8. Kapitel
Eispfote öffnete die Augen und blickte sich um. Honigpfote und Tupfenpfote schliefen noch, Holunderpfotes, Gepardenpfotes und Nebelpfotes Nester hingegen waren schon leer.
Langsam stand sie auf und trottete aus dem Bau. Adlerflügel saß beim Frischbeutehaufen und aß eine Wühlmaus; Funkenfeuer und Heckenrose saßen am Rande der Lichtung und gaben sich die Zunge. Wo waren Gepardenpfote und Nebelpfote?
Gerade in diesem Moment kamen die beiden durch das Lager getappt, doch sie sahen alles andere als glücklich aus. Schnell eilte Eispfote auf sie zu. »Was ist los? Wo wart ihr?«
Nebelpfote hob den Kopf. Dann flüsterte sie: »Gepardenpfote hat ein Gespräch von Finkenstern und Adlerflügel behört. Sie überlegen, das Territorium zu verlassen.«
Erst starrte Eispfote ihre Schwester an, dann musste sie Grinsen. »Okay, ich gebe es zu. Ich bin reingefallen.« Nebelpfote sah sie verwirrt an und Gepardenpfote sagte: »Nein, ehrlich. Wir meinen das vollkommen -« »Alle Katzen, die alt genug sind, sich ihre eigene Beute zu fangen, mögen sich hier unter dem Erdhügel versammeln!«
Die drei Geschwister setzten sich an den Rand. Eispfote sah ihren Bruder und ihre Schwester abwechselnd an. Meinten sie das etwa - ernst?
Sie schüttelte den Kopf. Nein, auf keinen Fall! Das Territorium verlassen, weil man nicht mehr aus dem Fluss trinken konnte? Es musste doch eine andere Lösung geben!
Finkenstern begann: »Ich habe euch hier versammelt, um eine sehr ernste Angelegenheit zu besprechen. Der Fluss ist wichtig für unser Überleben, eine andere Wasserquelle haben wir nicht. Wir können es nicht sicher wissen. Womöglich ist Erbsenfall auch an etwas anderem gestorben, das gewirkt hat, als sie aus dem Fluss getrunken hat. Dennoch sehe ich es für nötig, die anderen Clans davon zu unterrichten. Wassersturm, Funkenfeuer, ihr geht bitte zum Feuerclan. Wartet an der Grenze, bis eine Patrouille kommt und euch mitnimmt. Das Gleiche gilt auch für Winterschweif und Elsterschrei beim Bergclan und Mondflug und Rosenherz beim Waldclan. Ihr könnt gehen, sobald diese Versammlung beendet ist.
Nun weiter zum Fluss. Wir wissen es nicht genau, ob es von ihm kommt oder von etwas anderem. Doch anhand einer weiteren Katzen möchte ich das nicht überprüfen. Das Problem ist, dass wir ohne den Fluss nicht überleben können, aber es scheint so, als ob wir auch mit dem Fluss nicht überleben können. Die einzige Möglichkeit die ich da sehe, ist, das Territorium zu verlassen.«
Eispfote starrte ihre Anführerin an. Also hatten Gepardenpfote und Nebelpfote doch Recht gehabt.
»Das Territorium verlassen?!«, rief Elsterschrei. »Wohin sollen wir denn gehen?« Nun riefen auch die anderen Katzen ihre Proteste.
»Niemals!«
»Ich wurde ich hier geboren, hier werde ich auch sterben!«
»Das ist unser Territorium!«
»Wohin sollen wir denn gehen?«
Finkenstern brauchte etwas, um wieder Ruhe zu bekommen. Dann holte sie tief Luft. »Das ist noch lange nicht entschlossen. Doch ich möchte erinnern: Die beißende Kälte, sie kam, wie sie immer kam. Doch dieses Mal kennt sie kein Erbarm. Das sonst so klare Wasser, wird dunkler und keineswegs blasser. Nur die verbündete Wärme kennt die Hoffnung.«
Und wieder fingen die Rufe an.
»Aber das soll doch nicht heißen, dass wir das Territorium verlassen sollen!«
»Die verbündete Wärme! Fragen wir doch den Feuerclan!«
»Aber wo sollen wir denn hin?«
Finkenstern sprach wieder: »Ich denke, es ist an der Zeit, Verbindung mit dem Sternenclan aufzunehmen. Ich werde heute Abend zur Sternenwiese gehen und unsere Vorfahren um Rat bitten. Wassersturm, Funkenfeuer, Winterschweif, Elsterschrei, Mondflug und Rosenherz, ihr könnt jetzt losgehen.« Die genannten Katzen nickten. Eispfote sah ihnen nach, bis ihre Schwanzspitzen im Tunnel verschwanden. Wie wohl die anderen Clans reagieren werden? Oder haben sie es selber schon bemerkt?
»Hiermit ist die Versammlung beendet!« Die Katzen gingen jedoch keineswegs zurück in ihre Baue oder verstreuten sich anderswohin. Sie bildeten Gruppen und tuschelten ängstlich miteinander.
Eispfote gesellte sich zu Honigpfote, Holunderpfote und Tupfenpfote. Gepardenpfote und Nebelpfote kamen auch hinzu.
»Das Territorium verlassen? Ist Finkenstern verrückt geworden?«, brauste Holunderpfote auf. Honigpfote knetete unruhig den Boden. »Naja, wir brauchen den Fluss zum Überleben. Finkenstern muss schnell eine Entscheidung fällen. Ohne den Fluss geht es nicht.«
Die Schüler schwiegen. Dann sagte Tupfenpfote: »Aber - all die Blattwechsel vorher - was ist denn mit dem Fluss? Warum sollte er auf einmal giftig sein?« Keiner wusste darauf eine Antwort, weshalb alle wieder schwiegen.
Blütenherz kam angelaufen. »Tupfenpfote, wir üben das Jagen am Fluss beim Bergclan.« Honigpfote sah ihre Schwester an. »Kann ich mitkommen?«, bettelte sie an Blütenherz gewandt. »Ich auch?«, miaute Holunderpfote, die letzte der drei Schwestern.
»Da müsst ihr eure Mentoren fragen«, meinte Blütenherz; schon sauste Honigpfote los, um Regensturm zu fragen, doch Holunderpfote blieb, wo sie war. »Elsterschrei ist nicht da«, miaute sie. Blütenherz sah sie an und kniff die Augen zusammen. »Bitte!«, bettelte Tupfenpfote. »Na schön«, gab Blütenherz nach. Auch Honigpfote durfte und die drei Schwestern verließen mit Blütenherz das Lager.
Gepardenpfote musterte seine beiden Schwestern. »Lust auf ein Wettrennen?«, meinte er. Nebelpfote sah ihn an. »Wo Finkenstern ernsthaft darüber nachdenkt das Territorium zu verlassen, Katzen krank sind und es wenig Beute gibt?« Gepardenpfote schaute zu Boden. »Naja, ich dachte halt nur -«, doch Nebelpfote unterbrach ihn. »Natürlich bin ich dabei!« Und schon sauste sie aus dem Lager. Gepardenpfote schaute Eispfote kurz an, dann sausten sie beide ebenfalls durch den Tunnel.
Sie rannten durch den Wald, Seite an Seite, bis sie bei der Kampftraingshöhle stehen blieben.
»Okay, wo lang?«, fragte Nebelpfote. »Von hier bis zum Fluss?«, schlug Gepardenpfote vor. »Okay«, miaute Eispfote. »Alle bereit machen, ich zähle. Drei... Zwei... Eins... Los!«
Eispfote stieß sich vom Boden ab, Gepardenpfote und Nebelpfote ebenfalls. Die drei sausten so schnell es ging durch den Wald, wichen Bäumen und Büschen aus und sprangen über Wurzeln. Erst war Nebelpfote vorn gewesen, doch jetzt holten Gepardenpfote und Eispfote sie ein und nahmen sie in die Mitte. So sausten sie dahin und keiner schaffte es, einen wirklichen Vorsprung zu bekommen.
Bald konnte Eispfote schon das blaue Glitzern des Fluss zwischen den Bäumen ausmachen und immer noch liefen sie auf gleicher Höhe. Eispfote feuerte ihre Beine an. Nur ein kleines Stück noch.
»Achtung!«, japste Nebelpfote und bremste schlitternd. Jetzt bemerkte es auch Eispfote: wenn sie weiter rannten, krachten sie genau in den Fluss!
Eispfote stemmte ihre Pfoten in den Boden vor sich und krallte sich fest. Sie schlitterte genau auf den Fluss zu, Gepardenpfote versuchte ebenfalls hektisch zu bremsen.
Drei Zentimeter mehr und Eispfote wäre in den Fluss gerutscht. Keuchend trat sie ein paar zitternde Schritte zurück. Noch einmal Glück gehabt.
»Wer war als erster da?«, fragte Gepardenpfote, nachdem sie Luft geholt hatten.
»Ich würde sagen, wir alle drei«, meinte Nebelpfote. Eispfote nickte. »Entweder alle oder keiner!«
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