Prolog
Im Dunkeln schlich eine Gestalt durch die Büsche. Es war eine silbergrau-getigerte Kätzin.Ihr Blick huschte von einer Seite zur anderen, als schien sie jeden Moment mit einem Angriff zu rechnen. Ihr Bauch war rund. Sie stand unmittelbar vor der Geburt ihrer Jungen. Ihre Zweibeiner würden sich sicherlich Sorgen um sie machen, doch das war ihr egal. Sie wollte diese Jungen in Freiheit aufwachsen sehen, koste es was es wolle.
Mit einem letzten bedauernden Stich im Herzen lief sie weiter durch den Wald. Sie war nun eine Einzelläuferin.
Bald kam sie an einem Baum vorbei, in dessen Stamm sich ein Loch befand, das gerade groß genug für eine Katze schien. Vorsichtig schnupperte sie an dem Loch,konnte aber keine Gerüche außer dem schweren Duft des Waldes ausmachen und so zog sie sich schwerfällig in das Loch hinein. Es was zwar nicht so bequem wie das Nest bei ihren Zweibeinern, doch würde es für diese Nacht reichen. Am nächsten Morgen müsste sie weiterziehen, um ein geeignetes Nest für ihre Jungen zu finden.
Sie kratzte ein paar tote Blätter mit der Pfote zurecht, rollte sich zusammen, die Nase tief unter den Schwanz gesteckt und schlief kurz darauf ein.
→Sie öffnete die Augen und blinzelte in dem grellen, unnatürlichen Licht des Zweibeinernests. Ihr liebster Zweibeiner hockte vor ihr und gab liebevolle, beruhigende Laute von sich.
„Kitty,ich liebe dich so sehr meine Süße, deine Babies werde ich genauso sehr lieben."
~Kitty...
Das sagten die Zweibeiner oft zu ihr. Das musste ihr Name sein. Fröhlich sprang sie aus ihrem Nest. Der dunkle Wald und die Angst. Das alles musste ein schlechter Traum gewesen sein!
Doch gerade als sie sich schnurrend zu ihrem Zweibeiner streckte, fuhr ihr plötzlich ein stechender Schmerz durch den Körper.
In einem Wirbel verwirrender Bilder hörte sie ihren Zweibeiner noch rufen.
„Kittynein! Bleib hier! Neeeeiin...!" ←
Mit einem Schrecken riss sie die Augen auf, der Schmerz zuckte noch immer durch ihren Körper.Ängstlich und verwirrt schaute sie sich um. Sie befand sich nicht in ihrem warmen, weichen Nest, sondern noch immer in dem hohlen Baum.
Unter Schmerzen schaffte sie es aus dem Baum zu klettern.
Die Jungen kommen! Dieser Gedanke schoss ihr wie ein Blitz durch den Kopf. Sie sah sich um. In dem Baum konnte sie ihre Jungen nicht zur Welt bringen. Sie lief blindlings durch den Wald, der Schmerz vernebelte ihre Sinne. In der Ferne hörte sie den Schrei eines Vogels, sie lief immer schneller.
Schließlich erblickte sie ein Farndickicht, das groß genug schien, sie und ihre Jungen zu verbergen.
Sie glitt hinein und ließ sich auf die Seite fallen, sie hatte nicht mehr die Kraft, ein Nest zu bauen.
So lag sie eine Zeit lang da, ihr Bauch schmerzte und krampfte. Sie wusste nicht wie viel Zeit vergangen war. Nach einer gefühlten Ewigkeit glitt das erste Junge heraus. Es war ein kleiner braun-getigerter Kater, der sofort laut zu miauen begann, nachdem sie die Fruchthülle aufgebissen und ihn trocken geleckt hatte. Sie schob ihn an ihren Bauch, wo er prompt zu saugen begann, als die nächste Wehe sie packte.
Als es bereits wieder dunkel wurde, lagen vier Junge an ihrem Bauch. Zufrieden schnurrte sie, sie konnte sich kein größeres Glück vorstellen. Jedoch war sie sich nicht sicher, ob sie nun fertig war. Da krampfte ihr Bauch ein letztes mal und ein winziges graues Bündel glitt heraus. Es war eine kleine Kätzin, die nur schwach miaute, als Kitty sie sauber leckte und an ihren Bauch schob. Erschöpft sank Kitty in einen unruhigen Schlaf.
Als sie erwachte,betrachtete sie glücklich ihre schlafenden Jungen. Sie konnte es noch gar nicht glauben, dass sie fünf so wunderbare Junge geboren hatte.
Liebevoll leckte sie eins nach dem anderen ab, woraufhin die Kleinen protestierend maunzten und sich noch enger an ihren Bauch schoben, wo sie wieder kräftig zu saugen begannen. Nur die kleinste Kätzin schien tief und fest zu schlafen. Kitty leckte sie noch ein mal ab, schließlich brauchte dieKleine viel Milch, um kräftiger zu werden.
Doch sie reagierte nicht auf das Lecken ihrer Mutter. „Aufwachen, Liebes", schnurrte Kitty liebevoll und stupste sie sanft an.
Erst jetzt merkte Kitty,wie kalt sich das Junge anfühlte. Sofort begann sie, das Fell ihrer Tochter mit kräftigen Zungenstrichen gegen den Strich zu lecken,doch es wurde einfach nicht wärmer!
Panik stieg in Kitty auf und nahm ihr fast den Atem. „Nein, das darf nicht sein!", jaulte sie keuchend vor Kummer und steckte die Schnauze in das Fell ihres Jungen.
Da nahm sie einen merkwürdigen, süßlichen Geruch wahr. Ihre kleine Tochter würde niemals die Augen öffnen, niemals die Welt in all ihren Facetten sehen können. Sie würde nie groß werden oder mit ihren Wurfgefährten balgen. Auch würde sie nie einen Gefährten und eigene wunderbare Junge haben.
All dies würde sie nie erleben. Sie war tot.
„Nicht mein Junges!",jaulte Kitty voller Trauer in den Himmel und brach vom Kummer überwältigt zusammen, ihre verbliebenen Jungen maunzten ängstlich.
Als Kitty den Blick in den Himmel hob, sah sie dort einen einzelnen kleinen Stern flackern,kaum mehr als ein Schimmern. „Lilly...", flüsterte sie erschöpft.
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