8 ✧ Seelenspalt


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Die schweren Schritte hallten auf dem glatten Boden wieder, und Morgenleuchten sprang sofort drei, vier Schritte zurück, suchte panisch nach einer Möglichkeit, sich zu verstecken und floh schließlich in eine Art kleine Höhle mit weichem Fell darin, die stark nach der eleganten Kätzin Ashaya roch - nein, geradezu nach künstlichen Blumen stank.

Zwei Zweibeiner betraten den Raum, öffneten die Tür mit Bedacht und schlossen sie schnell wieder hinter sich, blickten sich mit ihren kleinen Maulwurfsaugen im Raum um und zeigten auf diese seltsame, geradezu unheimliche Weise die Zähne, die der getupften Königin einen Schauer über den Rücken jagten.

Bommel sprang fröhlich maunzend auf und strich den Aufrechtgehern um die Beine, während ein tiefes Schnurren in seiner Kehle rumpelte. Seine gelbgrünen Augen leuchteten, und jede Trübheit war aus dem Blick des pummeligen Katers verschwunden.

»Endlich!«, fauchte von irgendwo außerhalb ihres Sichtfeldes Ashaya, aber die pingelige, eckige Kätzin schien sich nicht zu bewegen. Warum haben diese Katzen überhaupt so komische Namen? Was ist ein Bommel?

Der kleinere der Zweibeiner - nicht der vom Strand mit der unangenehm lauten Stimme - zeigte mit der wulstigen, nackten Pfote auf die Kätzin und riss sie abrupt aus ihren Gedanken. Leise fauchend duckte sich die Königin tiefer in die pelzige Höhle, in der Hoffnung, dass der Blick des Pelzlosen doch noch über sie hinweggleiten würde - vergeblich.

Schritt für Schritt kam der Zweibeiner auf sie zu, beugte sich drohend über sie und hatte noch immer auf furchteinflößende Weise die blitzweißen Zähne gebleckt, die dieselbe Farbe hatten wie der grelle Pelz, der ihren Oberkörper bedeckte. Die Hinterbeine, auf denen das unheimliche Geschöpf die ganze Zeit über balancierte, steckten in einem groben, unregelmäßig hellblauen Fell.

Drohend fauchte die Kätzin, warnte den Zweibeiner, sich ihr ja nicht zu nähern - aber dieses dreiste Geschöpf beugte sich vollkommen über sie, streckte sogar die Pfote bis direkt vor ihre Schnauze, als wolle er sie berühren - da riss der Faden bei der Königin. Sie grub die Zähne tief in die Pfote des Aufrechtgehers, bis der metallische Geschmack von Blut auf ihre Zunge traf und das riesige Wesen ein schreckliches Jaulen von sich gab.

Die getupfte Kätzin ließ bei dem schmerzhaften Schrei von dem Zweibeiner ab und presste sich mit noch immer gefletschten Zähnen tiefer in die stinkende Höhle hinein, als der Blaupelzige einige Schritte zurückwich und sich mit ein paar seltsam hohen Lauten an den zweiten Aufrechtgeher wandte, dann Bommel hinter den Ohren kraulte und bei dem immer lauter werdenden Schnurren erneut die Zähne fletschte.

Die beiden Zweibeiner wechselten noch ein paar der irritierenden Geräusche, die für sie wohl wie Worte, ja, zusammenhängende Sätze klangen. Dann tappten sie erneut durch die Tür, wobei ihre nackten Pfoten zuerst den goldenen Ast hinunterdrückten.

Morgenleuchtens Magen stieß ein tiefes Grollen aus, das klang wie das Knurren des halb verhungerten Wolfes, dem sie unerfreulicherweise vor ein paar Monden begegnet war. Kaum, dass sie vor Erleichterung über die Abwesenheit der Zweibeiner ein tiefes Seufzen ausstieß, fühlte sie sich auch schon wieder, als würde sich alles in ihr schmerzhaft nach ihrer Heimat, ihrer Familie verzerren.

»Sach mal, haste Hunger?«, fragte Bommel, als würde er die Antwort darauf nicht schon längst kennen, so laut, wie ihr Magen knurrte. Ja, sie hatte Hunger, aber im Moment wesentlich Wichtigeres zu tun und abgesehen davon glaubte Morgenleuchten nicht, dass es in diesem Bau irgendetwas Essbares gab.

Erneut rebellierte ihr Magen, diesmal lauter und nachdrücklicher.
Na schön.

»Komm mit, es gibt hier echt leck'res Zeug«, maunzte der braun getigerte Kater und tappte in seinem ungeschickten Gang davon, dicht gefolgt von der Königin.
»Da wär'n wa«, machte er. Rund um die Katzen ragte nun etwas auf, das aussah wie glatte, weiße Höhlenwände und vor dem Hauskater befand sich ein seltsam geformter Stein, mehr ein Gefäß, mit undefinierbaren braunen Klumpen gefüllt.
Hasenköttel, das war ihr erster Gedanke, aber dem Blick nach zu urteilen, mit dem Bommel sie bedachte, wollte der pummelige Kater, dass sie dieses Zeug fraß.

»Schmeckt besser, als es aussieht, schwöre«, maunzte der Getigerte.

Vorsichtig tappte sie darauf zu - etwas in der Königin sagte ihr, dass von diesem ›Futter‹ eine Art Gefahr ausging. Nicht, dass sie erwartete, dass das Futter vor ihr jeden Moment wieder lebendig werden würde, aber sie traute diesen Hasenkötteln nicht - und sie rochen wie dreimal überfahren und dann zwei Sonnenläufe liegen gelassen.

Stell dich nicht so an! Wenn du verhungerst, werden weder deine Jungen noch Du jemals zurück zum FunkenClan kommen!, fauchte sie sich selbst in Gedanken an und als ihr Magen nun schon zum dritten Mal grollte wie Talschlummer, wenn man versuchte, ihn zu wecken, schlang sie widerstrebend einige der harten Brocken hinunter.

Und nein, sie schmeckten nicht besser, als sie aussahen. Morgenleuchten unterdrückte ein Würgen, zwang sich Bommels leuchtenden Augen zuliebe zu einem gequälten Schnurren und zwängte noch ein paar der Hasenköttel herunter. Unterdrückte ein Würgen, als ihr der Geschmack von halb verrottetem Krähenfraß in den Rachen fuhr.

»Danke, Bommel, aber das reicht mir. Ich würde jetzt lieber versuchen, herauszufinden, wie ich hier lebend herauskomme...«, erklärte die Königin und schon spürte sie förmlich den bohrenden Blick des pummeligen Hauskaters, der sich in ihr Fell bohrte.

»Warum hast du's denn so eilig? Also, die Sache mit dem Abschneider, klar, aber wo willst du denn eigentlich hin? Und wo kommst du her? Und warum hast du so einen komischen Namen? Ich meine, Bommel ist jetzt auch nicht gerade so toll, aber warum dieser Doppelname?«, flutete schon der Fragensturm aus ihm heraus.

Sie holte tief Luft, und allein bei dem Gedanken an ihre verlorene Heimat spürte sie einen Stich im Herzen.
»Ich... ich habe eine Familie. Einen Clan. Und ich muss zurück zu ihnen. Allein sind meine Jungen und ich verloren wie ein Funke im Schneesturm.«
Bei Bommels zweiter Frage musste sie kurz schnurren. »Wir haben alle solche Namen. Mein Gefährte, der Vater meiner Jungen, heißt Pumaherz«, eine unerklärliche Wehmut stieg in ihr hinauf, »und unser Anführer Blätterstern.«

»Komische Namen«, stellte der Getigerte fest.

»Naja - du heißt Bommel!«, meinte sie scherzhaft und stellte in diesem Moment fest, dass Ashaya die beiden anderen Katzen völlig ignorierte, einfach nur in einer ähnlichen Höhle kauerte, wie die, in der Morgenleuchten Schutz gesucht hatte. Nicht, dass sie jemals Interesse an anderen Katzen gezeigt hätte...

Plötzlich sprang der Hauskater auf, schneller, als sie es den pummeligen Beinen zugetraut hätte. Die Augen leuchteten wie zwei goldene Sterne, als er »Ich hab's!« jaulte.
»Ich weiß, wie du hier rauskommst!«

»Wie?«, miaute die Kätzin, jetzt ebenfalls euphorisiert. Es gab eine Chance, wie sie nach Hause kommen konnte!

»Zeig ich dir gleich!«, quiekte der Kater so laut, dass selbst Ashaya mit den Ohren zuckte. »Aber die Sache hat einen kleinen Haken... Du wirst wahrscheinlich sterben.«

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