|V Wüstentraum|


Wie versprochen, die kurze Zusammenfassung des letzten Kapitels:

Flusenpfote ist auf Bodenjagd, also mit zusammengeschnürten Flügeln, und wird von Funkensturm überrascht, der ihn daraufhin „entführt" und zum Schlangenbach, einer Gegend voller Dachse und giftiger Schlangen, bringt. Dort setzt er ihn ab, verschwindet in die Büsche und pirscht sich an Flusenpfote an. Währenddessen denkt er über geheimnisvolle Stimmen nach, die seinen Hass und seine Machtgier schüren. Er stürzt sich auf den kleinen Schüler und verletzt ihn bis zur beinahen Unkenntlichkeit. Flusenpfote wird daraufhin ohnmächtig.

Auch hier gibt es leichte Beschreibungen von Wunden, wer also kein Blut sehen/lesen kann, sollte den Abschnitt zwischen dem ersten dieser (—~—) Zeichen bis zum zweiten überspringen.

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Beinwell, Minze, Birkenblätter. Kräuter und Heilmittel schwirrten durch Wüstentraums Kopf, während sie lächelnd durch die Felder streifte. Eine Blüte hier, ein Kraut da. Bald schon hatte sie genug zusammen, um sich wieder mit Unkenruf blicken lassen zu können.

Schnurrend nahm sie einen ganzen Strauß Löwenzahnblumen auf. Sie sah irritiert nach oben, als ein Schatten auf sie fiel und den zunehmenden Mond verdeckte. Sie hatte dem SternenClan nichts getan.

Die weiße Scheibe am Himmel sollte nicht verhüllt sein! Doch es war nicht die Silhouette einer Wolke, die sie am Himmel entdeckte. Nein, es waren eindeutig geflügelte Katzen.

All ihre Instinkte schrieen nach HimmelClan und Tatsache, es waren Tupfengold, die Zweite Anführerin des Clans, Eulenauge, ein Krieger, und Jadestern persönlich, der Anführer, die dort direkt vor ihr landeten.

„Wir brauchen deine Hilfe, Wüstentraum, schnell!" rief die getupfte Kätzin scheinbar aufgebracht und tränennah. Die Heilerin rutschte sofort in ihre professionelle Art.

„Komm erst mal runter, Tupfengold. Was ist passiert? Ihr würdet nicht zu mir, einer FelsenClan-Heilerin kommen, wenn es nicht etwas wirklich, wirklich schlimmes wäre."

Der bereits ältere Anführer senkte nur den Kopf, murmelte einen Satz und Wüstentraum hetzte sofort los in Richtung des HimmelClan-Territoriums.

„Ein Schüler liegt im Sterben", geisterte durch ihren Verstand, während ihre Pfoten sie immer weiter zum Lager der Wolkenkatzen trugen.

Wie konnte so etwas nur passieren? Den jüngsten Clanmitgliedern sollte es in dieser Gruppe auf jeden Fall gutgehen! Sie rannte schneller.

Wenn sie zu spät käme, wollte sie sich garnicht ausmalen, was passieren würde. Die feuchten Gräser unter ihren Tatzen wurden langsam durch federnden Waldboden ersetzt und der Geruch des anderen Clsns wurde stärker.

Schwer atmend kam sie vor dem Eingang des Lagers zum Stehen. Jadestern hatte ihr keine Erlaubnis gegeben, sich im Wohnbereich der Katzen aufzuhalten, aber da sie eine Heilerin war, konnte er sie auch nicht ganz aussperren.

Ihr Herz klopfte wild in ihrer Brust, als ein leises Miauen von der Wallseite kam: „Wüstentraum! Gut, dass du da bist! Komm hier rein!" Mondspur, eine gute Heilerfreundin, winkte vorsichtig aus einem Spalt in der dicken Holzbefestigung.

Die Getigerte huschte zu ihr hinüber, quetschte sich durch den schmalen Gang und kam in einer angenehm hell leuchtenden, warmen Höhle aus.

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Abendrot, der andere Heiler des Clans, stand mit dem Körper über einer erschreckend kleinen, im Schlaf so winzig aussehenden Gestalt und presste Spinnweben auf den Bauch des Katers. Er wirkte verzweifelt. Und dazu hatte er auch alles Recht, musste man sich doch nur den Berg an blutdurchtränkten Spinnennetzen neben ihm ansehen.

Wüstentraum lief zu ihm hinüber und jaulte bestürzt auf, als sie die riesigen Wunden sah, die den winzigen Körper dermaßen unkenntlich machten. Kaum war noch Fell übrig, lange Krallenspuren verunstalteten das Gesicht des Kleinen und seine Flügel waren eine einzige Katastrophe.

„Wer würde einem kleinen Schüler etwas so schreckliches antun? Das ist ja..."

Sie fand keine Worte mehr und rannte nach draußen, um sich um ihre Abendfrischbeute zu erleichtern. Beschämt kam Wüstentraum kurze Zeit später wieder in den Bau.

„Tut mir leid, es ist nur dermaßen unverständlich und gleichzeitig einfach so verstörend und traurig. Ich kümmere mich um ihn und kriege ihn wieder hin. Haltet mir bloß eure Clangefährten vom Leib!"

Die eindrucksvolle Kätzin kniff die Augen zusammen, atmete einmal tief durch und machte sich an die Arbeit. Spinnennetze waren noch genügend da. Wundheilkräuter ebenso. Nur an Mohnsamen fehlte es. Das würde sie Abendrot und Mondspur noch sagen müssen.

Leise begann sie zu summen und vorsichtig über die Wunden zu streichen. Ein silbernes Leuchten erschien und das Blut hörte auf zu fließen. Sie spürte bereits jetzt, wie die Energie aus ihr herausgedrückt wurde wie aus einem nassen Schwamm.

Die ehemals schönen Schwingen waren am schlimmsten zugerichtet. Ohne ihre Heilkraft hätte sie sie nicht mehr retten können. Dank dieser schlossen sich die klaffenden Krallenspuren und Federspitzen lugten aus der frisch vernarbten Haut. Ein Vorderbein hatte es ebenfalls stark erwischt.

Wüstentraum riss sich zusammen und hielt ihre Nase dicht an das zerfetzte Fleisch. Ein weißer Schimmer war deutlich sichtbar, doch mit ihrer Heilmagie verschloss sich die Wunde.

—~—

Sie jaulte leise auf. „Mondspur! Abendrot! Ich brauche euch hier!" Sofort eilten beide Katzen nach drinnen und stützten die geschwächte Heilerin, deren Beine nachgegeben hatten.

Sie halfen ihr, sich in eines der weichen Nester zu legen, damit sie sich ausruhen konnte. Abendrot miaute leise: „Ich gehe Efeupfote und Haselpfote wecken und bitte sie darum, sich um dich zu kümmern. Was du jetzt brauchst, ist viel Ruhe."

Bei diesem Satz zog sich alles in Wüstentraum zusammen. Die Erinnerung war noch zu frisch. Bilder blitzten vor ihren geschlossenen Augen auf.

Ein kräftiger, dunkelroter Kater, eingeklemmt unter riesigen Felsen. Katzen, die versuchten, ihm zu helfen. Eine Lawine aus Staub, Steinen und Schnee. Und danach, nichts. Trügerische Stille und ein Jaulen, ein Schrei wie aus einer anderen Welt, so schmerzerfüllt, so leidend.

„Wüstentraum? Ich habe hier Frischbeute für dich, wenn du möchtest." Haselpfote, eine junge Heilerschülerin, stand vor ihr, mit einer Maus zwischen den Zähnen. Die getigerte Kätzin schüttelte stumm den Kopf und schloss wieder die Augen. Eine einsame Träne versickerte in ihrem Wangenfell.

Sie konnte die verwunderten Blicke auf sich beinahe schon spüren. Ihren Schweif fest um sich geschlungen, driftete sie in einen kurzen Schlaf.

Sie wurde schlussendlich von Mondspur wachgerüttelt, die immer wieder besorgte Blicke hinter sich warf. Dort lag auf der großen Steinplatte, die zur Behandlung von Schwerverletzten genutzt wurde, der junge Schüler. „Es geht Flusenpfote nicht besser, Wüstentraum. Er verliert zwar kein Blut mehr, aber er wacht einfach nicht auf. Könntest du versuchen..."

Sie musste nicht zu Ende sprechen, da war die eindrucksvolle, dunkelgraue Kätzin bereits wieder auf den Beinen. Abendrot trat von ihm zurück und sie drückte ihre Nase erneut in sein Fell. Leise summend öffnete sie ihren Geist. Doch was sie sah, erschreckte sie. Ihm ging es gut, außer der kleinen Sache mit dem Schlangengift.

Sie fuhr hoch und miaute hektisch: „Holt mir schnell Holunderbeeren und Basilikum! Er ist von einer Schlange gebissen worden, deshalb wacht er nicht auf!" Sie verfluchte sich innerlich, dass ihr das nicht schon früher aufgefallen war.

Systematisch sah sie sich seine Pfoten an, da er an einer der Vorderpfoten eine Bissstelle haben sollte. Doch er hatte dort nicht die zwei charakteristischen Einstichstellen, nein, eine verkrustete Wunde über einer grünlich verfärbten Hautstelle deutete auf eine ganz andere Verletzung hin.

Katzenkrallen.

Jemand hatte seine Krallen in die Pfote des Kleinen gebohrt und danach Gift hineingerieben. Dies war nicht das Werk eines Dachses, wie ihr berichtet worden war. Ihr Blick fiel auf ein rotbraunes Fellbüschel zwischen den kleinen Krallen des Katers. Die einzige Frage war nur: Wer tat so etwas? Vorsichtig pulte sie die Haare hervor und versteckte sie in ihrem Nest.

Sie würde sich später darum kümmern. Jetzt gab es Leben zu retten. Endlich kam Efeupfote mit den Holunderbeeren und dem Basilikum zurück. Sie schnappte es sich, zermatschte alles zu einer grünen Pampe auf einem Birkenblatt und miaute: „Entschuldigung, kleiner Schüler, das wird wehtun, auch wenn du wieder wach bist."

Mit einer flüssigen Bewegung fuhr sie ihre spitzen Krallen über die Wunde. Sie sorgte dafür, dass diese sich wieder öffnete und dicker, weißlicher Eiter herausgeflossen kam. „Oh beim SternenClan. Es hat sich bereits entzündet. Das wird nicht angenehm." Sie drückte das Blatt mit der Creme nach unten fest auf die Wunde und nahm dankend die Spinnenweben und langen Ranken an, die die anderen Heiler ihr reichten.

Erleichtert seufzte sie auf, als die Pfote versorgt war und wollte sich schon auf den Weg zu ihrem Moosnest machen, als eine Welle aus Erschöpfung über ihr hereinbrach. Ihre Beine knickten ein und Haselpfote drückte sich gegen ihre Seite, um sie aufrecht zu halten. Dankbar schnurrte sie und schleppte sich in die weichen Federn. Sofort fielen ihr die Augen zu und sie wurde von friedvoller Ruhe übermannt.

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Eure Meinung?

Möge der SternenClan über euch wachen.

Eure Wolke

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