3. Kapitel

Ein magerer Hase mümmelte friedlich an einem Grashalm und schien nichts von seiner Umgebung wahrzunehmen. Raven spannte seine Hinterbeine an und sprang mit vorgestreckten Pfoten und ausgefahrenen Krallen.

Noch bevor der Hase flüchten konnte, grub der Schüler seine Zähne tief in das Fleisch seiner Beute. Knochen knackten und warmes, süßes Blut umfing seine Zunge. Raven schleuderte den Hasen auf den harten Boden, bohrte seine Krallen in die Haut und stellte sich vor, es wäre das Fell von Silberherz.

Er fauchte zornig. Ich hätte ihr die Kehle aufschlitzen sollen! Raven scharrte Erde über den Hasen und setzte sein Jagd fort. Wieso habe ich es nicht getan? Ein Tag war vergangen und seitdem war die silberne Kätzin nicht mehr aufgetaucht.

Silberherz hatte behauptet, dass sie Veilchenhauch nicht mit Absicht getötet hatte. Doch Raven glaubte ihr nicht. Er war sich todsicher, dass sie seine Mutter bewusst ermordet hat. Kaltblütige Mörderin!

Eisige Krallen packten sein Herz, als er an Veilchenhauch dachte. Er vermisste ihr weiches, seidiges Fell. Ihre führsorgliche Art, ihre warmen lilafarbenen Augen. Ein dicker Kloß bildete sich in seinem Hals, seine Pfoten wurden schwer wie Stein.

Raven blickte zum klaren Himmel hinauf. Ich werde deinen Tod rächen, Mutter. Das verspreche ich dir. Als er an einem Brombeerbusch vorbei lief, blieb ein Dorn in seinem Fell hängen. Knurrend riss er sich los, wobei er einen Fellbüschel einbüßte.

Raven beachtet es nicht. Dieser Schmerz war bei weitem nicht so schlimm, wie wenn er an seine verlorene Mutter dachte. Der Schüler schüttelte sich schnell, um nicht wieder in Trübseligkeit zu fallen.

Er musste stark bleiben, Trauer machte ihn schwach. Der Clan duldete keine Schwäche.

Raven kehrte mit zwei Wühlmäusen und dem dünnen Hasen in das Lager zurück. Flockenjunges sprang ihm entgegen. "Hurra, endlich Frischbeute!", jubelte sie. Der Schüler warf die Beute auf den Haufen und überreichte der weißen Kätzin die Wühlmäuse.

"Hier, für dich und Schneeschweif wird das bestimmt reichen", miaute er. "Danke!" Unbeholfen packte sie die Mäuse und zerrte sie mühsam zur Kinderstube, wobei sie immer wieder über die Beute stolperte.

Raven schnurrte belustigt. "Komm, ich helfe dir." Er entnahm Flockenjunges eine Wühlmaus und trug sie in den Bau. Schneeschweif saß in ihrem Nest und wusch sich. "Schau, Mama. Ich kann das ganz alleine tragen!", prahlte die junge Kätzin und hob stolz das Kinn.

Die Königin blickte auf und sah ihre Tochter liebevoll an. "Das machst du sehr gut, Flockenjunges." Raven platzierte die zweite Wühlmaus auf den Boden. "Ich danke dir, Raven", miaute Schneeschweif sanft. Er konnte eine Spur von Mitgefühl in ihrer Stimme hören.

Der Clan wusste, dass Raven sehr unter dem Verlust von Veilchenhauch litt. Leicht verärgert schnippte er mit der Schwanzspitze. Ich bin kein Junges mehr, dass von anderen getröstet werden muss.

Der Schüler würde mit dem Schmerz alleine klar kommen. Nach einem respektvollen Nicken schlüpfte er aus der Kinderstube und kroch in den Schülerbau. Er legte sich in sein Nest und steckte die Pfoten unter seinen Körper.

Mit verengten Augen beobachtete Raven das Lager. Sprenkelfell und Fleckenpelz teilten sich neben dem Eingang ein Kaninchen, während Knochenfuß unter einem Kiefern döste. Schattenkralle kauerte auf dem Moosstein und blickte auf den Horizont.

Der Blick des alten Katers war aufmerksam, als würde er nach Feinden Ausschau halten. Raven fiel auf, dass Schattenkralle auf den Clan mehr Acht gab, als Kurai es tat. Der schwarz-weiße Schüler schnaubte.

Der war sowieso ein fürchterlicher Anführer. Den Tod hat er verdient. Schattenkralle machte seine Sache, als Anführer viel besser. Raven war sich sicher, dass der FinsterClan nun besser aufgehoben war.

Das Dornengebüsch raschelte und die Grenzpatrouille kehrte zurück. An der Spitze war Windbrise, gefolgt von Schlangenzahn, Karminpelz und Felszahn. Der Clan hatte sehr wenig Krieger, Raven machte sich ein bisschen Sorgen darüber.

Doch er tröstete sich mit dem Gedanken, dass Flockenjunges in der Blattfrische zur Schülerin ernannt wird. Der schwarz-weiße Kater hob den Kopf, als Windbrise seinen Namen rief. Langsam zwängte er sich aus dem Schülerbau und schlenderte auf seinen Mentor zu.

"Lass uns trainieren", ordnete er an. "Ich möchte sehen, ob sich deine Kampftechniken verbessert haben."

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