Prolog


Nur die Sterne am weiten Himmel spendeten fahles Licht. Dunkle Schatten huschten durch die Gassen des fremdartigen Ortes und beobachteten die einsame Gestalt des alten, grauen Katers. Sein Fell war verfilzt, die Rippen waren zu sehen und die grünen Augen wirkten erschöpft. Offensichtlich hatte er schon lange nichts mehr gegessen, aber was noch wichtiger war: Er gehörte nicht hier her. Wer war er? Und was machte er hier? Immer wieder schnupperte er am Boden, während er sich umblickte. 

  Offenbar suchte er etwas... oder jemanden. Langsam schleppte er sich weiter, immer näher in ihre Richtung. Der Schatten neben ihr nickte ihr zu. Es war Zeit. Niemand durfte sich hier ungestraft aufhalten. Das hatten sie der Gruppe, dir vor ein paar Sonnenaufgängen hier aufgetaucht war schon beigebracht. Sie erhob sich leise und vorsichtig und gab ihrem Begleiter ein Zeichen. Seine grünen Augen leuchteten unheilvoll. Es würde kein Problem sein, diesen alten Fellhaufen zu verjagen. Er erhob sich geräuschlos und schlich vorsichtig in die entgegengesetzte Richtung los. Der Grauer Kater blieb stehen. Er zuckte mit dem Ohr und suchte die Gegend ab, als könnte er sie spüren. 

  Das war Zeitverschwendung. Niemand konnte von den Schatten wissen, und schon garnicht entwischen! Die zwei Beobachter schlichen sich näher an ihn heran und umzingelten ihn. Noch hatte er die schwarze Kätzin oder den braunen Kater nicht entdeckt. Er konnte die Bedrohung zwar spüren, doch sie war noch nicht da. Aber das würde sich ändern, und zwar nicht zum Guten. Jedenfalls nicht für ihn. Fragend sah der Schatten seine Begleitung an. Eigentlich waren sie gleichrangig, doch seit dem Tag schien er sie immer zu respektieren. Es störte sie nicht, Entscheidungen zu treffen, also nickte sie entschlossen. Der Anfang gehörte ihr. Die Schwarze Kätzin kam aus dem Schatten hervor gesprungen und versperrte dem Alten den Weg. Er zuckte zusammen und sein schmutziges Fell stellte sich sofort auf. Seine vor Angst geweitete Augen huschten umher als erwartete er, dass gleich noch jemand heraus kam. Doch es war noch nicht so weit. Unbeeindruckt fragte sie mit eisiger Stimme: »Was tust du hier?« Der Graue starrte sie erschrocken und schuldbewusst an. 

  Gut so! Unauffällig gab sie ihrem Begleiter ein Zeichen. Er trat ebenfalls aus den Schatten heraus, direkt hinter dem Angsthasen. Sie konnte sehen, wie sich die Augen des alten weiteten, als er das bedrohliche Knurren hörte. Seine Stimme zitterte als er endlich antwortete. »Es...es tut mir leid, ich wollte euer Territorium nicht betreten...nicht absichtlich. Ich suche meinen Cl...meine Reisegefährten. Wir wurden getrennt als...als ein Hund uns gejagt hat... Wisst ihr vielleicht...wo sie sein könnten...?« Die Schwarze Kätzin spannte sich an. Dieser Fremde verhielt sich komisch, erst schien er die Sprache verloren zu haben, dann stotterte er so viel? »Wer bist du, alter?«, knurrte ihr braune Begleiter. Der Fremde murmelte »Naturstern...ich bin, nein...ich war der Anführer des...« »NaturClans!« Die Kätzin fauchte angewidert, ihr Fell sträubte sich und sie funkelte ihn aus ihren eisblauen Augen an. Das konnte nicht sein! Nach allem was er ihr angetan hatte traute er sich noch, hierher zu kommen? Aber... er schien etwas anderes im Schilde zu führen. 

  Was tat der ach so tolle Anführer hier? Und was hieß er war der Anführer... Der graue Kater legte den Kopf schief und fragte: »Woher kennst du uns?«, bevor er nach Luft schnappte, als er sie erkannte. »Schattenblüte! Was...Wieso...?« »Nenn mich Shadow!«, fuhr sie ihn an. Der Begleiter neben ihnen beobachtete das Geschehen misstrauisch. Er kniff die Augen zusammen und fragte sie »Woher kennst du ihn, Shadow?« Sie ignorierte ihn gänzlich und fokussierte Naturstern. Vermutlich nahm er es ihr übel, doch das war ihr im Moment egal. Blut rauschte in ihren Ohren und ihr Puls beschleunigte rasend. Sie schlug mit ausgefahrenen Krallen nach ihm. Als er sich duckte um ihr auszuweichen stolperte er über seine Pfoten. Shadow sprang vor und wollte grade angreifen, als ihr Begleiter sie zurückhielt. Mäusedreck, für einen Moment hatte sie Blood total vergessen. 

  Naturstern hatte sich wieder einigermaßen erholt und wich langsam vor ihr zurück, als er ihren Blick sah. Nervös blickte er in die Schatten, die bereits zu schwinden schienen, da die Sonne langsam aufging. Anscheinend suchte er nach einer Fluchtmöglichkeit. Es gefiel ihr, ihn so verängstigt und schwach zu sehen. Shadow sah Naturstern drohend an, dann knurrte sie: »Verschwinde!« und drehte sich auf der Stelle um. Wie gern hätte sie doch ihre Krallen in seinen Hals geschlagen. Aber die Zeit war noch nicht gekommen und vor Blood könnte Sie niemals... Gedankenverloren tappte sie die Gasse entlang. »Warte!« Er kam angesprungen und holte sie am Ende der Gasse ein. Schweigend bogen sie in eine weitere Gasse ein. Die Luft schien vor Anspannung zu knistern, bis Blood endlich die Frage aussprach, die sie fürchtete: »Woher kennst du diesen Naturdings oder so?« 

  Sie fauchte missbilligend, doch als er sie flehend ansah antwortete sie ihm. »Das ist eine lange Geschichte... Am besten fange ich von Vorne an. Wie du weißt komme ich aus einem fernen Wald. Nun, dieser Wald und das Land darum sind das Territorium der Clankatzen. Zu der Zeit als ich noch eine junge, naive Kriegerin war lebte ich im NaturClan. Die Sternen-Krieger-Clans, DunkelClan, BlitzClan, RegenClan, SchneeClan und FlammenClan griffen uns an. Zuerst eroberten sie den SchattenClan, dann den WindClan, den FlussClan und schließlich auch den NaturClan. Die Anführer versuchten ihre Clans zu retten, doch wo auch immer die neuen Clans Auftauchten wurden Katzen versklavt oder gefangen genommen. Einer der Anführer, Krallenstern, der Anführer des DunkelClans forderte mich als Gefährtin. Wie dumm ich doch war! Ich dachte ernsthaft Naturstern würde mich verteidigen. Doch er verriet mich. Also schlich ich mich noch in der Nacht weg. Den Rest kennst du ja, ich verlief mich und wurde schließlich ausgehungert von deiner Patrouille gefunden.« 

  Plötzlich stockte Shadow. Warum hatte sie ihm diese Geschichte erzählt? Und das Freiwillig. Shadow erwartete schon, dass er sie für schwach hielt, doch stattdessen schurrte er mitfühlend. Sie war kurz verwirrt, dann lehnte sie sich an seine Schulter. »Danke, dass du mir alles erzählt hast, Shadow.« Für einen kurzen Moment vergaß sie alle düsteren Gedanken und spürte eine ungewohnte Wärme, doch als sie bei ihrem Lager angekommen waren, verdüsterte sich ihre Stimmung wieder. Eines hatte sie ihm verschwiegen. Hatte ihm nichts davon erzählt. Der Grund warum sie noch lebte. Der Grund warum sie hier war, bei den Streunern. Sie konnte sich noch allzu deutlich an den schmerzhaften Verrat erinnern. Dass ihr bester Freund und Anführer sie einem Blutrünstigen Anführer als Beute ausgeliefert hatte. Sie konnte die Schmerzen, die er ihr zugefügt hatte noch immer spüren. Sie erinnerte sich, wie sie vor den Clans weggerannt war, als sie zu Unrecht verbannt wurde. Verbannt und ausgeliefert. Nur mit Mühe hatte sie überlebt und ihre Trauer unterdrückt. Doch das war vorbei, Schattenblüte existierte nicht mehr. Sie war Shadow. Und sie wird sich für das, was geschehen ist Rächen. An allen Clans. Alt sowie Neu.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top