5. Kapitel
W I L D P FO T E
Wirre Stimmen, tanzende Schatten, unbekannte Gerüche schwirrten in Wildpfotes Kopf wie Schwärme von Bienen.
Als ihr Blick allmählich klarer wurde, erkannte sie vor sich eine noch etwas unscharfe silberweiße Gestalt, die auf sie herabblickte. Hinter ihr sammelten sich schattenhafte Gestalten, die hin- und herhuschten.
"Ist sie wach?", ertönte da eine tiefe, weibliche Stimme. Wildpfote hob mühsam den Kopf und sah sich um.
Sie blinzelte, um im matten Dämmerlicht besser sehen zu können. Sie befand sich in einem modrigen Wald, die Bäume um sie herum sahen glitschig aus und an den Stämmen wuchsen stinkende Pilze.
Sie reckte den Kopf und blickte gen Himmel, doch dieser war dunkel und ohne die Sterne des Silbervlieses. So langsam kam ihr das seltsam vor.
"Wildpfote! Du bist wach."
Die Stimme ließ sie zusammenfahren. Sie blickte sich hektisch um und erblickte erneut die silberweiße Gestalt, ein kräftiger Kater mit eisblauen Augen.
"Wer bist du?", wollte die Schülerin wissen.
"Das musst du erstmal nicht wissen. Aber ich habe gehört, du willst die beste Kriegerin aller Zeiten werden? Nun, wir können dir dabei helfen."
Wildpfotes Augen hatten zu glänzen begonnen. "Wie?"
"Wir können dich trainieren. Wir haben die besten Kampftechniken des Waldes", erklärte der Kater.
"Und wer sind "wir"?", fragte Wildpfote neugierig.
"Wir... sind die Katzen des Waldes der Finsternis."
Als sich Wildpfotes Augen angstvoll weiteten, beteuerte der Silberweiße:"Es ist nicht so, wie du denkst! Wir sind nicht die "bösen" Katzen. Wir sind vom SternenClan verstoßene, missverstandene, aber edle Krieger. Der SternenClan will nur keine Katzen mit dreckigen Pfoten."
"Stimmt das wirklich?"
"Natürlich stimmt das. Du kannst nicht mehr lange bleiben. Aber hör mir jetzt ganz genau zu.
Mir und den anderen Katzen des sternenlosen Ortes kannst du vertrauen, denn wir werden aus dir eine große Kriegerin machen. Aber sonst: Vertraue Niemandem, junge Kriegerin. Der Verrat kommt von innen. Und ganz wichtig: Du darfst keiner Katze erzählen, dass du hier warst."
Wildpfote nickte eifrig, blickte dann auf ihre Pfoten. Sie verblassten! Ihr ganzer Körper wurde immer schemenhafter, ihr Bewusstsein trüber, als da eine Pfote sie an der Flanke rüttelte.
"Wilpfote! Kannst du mich hören? Dem SternenClan sei Dank, du lebst." Bei Blitzpfotes Miauen fiel ihr ein Stein von Herzen, sie richtete sich auf und blickte sich um.
Sie befand sich, umgeben von Felsen, in einem weichen Nest aus Moos und Farn. Sie erkannte den Heilerbau des SturmClans. Ich bin zuhause!
Vor ihr saßen einige Katzen, darunter Ahornsprung, Blitzpfote und Flussecho.
"Wildpfote! Beim SternenClan, was hast du dir nur dabei gedacht? Du hättest tot sein können!", schimpfte Ahornsprung etwas wütend, aber vorallem besorgt und liebievoll.
"Sie ist aber nicht tot, oder?", knurrte Aschenschwinge genervt, der etwas weiter hinten im Bau am Rand eines anderen Nests kauerte.
"Was ist mit Löwenmut?", wollte Wildpfote wissen. "Geht es ihm gut?"
"Er lebt", war Aschenschwinges knappe Antwort.
Dem SternenClan sei Dank!
"Du hast so ein Glück gehabt, dass du nicht erschlagen wurdest", miaute Flussecho. "Du warst sehr mutig. Aber denk das nächste Mal zuerst nach. Wir hatten solche Angst um dich!"
"Was ist denn hier los? Verschwindet, ihr Fliegenhirne. Wenn ich diesem Spatzenhirn hier und Löwenmut helfen soll, brauche ich Ruhe!"
Die scharfe Stimme durchschnitt die kalte Luft. Die Stimme von Mondstrahl.
Irgendwie mochte sie den alten graubraunen Heiler. Er schien zwar meistens so gut gelaunt wie ein Dachs in der Blattleere, aber er hatte verschiedenfarbige Augen, wie sie selbst, und somit fühlte sie sich mit dem grummeligen Kater etwas verbunden.
Was scheinbar nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. Naja, er hat schon recht, ich bin ein Spatzenhirn... Nein, eigentlich nicht. Ich habe nur zu wenig nachgedacht!
Moosstrahl scheuchte die anderen Katzen hinaus, ging an Wildpfote vorbei, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen, und beugte sich über Löwenmut. Der Kater schien noch bewusstlos zu sein.
Nun packte der Heiler Löwenmuts Bein mit den Zähnen, drückte seine Pfote auf die Schulter des goldenen Kriegers und zog.
Es gab einen heftigen Ruck, ein scheußliches, knirschendes Geräusch und Löwenmuts Körper bäumte sich auf, bevor der Kater wieder zurück in sein Moosnest sank. Wildpfote schreckte heftig zusammen.
Moosstrahl tappte wortlos in Richtung zum Rand seines Baus. Dort klaffte ein Schlitz im Felsen, der Heiler steckte die Pfoten hinein und zog ein Kräuterbündel heraus, trottete zu Wildpfotes Mentor zurück und stopfte ihm vorsichtig die Pflanzen ins Maul.
Neugierig beobachtete die Schildpattfarbene ihn dabei.
"Was war das eben?", wollte sie wissen.
"Er hat sich das Bein ausgerenkt." Mehr kam nicht, aber genaueres wollte Wildpfote auch gar nicht erfahren. Das klang schmerzhaft.
Nun drehte sich Moosstrahl zu ihr um und beugte sich über die im Nest liegende Schülerin, drückte mit der Pfote an ihren Beinen und Rippen herum und fragte, ob es wehtat.
Glücklicherweise hatte Wildpfote Glück im Unglück gehabt und sich nur ein paar Kratzer zugezogen.
"Du kannst raus, Fliegenhirn. Aber schon dich und komm bei Sonnenuntergang wieder. Und vorallem: Beim SternenClan, mach so etwas nicht noch einmal", knurrte der Heiler.
"Bis Sonnenuntergang? Ist das nicht schon vorbei?"
"Du hast bis zum nächsten Morgen durchgeschlafen. Ich konnte nicht früher kommen."
So lange hatte sie geschlafen? Überrascht stand sie auf und lugte hinüber zu Löwenmut.
"Er braucht Ruhe. Geh."
Das war... eindeutig. Wildpfote setzte eine Pfote vor die andere und blinzelte gegen die aufgehende Sonne an, die das SturmClan-Lager in rotgoldenes Licht tauchte.
Eine dunkelbraune, fast schwarze Kätzin blickte sich suchend im Lager um.
"Schattenpfote!", jaulte Wildpfote ihrer Freundin zu. Schon als Junges hatte sie gern mit Seepfotes Wurfgefährtin gespielt.
"Wildpfote! Dem SternenClan sei Dank, es geht dir gut", schnurrte Schattenpfote erleichtert, während sie, wie immer, wenn sie nachdachte, mit dem Ohr zuckte.
"Was ist los?", erkundigte sich Wildpfote.
"Ich suche Seepfote. Er wollte einen Spaziergang machen. Mitten in der Nacht, dieses Fliegenhirn! Aber er ist immer noch nicht zurückgekommen."
"Ich helfe dir, ihn zu suchen!", quiekte Wildpfote.
"Wenn du meinst... aber darfst du das überhaupt? Oder hast du dich verletzt?", sorgte sich die Dunkelbraune, ihre türkisen Augen glänzten besorgt.
"Moosstrahl findet das in Ordnung", behauptete Wildpfote und tappte schon aus dem Lager. Resigniert folgte Schattenpfote der kleinen Kätzin, die plötzlich stehenblieb.
"Ich rieche ihn!", verkündete sie und öffnete schnüffelnd das Maul.
"Du hast recht. Komm, der Geruch kommt vom Sumpf!", miaute Schattenpfote aufgeregt und führte Wildpfote in Richtung der NebelClan-Grenze.
Die dunkelbraune Kätzin bedeutete Wildpfote mit einer Schwanzbewegung, stehenzubleiben und sich zu ducken.
Neugierig gehorchte diese und lugte vorsichtig hinter einem Heidegebüsch hervor.
Ihr Herz schien einen Moment lang auszusetzen, auch Schattenpfote schnappte geschockt nach Luft.
Dort sah sie Seepfote, mit leuchtenden Augen und freundlich aufgestelltem Schweif.
Und die silberne Kätzin, die sich schnurrend an ihn schmiegte.
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Hallöchen! Here we go again :) ich hoffe, es hat euch gefallen. Jaja, ich weiß, das waren jetzt viele Kapitel aus Wildpfotes Sicht, aber irgendwie hatte ich da mehr Motivation. Die nächsten werden wieder die von Schattenpfote und Funke.
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