18 ✧ Waldruf


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Als die ersten Flocken fielen, sprang Waldi - so hatte sie die junge, etwas hyperaktive Füchsin spontan genannt - fröhlich quiekend nach dem ersten Schnee der Blattleere. Und, da machte sie sich nichts vor, Morgenleuchten hätte es ihr nachgetan, wenn ihr Bein nicht gebrochen gewesen wäre.

Sie sah das Leuchten in den Augen des Welpen und stellte sich vor, dass ihre Jungen in ein paar Monden auch so herumspringen könnten. Vielleicht sogar zusammen mit dem kleinen Rotpelz, solange dieser aufpasste.
Dann fiel ihr allerdings etwas ein. Etwas, das diese Planung ziemlich durchwühlte und ihre Einzelteile in der Nähe des Zweibeinerortes verstreute.
Wie bitte soll ich Blätterstern erklären, dass ich einen Fuchs in den Clan aufnehmen möchte? Und wie Pumaherz, dass er mit unseren Jungen spielen soll?

So verständnisvoll ihre Clan-Gefährten waren, für einen der größten Feinde der Kriegerkatzen hätten sie niemals auch nur eine Schnurrhaaresbreite Verständnis. Blätterstern würde - so sehr sie ihn schätzte - die Entscheidung auf jemand anderen abwälzen, so unsicher, wie der Kater war, und wenn der Clan abstimmte, hätte die Füchsin keine Chance. Schließlich waren Katzen und Füchse seit Urzeiten verfeindet - das wusste jedes Junges.
Außer Drosselmut vielleicht, der Mitgefühl mit den Rotpelzen hatte, seit er in einer Fuchsfalle sein Bein verloren hatte.

Der Himmel hing schwer und fahl wie ein nasses Tuch mit Stürmen im Bauch über den Reisenden, als sie die Ausläufer der Berge - eher hohe Hügel - erklommen. Der Horizont war von hier aus gezackt wie Igelstacheln, aber Morgenleuchten konnte schon beinahe die Stimmen ihrer Clan-Gefährten hören, so kam es ihr vor.

»Siehst du den Wald? Da wohnt meine Familie.« Mit der Schweifspitze deutete sie auf die Laubbäume, die sich weit vor ihnen erhoben. Waldi - sie beschloss, diesen Namen einfach ab jetzt immer für den Fuchswelpen zu nutzen, bis sie ihr erklären konnte, wie ihr voller Name war - schaute mit leuchtenden Augen in ebendiese Richtung, mit ihren riesigen Sternenaugen.
Und sofort spürte Morgenleuchten dieses Gefühl in sich hochquellen, das sie sonst für keine Katze empfand außer für ihre Jungen.

»Familie?«, winselte die Füchsin und wedelte schwach mit der weißen Schweifspitze, die aussah, als hätte man sie in Schnee getupft.

Die Königin nickte. »Ja. Meine Familie. Die Katzen, die ich liebe.«

Waldi blickte sie mit schief gelegtem Kopf an und stieß ein leises Quieken aus, als wüsste sie nicht ganz, was sie meinte. Dann tappte die kleine Füchsin näher an Morgenleuchten heran und stupste ihr mit der feuchten Nase gegen die Schulter.
»Familie?«
Erneut drückte sie die Schnauze gegen die Kätzin.

»Ich? Deine Familie?«, fragte Morgenleuchten überrascht. Sie kannte den Welpen doch erst seit ein paar Sonnenaufgängen, hatte erst eine oder zwei Mäuse mit ihrer kleinen Begleiterin geteilt.
Aber dann erkannte sie das Flehen im Blick der Füchsin, das flackernde Leuchten, das stumme Hoffen. Wie ein flimmernder Funke in einer finsteren Nacht, der jeden Moment zu erlöschen drohte.

Diese Mutterliebe, die jede Faser ihres Herzens füllte, schien sie dahinschmelzen zu lassen. Und als das wildere ihrer Jungen sie heftig von innen gegen den Bauch trat, so heftig, dass sie schmerzhaft aufkeuchte, nahm sie das als ein Zeichen.
Die Königin nickte und putzte der Füchsin sanft die Ohren.
»Ja. Ja, das bin ich.«

Glücklich quiekte Waldi auf und sprang mit allen vier Pfoten in den höher werdenden Schnee. Spitzte die Spitzohren und stürzte sich erneut in die weiße Seide, dieses Mal kopfüber wie eine Maus, die in ihrem Bau verschwand. Und als die beiden Reisenden den Blick wieder nach vorne wandten, erkannte sie schon die tanzende Eiche, den größten Baum im lichten Wald des FunkenClans.

Morgenleuchten spürte, wie ihre Schritte schneller wurden, immer schneller, denn ihr Zuhause war in Sicht. Jetzt war sie sich sicher, dass sie ankommen würde, bevor sie ihre Jungen bekäme. Nächsten Sonnenaufgang würden sie vielleicht schon die Grenze erreicht haben und nächstes Sonnenhoch Pumaherz' warmen Duft einatmen. Glücksstrahls Junge begrüßen mit dem Wissen, dass auch ihre eigenen bald durch das Lager toben würden, wild wie Jungwölfe.

Der Wald schien sie zu rufen, sie zu sich zu ziehen, als hätte sie eine Ranke um ihre Pfote geschlungen. Ein stiller Wunsch, den sie und dieser Ort mit dem Feuer im Herzen teilten.
Sie würde nach Hause kommen, da war sie so jetzt so sicher, wie, dass morgen die Sonne aufgehen würden.

Und als ihr Blick auf den jungen Rotpelz neben ihr fiel, war sie sich noch einer Sache ganz sicher.
Sie würde alles tun, damit die Füchsin bleiben konnte. Pumaherz würde sie verstehen, und Blätterstern würde die Königin, wenn es sein musste, so oft die Krallen überziehen, bis er verstand, dass jedes Junges gefährlicher war als ihre kleine Reisegefährtin.

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