20.

Finsternis. Es war so weit. Der Mond war kurz davor, seinen Zenit zu erreichen. So leise wie möglich schlich Blumenpfote aus dem Bau und an der schlafenden Harzfeuer vorbei über die Lichtung.

Sie dürfen die Jungen nicht als Geiseln nehmen. Der RegenClan kämpft fair, Katze gegen Katze.

Lautlos schlüpfte Blumenpfote in die Kinderstube, darauf bedacht, Hasenohr auf keinen Fall zu wecken. Im Gegensatz zu Rusßjunges'Mutter, die sich noch immer nicht richtig von der Geburt erholt hatte und dauernd schlief, war Hasenohr eine riesige Gefahr. Sollte sie bemerkten, dass sie ihre Jungen nahm konnte sie sich auch gleich ins Grab legen und für einen schnellen Tod beten.

Vorsichtig stupste sie Entenjunges an. Er hatte einen leichten Schlaf und blickte sie sofort aus großen, hellblauen Augen an.

"Blumenpfote? Wie...was machst du denn hier?"

"Du musst mir jetzt vertrauen, ja? Weck deinen Bruder auf und kommt mit."

"Warum?"

Entenjunges' Augen weiteten sich erschrocken.

"Stell keine Fragen, mach es einfach. Erinnere dich an dein Versprechen. Du schuldest mir einen Gefallen, also weck deinen Bruder und sag ihm, dass ihr mit zu mir müsst, okay? Und leise sein, verstanden?"

Blumenpfote hörte, wie der kleine Kater schluckte, dann nickte er und begann, seinen Bruder sanft anzustupsen.

Die gesprenkelte Heilerschülerin wandte sich um und löste Rußjunges behutsam aus der Umarmung seiner Mutter.

Als sie sich zu Entenjunges umdrehte, stand neben ihm Bärenjunges, mit hochgezogenen Lefzen und versuchte, furchteinflößend zu knurren.

"Wir lassen uns nicht einfach so entführen! Und was machst du da mit Rußjunges! Lass ihn los!"

"Sei still, Bärenjunges und komm. Von mir aus schwöre ich dir auch beim SternenClan, dass ihr dieses Lager nicht verlassen werdet."

"Komm schon, ich vertraue Blumenpfote. Sie wird uns nichts tun", wandte Entenjunges ein und stupste Bärenjunges vorran.

"Euch wird nichts geschehen. Kommt einfach mit, wir müssen uns beeilen. Es ist fast Mondhoch."

Damit huschte Blumenpfote wieder über die Lichtung, Rußjunges fest im Maul, der sich leise wimmernd über die Kälte beschwerte.

"Was passiert denn zu Mondhoch?", fragte Entenjunges, der hinter ihr herlief.

"Das werdet ihr dann sehen. Los, hinein in den Bau und ganz leise sein."

Misstrauisch tappte Bärenjunges in Blumenpfotes Gefängnisbau, Entenjunges folgte ihm. Blumenpfote legte den winselnden Rußjunges in ihr Nest und räumte vorsichtshalber die Todesbeere weiter weg.

"Warum hast du uns hierhergebracht?"

"Werdet ihr gleich sehen", wiederholte Blumenpfote und linste nach draußen.

Genau in dem Moment schallte ein "Angriff!" durch das Lager. Dutzende Katzen, an denen der wohlbekannte Geruch nach RegenClan haftete, stürmten das Lager des SchneeClans, ihre Zähne waren gebleckt, die Krallen ausgefahren und kampfbereit.

Sofort strömten die ersten Krieger des SchneeClans aus ihren Bauen und ein erbitterter Kampf begann. Blumenpfote sah Blut durch die Gegend spritzen und hörte Fell und Ranken reißen. Schmerzensschreie hallten durch die eisige Nachtluft, gefolgt von wütenden Fauchen und bedrohlichem Knurren. Blumepfote sah, wie Moorsturm sich auf direktem Weg zur Kinderstube  durch die Katzenmenge schlug, er grub seine gebogenen Klauen in jeden Leib, den er als SchneeClan-Katze identifizierte.

"Blumenpfote? Was passiert da?", winselte Entenjunges. Er hatte sich eng an seinen Bruder gedrückt, der die dunkelbraunen Ohren angelegt hatte.

"Ein Angriff. Bleibt hier, dann passiert euch nichts. Vor diesem Bau ist eine ganze Linie SchneeClan-Krieger. Uns wird nichts passieren.

"Was für ein feiger Angriff, Sumpfstern!", höhnte da auf einmal Mausestern mit hoher Stimme und zu einer wütenden Grimasse verzogenem Gesicht. "Aber ihr seid in der Unterzahl, ihr Versager. SchneeClan, formiert euch!"

Die Worte der Anführerin ließ den Überraschungseffekt verpuffen und Blumenpfote sah, wie der RegenClan immer weiter zurückgedrängt wurde. Moorsturm sah sich mit wutverzerrtem Maul um, Blut troff von seinem Maul und einem eingerissenen Ohr.

"Blumenpfote! Wo bist du!", schrie er, doch der Kampflärm übertönte Blumenpfotes Antwort.

Ein gewaltiger Hieb traf Moorsturm an der Seite und Blumenpfote musste hilflos zusehen, wie Bienenkralle ihren Vater zu Boden schleuderte. Es waren einfach zu viele SchneeClan-Katzen und zu wenige vom RegenClan.

Sumpfstern wurde gleich von mehreren Kriegern attackiert, unter anderem von Zimtklaue, der seine riesigen Klauen ohne Umschweife in das Gesicht des RegenClan-Anführers rammte. Sumpfstern heulte vor Schmerz auf.

"Rückzug!", brüllte der dunkelbraune Kater und warf Zimtklaue von sich.

"Krieg! Das bedeutet Krieg, Mausestern, hast du gehört?! Krieg!", brüllte Moorsturm, als wäre er wahnsinnig, bevor er aus dem Lager gejagt wurde.

Nach und nach verschwanden die RegenClan-Katzen.

Sie haben es nicht geschafft! Nein! Ich will nach Hause! heulte Blumenpfote in Gedanken, beinahe drohten in ihr Tränen aufzusteigen. Aber vor diesen Katzen würde sie niemals weinen, sie schluckte den Frust und die Wut hinunter und öffnete den Eingang für die Jungen.

"Ihr könnt jetzt raus", miaute sie tonlos und nahm Rußjunges am Nackenfell, damit sie ihn zu seiner Mutter zurückbringen konnte.

"Die Jungen! Die Jungen sind weg!", kreischte da auf einmal Hasenohr, die aus der zerstörten Kinderstube jagte, als hätte sie ein Fuchs in den Schweif gebissen.

"Mama! Wir sind hier, Mama", maunzte Entenjunges und rannte an der Seite seines Bruders zu der braun melierten Königin zurück.

"Und wo ist Rußjunges? Er kann doch noch nicht laufen! Wo ist er hin?"

Die fremde Königin, die die Mutter des kleinen, dunkelgrauen Jungen, war zum ersten Mal seit Blumenpfote sie gesehen hatte auf den Beinen. Sie wirkte erschöpft, hatte aber offensichtlich genug Kraft um sich Sorgen zu machen.

"Blumenpfote hat ihn", miaute Bärenjunges ohne zu zögern.

Alle Blicke ruhten auf Blumenpfote, die sich leicht geduckt zwischen den Katzen hindurchschlängelte um Rußjunges seiner Mutter zurückzugeben. Dabei konnte sie einen Blick auf die Kinderstube erhaschen, deren Ranken und Zweige komplett zerfetzt und zerrissen auf den Nestern lagen.

"Du wusstest von diesem Angriff, und hast nichts gesagt?", fauchte Hasenohr, sodass Geifer Blumenpfotes Gesicht sprenkelte.

"Wieso sollte ich etwas sagen? Ihr seid meine Feinde!", knurrte Blumenpfote aufgebracht zurück. Konnten diese miesen SchneeClan-Flohfelle für nichts dankbar sein?

"Aber die Jungen gehören nicht zu uns, oder was?"

"Die Jungen sind unschuldig an euren Taten. Ich habe verhindert, dass ihnen etwas passiert, also halt mal besser dein Maul, Hasenohr!"

"Wie redest du denn mit mir?!", empörte sich die hellbraune Königin und fuhr die Krallen aus.

"So, wie es langsam mal jemand tun sollte, du hysterisches Miststück!"

"Ruhe jetzt! Hasenohr, Wasserblüte, ihr zieht mit den Jungen hinüber in den Kriegerbau, bis die Kinderstube repariert ist. Harzfeuer, du begleitest Blumenpfote in ihren Bau zurück. Und du wirst sie nicht rauslassen, hast du verstanden? Der Rest macht sich bereit, für den Kampf", Mausestern thronte auf ihrem Felsen und die Katzen stoben auseinander um sich in kleine Kampfpatrouillen zusammenzufinden.

Das würde nicht gut enden. Was sollte sie denn jetzt tun?

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