19. Kapitel

Mit steifen Gliedern erwachte Lilienwolke kurz bevor die Sonne gänzlich aufgegangen war. Staubsturm hatte sie angestupst und fragte sie nun: „Möchtest du bei der Beerdigung teilnehmen?" „Nein", antwortete sie monoton. Sie stand auf und streckte sich ausgiebig. Sie beobachtete die vier Ältesten wie sie die rote Kätzin aufhoben und nach draußen trugen, um sie nicht weit entfernt vom Lager zu vergraben. Sie würden kurz vor Sonnenhoch wieder da sein. Suchend sah Lilienwolke sich nach Luftsturm um. Sie fand ihn nicht. Wahrscheinlich war er auf Patrouille oder jagte. Lilienwolke beschloss auch jagen zu gehen. Das würde sie beruhigen und ihr gut tun. Sie wollte gerade das Lager verlassen, als sie aus dem Augenwinkel bemerkte wie Drosselfeder in ihre Richtung ging. Erwartungsvoll drehte sie sich um. Doch der Kater ging an ihr vorbei, ohne sie auch nur einmal anzusehen. Was ist denn mit dem los? Was habe ich jetzt schon wieder gemacht? Verwirrt und auch ein wenig verletzt verließ sie das Lager und lief hinauf zur Hochebene. Diese lag neben der MeerClan-grenze. Der MeerClan bewachte seine Grenzen sehr streng, daher hielt Lilienwolke lieber etwas abstand. Bei einem Ginsterbusch witterte die Jägerin ein Kaninchen. Über ihr ertönte ein Kreischen. Schnell duckte sich Lilienwolke in ein Büschel Heide und verfolgte den Habicht mit den Augen, wie er sich vom Himmel stürzte um das Kaninchen mit den Krallen zu packen. Ganz kurz bevor er die Krallen in das Fleisch des Tieres schlug sprang Lilienwolke und nagelte den riesigen Vogel am Boden fest. Er wehrte sich gewaltig, doch irgendwie schaffte es Lilienwolke mit ihm fertig zu werden. Das Kaninchen hing noch immer in den Klauen des Raubvogels und war schon längst tot. So hatte Lilienwolke Probleme beide zu tragen. Sie nahm den Habicht und rannte zum Lager. Auf halber Strecke legte sie ihn unter einem Busch ab und lief zurück um das Kaninchen zu holen. Anschließend lief sie zum Habicht und trug ihn bis kurz vor ihr Lager. Mit dem Kaninchen im Maul betrat sie das Lager. Schnell legte sie ihren Fang auf den Haufen und sprintete zurück. Der Vogel blieb beinahe unter der Eingangswurzel stecken, doch mit der Hilfe von Dornenranke, der vor kurzem seinen Kriegernamen bekommen hatte, schaffte sie es endlich. Stolz überquerte sie die Fläche und zog mit ihrem Beutetier alle Blicke auf sich. Ein paar der Kätzinnen standen auf und gratulierten ihr. Alle Kater bis auf Luftsturm nickten ihr zu. Der grau-weiße Kater nahm ihr den Habicht ab und trug ihn in die Frischbeutehöhle. Als er herauskam hatte er zwei Mäuse im Maul und fragte durch das Fell: „Magst du mir Gesellschaft leisten beim Essen?" Begeistert antwortete sie: „Ja, gerne! Wo setzten wir uns hin?" Luftsturm nickte zu einem schattigen Flecken zwischen dem Schülerbau und dem Kriegerbau. „Ja, okay!", gab Lilienwolke ihre Zustimmung und lief voraus. Sie streckte sich kurz und ließ sich auf den Bauch fallen. Sie wartete geduldig bis der Kater nachgekommen war. Er hatte seine Mäuse abgelegt und sprach mit Lerchenlied, der ihn, wie Lilienwolke später erfuhr, gerne bei der Abendpatrouille dabeihaben wollte. Nach dem Gespräche nahm er seine und Lilienwolkes Mahlzeit wieder auf und setzte sich dicht neben sie. Schnurrend bedankte sie sich: „Danke dir! Wo warst du heute bei Sonnenaufgang? Ich habe dich nirgends gefunden." Luftsturm antwortete mit vollem Mund: „Ich habe mich der Morgenpatrouille angeschlossen." „Obwohl du bei der Totenwache dabei warst?", fragte Lilienwolke verwundert. „Ja", gestand er, „Du hast ja noch gar nichts gefressen." Er widmete sich seiner Maus. Für ihn war das Gespräch beendet. Das akzeptierte Lilienwolke nur Schultern zuckend und aß ihre Maus in drei schnellen Bissen. Nachher hatte sie noch immer Hunger und meinte zu Luftsturm: „Ich habe noch Hunger. Du auch?" Abwehrend schüttelte dieser den Kopf, legte sich auf die Seite und schloss die Augen. Im weggehen schnippte Lilienwolke ihm über die grau-weiße Flanke. Beim Frischbeutehaufen angekommen, sah sie sich Drosselfeder gegenüber der Luftsturm und Lilienwolke aus zusammen gekniffenen Augen beobachtet hatte. „Ihr versteht euch ja prima!", stellte er mit einem eifersüchtigen Unterton in der Stimme fest und drehte sich ohne ein weiteres Wort um. Lilienwolke zuckte mit den Schnurrhaaren und ging zum Frischbeutehaufen. Die Beute auf dem Haufen fachte ihren Hunger nur noch mehr an. Was ist heute nur mit mir los? Sie wählte sich einen Spatzen und lief anschließend schnell zu Luftsturm zurück. Fast wäre sie mit Apfelschweif zusammengeprallt. Die hellbraun-weiß gefleckte Kriegerin wirkte aufgeregt und kam vom Heilerbau. „Lilienwolke, da bist du ja! Ich muss dir etwas erzählen! Ich war gerade im heilerbau und..." „warte mal. Können wir uns zu Luftsturm setzten? Ich möchte etwas essen.", unterbrach Lilienwolke sie und führte sie sanft, aber bestimmt zu dem Kater. Überrascht sah er auf, schlief jedoch gleich wieder ein. „Okay, schieß los und diese mal langsamer. Ich habe kaum etwas verstanden!", forderte Lilienwolke ihre Schwester auf. „Also, ich habe gerade erzählt das ich im Heilerbau war, da ich immer wieder solche Bauchkrämpfe habe. Du wirst niemals erraten was Perlenkraut herausgefunden hat!" Ich erwarte Junge! Von Eiskristall!" Nun schrie sie fast vor Aufregung. Lilienwolke schnurrte und rieb ihre Wange an der ihrer Schwester. „Herzlichen Glückwunsch! Wann ist es denn soweit?", fragte sie. Apfelschweif antwortete: „Perlenkraut meint, dass es in etwa einem Mond soweit ist." Erschrocken weiteten sich Lilienwolkes Augen. „Was? Schon so bald?", maunzte Lilienwolke. „Ja!", schnurrte die andere Kätzin, „Ich muss Eiskristall finden und es ihm erzählen!" Sie sprang auf und schnupperte um den Geruch ihres Gefährten ausmachen zu können. Schließlich rannte sie in Richtung Ausgang davon. 

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