»Kapitel XI || Sturm aus Schatten«

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Kᴀᴘɪᴛᴇʟ XI || Sᴛᴜʀᴍ ᴀᴜs Sᴄʜᴀᴛᴛᴇɴ
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»Kᴀᴛᴢᴇɴ sɪɴᴅ ᴅᴜᴍᴍᴇ, ɴᴀɪᴠᴇ Gᴇsᴄʜᴏ̈ᴘfᴇ, ɪᴍ Gʀᴜɴᴅᴇ ᴡɪᴇ ᴀʟʟᴇ ᴀɴᴅᴇʀᴇɴ Wᴇsᴇɴ ᴀᴜᴄʜ. Wᴇɴɴ ᴇɪɴᴇʀ ᴀᴜf ᴊᴇᴍᴀɴᴅ ᴀɴᴅᴇʀᴇᴍ ʜᴇʀᴜᴍʜᴀᴄᴋᴛ, ᴍᴀᴄʜᴇɴ ᴀʟʟᴇ ɢʟᴇɪᴄʜ ᴍɪᴛ, ɴᴜʀ, ᴜᴍ ɪʜʀᴇɴ ᴇɪɢᴇɴᴇɴ Hɪɴᴛᴇʀɴ ᴢᴜ ʀᴇᴛᴛᴇɴ. Jᴀ, sᴏ ɪsᴛ ᴅᴀs.«

Schattenvogel,
Ältester des BrandClans,
33 Worte über
Die Naivität der Katzen.

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In den ersten Herzschlägen, nachdem das Echo der Worte verklungen war, herrschte Stille. Damm brach ängstliches Getuschel aus, hier und da erklang ein schriller Schrei der Verzweiflung und Orkanpfote presste sich panisch fester an ihre Mutter. Was war das gewesen? Was bedeutete das?

»Ruhe!«, donnerte Steppenblut und augenblicklich verstummten beinahe alle leisen Diskussionen.
»Unsere ehrwürdigen Ahnen haben durch den Blutswahrer gesprochen. Sie warnen uns vor einer Gefahr, die auf uns zukommt und die wir um jeden Preis abwenden müssen! Wenn irgendeine Katze eine Vermutung hat, wovor sie uns warnten, so möge sie nun vortreten.«

Einige Momente lang passierte nichts. Dann heulten und winselten die Katzen wie auf ein unhörbares Kommando los.
Schneeblut schien leise etwas zu sagen, aber niemand hörte die Worte der Anführerin. Unruhe, ja, gar Panik war unter den Clankatzen ausgebrochen. Ängstliche Rufe durchschnitten die kalte Luft der Blutmondnacht, und zitternd presste sich Orkanpfote an die verspannte Königin neben ihr. Zahllose Fragen schwirrten in ihrem Kopf herum, aber der GletscherClan schien nicht annähernd so aufgeregt wie ihre flinken Nachbarn.

Im BrandClan fauchten sich die Katzen gegenseitig an, heulten panisch durcheinander und schnell hatte sich ein einziges Knäuel aus Pelzen gebildet, das aus so vielen kämpfenden Katzen bestand, dass Orkanpfote nicht erkennen konnte, was im Inneren dieses Pelzberges lag - oder wer.

Steppenblut heulte erneut zornig auf und wollte seine Katzen zur Vernunft rufen, aber die Panik hatte Überpfote gewonnen. Es war genau wie bei ihrer Schülerzeremonie, als Smaragdpfote sich geweigert hatte, dem Gesetz des Blutes die Treue zu schwören. Aber keine Katze hat etwas Verräterisches gesagt, oder?

In ihren Pfoten kribbelte der Drang, einfach zu den BrandClan-Katzen hinzulaufen, aber vor Angst schien sie plötzlich wie festgefroren zu sein. Ihre Flanken bebten und sie spürte den donnernden Herzschlag ihrer Mutter, die sich jetzt noch tiefer geduckt hatte.

»Es herrscht verdammte Waffenruhe! Wenn ihr nicht sofort aufhört, euch wie Junge zu benehmen, dann schwöre ich, ich zerfetze jedem von euch den erbärmlichen Pelz, sobald die Sonne aufgegangen ist!«
Steppenbluts Stimme war viel lauter als zuvor und schien zu ein paar der Katzen, die sich von dem Knäuel lösten, durchzudringen. Langsam beruhigten sich die versammelten Katzen, aber überall erkannte Orkanpfote zitternde Flanken, gesträubtes Fell, aufgeregtes Tuscheln.

»Sie! Sie ist die Verräterin, vor der uns die Ahnen warnten! Sie muss sterben!«, heulte ein Kater aus dem BrandClan, dessen Fell gold-schwarz getupft war, fast so wie das von Fahlstrom.
Dabei peitschte sein Schweif hin und her und er zeigte mit der Schnauze anklagend auf eine Kätzin neben ihm, deren Bauch sich unter getigertem Fell wölbte. War das etwa... eine Königin?

»Niemals! Sie hat nichts getan, du Hyänenherz!«, schleuderte dem Getupften ein kleiner, kräftiger Kater entgegen, der sich entschlossen vor die trächtige Kätzin stellte. »Der Clan des reinen Blutes hat etwas anderes gemeint mit dem Sturm.«

Der Ankläger fauchte verächtlich. »Jedes Junge kann verstehen, dass sie gemeint ist. Sturm der Zeiten, was soll sonst damit gemeint sein?! Ihr Name ist Zeitensturm, warum sollten unsere Kriegerahnen sonst diese Worte benutzen?« Sein Fell war gesträubt und der Blutmond verlieh ihm einen bedrohlich roten Schimmer.

»Die Ahnen sprechen oft in Rätseln«, miaute da die Heilerschülerin Rentierpfote vorsichtig. »Wir sollten vielleicht erst einmal ein wenig darüber nachdenken, bis wir uns ganz sicher sind, bevor wir eine Katze bestrafen, die vielleicht unschuldig ist.« Die braune Kätzin blickte hoch zu ihrer Mentorin, die anerkennend nickte. Keine lobenden Worte verließen die Kehle der Heilerin - als wäre das überraschend für irgendeine Katze. Meeresnacht war stumm wie ein Eiskristall.

»Nein. Wir sollten sichergehen, dass die Clans in Sicherheit sind, selbst wenn wir eine Unschuldige bestrafen!«, fauchte der getupfte BrandClan-Krieger. Er schien ein flammender Verteidiger des Gesetzes zu sein und der Strafen, die es vorschrieb.

Vor Orkanpfote zuckte Strompfotes Schweif gereizt. Er schien etwas sagen zu wollen, war aber zu vernünftig, das Wort zu erheben. Nachdem Schneeblut gesprochen hatte, legte sich seine Anspannung; sie schien seien Gedanken ausgesprochen zu haben.
»Das Gesetz des Blutes verbietet, trächtige Königinnen zu bestrafen«, wandte sie leise ein.

»Das Gesetz des Blutes wurde von unseren Kriegerahnen verfasst und jetzt scheinen sie zu wollen, dass wir tun, was getan werden muss, selbst, wenn es gegen das Gesetz verstößt!«, donnerte Steppenblut und sein goldener, im blutenden Licht flammender Blick fixierte die getigerte Kätzin, die flankiert war von ihrem Verteidiger und dem Gold-Schwarzen.

»Zeitensturm vom Blute des Tiefenstrahl, was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?«, konfrontierte er die Königin. Ihr hellbraun-dunkelbraunes Fell erzitterte unter den pumpenden Atemzügen, die strahlend weißen Pfoten kneteten den Boden. Panik leuchtete in den weit aufgerissenen Augen und sie duckte sich, presste die Beine dicht an ihren Körper, wie um ihre ungeborenen Jungen zu schützen.

»Ich schwöre b-bei meinem Leben, dass ich keine Blutsschänderin bin. I-ich war dem Clan mein Leben lang treu und ich kann mir nicht v-vorstellen, dass der Clan des reinen Blutes denkt, dass v-von mir eine Gefahr ausgeht. Bitte, ihr müsst mir glauben! Ich habe nichts getan!«, flehte sie mit bebender Stimme.

Steppenbluts Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen wie die Pupillen einer Schlange.
»Beweise es.«

»Wie? Das kann ich nicht!«, heulte die getigerte Königin verzweifelt und es zerfetzte Orkanpfote beinahe das Herz, die verängstigte Katze so zu sehen. Sie sagt doch die Wahrheit, lass sie in Ruhe!, hätte sie Steppenblut am liebsten entgegengeschleudert, Nur, weil du ihr diesen Namen gegeben hast, wird sie bestraft? Warum?

»Wir wissen nicht, ob deine Jungen oder du unreinen Blutes sind. Wir wissen nicht, welche Schuld du zu tragen hasst. Aber unsere ehrwürdigen Kriegerahnen warnten uns vor einer Bedrohung, die das Gesetz und die Clans vernichten könnte. Und diese Bedrohung, Zeitensturm, bist du.«

Schneeblut hatte die ganze Zeit nur dagestanden und ab und an versucht, die Stimme zu erheben, aber das laute Donnern aus der Kehle des rotgoldenen BrandClan-Anführers konnte die stille weiße Kätzin nicht übertönen. Schlangensilber hätte es vielleicht gekonnt, wenn er an Schneebluts Stelle gestanden hätte, aber er hätte es nicht getan, das wusste Orkanpfote. Er hätte nichts unternommen, um diese arme Königin zu retten, für die so viel mehr auf dem Spiel stand als ihr eigenes Leben.

Niemand redete noch. Nahezu jede Katze bebte vor Zorn, Aufregung oder Angst, das Meer aus Pelzen war gesträubt wie ein windgepeitschtes Feld. Selbst der kleinem kräftige BrandClan-Kater, der Zeitensturm so entschlossen verteidigt hatte - vielleicht war er der Vater der Jungen - schwieg betroffen, obwohl er noch immer so aussah, als könnte auch nur ein falsches Wort in ihm einen Tornado aus Wut entfesseln.

Und so sprach Steppenblut weiter. Er sprach, ohne sich darum zu kümmern, dass die Strafen nicht für eine trächtige Königin galten, weil das Gesetz des Blutes es vorschrieb. Er sprach ohne eine Regung in den Augen, die sich ungerührt in die von Zeitensturm bohrten.
Und er sprach die Worte, die das Schicksal der Clans besiegelten.

»Zeitensturm vom Blute des Tiefenstrahl, Königin des BrandClans.«
Steppenblut sprang von seinem Felsvorsprung herunter und pirschte auf die Königin zu, die Krallen ausgefahren, bis er direkt vor ihr stand. Die gesamte Welt schien den Atem anzuhalten, die Vögel hörten auf, ihre sanften Lieder in die Nahct hinauszurufen.

»Vom heutigen Tag an wirst du nicht länger Teil dieses Clans sein. Ich, Steppenblut vom Blute des Herßherz, Anführer des BrandClans, verurteile dich hiermit als Blutsschänderin. Zur Strafe wirst du ins Zwischenland verbannt, und jeder Katze, die dich auf dem Territorium eines Clans sieht, gebe ich das Recht, dich zu töten.«

Empörte Rufe wurden laut. Rufe, die sich auf das Gesetz beriefen, dass trächtige Königinnen nicht so bestraft werden durften, aber Steppenblut ignorierte die Protestrufe der Clankatzen.

Seine Klauen blitzten wie silberrote Sicheln im Mondlicht, als sie die Luft zerschnitten und sich in Zeitensturms Vorderbein bohrten. Die Königin zuckte vor Schmerz zusammen, und für Orkanpfote war es, als würde sich auch ihr eine Klaue ins Bein bohren.

Steppenbluts Krallen hinterließen eine tiefe, dunkelrote Furche in Zeitensturms Vorderbein. Eine Furche, von der immer eine Narbe bleiben würde. Die Blutsschändernarbe. Das Zeichen, das alle Katzen trugen, die das Gesetz gebrochen hatten. Außer Smaragdpfote.

»Jetzt geh und komme nie wieder zurück«, befahl Steppenblut und die Königin hinkte panisch den Abhang hinunter. Fiel beinahe über jeden Fels und bald schon war sie in dem Nebel verschwunden, der das Land zwischen den Clans einhüllte.

Das war der Moment, in dem Orkanpfote verstand, dass etwas sich ändern musste. Und es würde sich nichts ändern, wenn sie weiterhin dachte, dass alles falsch war. Die Welt würde nicht besser werden, wenn sie Legenden lauschte und Träume hatte, die für immer Träume blieben.
Wenn sie wollte, dass sich etwas änderte, dann musste sie selbst etwas ändern.

Die Schülerin stand auf, tappte zwei Schritte vor und erhob die Stimme.

Brandpfote,
Schülerin des FederClans,
1495 Worte über
»Sturm aus Schatten«.

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