Zufällig
Terra brannte darauf, sich der Gruppe anzuschließen, die nach Nebeljäger suchen sollte, aber sie hielt sich zurück. Ich muss an meine Jungen denken. Und an Hechtkralle. Wenn mir in den Bergen etwas passiert, wird kein Heiler da sein, der mir im Notfall helfen kann. Mittlerweile hatte sie schon den Zeitpunkt überschritten, zu dem sie ihre letzten Jungen unter Schmerzen und viel Blut verloren hatte. Aber sie wusste nicht mit Sicherheit, ob sowas trotzdem wieder passieren könnte.
»Wenn ihr Nebeljäger findet, dann bittet ihn darum, zum WindClan zurückzukehren«, wies Schattenstern gerade die Gruppe an, die von Funkenlicht angeführt wurde. Dunkelherz und Sprenkelschweif kamen mit ihm und warteten ungeduldig, während die Anführerin weiter redete: »Ihm wird keine Strafe drohen. Er soll sich keine Sorgen machen.«
»Und was, wenn er nicht zurückkehren möchte?«, fragte Sprenkelschweif nervös. »Es ist doch offensichtlich, warum er gegangen ist!«
Schattenstern schwieg, aber Terra konnte sehen, dass ihr diese Frage nicht gefiel.
»Bringt ihn zurück«, stellte die Anführerin klar. »Erinnert ihn daran, dass er bei seiner Kriegerzeremonie versprochen hat, dem WindClan die Treue zu halten.«
Die vier Krieger nickten, der eine entschlossener als der andere, bevor sie unter den Erfolgswünschen ihrer Clan-Gefährten das provisorische Lager verließen. Sie sprangen über den Graben und trafen auf der Wiese dahinter mit der Gruppe des DonnerClans zusammen. Sie bestand aus Hasensturm und einem Krieger, den Terra nicht beim Namen kannte. Nach einem kurzen Gespräch zogen die zwei Gruppen gemeinsam los.
»Ich hoffe, sie bringen die beiden wohlbehalten wieder zurück«, murmelte Aqua, die neben sie getreten war. »Ich erinnere mich an die Geschichten von meinem Vater. Er hat erzählt, dass die Berge sehr gefährlich sind. Dass es dort Lawinen gibt, unter denen man begraben werden kann und dann zerquetscht wird oder erstickt.«
»Lawinen?«, hakte Terra nach und fröstelte.
»Schnee, der lose ist und dann runterrutscht«, erklärte ihre beste Freundin. »Wie ein Erdrutsch, nur mit Schnee eben.«
Terra erschauerte. Hoffentlich geschieht ihnen allen nichts. Und uns auch nicht, wenn wir endlich die Berge überqueren.
Ihr Blick huschte zu dem orange getigerten Kater – Ignis –, der Schattenstern mitgeteilt hatte, wohin Nebeljäger und Lilientau verschwunden waren. Er stand nun immer noch bei der Anführerin und unterhielt sich mit ihr und Hechtkralle. Wegen der Entfernung konnte Terra nichts hören, aber sie war sich sicher, dass ihr Gefährte ihr später alles erzählen würde.
»Das ist der Einzelläufer, von dem du erzählt hast, oder?«, fragte Aqua.
Terra nickte. »Er hat Spritzklang und mir gesagt, dass er uns besuchen kommen würde. Ich werde nicht schlau aus ihm. Er scheint Spaß daran zu haben, sich selbst in Gefahr zu bringen.«
»Denkst du, er wird sich uns anschließen?«
»Ich weiß nicht, ob Schattenstern das zulassen wird«, antwortete Terra langsam. »Nach dem, was Funkenstern getan hat, ist sie Fremden gegenüber noch misstrauischer als vorher.«
»Findest du es nicht auch seltsam, dass er denselben Namen hat, mit dem Kräuselpfote Sternenpfote zuerst vorgestellt hat?« Aqua wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. »Kennt der SchattenClan ihn vielleicht schon?«
Terra sah hinüber zu den SchattenClan-Katzen, die etwas weiter entfernt ihr Lager aufgeschlagen hatten. Der Anblick erinnerte sie daran, dass sie eigentlich mal mit Sonnenpfote über seine Mächte reden wollte. »Windstern und Ojiha schauen genauso neugierig hier rüber wie alle anderen«, miaute sie schließlich. »Es sieht nicht so aus, als würden sie Ignis kennen.«
»Dann ist es wahrscheinlich nur ein seltsamer Zufall«, meinte Aqua belustigt und sah sich um. »Wir sollten uns vielleicht auch mal bereit für den Aufbruch machen. Alle anderen sind bereits wach und nehmen sich ihren Anteil der Frischbeute.«
»Du hast recht.« Terra folgte ihrer Freundin zum Frischbeutehaufen, wo sie endlich auch auf Hechtkralle traf.
»Wollen wir uns die Maus teilen?«, fragte er mit strahlenden Augen, während Aqua sich unauffällig von ihnen entfernte. Offenbarte wollte sie ihre Zweisamkeit nicht stören.
»Gerne!«
Hechtkralle führte sie zu einem Flecken Gras und bedeutete ihr, den ersten Bissen zu nehmen. »Du musst genug essen, damit du stark genug für die Reise und die Geburt unserer Jungen bist!«
Terra schnurrte und biss ab. »Worüber haben du und Schattenstern euch noch mit Ignis unterhalten?«
»Er wollte wissen, ob wir wirklich durch die Berge ziehen und warum wir das tun«, miaute ihr Gefährte. »Schattenstern hat sich aber ziemlich zurückgehalten mit Informationen. Dann meinte er einfach, dass er uns folgen wird, um es selbst rauszufinden. Und auch, dass wir ihn nicht daran hindern können, weil das hier ja nicht unser Territorium ist.«
»Schlau gedacht.«
»Auf jeden Fall«, bestätigte Hechtkralle. »Er hat auch gesagt, dass er sich schon darauf freut, unter Schnee begraben zu werden. Dann kann er ausprobieren, wie lange es dauert, bis er sich nach oben gegraben hat oder eben erfriert.«
Terra sah ihn bestürzt an. »Ich hätte nicht gedacht, dass es jemanden gibt, der so etwas freiwillig ausprobieren würde.«
»WindClan! Wir brechen auf!«, rief Schattenstern im selben Moment. Allmählich versammelten die WindClan-Katzen sich hinter ihr, bevor alle sich in Bewegung setzten. Terra fiel auf, dass Efeubein einige Schwierigkeiten hatte, über den Graben zu springen. Sein steifes Bein machte ihm in letzter Zeit schwer zu schaffen. Vermutlich war das auch der Grund, aus dem er zurückgeblieben war, obwohl Nebeljäger sein Schüler gewesen war.
Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als die Landschaft um sie herum karger wurde. Immer mehr kahle Steinflächen durchzogen das grüne Gras, das an einigen Stellen vertrocknet und gelblich war. Sie war sich sicher, dass sie in zwei oder drei Tagen den Fuß des Gebirges erreicht hätten. Weiter vorne meinte sie die dunklen Gestalten des Suchtrupps zu erkennen, die viel schneller waren und deshalb bestimmt schon einen halben Tag Vorsprung hatten.
Vielleicht sollte ich mit Sonnenpfote reden, bevor wir das Gebirge betreten, überlegte sie. Dann werden alle genug andere Probleme haben. Also dachte sie fieberhaft darüber nach, wie sie sich unauffällig absondern konnte. Ihr fiel jedoch nichts ein. Besonders, weil die Clans seit Nebeljägers und Lilientaus Verschwinden nicht sonderlich viel untereinander redeten. Erst bei der ersten Pause des Tages sah sie eine Gelegenheit und ergriff sie.
»Ich gehe kurz ein kleines Stück Spazieren, in Ordnung?«, fragte sie Hechtkralle.
»Soll ich dich begleiten?«
»Brauchst du nicht.« Sie schnurrte und strich ihm liebevoll mit der Zunge über die Ohren. »Ich möchte mir nur die Pfoten vertreten.«
Als Hechtkralle nickte, schlängelte sie sich zwischen ihren Clan-Gefährten vorbei bis ganz nach hinten. Ihr war aufgefallen, dass Sonnenpfote und Wasserpfote sich etwas von ihrem Clan entfernt hatten. Vermutlich, um jagen zu gehen. Sie musste sie nur unauffällig abfangen.
Doch kaum hatte sie eine Steinfläche überquert, entdeckten die zwei SchattenClan-Schüler sie und gingen auf sie zu. Was hatten sie vor? Verunsichert blieb sie stehen und wartete, bis Wasserpfote anfing, ihr mit dem Schweif zuzuwinken. Möchte sie etwa, dass ich zu ihnen komme? Zögernd setzte sie sich wieder in Bewegung.
»Terra, richtig?«, begrüßte Sonnenpfote sie und musterte sie neugierig. Für einen kurzen Moment blieb sein Blick an einem ihrer schwarzen Flecken hängen, doch dann wandte er ihn schnell wieder ab. »Ich wette mit dir, dass ich weiß, warum wir gerade miteinander reden.«
»Weil wir uns zufällig begegnet sind?«, scherzte Terra.
»Du weißt genau, dass das nicht stimmt«, miaute Sonnenpfote leicht belustigt. »Es geht um die Mächte, nicht wahr?«
Terra sah ihn überrascht an.
»Wir sollten vielleicht irgendwo anders reden«, sagte Wasserpfote. »Sternenpfote und Kräuselpfote können das viel besser erklären als wir. Komm mit!«
Terra blieb nichts anderes übrig, als den zwei Schülern zu folgen. Also wissen die SchattenClan-Katzen wirklich viel mehr über die Mächte! Oder sind es nur diese vier Schüler? Ihr Fell kribbelte vor Aufregung.
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Lied zum Kapitel: Atom Music Audio – Your Destiny
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