2 ✧ Lichterherz
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Sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, was Mitternachtsregen da erzählt hatte. Dann brach ein so unbändiger Sturm aus Freude aus ihr heraus, dass sie ein lautes Quieken nicht unterdrücken konnte und kurz mit allen vier Pfoten in die Luft sprang.
Konnte das wirklich sein? Sie erwartete Jungen? Ihr größter Traum würde in Erfüllung gehen?
Sofort malte sie sich ihre Zukunft aus - sie und Pumaherz, mit leuchtenden Augen und schnurrend vor Stolz über ihre Söhne und Töchter, die besten, schönsten und liebenswertesten Katzen der Welt!
»Wirklich?«, quiekte sie.
Mitternachtsregen schnurrte sanft. Die Heilerin wirkte schon so viel weiser als eine Kätzin von kaum mehr als zwanzig Monden.
»Wirklich.«
Morgenleuchten sprang auf und stürmte sofort zum Bau, in dem ihre Clan-Gefährten noch immer schliefen - wie sie bei Talschlummers Schnarchen einfach weiterdösen konnten, war der baldigen Königin ein Rätsel.
Die Ruhe, die ihre Clan-Gefährten sich wohl gewünscht hätten, war ihr in diesem Moment egal, nichts als leuchtende Freude quoll aus ihrem Herzen und sie warf sich geradezu in das warme Geflecht aus Zweigen hinein, landete versehentlich auf der Hinterpfote von Bronzefuchs, der sofort wachsam hochfuhr, und sprang mit einem Satz bis zu Pumaherz.
Der Großteil der Katzen war spätestens jetzt wach.
Eigentlich waren alle Katzen wach, als sie Morgenleuchten glücklich quieken hörten - außer Talschlummer, der noch immer friedlich vor sich hin schnarchte.
»Pumaherz! Pumaherz!«, rief sie wie ein Junges vor seiner Schülerzeremonie. »Pumaherz, du Faulpelz, wach auf!«
Verschlafen blinzelte ihr Gefährte, aber Wärme strahlte in seinen halb geöffneten Augen, als er Morgenleuchten sah.
»Was ist denn?«, brummelte er, halb amüsiert, halb liebevoll, und rappelte sich verwirrt auf die Pfoten, um die Moosreste in seinem zimtfarbenen Fell abzuschütteln. »Hast du wieder einen lilanen Käfer gefunden?«
»Du wirst es nicht glauben! Komm mit!«, quiekte Morgenleuchten und hüpfte aus dem Bau heraus, ein paar Schwanzlängen hinter ihr der verschlafene Pumaherz, dem die Verwirrung förmlich ins Gesicht geschrieben war. Wahrscheinlich waren die Katzen im Bau entweder neugierig, beleidigt, weil die aufgeregte Kriegerin sie alle geweckt hatte, oder sie hielten Morgenleuchten für völlig durchgeknallt - oder alles zusammen.
Und es war ihr egal. Alles, was jetzt für die getupfte Kätzin zählte, waren ihre Jungen. Die Familie, die sie mit dem zusammen gründen würde, den sie von ganzem Herzen liebte.
Die beiden Krieger sprangen hintereinander durch das erwachende Lager - nicht ohne Pumaherz' Protest, dass sich seine Gelenke anfühlten wie Baumstämme und er doch so oder so kein Wettrennen gegen sie gewann - und weg von dem warmen, bewachsenen Berg mit dem Feuer im Herzen.
Als sie die Ebene mit den Bauen hinter sich gelassen hatten, stürmten der getickte Kater und die Beinahe-Königin den Abhang hinter dem Lager hinab bis ins Tal, das sich in allen Farben des Lebens vor ihnen erstreckte.
Die Sonne, die sich langsam aus ihrem Nest hinter dem Horizont erhob, schoss goldene Pfeile aus sanftem Licht über das Territorium des FunkenClans und der sanfte Wind spielte mit den halb aufgetauten Grashalmen unter ihren kalten Pfoten.
Morgenleuchten und Pumaherz liefen über den silbernen Schleier aus Frost, der unter ihren Pfoten knisterte, bis sich rund um sie herum die Hügel wie Berge erhoben und sie den tiefsten Punkt des Tals erreicht hatten. Der Gesang der kühlen Brise verabschiedete den Blattfall und hieß die dunkle, aber besinnliche Zeit der Blattleere willkommen.
Die beiden Katzen keuchten, so schnell waren sie den Abhang hinabgejagt, und Morgenleuchten schien schon wieder ein nagendes Gefühl in ihrem Magen zu verspüren. War das wohl normal?
»Also?«, forderte Pumaherz schnaufend zu wissen. »Warum hüpfst du herum wie ein Junges, das in ein paar Herzschlägen zum Schüler ernannt wird?«
Amüsiert und halb im Scherz fügte er hinzu: »Ich glaube nicht, dass du das halbe Lager weckst, nur um damit anzugeben, dass ich dich niemals einholen werde, wenn du einmal losläufst?«
Sie holte tief Luft, tappte - nein, sie hüpfte mehr vor freudiger Erregung - von einer Pfotenspitze auf die andere und als Pumaherz sie schließlich anstarrte wie eine junge Maus, rückte sie heraus mit der Sprache - wenn auch zittrig vor Freude und in einem Tonfall wie ein Singvogel, der vom Frischbeutehaufen wieder auferstanden war.
»Ich erwarte Junge!«
Pumaherz' warmer Blick aus grüngoldenen Augen schien Funken zu sprühen wie der Feuerberg, an dessen Hang das Lager ihres Clans lag. Nun sprang auch er mit allen vier Pfoten in die Luft.
»Wirklich? Wir werden Eltern?«, quiekte er. »Morgenleuchten, das ist... unglaublich!«
Überglücklich schmiegte er sich an das dunkle, goldbraun getupfte Fell seiner Gefährtin. »Du wirst die allerbeste Mutter sein, die sich unsere Jungen nur wünschen können!«
Wärme erfüllte jede Faser ihres Herzens, und ein leises Schnurren rumpelte in ihrer Kehle, als sie die Nase in das taunasse Fell ihres Gefährten presste. Er duftete nach frisch sprießendem Gras und der Wärme des Feuerberges.
»Und du wirst ein wundervoller Vater sein«, wisperte sie in Pumaherz' Fell hinein.
Und so standen die stolzen Krieger im Tal, die Schnauze im Fell des anderen vergraben, bis ihre Pfoten taub waren vor Kälte und die blassen Sonnenstrahlen den Rand des Tals überschritten, ihre Pelze in fahles Licht tauchten.
Und selbst dann standen sie einfach reglos da, weltvergessen, glücklich.
Bis Pumaherz das sanfte Schweigen durchbrach.
»Wenn dein Bauch in einem Mond oder zwei so rund ist wie ein Kiesel, dann habe ich ja doch eine Chance, das Rennen bis ins Tal zu gewinnen!«, neckte er die blauäugige Kätzin.
»Niemals«, schnurrte Morgenleuchten, »dann werde ich schneller ins Tal rollen, als du ›Maus‹ sagen kannst, du Fellball.«
»Aber ein äußerst gutaussehender, intelligenter Fellball«, scherzte der zimtfarbene Kater - und Morgenleuchten warf in ins taunasse Gras, bevor er ›Maus‹ sagen konnte.
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