11. Kapitel
Seelenjunges reagierte nicht. Wie gelähmt hockte er zusammengekrümmt am Boden und fixierte den Milan, der kaum noch zwei Fuchslängen entfernt war, mit geweiteten Augen. Goldstern preschte so schnell er konnte über die Lichtung, sein Herz hämmerte gegen seine Brust.
Der Vogel stieß einen Schrei aus, zeigte seine, gebogenen, langen Klauen und packte Seelenjunges am Rücken. "Hilfe!", quickte er schrill. Der Milan breitete seine mächtgen Flügel aus und flog mit seiner Beute zwischen den Krallen in die Höhe, doch Goldstern spannte seine Hinterbeine an und sprang.
Er erwischte den Vogel an den Schwanzfedern und versuchte ihn nach unten zu befördern. Der Greifvogel krächzte frustriert, ließ jedoch nicht locker und schüttelte den goldenen Kater ab. Der Anführer landete mit einem harten Aufprall auf der Lichtung.
"Nein!", schrie Fuchsschweif. "Mein Junges!"
"Mama!", rief Seelenjunges kläglich, seine Stimme klang weit entfernt. Goldstern rappelte sich hastig auf und sah fassungslos dem Milan nach, wie er über das Lager hinweg schwebte. Ein winziger, hellroter Punkt baumelte zwischen seinen fürchterlichen Fängen.
Seelenjunges war fort. Fuchsschweif stand stocksteif neben ihm. Ihr Fell war gesträubt, die Augen glasig vor Schock. "Mein Sohn", wisperte sie zittrig. Ihre Beine klappten unter ihrem Körper zusammen und sie blieb wimmernd am Boden liegen.
Goldstern lehnte sich gegen ihre Schulter und versuchte ihr wieder aufzuhelfen, doch die Königin regte sich nicht. "Fuchsschweif, es tut mir so Leid", murmelte der Anführer zutiefst traurig und berührte ihre Flanke mit seiner Nase.
Allmählich tauchten die Katzen aus den Bauen auf und umkreisten die trauernde Kätzin. Ängstliches Geflüster und verzweifeltes Miauen erfüllte die Luft. Obwohl Goldstern wusste, dass eine Verfolgung zwecklos war, wandte er sich an Blütenstaub und Nebelgift, die mit betrübten Mienen in der Nähe standen. "Folgt dem Milan."
Die zwei Kätzinnen sahen den Anführer einen Herzschlag überrascht an, nickten aber und rannten aus dem Lager. Fuchsschweif legte den Kopf in den Nacken und stieß ein herzzerreißendes Jaulen aus. "Warum?", schluchzte sie. "Warum tut der SternenClan mir das an?"
Goldstern senkte den Blick und legte sanft den Schwanz auf ihre Schulter. "Es ist meine Schuld, ich hätte schneller sein müssen", gab er bedrückt zu.
"Nein", erwiderte sie heiser. "Ich bin dafür verantwortlich. Hätte ich doch nur besser auf meine Jungen aufgepasst, dann..." Fuchsschweif brach ab und sank stöhnend zurück ins Gras. Auf einmal tauchte Grauwolke mit einigen Thymianblätter im Maul auf.
Er legte sie vor der Königin ab. "Nimm den Thymian. Es wird dir gegen den Schock helfen", miaute er sanft. "Später werde ich dir noch ein paar Mohnsamen geben, damit du schlafen kannst." Fuchsschweif schnupperte kurz und leckte die Blätter dann auf. "Mama!" Rubinjunges' Maunzen ertönte vom Eingang der Kinderstube. Ihre grünen Augen waren angstvoll geweitet.
Hastig tapste sie zu ihrer Mutter und sah sich verwirrt um. "Wo ist Seelenjunges?", fragte sie verwundert. Goldsterns Herz blutete vor Mitleid. "Wo ist er?", wiederholte sie. Fuchsschweif betrachtete ihre Tochter mit einer schmerzverzerrten Miene.
"Seelenjunges ist tot", erklärte sie schroff. "Der Milan hat ihn gepackt und fortgetragen. Wir werden ihn nie wieder sehen." Rubinjunges' Fell stellte sich auf, ihre Flanken bebten. "Das kann nicht sein!", heulte sie. "Der SternenClan darf das nicht zulassen!" Goldstern beugte sich zu ihr hinab und leckte ihr beruhigend über den Kopf.
"Der SternenClan kann leider nicht alles verhindern", flüsterte er. Rubinjunges sprang zurück und fauchte: "Ich will meinen Bruder zurück! Gebt mir Seelenjunges wieder!" Jaulend stürmte sie zurück in die Kinderstube.
Fuchsschweif erhob sich auf schwachen Pfoten. "Ich muss zu ihr", murmelte sie matt und taumelte mit schleifendem Schwanz auf den Bau zu. Goldstern blickte ihr kummervoll hinterher. Grauwolke blinzelte unglücklich und wandte sich wieder ab.
Das Brombeergebüsch raschelte und die Grenzpatrouille betrat das Lager. Flammensprung erschien als erster, gefolgt von Akay und Kristallfluss. Goldstern schluckte. Wie wird er auf die schlimmen Neuigkeiten reagieren?
Goldstern trottete auf den Zweiten Anführer zu. "Flammensprung, es ist etwas schreckliches geschehen", fing er zögerlich an. Der flammenfarbene Kater spitzte die Ohren und sah ihn erstaunt an. "Was denn?" Bevor der Anführer antworten konnte, tauchten Blütenstaub und Nebelgift mit gesenkten Köpfen auf.
Ein enges Gefühl breitete sich in seiner Brust auf. Die zwei Kätzinnen wirkten erschöpft. Blütenstaub warf ihm einen niedergeschlagenen Blick zu. "Wir haben ihn aus den Augen verloren. Es tut uns Leid." Goldstern schüttelte bloß den Kopf. "Ihr habt getan, was ihr konntet", entgegnete er.
Als die Kriegerinnen sich zurückzogen, starrte Flammensprung den Anführer irritiert an. "Hab ich was verpasst?" Goldstern scharrte mit den Krallen in der Erde. "Was ist passiert?" Seine Stimme hatte einen scharfen Unterton.
Der Anführer begegnete fest seinen Blick. "Seelenjunges wurde von einem Milan entführt. Wir konnten ihn nicht retten. Es tut mir so Leid, Flammensprung. " Flammensprungs Augen weiteten sich vor Schock. Seine Beine zitterten. "M-Mein Sohn", hauchte er. "Nein!"
Goldstern schmiegte sich tröstend an seinen Freund. "Fuchsschweif und Rubinjunges brauchen dich", flüsterte er. "Sie trauern sehr." Sein Stellvertreter starrte in die Leere, drehte sich dann um und schlenderte auf die Kinderstube zu.
Er wirkte dabei wie ein Ältester, der seine letzten Tage lebte. Goldstern bohrte die Krallen in die Erde. So viel Leid! Und ich kann nichts dagegen tun.
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