23
"Tipo?"
Ich zog sie von mir weg, und musste mit erschrecken feststellen, dass sie nur noch schlaff in meine Arme hing.
"Oh nein... Tipo..."
Ich verzog das Gesicht und legte sie auf dem Boden. Die anderen kamen zu mir und umkreisten uns.
"Ist sie..."
Fing Crane an, doch ich presste nur die Lippen zusammen.
"Ist sie nicht."
Sagte ich dann und atmete durch. Ich hob die linke Hand hoch, und konzentrierte mich. Panda's hatten die Kraft des Chi's. Die Kraft der Heilung. Wenn es damals Oogway helfen konnte, musste es auch jetzt klappen.
Ich öffnete langsam die Augen, und sah traurig auf sie herunter. Der goldene Schimmer an meiner Handfläche schien zu glühen, als ich meine Hand auf ihren Brustpanzer legte.
"Wach wieder auf..."
Sagte ich leise, und wartete bis das Licht erloschen war.
Erwartungsvoll starrte ich sie an, in der Hoffnung sie würde die Augen öffnen, oder wenigstens ein Lebenszeichen von sich geben. Aber es passierte nichts.
Tigress legte mir eine Hand auf die Schultern, doch ich schüttelte sie ab und hob Tipo hoch.
"Lasst uns... lasst uns einfach zurück gehen."
Sagte ich abwesend.
Keiner protestierte, im Gegenteil; jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, als wir durch das Dorf gingen.
"Wo ist Shifu?"
Fragte ich in die Runde, und sah mich um. Ich konnte mich daran erinnern das auch er uns gefolgt war. Der Angriff kam so überraschend, dass ich nicht einmal wusste ob ich es mir nur eingebildet hatte oder nicht.
Auch die anderen drehten sich suchend um, bis Monkey aufzeigte.
"Dort!"
Ich folgte seinem Blick und fand ihn. Er rappelte sich gerade auf und kam zu uns gehumpelt.
"Shifu! Geht es euch gut?"
Fragte ich sofort.
Er hatte die Ohren angelegt und hustete kurz.
"Ja, mir geht es gut... was ist mit euch? Mit Tipo?"
Sein Blick wanderte zu der leblosen Schildkröte in meinen Armen.
"Uns geht es gut, bis auf sie..."
Crane ergriff das Wort.
"Kommt, wir müssen sie zurück in den Palast bringen... und wir müssen euch verarzten."
Sagte er und ging voran. Wir schlichen ihn trüb hinterher. Den Erfolg konnte man uns nicht ansehen, zu groß war die Sorge um Tipo.
Die Dorfbewohner kamen aus ihren verstecken heraus und sahen uns besorgt und ängstlich an.
"Ihr braucht keine Angst mehr zu haben. Tipo hat es besiegt..."
Erklärte Shifu den Dorfbewohnern.
Mein Herz zog sich zusammen, als ich auf sie nieder sah. Sie sah so friedlich aus, als wenn sie nur schlafen würde. Dabei sah sie äußerlich alles andere als friedlich aus. An ihrem linken Unterarm konnte ich wirre Kratzer sehen, die schlimmer aussahen als die in ihrem Gesicht. An ihren Bein zog sich ebenfalls ein langer Kratzer entlang, und blaue Flecken bestückten sie. Sie hatte in der Zeit mehr Narben und Verletzungen erlitten, als sie es in ihren alten Leben hatte.
Ihre alten Narben an ihrer Wange schienen das einzige an ihr zu sein, was verheilt war.
Die Tage vergingen wie im Flug. die Bewohner hatten bereits den Schaden wieder beseitigt und wir hatten dabei geholfen.
Alles schien wieder normal zu sein, außer den kleinen Unterschied das Tipo immer noch nicht aufgewacht war. Es waren schon drei Tage vergangen. Drei Tage an denen ich jeden Morgen hoffte sie würde aus dem Zimmer gehumpelt kommen, und fragen was los sei. Aber nichts kam.
Sie lag wie eine Leiche auf der dünnen Matte auf dem Boden im Krankenzimmer, ihre Verletzungen waren teilweise etwas verheilt, Verbände zierten ihre Arme und Beine. Auch ein paar Akurpunkturnadeln hatte sie in ihrer Haut stecken, aber die schienen ihr auch nichts zu bringen.
Sie atmete gleichmäßig, doch ich konnte nicht sagen ob es jedem Moment damit Schluss sein könnte.
Ich saß heute, wie jeden Tag auch, wieder an ihrer Seite und sah sie an.
Mich schmerzte es jedes mal wenn ich einmal draußen war, dass ich auf der Frage wie es der Enkelin von Oogway ging- ich immer sagen musste das wir noch nichts genaueres wussten.
Es tat weh.
"Du musst wieder aufwachen Tipo... was soll ich denn machen wenn du plötzlich nicht mehr bei uns bist?"
Fragte ich sie, und nahm ihre Hand in meiner. Sie war kalt.
"Du darfst nicht gehen..."
Flüsterte ich leise, und senkte den Kopf.
"Weißt du noch was wir uns versprochen haben? Wir stehen das zusammen durch, mit Kratzern und Prellungen, aber niemals leblos..."
Ich sah zu ihr hoch.
"Du hast es mir versprochen..."
Ich sah sie an, doch erneut kam keine Reaktion ihrerseits.
"Weißt du, du machst mich fertig. Ich weiß nicht einmal ob du mich hören kannst..."
Fügte ich noch hinzu, eher ich verstummte.
Ich drehte den Kopf, und kniff die Augen zusammen.
Hier war es so grell an diesem Ort, dass ich zuerst Schwierigkeiten hatte mich zurecht zu finden. Doch langsam gewöhnten sich meine Augen an das Licht, und ich konnte meine Umgebung wahrnehmen.
Hier stand ein Baum auf einer einsamen kleinen Insel. Vor mir schwappte das Wasser auf den Sand. Es schimmerte golden, und war so hübsch dass ich meine Augen nicht abwenden konnte.
"Sieht so aus als würde es dir hier gefallen..."
Sagte eine Stimme. Ich drehte mich lächelnd um.
"Großvater!"
Ich lächelte, da ich ihn zum ersten mal ohne eine Silhouette sehen konnte. Er trug jetzt einen Umhang, der hinter ihn her wehte.
Ich lief zu ihn hin, und umarmte ihn. Ich war so glücklich ihn jetzt endlich umarmen zu können. Ich hatte ihn nie kennenlernen können, doch jetzt hatte ich die Gelegenheit. Mir war so, als könnte ich für immer an diesem Ort bleiben.
Ich löste mich von ihn und lächelte.
Er führte mich zu einem Boot, dass seltsamerweise aufgetaucht war und stieg mit mir hinein.
Ich lachte und sah mich um. Der Himmel war in einem wunderschönen Orange-gelben Ton, die Wolken waren so weiß wie ich sie noch nie gesehen hatte.
Das musste das Jenseits sein...
"Du hast es also geschafft Ku zu befreien und zu bezwingen..."
Oogway nahm seinen grünen Stab und tauchte ihn ins Wasser um uns damit Anschwung zu geben.
"Ja... ich dachte ich schaffe es nicht. Aber du hattest recht."
Sagte ich, und beugte mich über den Bootsrand und tauchte meine Hand ins klare Wasser. Doch als mein Blick mein Spiegelbild erkannte, schreckte ich zurück.
Ich sah mich, aber als Mensch. Dabei war ich doch noch eine Schildkröte.
Ich sah auf meine Arme, und dann wieder zurück in mein Spiegelbild.
"Du steckst noch zwischen den Welten fest..."
Oogway hörte auf mit dem Rudern, und kam zu mir.
Das Boot stieß sanft an der gegenüberliegenden Insel an, und stoppte dort.
"Ich... ich bin nicht Tod?"
Fragte ich, und sah ihn verständnisslos an. Nach diesen Wunden dachte ich das es mit mir zu ende gegangen wäre.
"Deine Seele hängt noch in der Welt der Sterblichen fest. Und es liegt an dir ob du zurück möchtest, oder hier bleiben willst..."
Ich sah ihn an, und schluckte.
"Aber... wie soll ich zurück? Und wohin? In meiner Welt oder in... deiner?"
Fragte ich und stieg aus dem Boot aus. Auf dieser Insel befand sich ein großer Kirschblütenbaum, der seine Blüten fallen ließ.
"Wohin du zurück möchtest ist ganz deine Entscheidung. Ich kann dich zurück in die Menschenwelt befördern, und du siehst die andere Welt nie wieder. Oder du gehst zurück, bleibst aber in dieser hier. Du kannst aber auch hier bleiben bei mir, wenn du den Kampf aufgeben willst."
Ich wurde hellhörig.
"Den Kampf aufgeben? Aber.. ich bin doch erst seit ein paar Minuten hier..."
"Die Zeit existiert hier nicht, liebes. Du bist schon seit drei Tagen bewusstlos. Der Panda macht sich große Sorgen um dich. Aber er verliert die Hoffnung noch immer nicht..."
Oogway ging herum, und sah mich an.
Po...
Bei der Erinnerung an ihn, machte sich ein Knoten in meinem Bauch breit. Und plötzlich zog ein starker Wind auf, der die Blütenblätter zum wirbeln brachte.
Erschrocken sah ich mich um, doch es war wieder verschwunden.
Oogway lachte.
"Siehst du, dich hält noch etwas in dieser Welt..."
Ich sah ihn hinterher.
"Kann ich denn überhaupt zurück? Zurück in dieser Welt?"
Fragte ich ihn jetzt.
Er drehte den Kopf und lächelte.
"Du willst also doch nicht bleiben? Oder zurück in die Menschenwelt?"
Ich dachte nach. Ich konnte nicht zurück in meiner alten Welt. Dafür hang ich zu sehr an der jetzigen. Mein ganzes Leben lang hatte ich das Gefühl das ich nicht dazu gehörte, und jetzt hatte ich es gefunden. Meinen Platz.
Außerdem könnte ich es nicht ertragen wenn ich nicht mehr zurück kehrte. Zu Po. Ich konnte ihn nicht in Stich lassen. Ich hatte es ihn versprochen.
"Du musst das tun, was dir dein Herz sagt. Es ist dein Leben, und du bist die einzige Person der du es recht machen musst. Denk nicht an das, was logisch wäre. Denk an das, nach was dein Herz sich sehnt."
Oogway kam zu mir und strich mir über der Wange.
Ich lächelte traurig, und umarmte ihn noch einmal.
"Ich werde dich vermissen, Großvater. Ich hätte dich zu gerne besser kennengelernt..."
Sagte ich.
"Das kannst du immer noch. Irgendwann werden wir uns wieder treffen. Und dann kannst du mir von deinem, und ich dir von meinem Leben erzählen. Ich bin sicher du wirst einiges mit dem Panda erleben."
Er gluckste, als würde er es schon wissen was passieren würde.
Ich zog zurück, und nickte. Die Tränen verdrängte ich. Ich würde ihn wiedersehen. Jedoch noch nicht allzu bald. Sondern irgendwann...
"Sag, Liebling. Wo weist dich dein Herz hin?"
Fragte er mich jetzt.
Ich lächelte ihn an.
"Zurück in die Welt, zu meinem Panda."
Er lächelte wissend, und nickte.
"Dann geh...vergiss nicht, ich bin immer bei dir."
Er streckte die Hand aus, die ich nahm.
Ein letztes mal sah ich ihn in die Augen, und ein letztes mal fühlte ich seine Berührung, als ich nach hinten ging. Unsere Finger rutschten immer weiter ab, bis ich los ließ.
Nicht nur von ihn, sondern auch von meinem alten Leben.
"Bis irgendwann..."
Sagte ich noch.
"Bis irgendwann, mein Kind."
Ich ging bis an den Rand der Insel, und kniete mich hin. Ich tauchte die Hand ins Wasser, und malte einen nicht geschlossenen Kreis.
Ich komme zurück, dachte ich noch bevor ich in ein helles Loch fiel.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Wärt ihr zurück in unserer Welt gegangen, oder wärt bei den Furiosen 5 geblieben? :)
Bis zum nächsten Kapitel ♡♡♡
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top