15. Kapitel
Es war bereits nach Sonnenhoch, als die Grenzpatrouille zurückkehrte. Schattenkralle tappte an der Spitze, hinter ihm befand sich Schlangenzahn, und Windbrise bildete den Schluss. Auf der Lichtung entdeckte er Seelenjunges, der vergnügt mit einem Tannenzapfen spielte.
Karminpelz und Schneeschweif saßen neben ihm und beobachteten ihn aufmerksam. "Sollte der kleine Balg nicht langsam in sein eigenes Lager zurückgebracht werden?", brummte Schlangenzahn genervt und fixierte das Junge aus schmalen Augen.
Schattenkralle entgegnete gelassen: "Beruhige dich, ich werde eine Patrouille schicken, die ihn zum SonnenClan begleitet. Doch nur, wenn Schneeschweif meint, dass er schon fit genug dafür ist, nicht vorher."
Der kahle Kater schnaubte verächtlich. "Für mich sieht er besser in Form aus, als die meisten Katzen hier. Zudem ist es sehr bedenklich, dass er sich im feindlichen Clan schon so schnell eingelebt hat." Der FinsterClan-Anführer ignorierte ihn und trabte auf seine Clan-Gefährten zu.
Ungewöhnlicherweise musste Windbrise Schlangenzahn zustimmen. Es war tatsächlich eigenartig, dass Seelenjunges kein bisschen Angst zeigte zwischen den ganzen fremden Katzen. Könnte es vielleicht daran liegen, dass er sich in Karminpelz' Nähe wohlfühlte, da der ältere Krieger so gut mit ihm umging?
Einige Clan-Katzen waren jedoch nicht begeistert, dass dieses Junge in ihrem Lager verweilte. Fleckenpelz flüsterte seinem Bruder Sprenkelfell etwas zu, ohne Seelenjunges aus den Augen zu lassen. Knochenfuß kauerte am Rand der Lichtung und fixierte den Kleinen missbillig.
"Wie geht es ihm?", erkundigte sich Schattenkralle bei seiner Heilerin. Die dunkelbraune Kätzin blinzelte zufrieden. "Bestens. Er ist kräftig genug, um den Rückweg ins SonnenClan-Lager anzutreten", berichtete sie.
Seelenjunges spitzte die Ohren und sah Schneeschweif aufgeregt an. "Ich kann wieder nach Hause? Wirklich?" Sie nickte. "Ja, das kannst du." Schattenkralle deutete mit dem Schwanz auf Windbrise und Sprenkelfell. Die Krieger näherten sich ihrem Anführer.
"Ihr werdet Seelenjunges nach Hause bringen", befahl er. "Aber sorgt dafür, dass es zu keinem Kampf kommt, falls ihr einer Patrouille begegnet", fügte er eindringlich hinzu. "Wird nicht passieren", versprach Sprenkelfell zuversichtlich. Mit einem Blick auf Seelenjunges miaute er: "Na dann, wollen wir?"
Der junge Kater zögerte und sah zu Karminpelz hoch. "Du wirst mir fehlen. Werden wir uns denn wiedersehen?", fragte er kummervoll. Der Krieger beugte sich zu ihm hinab und berührte ihn mit der Nase. "Bestimmt." Jedoch bemerkte Windbrise den trüben Blick in seinen grünen Augen.
Schmerzlich wurde ihm bewusst, dass beide Katzen zu verschiedenen Clans gehörten und niemals mehr, als Rivalen bleiben würden. Seelenjunges, der noch ein Junges war, konnte das nicht verstehen. Jetzt sah er die FinsterClan-Katzen als Freunde, doch wie lange würde es dauern, bis er sich ihnen in einem Kampf gegenüberstehen wird?
Seelenjunges hopste vergnügt zu Sprenkelfell und Windbrise. "Macht's gut", miaute er zu den Katzen. "Und vielen Dank für alles!"
"Keine Ursache", entgegnete Schneeschweif. "Pass gut auf dich auf, Kleiner." Karminpelz schwieg und schnippte zum Abschied nur mit dem Schwanz.
Windbrise wunderte sich, dass er den jungen Kater nicht begleitete, obwohl er ihm schon so sehr ans Herz gewachsen war. Sprenkelfell schlüpfte bereits durch das Dornengebüsch. Windbrise stupste Seelenjunges sanft von hinten an, als das SonnenClan-Junge betrübt zu Karminpelz blickte.
Schließlich kroch er unter die dornigen Zweige und der schwarze Krieger folgte ihm. Sprenkelfell hatte vor dem Ausgang gewartet und setzte sich nun wieder in Bewegung. Ängstlich starrte Seelenjunges nach oben in den Himmel, als würde er befürchten, ein weiteres Mal von einem Raubvogel gepackt zu werden.
"Keine Angst", miaute Windbrise. "Bei uns bist du sicher." Der hellrote Kater sah ihn an. "Wieso kann Karminpelz nicht mit mir im SonnenClan leben?", fragte er plötzlich. "Wir sind schließlich verwandt, und eine Familie hält doch immer zusammen, richtig?"
Ein dicker Kloß steckte in Windbrises Kehle und er musste mit seiner Antwort zögern. Wie soll er einem Jungen erklären, dass es unmöglich war sich mit dem feindlichen Clan zu verbünden. Seelenjunges war fest davon überzeugt, dass Grenzen und Rivalitäten überhaupt keine Rolle spielten.
"Wenn du erwachsen bist, wirst du es verstehen", entgegnete Windbrise. Der getigerte Kater sah ihn mit einem verwirrten Gesicht an, doch sagte nichts. Sprenkelfell blickte seinen Clan-Gefährten von der Seite an und flüsterte: "Bringt der SonnenClan seinen Jungen denn gar nichts bei?"
Windbrise zuckte leicht verärgert mit der Schwanzspitze. "Er ist noch klein", verteidigte er Seelenjunges. "Sobald er ein Schüler ist, wird er es begreifen." Sprenkelfell blinzelte unsicher und wandte seinen Blick wieder nach vorn.
Als sie den Fluss erreichten, beschloss Windbrise Seelenjunges über die Baumbrücke zu tragen. Es war zu gefährlich ihn alleine über den Stamm klettern zu lassen, da er leicht hätte abrutschen können. Schaudernd erinnerte er sich an Raven, der damals in die reißende Strömung gestürzt war und fast ertrunken wäre, wenn Karminpelz ihn nicht gerettet hätte.
Der Krieger schüttelte diese beängstigenden Bilder ab und war froh, dass er seinen Sohn noch bei sich hatte, obwohl dieser ihm im Moment den Rücken zuwandte.
Auf dem SonnenClan-Territorium prüfte Windbrise, die Luft und stellte fest, dass keine Patrouille in der Nähe war. "Beeilen wir uns", drängte Sprenkelfell und trat ungeduldig von einer Pfote auf die andere. Windbrise vermutete, dass der schwarz-weiße Krieger sich unter den vielen Laubbäumen nicht wohlfühlte.
Die Katzen trotteten weiter und schon bald kam der Eingang zum SonnenClan-Lager in Sicht. Seelenjunges' grüne Augen leuchteten aufgeregt. "Wir sind da! Endlich!"
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