand.

Verwirrt prüfte sie erneut die Luft. Bruchpfote war eindeutig hier gwesen!

Erleichtert stellte sie fest, dass seine Spur sie nun wieder von der Grenze wegführte.

Doch was sie auch vernahm, war ein starker FlussClan-Geruch.

Bei der Aussicht auf eine Begegnung mit einer feindlichen Patroullie zog sich ihr Magen zusammen.

Augenblicklich fingen ihre Pfoten an zu laufen.

Ihr ganzer Pelz kribbelte vor Anspannung.

"Streifenpfote?", die silberne Schülerin zuckte zusammen, doch schnell realisierte sie, dass es keine FlussClan-Katze, sondern Bruchpfote gewesen war.

Erleichtert drehte sie sich zu dem Kater um, in dessen Maul eine saftige Amsel baumelte.

"Guter Fang", miaute sie und lächelte dem Schüler freundlich zu, der seine Beute nun fallen ließ.

Auch er lächelte schief, was die Schülerin abermals verunsicherte.

Was nur gab es, was ihn die ganze Zeit bedrückte.

"Wie wäre es, wenn wir zusammen jagen?", schlug sie vor und konnte sehen, wie sich die Augen des Schülers vor Überraschung weiteten.

"Bist du dir sicher?", fragte er mit zittriger Stimme und musterte sie, als wäre sie eine komplett fremde Katze.

Was hat er bloß?

Streifenpfote hatte plötzlich das ungute Gefühl, dass das ganze auch etwas mit ihr zutun hatte.

"Wieso sollte ich mir nicht sicher sein?", fragte sie freundlich und blinzelte ihn besorgt an.

In Bruchpfotes Augen konnte sie sehen, wie unsicher der Kater war, noch unsicherer als sonst.

Irgendetwas muss passiert sein!

"Wie wäre es, wenn wir unser Glück lieber in der Nähe der SchattenClan-Grenze versuchen?", schlug sie vor.

Der Schüler zuckte zusammen, als hätte sie ihm einen direkten Schlag auf die Schnauze versetzt.

"Wieso... Wieso bleiben wir nicht lieber hier?", stammelte er und wich ihrem Blick gekonnt aus.

Mitgefühl überschwemmte Streifenpfote, auch wenn sie nicht einmal wusste wofür.

"Oder wir gehen einfach zurück zur Senke. Du brauchst sicher auch eine Pause nach so einer Jagd"

Eigentlich war sie sich sicher, dass er auch diesen Vorschlag ablehnen würde, doch zu ihrer Überraschung nickte er nur und hob dann seine Maus auf.

Schweigend wandte er sich von ihr ab und trabte zurück in Richtung ihres provisorischen Lagers.

Ein leises Seuftzen entwich der DonnerClan-Schülerin, ehe sie begann Bruchpfote durch ein lichtes Brombeergestrüpp zu folgen.

Mit einem kurzen Blick nach hinten vergewisserte sie sich, dass da auch keine FlussClan-Krieger waren.

Als sie die Luft erneut prüfte musste sie feststellen, dass der Geruch bereits verflossen war und nur noch schwach über die Grenze wehte.

Hatte der FlussClan den Kampf begonnen?

Sie schüttelte den Kopf. Es könnte zwar der FlussClan gewesen sein, aber genauso gut war es dem SchattenClan und dem WindClan zuzutrauen.

"Kommst du Streifenpfote?", Bruchpfote war stehen geblieben und blinzelte sie fragend an.

Streifenpfote berilte sich etwas und kam schließlich neben dem SchattenClan-Schüler zum Stehen, "Ich habe nur noch einmal an den Kampf zurückgedacht"

Sie machte eine Pause, als ihr einfiel, dass Bruchpfote womöglich die Antwort auf ihre Frage kannte.

"Weißt du, wer wirklich angegriffen hat?", fragte sie ruhig und versuchte möglichst viel Mitgefühl hineinzulegen.

Sie brauchte Antworten! Und sie brauchte sie jetzt!

Sie konnte sehen, wie Bruchpfote langsamer wurde.

Er schien einen Moment lang in Gedanken versunken zu sein.

Plötzlich spürte Streifenpfote wieder diese merkwürdige Unsicherheit.

Sie sah es ein seinen zuckenden Ohren und seinem Schweif der wild umherschlug.

Es war offensichtlich, dass er nicht so recht wusste, ob er ihr wirklich die Wahrheit sagen sollte.

Er öffnete sein Maul, als wolle er etwas sagen, doch keinen Moment später schloss er es wieder.

Schweigend sah er weg und setzte sich wieder in Bewegung.



















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