Kapitel 7

Morgenhimmel wachte zuckend auf. Erschrocken sah sic sich um, nur um festzustellen, dass sie sich in ihrem Nest befand. Diese Nacht war sie wieder so erschöpft gewesen, dass sie keinen Traum gehabt hatte.

Nun war es schon zwei Tage her, dass sie sich aus ihrem Nest herausgeschlichen hatte, um ihre Ruhe zu haben. Doch ihre Ruhe hatte darin geendet, dass sie vor Erschöpfung eingeschlafen war und einen Alptraum gehabt hatte.

Wieso habe bloß ich immer solche Träume? Ich möchte doch einfach nur normal sein. Aber tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie das nie wieder sein würde.

Seufzend sah sich die blaugraue Kätzin um. In ihr war es wieder so kalt. Diese einsame Kälte war zurückgekehrt, hatte sie aufs Neue angegriffen.

Raubte ihr ihre Energie. Was war nur mit ihr los? Sie fühlte sich, als würde sie jeden Moment wieder ohnmächtig werden. Doch zu ihrem Pech tat sie das nicht.

Denn ein seltsames Gefühl befahl ihr, sie solle wach bleiben. Und es trieb ihr langsam, aber sicher die Müdigkeit aus, bis sie schließlich hellwach. Ihre Ohren zuckten. Ihre Krallen bearbeiteten das Polster ihres Nestes.

Fragen schossen ihr durch den Kopf. Was war das für ein Gefühl? War das etwa... Aufregung? Aber dieses Gefühl hatte sie doch schon so lange nicht mehr gespürt.

Seit Monden hatte sie keine Aufregung mehr empfunden. Das letzte Mal, dass sie aufgeregt gewesen war, war solange her. Es fühlte sich wie Monde an. Doch wieso war sie aufgeregt?

Wieso fühlte sie sich plötzlich so lebendig? Verwirrt sah sie sich um. Und dann realisierte sie es mit einem Mal. Etwas stimmte hier nicht. Und zwar ganz und gar nicht.

Der Kriegerbau war fast komplett leer. Nur noch einige Katzen schliefen. Nur noch sehr wenige. Zwei oder drei. War das etwa ein Traum? Träumte sie schon wieder?

Oder war es bereits Tag? Doch als sie einen Blick aus dem Kriegerbau warf, verneinte sich dieser Verdacht sofort. Es war noch stockfinster. Die dunkelste Nacht. Fast so dunkel wie in ihr.

Neugierig zuckte Morgenhimmel mit den Ohren. Sie wusste, dass etwas nicht stimmte. Dass etwas Schlechtes geschehen sein musste. Und dennoch, es fühlte sich so gut an. Sie fühlte sich so lebendig.

Wie schon lange nicht mehr. Lange war sie nur noch traurig, wütend und enttäuscht gewesen. Aber jetzt war sie aufgeregt und neugierig. Sie wollte wissen, was geschehen war.

Oder eher gesagt, was geschah. Und dann realisierte sie es. Erst jetzt nahm sie die leisen Kampfgeräusche war, die Wie aus der Ferne zu ihr drangen. Erschrocken zuckte sie zusammen.

Was war das denn? Wurden sie etwas angegriffen? Das würde auch erklären, wieso der Bau bis auf Kranzschatten und Gelbblüte so leer war. Sofort war die blaugraue Kätzin auf den Pfoten.

Lautlos bahnte sie sich einen Weg durch den Kriegerbau und spähte vorsichtig durch den Eingang ins Lager, wobei sie sich immer im Schatten hielt, da sie nicht entdeckt werden wollte.

Ihre Krallen gruben sich in die Erde, als sich ihr Verdacht bestätigte. Etliche Silhouetten, die sie in der mondlosen Nacht nicht genau erkennen konnte, warfen sich aufeinander. Griffen einander an.

Und der ekelhafte Duft von Moor, doch auch frischem Wind lag in der Luft. Der HimmelClan griff sie an! Morgenhimmel sprang auf. Sie musste etwas tun! Sie musste ihrem Clan helfen!

Das ist es. Das ist meine Chance, meinem Clan etwas zurückzugeben! Ich werde meine Fehler nicht ausgleichen können, aber vielleicht etwas begleichen! Ich muss helfen! Außerdem ist es meine Pflicht!

Entschlossen stürzte sie sich ins Getümmel und traf direkt auf einen Kater, den sie bei näherem Kontakt mühselig als Haferfuß identifizieren konnte. Mit ausgefahrenen Krallen stürzte sie sich auf ihn.

Doch sie war ausgehungert und schwach. Dadurch, dass sie lange Zeit nur spärlich gegessen hatte, war sie ziemlich ausgemergelt. Und erschöpft. Dennoch konnte sie sich den Überraschungseffekt zum Vorteil machen.

Sie bohrte ihre scharfen Klauen in seinen Pelz. Haferfuß jaulte auf und versuchte, sie abzuschütteln, doch es misslang ihm einfach, da sie sich so sehr in ihm festkrallte.

Mit einem wütenden Fauchen beugte sie sich vor und bohrte ihre Zähne in seinen Nacken. Der massige Kater heulte schmerzhaft auf, aber Morgenhimmel dachte gar nicht daran, ihn loszulassen.

Jedoch warf er sich dann auf den Rücken und begrub sie unter seinem Gewicht. Morgenhimmel jaulte schmerzhaft auf. "Geh von mir runter, du Fuchspelz!", fauchte sie, "verschwinde! Was wollt ihr hier?"

Haferfuß knurrte leise, ehe er sich über ihr aufbäumte und ihr den Bauch aufschlitzte. Ein stechender, tiefer Schnee durchfuhr sie, als er seine scharfen Krallen in ihrem weichen Fell und Fleisch vergrub.

Mit den Hinterpfoten trommelte sie gegen seinen Bauch und versuchte, ihn von sich wegzubekommen, doch es misslang ihr. Er war deutlich stärker als sie. "Na? Seid ihr alle so schwach?", spottete Haferfuß.

Sein Hochmut verließ ihn jedoch, als sich Lichterseele von der Seite auf ihn warf. "Nein! Sind wir nicht!", fauchte sie. Sie bohrte ihre Krallen in den Pelz ihres Gegners.

Morgenhimmel richtete sich schwach auf. Dicker Blut quoll aus der Wunder an ihrem Bauch heraus, doch sie wusste, dass sie nicht aufgeben durfte. Sie musste weitermachen!

Mit ausgefahrenen Krallen stürzte sie sich erneut auf ihrem Gegner und zerfetzte ihm die Ohren. Haferfuß jaulte schmerzhaft und wollte nach ihr schnappen, wurde jedoch schon von Lichterseele weggeschleudert. Insgeheim bewunderte die blaugraue Kriegerin Lichterseele etwas.

Sie war wirklich eine beeindruckende Kämpferin. Und sie gab sich so viel Mühe. Sie kämpfte mit aller Kraft für ihren Clan. Sie gab nicht auf.

Morgenhimmel riss sich zusammen, stellte sich gerade auf und stürzte erneut mit ausgefahrenen Krallen auf ihren Gegner zu. Ein wütender Schrei und sie hatte ihn umgerissen, ehe sie ihre Krallen in seiner Schulter vergrub.

Schmerzhaft jaulte er auf. Und als Lichterseele ihm auch noch die Schulter bearbeitete, riss er sich los und flüchtete aus dem Lager. Erleichtert atmete die blaugraue Kätzin auf.

Sie hatte es geschafft. Sie hatte es hinbekommen, ihrem Clan etwas zu helfen. Doch sie musste weitermachen. Sie warf sie einen traurigen Blick zum Himmel. Ob Habichtfeder sie gerade wohl sah? Ob er stolz auf sie war?

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