Zurückgekehrt

Terra wartete geduldig, bis Sternenpfote an ihrer Schlafhöhle vorbei kam und sprang dann hinaus. Der SchattenClan-Heilerschüler fauchte verärgert, als sie ihm den Weg versperrte. »Was willst du?«

»Nur reden«, versicherte sie. »An einem etwas ruhigeren Ort. Komm mit.« Sie führte ihn an einigen Dünen vorbei, bis sie sich geschützt zwischen einigen Gräsern hinsetzen konnten. Über ihnen flogen ein paar Möwen laut kreischend ihre Runden. Sie holte tief Luft. »Ihr wart das, oder?«

»Was?«

»Tiefenfrost als Erlöser«, sagte sie ungeduldig. »Er hat seine Macht benutzt, nicht wahr? Aber wie habt ihr es so hinbekommen, dass er auch leuchtet?«

»Ich habe keine Ahnung, wovon du redest«, behauptete Sternenpfote stur.

»Der Erlöser ist eine Illusion«, zitierte Terra die Prophezeiung. »Das habt ihr euch zunutze gemacht. Sehr schlau.«

»Hm«, machte der Kater nur und starrte sie aus seinen leeren Augenhöhlen an. »Der FlussClan glaubt, dass der echte Erlöser zu ihnen gesprochen hat. Dabei sollten wir es belassen.«

Terra hätte beinahe belustigt geschnurrt, doch das Schnurren blieb in ihrer Kehle stecken. In jener Nacht hatte der FlussClan nicht nur die Hohepriesterin Seidenstern getötet, sondern auch zwei weitere Priester. Nur zwei Kätzinnen namens Lichtwasser und Frostsprung hatten überlebt. Erstere hatte sich gerettet, indem sie behauptet hatte, sie wäre Seidensterns Schülerin gewesen und könnte Regenpfote alles über das Heilen beibringen. Frostsprung hatte man verschont, weil sie Lichtwassers Schwester war und keinen Widerstand geleistet hatte, als Klippenstern die Mondkammer betreten hatte, um seine neun Leben zu empfangen.

»Es sind viele Katzen gestorben«, erinnerte Terra Sternenpfote.

»Und Wolfstern und Schattenstern haben ihre Rache für Weises Reh bekommen«, meinte der entstellte Kater und beugte sich verschwörerisch vor. »Einige behaupten, die Hohepriesterin wäre gestorben, bevor man sie angegriffen hatte. Sie hatte angeblich schon eine Wunde an ihrer Kehle, aber keiner der Priester hat Krallen, also kann es keiner von ihnen gewesen sein.«

Terra stockte. »Die Macht des Feuers?«

Sternenpfote zuckte nur mit den Ohren. »Wer weiß.« Dann erhob er sich und deutete mit der Schnauze in Richtung einer Versammlung des SchattenClans. »Ich muss los. Tränenjunges und Trauerjunges werden zu Schülern ernannt.«

Terra blickte hinüber und stellte fest, dass nicht Windstern die Versammlung einberufen hatte, sondern Harzjäger. »Wie geht es Windstern?«, fragte sie noch schnell, bevor Sternenpfote außer Hörweite war.

»Immer noch krank«, rief der Kater zurück und lief dann zu seinen Clan-Gefährten.

Terra machte sich etwas Sorgen um den SchattenClan-Anführer. Er war bei allen sehr beliebt, weil er in allen Situationen immer ruhig und mit Bedacht handelte. Und nun lag er schon seit fast einem halben Mond in einer der Schlafhöhlen und hustete. Mittlerweile hatten auch einige anderen Katzen angefangen zu husten. Kräuselsturm und Dachspfote, Rindenschatten und zwei Schüler aus dem DonnerClan und Graupelz, wie Graustern sich nun nannte, vom FlussClan. Es machte ihr irgendwie Angst. Bald würde die Blattgrüne kommen. Warum waren so viele Katzen krank, obwohl es die meisten Krankheiten doch in der Blattleere gab?

Aus der Ferne beobachtete Terra die Schülerzeremonie beim SchattenClan und freute sich, als Sonnenlauf seinen ersten Schüler Trauerpfote bekam. Der junge, schwarze Kater sprang fröhlich an seinem neuen Mentor hoch und konnte seine Aufregung kaum verbergen.

Ich hoffe, meine Jungen bekommen nicht Aqua als Mentorin, dachte sie düster und machte sich auf den Weg zurück zu ihren Jungen, als sie auf einmal Stimmen jenseits der Düne hörte, neben der sie saß. Sie lauschte eine Weile und fuhr dann hoch. Ihr ganzer Pelz kribbelte vor Aufregung.

»Sprenkelschweif?«, rief sie hoffnungsvoll. »Sprenkelschweif, bist du das?«

Nur wenige Herzschläge später tauchte der Kopf der roten Kätzin mit den schwarzen Sprenkeln oben auf der Spitze der Düne auf. Sie sah zu Terra hinunter und ihre Augen begannen zu leuchten. »Terra?«

»Du bist wieder da! Beim SternenClan, wir dachten, du wärst für immer verschwunden!«

Sprenkelschweif schnurrte und kletterte den Hang der Düne hinunter, um zu ihr zu kommen. Terra trat ein Stück zur Seite, als etwas Sand ihr entgegen kam, und entdeckte dann den gelbbraunen Kater, der der WindClan-Kriegerin folgte. Sein vorderes, linkes Bein war verkrüppelt und scheinbar irgendwann falsch zusammengewachsen. Er konnte es nicht wirklich belasten und kletterte die Düne daher etwas ungeschickt hinunter.

»Wo warst du die ganze Zeit?«, fragte Terra und hoffte gleichzeitig auf eine Erklärung bezüglich des Katers. Hat sie ihn kennengelernt, als sie weg war? Bringt sie ihn mit, weil sie...?

»Ich war bei den Verbannten des FlussClans«, erklärte Sprenkelschweif knapp und mit einem Hauch von Trauer in der Stimme. Sie deutete zu dem gelbbraunen Kater, der mittlerweile auch bei ihnen angekommen war. »Das ist Dünenläufer. Er ist einer von ihnen. Er wurde wegen seines gebrochenen Beins verbannt.«

Terras Augen weiteten sich. »Also hat der FlussClan wirklich Katzen verbannt? Weil sie Narben hatten?«

Sprenkelschweif nickte ernst. »Aber ich hoffe, dass der FlussClan ihn wieder aufnimmt. Es ist schwer, alleine zu überleben.«

Sie hat auch abgenommen, dachte Terra und schaute auf den Bauch der Kätzin vor ihr, der als eine Hautfalte etwas herunterhing. Im WindClan konnte sie sicher mehr Beute essen als jenseits der Dünen. Besonders, wenn noch weitere Katzen bei ihr waren, die aber nicht so gut jagen können. Bedauernd betrachtete sie Dünenläufers verkrüppeltes Bein, bevor sie ihren Blick wieder abwandte.

»Keine Sorge«, beruhigte sie Sprenkelschweif. »Der FlussClan lebt jetzt nach dem Gesetz der Krieger.« Sie seufzte. »Es gibt viel zu erzählen.«

»Sprenkelschweif?«

Terra drehte sich um und sah Dunkelherz auf sie zu laufen. Der schwarze Kater blieb in einiger Entfernung stehen, blinzelte ungläubig, und setzte dann seinen Weg fort.

»Du bist es wirklich!«, rief er, rannte seine Schwester fast um und begrüßte sie überschwänglich. »Alle haben gedacht, wir würden dich nie wiedersehen!«

»Ihr habt nicht nach mir gesucht«, sagte Sprenkelschweif vorsichtig.

»Du bist freiwillig gegangen«, erklärte Dunkelherz. »Wir dachten, du würdest als Streunerin leben wollen. Dass Nebeljägers Tod zu viel für dich gewesen ist.« Er schnurrte und drängte sie in Richtung des offenen Strands. »Aber jetzt bist du wieder da! Komm! Die anderen werden sich auch freuen, dass du wieder da bist!«

Terra sah den zwei Geschwistern hinterher und wechselte dann einen Blick mit Dünenläufer. »Du bist nicht ihr Gefährte, oder?«, fragte sie vorsichtshalber.

Der gelbbraune Kater schnurrte belustigt. »Beim SternenClan, nein! Wo denkst du hin!« Er zögerte kurz. »Der FlussClan lebt jetzt wirklich nach dem Gesetz der Krieger?«

Terra nickte bestätigend.

»Wie... Wie habt ihr das geschafft?«

»Nicht wir haben es geschafft, sondern der Erlöser.« Sie beschloss, Dünenläufer die gleiche Geschichte zu erzählen wie die, an die all FlussClan-Katzen jetzt glaubten. »Er hat sich offenbart und befohlen, dass alle nach dem Gesetz der Krieger leben müssen. Klippenstern ist nun euer Anführer und die Priester... Nun, die Hohepriesterin ist tot.«

»Tot?« Dünenläufer sah sie entsetzt an, entspannte sich dann jedoch. »Vielleicht ist das auch besser so. Ich habe sie nie gemocht.«

»Sie hat die Schüler, die sie alle sechs Monde ausgewählt hat, getötet«, erklärte Terra vorsichtig. »Angeblich, weil der SternenClan ihnen dann neue Zeichen schicken würde, um den Erlöser zu finden. Aber die zwei Priesterinnen, die überlebt haben, haben mittlerweile zugegeben, dass sie nie auch nur ein Zeichen erhalten haben.«

Der Gesichtsausdruck des Katers wurde hart. »Dann hat Gischtblüte ihren Tod verdient«, zischte Dünenläufer so leise, dass Terra ihn fast nicht gehört hätte. Gleich darauf entspannte er sich allerdings wieder. »Dann gehe ich mal zu meinem Clan und schaue, was sie jetzt bezüglich meiner Pfote zu sagen haben«, scherzte er, verabschiedete sich mit einem Nicken und ging davon.

Terra sah ihm nach und beobachtete, wie der FlussClan allmählich auf ihn aufmerksam wurde. Braunlicht kam als erste auf ihn zu gelaufen, um ihn zu begrüßen. Sie schien ihn etwas zu fragen, doch als Dünenläufer den Kopf schüttelte, stieß sie einen Klagelaut aus und lief davon.

Ist ihr Gefährte also gar nicht gestorben, sondern verbannt worden?, dachte Terra und erinnerte sich an das kurze Gespräch, dass sie einmal mit Braunlicht hatte. Hat er dort mit Dünenläufer und Sprenkelschweif gelebt und ist dann gestorben? Immerhin scheint auch eine gewisse Gischtblüte bei ihnen gewesen zu sein. Ihr Blick schweifte über den Strand, wo vier der Clans friedlich nebeneinander saßen. Nur werden wir bald wieder aufbrechen müssen. Aber wohin? Wer wird uns dieses Mal führen?

Keiner der Heiler hatte bisher ein Zeichen des SternenClans erhalten. Sie fragte sich, wie lange das noch dauern würde. Oder wird der WolkenClan zu uns kommen? So wie der SchattenClan? Besorgt sah sie, wie Dünenläufer hustete, als er von Klippenstern im FlussClan begrüßt wurde. Welche Krankheit es auch ist, ich hoffe, sie geht schnell vorbei.

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