6. Kapitel

Goldstern streckte seine müden Glieder und genoss die letzten warmen Sonnenstrahlen, die sein goldenes Fell wärmten. Der Schnee war teils geschmolzen, doch die Blattleere hielt noch für eine Weile an. Sein Blick schweifte über das Lager.

Blitzkralle und Kristallfluss lagen dicht nebeneinander beim Nesselgewächs und gaben sich die Zunge. Grauwolke saß vor dem Heilerbau, neben ihm kauerte Wurzelschweif. Er riss sein Maul zu einem langen Gähnen auf. Goldstern fiel auf, dass der blinde Kater wieder fröhlicher wirkte.

Seitdem er sein Augenlicht verloren hatte, war er für einige Monde sehr trübselig und gar brummig wie ein alter Kater. Doch diese Zeiten schienen vorbei zu sein.

Das Brombeergebüsch raschelte und die Jagdpatrouille kehrte zurück. Ein dickes Kaninchen baumelte in Nebelgifts Maul, während Dunkelfell und Blütenstaub je ein Eichhörnchen trugen und Steinklaue mit zwei Mäusen das Lager betrat. Mit glänzenden Augen richtete sich Goldstern auf. "Sieht so aus, als hättet ihr eine erfolgreiche Jagd gehabt."

"Das kann man wohl sagen", schnurrte Steinklaue und warf die Mäuse auf den Frischbeutehaufen. Dunkelfell und Blütenstaub taten es ihm nach und Nebelgift schleppte das Kaninchen in die Kinderstube. "Die Beute zeigt sich endlich wieder", bemerkte Dunkelfell und kratzte sich ausgiebig am Ohr.

"Wenn es doch nur jede Blattleere so wäre", meinte Blütenstaub und schüttelte ihren dicken Schildpatt-Pelz. "Dann müssten wir nie hungern." Goldstern Aufmerksamkeit wandte sich an Flammensprung, als dieser die Abendpatrouille einteilte.

"Sturmjäger, Blitzkralle und Lichtschimmer werden an der Grenze patrouillieren und Nachtfeuer, Silberherz und Flinkläufer überprüfen die Gegend in der Nähe des Donnerweges", ordnete der flammenfarbene Kater an. Der Anführer näherte sich seinen Clan-Gefährten.

"Ich schließe mich euch an", miaute er an die zweite Patrouille gewandt. Flammensprung nickte. "Nur zu." Die Katzen verließen das Lager und schlugen den Weg zum Donnerpfad ein. Hier und da war der Waldboden von kleinen Schneeflächen bedeckt und eine kühle Brise wehte ihnen durch das Fell.

Silberherz, die eine Schwanzlänge vor ihm trottete, wirkte immer noch niedergeschlagen. Goldstern musterte die junge Kriegerin besorgt. Seit dem Kampf gegen den FinsterClan war sie wie ausgewechselt. Was bedrückte sie so sehr?

Das Rauschen der Monster wurde hörbar und der scharfe Gestank stieg in seine Nase. Doch da war noch ein anderer Geruch, einer, bei dem Goldsterns Herz schneller zu pochen began und sein Nackenfell sträuben ließ. Nachtfeuers blaue Augen wurden groß.

"Bitte sagt mir, dass ich mich täusche, oder riecht ihr den Dachsgeruch gerade auch?", fragte er mit einer unheilvollen Stimme und sprach somit Goldstern Befürchtungen aus. Flinkläufers Miene verfinsterte sich. "Du irrst dich nicht, ein Dachs scheint hier in der Nähe zu sein."

Goldstern nickte und zuckte unruhig mit dem Schwanz. "Wir sollten so schnell wie möglich zurück ins Lager und die anderen informieren", erklärte er. "Sollten wir nicht den Bau ausfindig machen?", fragte Nachtfeuer. "Vielleicht ist es nur ein kleiner Dachs. Den würden wir bestimmt verjagen können."

Der Anführer schüttelte den Kopf. "Dachse sind immer gefährlich, da spielt die Größe keine Rolle. Vorerst wäre es besser, wenn wir..." Silberherz' entsetzter Blick ließ ihn verstummen. Sie keuchte schnell, ihre Muskeln waren angespannt und ihr Fell aufgestellt.

"Was ist los, Silberherz?", fragte Nachtfeuer verwirrt. Mit einem fast unmerklichen Schwanzschnippen deutete die Kriegerin auf eine Stelle zwischen zwei Buchen. Eine schwarz-weiße, riesige Gestalt mit großen, schweren Pranken und kleinen schwarzen Knopfaugen stapfte durch das Gras.

Goldsterns Blut gefror zu Eis, als er das Biest erkannte. "Ein Dachs", hauchte Flinkläufer zitternd. "Weg hier", befahl der Anführer leise. "Schnell!" Seine Clangefährten schlichen tief am Boden entlang, ohne den Dachs aus den Augen zu verlieren.

Silberherz befreite sich aus ihrer Schockstarre und huschte leichtfüßig in die entgegengestzte Richtung. Der Dachs gab ein schnaubendes Geräusch von sich, wiegte seinen massigen Kopf von einer Seite zur anderen und prüfte die Luft.

Er hielt inne und knurrte, seine winzigen Augen waren auf die Clan-Katzen fixiert. "Er hat uns entdeckt!", zischte Nachtfeuer. "Beeilt euch!", miaute Goldstern nun etwas lauter. Das gefährliche Tier trottete auf die Krieger zu, er war schneller, als erwartet. Dennoch konnte er sich nicht so dynamisch wie die Katzen bewegen.

Hastig flitzte die Patrouille davon, doch kaum hatte sich Goldstern ungefähr eine Baumlänge von dem Dachs entfernt, spürte er ein kräftiges Ziehen in seinem Schwanz. Ein Schauder fuhr seinem Rücken hinab und für einen Moment glaubte er, der Dachs hätte ihn erwischt.

Jedoch stellte sich heraus, dass sein Schwanz sich in einem Heidelbeerstrauch verfangen hatte. Wachsende Angst überkam ihm, als das schwarz-weiße Biest sich näherte und die Zähne fletschte.

Verzweifelt versuchte Goldstern sich zu befreien, seine Krallen scharrten in der losen Erde. "Hilfe!", jaulte er, als das Trampeln lauter wurde. Seine Clan-Gefährten wirbelten herum. In ihren Augen spiegelte sich blankes Entsetzen.

Der goldene Kater spürte, den heißen Atem des Dachses an seinen Hinterläufen und machte sich auf die scharfen Krallen, die seinen Körper in wenigen Herzschlägen zerfetzen werden, gefasst. SternenClan, hilf mir!

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