5. Unangemessen

Ihm war langweilig. Nicht die Art langweilig, bei der er nichts zutun gehabt hätte - im Gegenteil, er hatte immer etwas zutun; ihm war langweilig, weil er etwas zutun hatte.

Und weil es das ungefähr langweiligste war, das man in diesem Universum tun konnte.

Wenn Hellpfote hier wäre, könnte er sich wenigstens über sie aufregen. Wenn Sturmpfote mitgekommen wäre, hätte er jemanden, mit dem er sich unterhalten könnte. Und wenn er Weidenpfote mitgenommen hätte, dann wäre jemand hier, über den er sich wundern könnte.

Stattdessen war er allein. Allein mit diesem langweiligen Kater, den er seinen Vater nannte. Und seinen Mentor. Warum hatte nicht sein Bruder dieses Los ziehen können? Selbst Steinpelz war ein angenehmerer Mentor als der eigene Vater.

»Du siehst aus, als hättest du eine Maus verschluckt. Hallo? Hier kreist der Adler.« Spatzenflügel schnippte mit dem Schwanz. »Ich versuche, dir das Fischen beizubringen, da musst du schon aufpassen.«

»Es ist langweilig.« Lärchenpfote starrte in das Wasser. Die kleinen Wellen auf der Oberfläche glitzerten. Wenn Hellpfote hier wäre, hätte sie sicher gesagt, ›schau mal, das Wasser glitzert so schön‹ und er hätte gesagt, ›oh, ja, wirklich toll‹ und er hätte sich denken können, ›diese Kätzinnen‹, und dann hätte sie ihn angeschaut und er hätte lachen können und er hätte gesagt, ›pass auf, dass du nicht hineinfällst‹, und dann hätte er sie hineingeworfen und sie hätte auch gelacht und beide hätten Spaß gehabt.

Aber das ging natürlich nicht, weil Hellpfote gar nicht hier war. Er seufzte.

»Hörst du mir überhaupt zu? Ich habe gesagt, du musst nach Fischen suchen. Nicht auf die Oberfläche starren.«

»Ich will aber keine Fische fangen.«

»Darum geht es nicht. Du lernst jetzt, wie man Fische fängt, oder du lernst es nie.«

»Oh!« Er wandte sich ab. »Dann lerne ich es eben nie. Noch etwas?«

»Lärchenpfote

»Ein Krieger muss keine Fische fangen können. Ein Krieger muss jagen können, und er muss kämpfen können. Und klettern und rennen und springen. Als Krieger muss man auf dem Land überleben.« Er kniff die Augen zusammen. »Vom Wasser war nie die Rede.«

»Es schadet aber auch nicht, etwas neues zu lernen. Nur, weil du nicht gut darin bist...«

»Darum geht es überhaupt nicht! Es ist todsterbenslangweilig!«

»Schrei' mich nicht an!«

»Du hörst mir doch nicht zu, wenn ich nicht schreie!«

»Ich höre dir auch nicht zu, wenn du schreist.« Spatzenflügel verdrehte die Augen. »Manchmal wünschte ich, du wärest genauso einsichtig wie den Bruder. Steinpelz hat ihm schon vor Monden das Fischen...«

Er sprang auf und sträubte den Pelz. »Ich bin aber nicht mein Bruder!«

»Dem SternenClan sei Dank! Zwei von der Sorte würde ich wirklich nicht aushalten!« Er schüttelte den Kopf. »Komm schon. Nur dieses eine mal. Wenn du einen gefangen hast, kannst du gehen.«

»Aber ich hasse Fisch!«

»Jeder hasst Fisch. Darum geht es aber gar nicht.«

»Und worum geht es dann?!«

Der Wind rauschte durch die Blätter. Irgendwo sang eine Amsel, in der Ferne, und versuchte, die Stille zu übertönen.

Spatzenflügel seufzte. »Dann lernst du es eben nicht.« Langsam stand er auf, hielt jedoch inne und verzog das Gesicht. Aus seinen zusammengekniffenen Zähnen drang ein quietschendes »uiiiik« hervor, er hielt die Luft an, sträubte das Fell, verharrte kurz und stand dann auf. »Ich sollte langsamer aufstehen. Bin ganz schön alt geworden.«

»Du bist vier Blattwechsel alt.« Lärchenpfote schüttelte den Kopf. »Jetzt krieg' dich wieder ein. Du hast noch Zeit, ein Ältester zu werden.«

»Wenn das so weitergeht, siehst du mich schneller bei denen als du blinzeln kannst.« Er lächelte schief. »Jetzt geh' schon, wenn du es so eilig hast. Ist es wegen einer Kätzin?«

Lärchenpfote hielt inne. »Was?«

»... ach, geht mich auch nichts an. Ach so. Ich hatte vor, morgen auf den Quer zu steigen ... möchtest du wenigstens da mitkommen? Auf dem Quer war noch nie eine Katze.«

»Es gibt ja auch keinen Grund, dorthin zu gehen.«

»Der Ausblick muss fantastisch sein. Und vielleicht gibt es Vogelnester.«

»Vielleicht lebt dort auch ein riesiger, haariger Bär, der auf zwei Beinen läuft und ganz weiß ist.« Lärchenpfote schüttelte den Kopf. »Und trotzdem würde ich es nicht sehen wollen. Ich wollte morgen...«, er überlegte kurz, ob er wirklich sagen wollte, was er morgen machen würde, lächelte dann und schüttelte den Kopf, »... mal schauen, was sich so unter den Klippen tummelt.«

Spatzenflügel nickte wissend. Lärchenpfote nickte ebenfalls, wissend, dass sein Vater das in drei Herzschlägen wieder vergessen würde; er hatte ja gar nicht zugehört. Hätte er nämlich zugehört, hätte er gesagt: ›Bei den Klippen? Das ist in der Nähe des Nirgendwo, da dürfen doch keine Schüler sein!‹

Eins.

Zwei.

»Sicher, dass es nicht wegen einer Kätzin ist?«

»Papa

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