23. Kapitel

Schmutzpfote spürte wieder den kalten Wind des nahenden Schnees, als sie am nächsten Morgen aus dem Heilerbau kroch. Obwohl die Blattleere gerade erst einen knappen  Viertelmond dauerte, hatte sie schon genug davon. Die Kälte kroch in jeden Winkel des Lagers, auch in die Baue, und der Wind pfiff durch jeden einzelnen Riss. Lieber läge Schmutzpfote jede Nacht unter ihrem Nest, als darauf, so sehr fror sie.

Dennoch war sie froh, dass sie ab heute wieder zum Training durfte. Sie wollte unbedingt jagen lernen, damit sie ihrem Clan in dieser schweren Zeit eine Hilfe sein konnte. Der Beutehaufen sah schon jetzt dürftig aus und bestand nur noch aus Vögeln. Die ganze andere Beute, Schlangen, Kröten, Echsen und Frösche, verzogen sich im Winter, weil sie die Kälte fürchteten, und so blieb dem SumpfClan nur wenig übrig.

Sehnsüchtig blickte Schmutzpfote zu der Frischbeute, ihr Magen grummelte.

Ein kleiner Happen wird nicht schaden, dachte sie und leckte sich die Lippen, bevor sie zu dem Haufen ging und ein kleines Rotkehlchen auswählte. Auch an dem Vogel war wenig dran, aber es war besser als nichts.

"Schmutzpfote! Hier, setz dich zu uns!", rief eine aufgeregte Stimme auf einmal aus der Richtung des Schülerbaus und als Schmutzpfote sich umwandte, sah sie Himelspfote, Schilfpfote und Flügelpfote gemeinsam vor dem Bau sitzen. Ihre Schwester gestikulierte aufgeregt, dass sie zu ihr kommen sollte.

Schmutzpfote schmunzelte, trabte zu den drein hinüber und ließ sich neben Himmelspfote nieder.

"Na, hat Ottersee dich endlich raus gelassen?", fragte Himmelspfote sofort und beschnupoperte ihren getigerten Pelz.

"Ja, hat sie", antwortete die Schülerin. "Dafür musste ich gestern Schreckjunges und Jubeljunges beruhigen. Habt ihr gewusst, dass Kastanienfall Junge erwartet?"

Himmelspfotes gute Laune zerschellte, Trauer blitzte in ihren Augen auf.

"Ja", murmelte sie und senkte den Kopf. "Ich werde deswegen einen anderen Mentor bekommen."

Schmutzpfote zuckte zusammen, als sie die Enttäuschung in Himmelspfotes Stimme hörte. Hätte sie das nicht sagen sollen? Wahrscheinlich. Ihre Schwester kam mit Kastanienfall hervorragend zurecht und die beiden waren in der kurzen Zeit gute Freunde geworden. Bestimmt schmerzte es sie, dass sie mit einem neuen Mentor von vorne anfangen musste.

"Das tut mir leid", miaute Schmutzpfote und strich der weißen Schülerin mit dem Schweif über den Rücken um ihr Trost zu spenden. "Du wirst sicher einen tollen neuen Mentor bekommen und sobald die fünf Monde um sind bekommst du Kastanienfall zurück", versprach sie ihr und leckte ihr über den Kopf. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, wie sich ein enges Band mit ihrem Mentoren wohl anfühlen würde. Würde Sonnenstrah sie jemals akzeptieren?

"Warte mal", mischte sich nun auch Flügelpfote ein. Der rote Kater mit dem dunklen Aalstrich kaute an den letzten verbliebenen Knochen einer Amsel. "Was haben Jubeljunges und Schreckjunges damit zu tun, dass Kastanienblüte trächtig ist?"

Schmutzpfote seufzte und erzählte, was sie gestern von Fuchsblüte erfahren hatte. Sie konnte den Schmerz der beiden jüngsten Clanmitglieder verstehen, für sie war Fuchsblüte die einzige Mutter, die sie kanten und nun würde auch diese sie verlassen.

"Das kann sie doch nicht machen!", protestierte Schilfpfote in ihrer gewohnt leisen Stimme. Die Zustimmung der stillen Kätzin machte klar, dass Fuchsblütes Verhalten falsch war.

"Tut sie aber", maunzte Schmutzpfote. "Sie hat gesagt, sie will wieder Kriegerin sein", wiederholte sie die Worte der rot-weißen Königin. "Es kam mir schon etwas seltsam vor, aber ich kann sowieso nichts gegen ihre Entscheidung ausrichten. Sie will sich offenbar nicht mehr um Jubeljunges und Schreckjunges kümmern", vermutete sie, aber der letzte Satz tat ihr im Herzen weh. Wer konnte die beiden Geswchwister denn nicht lieben? Sie waren entzückend.

"Ich verstehe das auch nicht", sagte Flügelpfote. "Ich dachte immer, Fuchsblüte ist gerne Mutter. Aber vielleicht werden ihr sechs Junge einfach zu viel."'

"Dann wird es Kastanienfall sicher nicht leichter fallen. Wir wissen nicht, wie viele Jungen sie zur Welt bringen wird. Was ist, wenn sie entscheidet, dass zwei mehr zu viel Arbeit sind? Wer soll sich dann um die beiden kümmern?", fragte Schilfpfote und auf ihre Frage folgte Stille. Keiner wusste, wie es dann mit den Jungen weitergehen sollte.

Doch auf einmal wurde die Stille unterbrochen, als Ameisenstern den Baumstumpf mit einem eleganten Sprung erklomm, und mit lauter Stimme den Clan zusammenrief.

Verwundert blickte Schmutzpfote zu ihrer Schwester, doch in Himmelspfotes Augen lag die selbe Ratlosigkeit. Hatte Fuchsblüte nicht erzählt, dass die Jungen erst in sechs Tagen ernannt werden würden?

Die vier Schüler standen auf und mischten sich schließlich unter die sich versammelnden Katzen. Schmutzpfote nahm neben ihrem Vater und Libellenflügel Platz, die beide ziemlich weit vorne saßen. Als Ameisenstein den Kopf zum Himmel hob, sah sie Stolz in seinen Augen glitzern.

"Wir sind heute zusammengekommen, um für vier junge Katzen in unserer Mitte einen neuen Lebensabschnitt einzuleiten. Himbeerjunges, Möwenjunges, Kirschjunges und Rabenjunges, bitte kommt nach vorne", rief der Anführer und wartete, dass seine Jungen nach vorne kamen, wo die SumpfClan-Katzen Platz für sie machten.

Also ernennt er sie doch schon jetzt...ob Fuchsblüte was damit zu tun hat?

Schmutzpfote blickte sich nach der gefleckten Königin um, konnte sie aber in der wuselnden Menge nirgends entdecken.

"Himbeerjunges, du hast deinen fünften Mond erreicht und bist bereit, den Pfad einer Schülerin zu betreten. Von nun an, bis du dir deinen Kriegernamen verdient hast, wird dein Name Himbeerpfote lauten. Schwarzfrost. Du bist ein loyaler und vertrauenswürdiger Krieger. Ich vertraue dir Himbeerpfotes Ausbildung an, auf dass sie mit deiner Hilfe den Mut einer Kriegerin in ihren Pfoten finden möge!"

Schmutzpfote rief Himbeerpfotes neuen Namen, jedoch fiel ihr auf, dass die frisch ernannte Schülerin den Kopf hängen ließ. War sie immer noch so deprimiert wegen ihrer Pfote? Ottersee hatte erzählt, dass sie auch ohne ihre Zehen problemlos eine Kriegerin werden konnte, also wo lag das Problem? Momentan schlang sich um ihre Vorderpfote ein Verband aus Spinnweben, sodass die schwarz verfärbten Zehenballen versteckt waren.

Schwarzfrost hingegen glühte vor Stolz. Der ehemalige Zweite Anführer begrüßte seine Schülerin mit der Nase, seine blauen Augen leuchteten. Offenbar war er durchaus froh, dass er sich einer Schülerin annehmen durfte und er schien das Leben als normaler Krieger zu genießen.

Ohne Himbeerpfotes Traurigkeit zu beachten, fuhr Ameisenstern fort.

"Möwenjunges, auch du hast dienen fünften Mond erreicht und bist bereit en Pfad eines Schülers zu beschreiten. Von nun an wird dein Name Möwenpfote lauten. Leopardenschweif. Du bist eine junge, energiereiche Kriegerin und ich vertraue dir mit Möwenpfote deinen ersten Schüler an, auf dass du ihn auf seinem Weg zu einem treuen Krieger des SumpfClans zur Seite stehen mögest."

Der frisch ernannte Möwenpfote reckte stolz den Kopf nach oben, er genoß die Rufe seines neuen Namens sichtlich. Leopardenschweif drängte sich durch die Menge zu ihrem neuen Schüler.

Als Schmutzpfote darüber nachdachte war Leopardenschweif die beste Wahl für Möwenpfote. Der weiße Kater vertrug das Sonnenlicht nicht und klagte oft über seine verbrannte Nase und verbrannte Ohrspitzen. Leopardenschweif war überwiegend nachtaktiv, was das Training für ihn vielleicht etwas einfacher gestalten würde.

Doch als Ameisenstern weitersprach, fühlte Schmutzpfote die Spannung in ihr aufwallen. Wie war der Kampf um den Heilerschülerposten letztendlich ausgegangen? Insgeheim hielt sie zu Kirschjunges, die sie für eine viel einfühlsamere Katze hielt, als Ameisensterns Ebenbild.

"Kirschjunges, auch du hast deinen fünften Mond erreicht und bist bereit den Pfad einer Schülerin zu bestreiten. Von nun an wird dein Name Kirschpfote lauten." Vor Aufregung hielt Schmutzpfote den Atem an. Würde Ameisenstern Ottersee als Kirschpfotes Mentorin aufrufen?

"Farnsilber. Du bist ein kluger, herzensguter Krieger und ich vertraue dir mit Kirschpfote deine erste Schülerin an, auf dass du ihr die Wege eines Kriegers zeigen und ihr auf ihrem Weg beistehen mögest!"

Enttäuschung machte sich in Schmutzpfote breit. Das bedeutete, dass Kirschpfote ihren Traum nicht wahrmachen konnte. Sie würde niemals Heilerin werden. Sie blickte hinüber zu der rot-weiß gesprenkelten Kätzin, doch ihr Gesicht wirkte wie aus Stein, aös wäre sie an der Sache unbeteiligt.

"Und nun kommen wir zu dir, Rabenjunges. Auch du hast deinen fünften Mond erreicht und bist bereit für deinen Weg als Schüler. Rabenjunges, von nun an wirst du Rabenpfote heißen. Ist es immer noch dein Wunsch, den Weg eines Heilers zu bestreiten?"

"Das ist es!"

"Ottersee, bist du gewillt, diesen jungen Kater in den Aufgaben der Heiler zu unterweisen?"

Die braune Kätzin nickte. "Das bin ich."

"Dann wird Rabenpfote von nun an unser Heilerschüler sein, auf dass er unseren Clan vor Krankheiten schützen und die Worte des SternenClans verstehen möge!"

Der Clan rief Rabenpfotes neuen Namen, doch Schmutzpfote konnte nicht anders, als Missgunst für den dunklen Kater zu empfinden. Sie schämte sich für dieses Gefühl, doch gleichzeitig wünschte sie Rabenpfote etwas Schlimmes an den Hals. Er hatte Kirschpfote ihren Traum mit Absicht genommen, und das würde sie ihm nicht vergessen.

Alle dachten, die Zeremonie wäre vorbei, doch als sich die Menge breits auflösen wollte, ergriff Ameisenstern ernuet das Wort.

"Es gibt noch eine Ankündigung zu machen. Kastanienfall wird in die Kinderstube ziehen, weshalb Himmelspfote einen neuen Mentor braucht. Gelbschweif. Du hattest nicht die Möglichkeit, die Ausbildung deiner letzten Schülerin zu beenden. Ich vertraue dir Himmelspfote für Kastanienfalls Zeit in der Kinderstube an, auf dass ihr Training nicht ins Stocken geraten möge."

Sie hat Gelbschweif bekommen!

Schmutzpfote war überrascht, dass der goldenen Tigerkater so bald nach dem Tod von Schwalbenpfote schon eine neue Schülerin bekommen würde, aber der Krieger wirkte nicht unzufrieden darüber. Auch Himmelspfote schien diese Entscheidung zu akzeptieren, Gelbschweif war ein hochrangiger und kluger Krieger, der ihe Ausbildung ernst nehemn würde.

Die Katzen des SumpfClans wussten nicht, ob sie nun ebenfalls einen Namen rufen sollten, und murmelten schließlich halbherzig Gelbschweifs Namen. Es war etwas verwirrend, aber Schmutzpfote lief zu ihrer Schwester, um ihr zu gratulieren. Himmelspfotes Enttäuschung über Kastanienfalls Einzug in die Kinderstube war immerhin zum Teil verflogen.

Doch plötzlich fiel ein großer Schatten über Schmutzpfote und als sie sich umdrehte, stand ihr Sonnenstrahl gegenüber.

"Lässt Ottersee dich wieder trainieren?", fragte er kühl, seine goldenen Augen funkelten kalt.

"Ja...sie sagt, ich darf wieder hinaus", antwortete die getigerte Kätzin schnell, ie kam aber nicht umhin, von Sonnenstrahls plötzlichem Auftreten eingeschüchtert zu sein.

"Sehr gut, dann lass uns gehen. Wir müssen noch einige Muskeln aufbauen, bevor du auf die Große Versammlung gehen kannst. Ich will nicht, dass der SeeClan denkt, wir würden kleine Schwächlinge großziehen", knurrte der Kater mit einem Blick auf Schmutzpfote schmale Schultern, bevor er Richtung Ausgang davonstapfte.

Schmutzpfote versuchte, sich diese ganz offene Beleidigung nicht zu Herzen zu nehmen und folgte ihm.

Ich werde ihm zeigen, dass ich eine gute Schülerin sein kann. Ich werde sein Vertrauen gewinnen!

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