1. Kapitel
Silberherz schlüpfte mit einem Bündel Moos im Maul in das Lager und tappte auf den Ältestenbau zu. Da es im Moment keine Schüler gab, war es die Pflicht der jüngsten Krieger, das Nestpolster der Ältesten auszuwechseln.
Rauchpelz und Waldherz lagen dicht aneinander geschmiegt vor dem Bau und genossen die warmen Sonnenstrahlen. Nach dem Kampf gegen den FinsterClan, hatte sich Rauchpelz in den Ältestenbau zurückgezogen. Silberherz nickte den beiden höflich zu, ehe sie in den Bau kroch wo sie Akay traf, der das Nest von Weißbart richtete.
Der braun-weiße Kater seufzte genervt. "Wieso müssen ausgerechnet wir das tun? Das ist Schülerarbeit!" Die Kriegerin legte das Moos ab. "Wir haben eben keine Schüler", erklärte sie schroff. "Nun hör auf zu jammern."
Akay schnaubte nur und arbeitete weiter. Als sie fertig waren, tappte Silberherz auf den Frischbeutehaufen zu, packe eine Wühlmaus und trug sie zur Kinderstube. Drinnen im warmen, gemütlichen Bau, lag Fuchsschweif in ihrem Nest und putzte ihre zwei Jungen.
Die Kleinen wurden vor drei Sonnenaufgängen geboren. Ein Kater und eine Kätzin. Die silberne Kriegerin platzierte die Wühlmaus vor Skylors Pfoten. "Hier, für dich." Die rote Kätzin schnurrte. "Danke, Silberherz."
Mit einem Kopfnicken kroch Silberherz aus der Kinderstube und trottete ein weiteres Mal auf den Frischbeutehaufen zu. Sie wählte eine Drossel und steuerte auf einen Weißdornbusch zu. Sie ließ sich nieder und begann zu essen.
Ein Viertelmond war seit dem Angriff vergangen und die Schuldgefühle lasteten auf Silberherz' Schultern, wie ein Felsbrocken. Sie konnte kaum schlafen, kaum essen. Fast jede Nacht sah sie Veilchenhauchs Leiche vor sich und hörte Ravens kalte, bösartige Stimme an ihrem Ohr.
Diese blauen, stechenden Augen, die sie in der Dunkelheit beobachteten. Die Kriegerin erschauderte und versuchte den Gedanken zu verdrängen. Halbherzig nagte sie an der Wühlmaus. Ich muss Raven sehen.
Sie grub die Krallen in die Erde. Ich muss ihm sagen, dass ich Veilchenhauch nicht mit Absicht getötet habe. Vielleicht würde ihr schlechtes Gewissen dann verfliegen, sobald sie mit dem FinsterClan-Schüler geredet hatte. Und vielleicht verzeiht er mir dann, was aber sehr unwahrscheinlich ist.
Trauer umschloss Silberherz' Herz. Sie vermisste Ravens liebevolle Art und seine beruhigende Nähe. Seinen dichten, schwarz-weißen Pelz, der ihr in der bitteren Blattleere Wärme gab. Silberherz zwang sich den letzten Bissen der Wühlmaus hinunter und stemmte sich auf ihre Pfoten.
Er muss die Wahrheit erfahren. Die Kriegerin trabte aus dem Lager. Er darf nicht denken, dass ich eine kaltblütige Mörderin bin. Ihre Pfotenschritte verschnellerten sich, bis sie über den Waldboden flog.
Der Schnee hatte nachgelassen und die Sonne kam öfter zum Vorschein. Doch Silberherz wusste, dass die Blattleere noch längst nicht vorüber war. Kühler Wind pfiff ihr um die Ohren und stach ihr in die Nase.
Schließlich erreichte die Kriegerin das Ufer. Der Fluss war noch zugefroren, die Eisschicht glitzerte in der Sonne. Vorsichtig überquerte sie den Baumstamm und hob den Schwanz, um die Balance nicht zu verlieren.
Kurz bevor Silberherz, die andere Seite erreicht hatte, blieb sie stehen und prüfte die Luft. Sie konnte keinen frischen Geruch des FinsterClans aufspüren, auch Ravens Duft nicht.
Leicht enttäuscht sprang sie in das Kies und kroch unter einen Ginsterbusch. Silberherz würde hier warten, bis Raven vorbeikommt. Bitte, SternenClan, lass ihn auf eine Grenzpatrouille gehen.
Blattwechsel schienen zu vergehen. Mittlerweile war es Sonnenhoch und keine Patrouille ließ sich blicken. Wo bist du nur? Silberherz zitterte, Kälte drang durch ihr Fell. Sie wollte gerade aufgeben und zum Lager zurückkehren, als sie plötzlich einen scharfen Geruch aufnahm.
FinsterClan! Sie spähte zwischen die Äste des Ginsterbusches und erkannte in weiter Entfernung magere Gestalten die durch den Schnee trotteten. Im Kiefernwald lag mehr Schnee, als im Laubwald, da hier die Sonne den Boden kaum berührte.
Silberherz verengte ihre Augen und erkannte Karminpelz, Knochenfuß und Sprenkelfell. Aber Raven war nicht dabei. Die Kätzin unterdrückte ein enttäuschtes Seufzen. Die FinsterClan-Katzen bewegten sich auf den Fluss zu, doch kamen zum Glück nicht in die Nähe von Silberherz' Versteck.
Sie setzten ihre Markierungen, miauten etwas und traten den Rückweg an. Die Katzen verschwanden in den Schatten und die Kriegerin atmete erleichtert aus. Silberherz beschloss noch ein bisschen länger zu warten.
Doch auch später tauchte Raven nicht auf. Nur Schneeschweif, die Heilerin, war vorbei getappt und hatte Kräuter gesammelt. Ohne von Silberherz' Anwesenheit etwas zu bemerken, war sie wieder mit einem maulvoll Kräuter gegangen.
Es dämmerte bereits und der eisige Wind ließ sie bis aufs Mark frösteln. Silberherz gab auf. Mit hängendem Kopf schlenderte sie den Weg zum SonnenClan zurück. Der Wind peitschte ihr gegen das Gesicht. Dann fing es auch noch an zu schneien.
Kleine Schneeflocken klebten ihn ihrem getigerten Fell. Silberherz fauchte und lief schneller, legte die Ohren gegen den Sturm an. Aber bevor sie das Lager betrat, beschloss sie etwas zu jagen, damit es nicht so auffällig war.
Silberherz erlegte zwei magere Spitzmäuse. Der Schnee war inzwischen stärker geworden. Als sie das Lager erreicht hatte, kam ihr Flammensprung entgegen. "Wo warst du denn?", wollte ihr ehemaliger Mentor wissen.
Die Kriegerin warf ihre Beute auf den Haufen. "Weg", antwortete sie knapp und trottete an dem Zweiten Anführer vorbei. "Wo warst du?", wiederholte der flammenfarbene Kater, dieses Mal jedoch etwas lauter.
Die Kätzin blieb nicht stehen. "Kann dir doch egal sein", gab sie barsch zurück. "Beantworte meine Frage!" Wut lag in Flammensprungs Stimme. Silberherz wirbelte umher. "Das geht dich nichts an. Lass mich einfach in Ruhe!", fauchte sie und rannte mit peitschendem Schwanz in den Kriegerbau.
"Silberherz!" Die getigerte Kätzin hörte nicht auf ihn und kroch in ihr Nest. Sie grub ihre Schnauze zwischen ihre Pfote und schloss die Augen. Der hat doch keine Ahnung, was ich gerade durchmache!
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