»Kapitel X || Blutendes Licht«
»»»»---༄---««««
Kᴀᴘɪᴛᴇʟ X || Bʟᴜᴛᴇɴᴅᴇs Lɪᴄʜᴛ
»»»»---༄---««««
–––––
»Wᴇɴɴ ᴅᴇʀ Bʟᴜᴛᴍᴏɴᴅ ᴅɪᴇ Wᴇʟᴛ ɪɴ ᴇɪɴ fʟᴀᴍᴍᴇɴᴅᴇs Lɪᴄʜᴛ ᴛᴀᴜᴄʜᴛ, ᴅᴀɴɴ ʀᴜfᴇɴ ᴅɪᴇ Kʀɪᴇɢᴇʀᴀʜɴᴇɴ ɴᴀᴄʜ ᴅᴇɴ Cʟᴀɴs. Dᴀɴɴ ʜᴀʙᴇɴ sɪᴇ ᴇᴜᴄʜ ᴇᴛᴡᴀs ᴢᴜ sᴀɢᴇɴ, ᴅᴀs ᴜ̈ʙᴇʀ ᴅɪᴇ ɢᴇsᴀᴍᴛᴇ Zᴜᴋᴜɴfᴛ ᴅᴇs Lᴀɴᴅᴇs ᴠᴏɴ Eɪs ᴜɴᴅ Fᴇᴜᴇʀ ᴇɴᴛsᴄʜᴇɪᴅᴇɴ ᴋᴏ̈ɴɴᴛᴇ.«
Fetzenfänger,
Ältester des BrandClans,
37 Worte aus
»Legenden von Eis und Feuer«.
–––––
»Die Kriegerahnen haben gesprochen! Heute Nacht wird eine Blutmondversammlung stattfinden und Rubinlichter, Opalschlag, Strompfote, Brisenpfote, Schwingenpfote, Polarfuchspfote, Orkanpfote, Wolfspfote, Seelendonner, Klippenstolz, Polarbrand, Fahlstrom, Lummenblick, Meeresnacht, Rentierpfote, Robbenpfote, Düsterschrei und Schneeeulenfrost werden mich begleiten. Schlangensilber, du hast das Sagen, solange ich weg bin.«
Schneeblut sammelte mit einer einladenden Bewegung ihres federartigen Schweifes die Katzen, die sie begleiten sollten, um sich und machte sich ohne Umschweife auf den Weg aus dem eisigen Lager heraus.
Orkanpfote zitterte vor Aufregung - sie würde den BrandClan kennenlernen! Sie würde all die anderen Katzen sehen und den Feuerberg, von dem Fahlstrom erzählt hatte! Die Kälte unter ihren Pfoten spürte sie kaum, als sich die Katzengruppe hinter der weißen Anführerin in Bewegung setzte.
Strompfote tappte neben ihr her. Sein Mentor Schlangensilber würde als Aufsicht im Lager bleiben, und er wirkte so viel älter als ein Kater von nicht einmal sechs Monden. Ihr Bruder war größer, stärker, so viel ernster als jede andere Katze in diesem Alter.
Jetzt gerade waren die beiden umgeben von ein paar Kriegern, die sie nur vom Namen kannte, und trabten schweigend durch den Eistunnel. Das endlose Blau verdunkelte sich schon leicht - Sonnenhoch war vorbei, aber die Dämmerung längst noch nicht angebrochen. Fahlstrom hatte sie gewarnt, wie lang der Weg sein würde, aber verhielt sich seltsam, als würde sie sich unwohl fühlen. Ihr Gefährte Düsterschrei hatte ihr beruhigend den Schweif auf den Rücken gelegt und ging neben ihr her.
Mit dem dunklen Krieger hatten Fahlstroms Junge nie wirklich zu tun gehabt; er war ein angesehener und vielbeschäftigter Kater und hatte nur selten Zeit für seine Familie - die für ihm wohl ausschließlich aus Fahlstrom und seinen eigenen Wurfgefährten bestand. Orkanjunges hatte ihre Mutter und ihr Bruder gereicht - vielleicht, weil sie nie einen Vater gehabt hatte und Fahlstrom nicht darüber reden wollte.
Sie blickte hoch zu Strompfote. Seit Schlangensilber mit ihm das erste Mal das Lager verlassen hatte, schien er diese Maske der Gleichgültigkeit nicht einmal mehr abzunehmen, wenn er mit seiner Schwester allein war. Früher in ihrer Jungenzeit hatte er zumindest nicht so kalt gewirkt, wenn die beiden in der Kinderstube gespielt hatten, als Flechtendämmers Junge das Lager erkundet hatten. Einen Stich der Sehnsucht spürte sie in ihrem Herzen, wie eine Kralle, die sich immer tiefer bohrte.
»Strompfote?«, sprach sie ihren Bruder an, ohne groß darüber nachzudenken. Strompfote hob den Kopf, der zuvor auf das harte Eis gerichtet gewesen war.
»Ja?«, fragte er und sah gleich wieder weg.
»Weißt du, ich... Ich vermisse dich irgendwie.«
Die Worte kamen einfach so aus ihrer Schnauze, ohne dass sie es gewollt hatte, aber sie stellte überrascht fest, dass es stimmte. Dass ihr der fröhliche Kater, der sie immer vor fiesen Worten von Opalpfote oder den älteren Jungen beschützt hatte, so sehr fehlte, dass es weh tat.
»Warum denn?«
Er zuckte überrascht mit den Schnurrhaaren, wie sie selbst es immer mit ihren Ohren tat.
»Ich bin hier, neben dir.«
»Ja, schon, aber es...«, druckste sie herum. »Es ist so, als wäre nur dein Körper da. Und selbst der sieht aus, als wärst du fast ein Krieger!«
Orkanpfote senkte den goldenen Blick, aber diese Kralle in ihrem Herzen verschwand nicht. Alles, was sich mondelang in ihr aufgestaut hatte, musste einfach raus.
»Du warst nie da! Du warst immer draußen, allein, hast geübt und trainiert, seit du laufen konntest! Aber früher, da hast du wenigstens noch mit mir gespielt, wenn wir allein in der Kinderstube eingepfercht waren. Seit Schlangensilber dich aus dem Lager mitgenommen hat, ist es, als wärst du nicht mehr du selbst! Jetzt ist es so, als würde ich nicht mit meinem Bruder sprechen, sondern mit einem verdammten Eisklotz!«
Orkanpfote hatte nicht bemerkt, wie laut ihre Stimme geworden war. Einige Katzen hatten sich zu den Schülern umgedreht und sie richtete den Blick beschämt auf ihre Pfoten. Sie wusste nicht, ob Strompfote sie ansah und sie wollte auch nicht in seine azurblauen Augen sehen, nur um darin diese schreckliche Kälte zu finden.
»Du hast recht, ich habe mich verändert«, brach der getigerte Kater das drückende Schweigen. Keine Regung lag in seiner Stimme.
»Aber ich habe diese Veränderung gebraucht. Ich habe die Entscheidung zwischen Familie und Clan ewig vor mir hergeschoben, und Schlangensilber hat mir gezeigt, was ich erreichen kann. Er glaubt daran, dass ich der beste Krieger seit Katzengedenken werden kann - und jetzt glaube ich das auch. Ich nehme die Verantwortung und meine Ausbildung ernst und diene den Gesetzen unserer Ahnen.
Und du solltest vielleicht so langsam mal damit anfangen, all das auch zu tun statt herumzuspringen, zu träumen und dir Legenden anzuhören, die Unruhe und Rebellion streuen und in den Tiefen unserer Köpfe verrotten sollten!«
Nun fauchte Strompfote. Es war kein lautes Fauchen, aber jedes Wort schien der kleinen Kätzin das Herz immer weiter aufzuschlitzen. Entsetzt starrte sie ihren Bruder an, aber ihre goldenen Seelenspiegel trafen nur auf eine Mauer aus Eis.
»Was hat dieses Eisherz aus dir gemacht?«, wisperte sie verzweifelt und blieb wie gelähmt stehen.
»Einen Krieger.«
Mit diesen Worten tappte Strompfote weiter und verschwand zwischen den Pelzen ihrer Clan-Gefährten.
Wie betäubt kämpfte Orkanpfote sich weiter durch den Schnee, spürte keine Kälte. Spürte nichts, als sie auf einen spitzen Stein unter dem weißen Samt trat und sich die Pfote aufstieß. Spürte nichts, als Seelendonner sie von hinten anstieß, weil sie ohne es zu merken immer langsamer geworden war.
Die kleine braune Kätzin beschleunigte ihre Schritte und schloss zum Rest des Clans auf, gefolgt von ihrem schweigenden Mentor. Um sie herum miauten ihre Clan-Gefährten, doch ihre Worte drangen kaum bis zu der Schülerin durch. Es hätte ein Herzschlag vergehen können oder ein Blattwechsel und es hätte sich gleich angefühlt für Orkanpfote.
Am Horizont senkte sich die Sonne schon in ihr Nest nieder, ein glühender Ball aus Feuer, der den Himmel in Brand steckte und flammende Wolken über den GletscherClan jagte. Langsam schwand das Licht und es dauerte dennoch ewig, bis ihre Mauer aus Taubheit bröckelte. Unaufhörlich spürte sie diese Kralle, einen schmerzhaften Stich im Herzen.
Der Schnee unter ihren tauben, eiskalten Pfoten schmolz dahin, als die Gegend flacher und felsiger wurde. Normalerweise wäre sie euphorisch herumgesprungen und hätte das Gras und das viele Grün bewundert, doch jetzt hatte sie kein Auge für die Schönheit der Natur im schwindenden Licht. Das Territorium ihres Clans wurde fremder, ab und an war sogar weiches Moos unter ihren Pfoten, und als die Sonne endgültig verschwunden war, stand hoch über ihr ein feuerroter Vollmond.
Der GletscherClan wanderte durch eine Art »Tal« - so hatte Fahlstrom eine riesige Kuhle wie diese genannt - das sich an einer Seite zu einem gewaltigen Felsen erhob. Dieser Fels war nichts im Vergleich zu den Bergen des GletscherClan-Territoriums, aber er war dennoch von beträchtlicher Größe.
»Der Feuerberg«, erklärte Seelendonner mit seiner tiefen Stimme, die laut war wie Donnergrollen und die ihrem Mentor zu seinem Namen verholfen hatte.
Kurz fragte sie sich, warum dieser von Grünzeug bewachsene Felsbrocken so genannt wurde. Der Schock über Strompfotes kalte Worte ließ langsam nach und sie hielt Ausschau nach Wolfspfote, die sich eng zwischen Lummenblick und Fahlstrom gezwängt hatte. Orkanpfote sprang schnell zu ihrer Baugefährtin - und irgendwie auch Schwester - hinüber und bekam an der Flanke von Fahlstrom sofort ein Gefühl von Sicherheit. Der GletscherClan war einmal um den grünen Brocken herumgetappt und befand sich nun auf einer ebenen Fläche vor dem Feuerberg. Schneeblut stieg sofort hinauf auf einen auffällig großen Felsvorsprung, der aus ebendiesem Berg herausragte, der in rotes Licht getaucht war.
»Alles gut, Stürmchen? Du siehst so traurig aus.«
Fahlstroms Stimme war sanft wie frisch gefallener Schnee, und Sorge schwang darin mit. Aber auch ein seltsamer Unterton war darin, ein Klang, den Orkanpfote noch nie in der Stimme ihrer Mutter gehört hatte.
Angst.
»Alles gut«, miaute sie schnell. »Geht es dir auch gut? Du bist seltsam heute.«
Unwillkürlich verspannte sich die Königin. »Natürlich geht es mir gut. Schau mal, da ist der BrandClan!« Jetzt klang ihre Stimme fast schrill und jede ihrer Muskeln war auf Äußerste gespannt. Orkanpfotes Ohren zuckten irritiert und sie blickte von ihrer angespannten Mutter zu der Stelle, auf die sie mit ihrer Schweifspitze gezeigt hatte.
Ein schlanker, rotgoldener Kater mit langen, kräftigen Beinen und glühendem Blick donnerte auf die kleine Ebene, bewegte sich mit einer Geschwindigkeit und Eleganz, die Orkanpfote nie bei den Katzen ihres Clans gesehen hatte. Hinter ihm erschien eine dunkelrote Kätzin mit Funken sprühenden Augen. Immer mehr Katzen mit drahtigen Körpern stürmten zum GletscherClan auf den Versammlungsplatz, ihre Pelze in allen Farben des Feuers, von dem Strahlenhimmel erzählt hatte. Die Schülerin war gebannt von all den schnellen Katzen, die sich neben den Reihen ihres eigenen Clans aufstellten.
Der rotgoldene Kater sprang mit einem einzigen, mächtigen Satz auf den Felsvorsprung neben der weißen GletscherClan-Anführerin.
»BrandClan ist anwesend«, donnerte er.
Jetzt fühlte sich Fahlstroms Flanke hart an wie ein Felsbrocken. Ängstlich blickte Orkanpfote ihre Mutter an, die sich tief duckte und im deren goldenen Augen blanke Panik stand.
»Mama, was ist los?«, quiekte sie alarmiert.
»Was? Ich- nichts«, stotterte Fahlstrom, aber ihr Körper sagte etwas anderes. Die Panik in ihren Augen sagte etwas anderes, die steinharten Muskeln unter ihrem getupften Pelz.
Die Königin wollte offensichtlich nicht darüber reden und das respektierte die Schülerin, aber unter ihrem Pelz brannte dennoch eine Mischung aus Neugierde und Sorge. Im Licht des Blutmondes brannte Fahlstroms Fell wie Feuer, aber ihre Augen waren weit aufgerissen.
»Die Versammlung beginnt!«, donnerte der eindrucksvolle goldrote Kater, der sich neben Schneeblut aufgebaut hatte. Steppenblut hatte Strahlenhimmel den tapferen Anführer des GletscherClans genannt - einen eisenharten Verteidiger des Gesetzes, der alles verabscheute, was dagegen verstieß.
»Die Zeit der Kälte ist vorbei. Bald wird das Schmelzwasser unser Territorium fruchtbar machen, unseren Kriegerahnen sei Dank. Der BrandClan hat diese harte Zeit sehr gut überstanden und wir haben neue Schüler ernannt: Leopardenpfote, Flüsterpfote, Hitzepfote und Savannenpfote! Zudem hat ein neuer Clangewählter nach dem Tod unseres ehrenhaften Kriegers Seidenkampf die Wahl angenommen und seinen Platz eingenommen: Abendruf vom Blute des Steppenblut.«
Steppenbluts Stimme klang laut wie ein Donnergrollen am dunklen Himmel, als er verkündete, wie es in seinem Clan zuging.
Nachdem der Anführer geendet hatte, riefen beide Clans die Namen der neu ernannten Schüler und etwas zögerlich stimmte Orkanpfote mit ein, obwohl noch immer Fragen in ihrem Kopf herumschwirrten. Bei dem Namen des neuen Clangewählten war Fahlstrom neben ihr heftig zusammengezuckt und als auch Schneeblut vom Leben im GletscherClan erzählte und die zahlreichen neuen Schüler bejubelt wurden, spürte sie kaum Stolz in ihrer Brust.
Irgendwo vor der Kätzin saß Strompfote mit leuchtendem Blick und stolzgeschwellter Brust neben seinem Mentor, Flechtendämmers Junge stießen sich gegenseitig an und Wolfspfote trug einen seltsam schweren Blick. Als läge eine unendlich schwere Last darauf, hingen ihre Schultern tief durch. Orkanpfote fragte sich, ob es etwas mit ihrer Vergangenheit zu tun hatte, und wollte schon zu ihrer Baugefährtin hingegen, um sie zu trösten, da erhob Steppenblut erneut das Wort und seine Stimme durchschnitt die klare Luft der Blutmondnacht.
»Der Clan des reinen Blutes rief uns nicht grundlos hierher. Er sandte unseren Heilern ein Zeichen, weil er eine Botschaft für uns hat.«
Der stolze Kater drehte sich zum Berg und hob die Stimme weiter an.
»Küstenruß vom Blute des Felsenfang, Blutswahrer der Neuen Zeit und Gesandter unserer ehrwürdigen Ahnen, was sagte dir der Clan des reinen Blutes?«
Plötzlich wurde es totenstill auf der Ebene. Jede Katze schwieg, nur der Ruf eines fremden Vogels zerschnitt das Schweigen. Dann erhob sich eine tiefe, grollende Stimme und es war, als würde der grüne Berg in einen flammenden Strahl aus Mondlicht getaucht werden. Dann erklang eine tiefe, laute Stimme, die so alt klang wie die Gebeine der Erde, als spräche der Feuerberg selbst zu den Katzen.
»Etwas braut sich am Horizont zusammen.
Ein Sturm aus Schatten.
Und wenn er das Licht erreicht, werden Vergangenheit und Zukunft in einem Sturm der Zeiten aufeinandertreffen.«
Brandpfote,
Schülerin des FederClans,
2012 Worte über
Blutendes Licht.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top