Kapitel 11
Kohlenpfote stand torkelnd auf. Sein Kopf schmerzte vom Aufprall, seine Pfoten wollten ihm nicht gehorchen, er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Der Kater vor ihm sah ihn missbilligend an. "Ich hatte mehr von dir erhofft. Eine ganze Woche, und du hast noch nichts dazugelernt." Der Schüler fauchte resigniert. "Als ob! Ich habe jagen gelernt!" Der Braune schmunzelte. "Jagen? Wen interessiert schon das jagen? Es gibt wichtigere Dinge im Leben als die ständige Suche nach Nahrung." Er putzte sich gemächtlich die Klaue und schien Kohlenpfotes wütenden Blick gar nicht zu bemerken. Plötzlich wirbelte er zum Schwarzen Schüler herum und sprang ihn an. "Wenn du von deinen Clangefährten nichts gelernt hast, dann tu es jetzt!" Kohlenpfote wich dem Schlag überrascht aus, die scharfen Krallen verfehlten nur ganz knapp seine Wange. Er sprang auf und drehte sich zu seinem Lehrer um. Dieser versuchte auf seinen Rücken zu springen, Kohlenpfote duckte sich jedoch geschickt unter ihm Weg. "Im ausweichen bist du gut, aber das war nicht mein Ziel. Du sollst kämpfen!" Rief der braune Kater. Nun fuhr auch Kohlenpfote die Krallen aus. Wenn er das will... dachte er und machte sich zum Sprung bereit. Er tat so, als würde er auf die Flanke des Katers zielen, sprang aber direkt auf seine Brust zu. Sein Lehrer wich unüberrascht aus, dennnoch gelang es Kohlenpfote, seine Krallen in die Flanke des Getigerten zu Schlagen. Dieser knurrte nur leise und griff seinersets an. Kohlenpfote versuchte zur Seite zu rollen, aber traf der Braune trotzdem. Zum Glück büsste er nur ein paar Fellbüschel ein und konnte sich rechtzeitig in sicherheit bringen, bevor ihn auch die Zähne des Grossen erwischten. Die eigenen Fänge vergrub er tief in den Schwanz des Katers, der überrascht aufjaulte. Nun glitt Kohlenpfote so schnell wie ein glitschiger Fisch unter dem Braunen hindurch und fuhr mit den Krallen an seinem Bauch entlang. Er wollte ihm auch noch einen Hieb auf die Schnauze verpassen, aber der Kater rief: "Genug für heute. Morgen können wir weitermachen. Geh lieber zurück ins Lager, die Sonne geht bald auf." Und tatsächich: Hinter dem Horizont färbten sich die Wolken langsam rosa, während im Westen immer noch die Sterne funkelten. Unsere Ahnen, dachte Kohlenpfote im Stillen, wagte es aber nicht, den Gedanken Laut auszusprechen. Schnell leckte er sich das Fell sauber und Sprang den Abhang vor der Mondhöhle hinab. "Wir sehen uns!" rief er dem Braunen noch über die Schulter zu. Die ersten goldenen Sonnenstrahlen fielen über die Steinigen Hochfelsen und wärmten das Fell des Schülers. Ich muss mich beeilen, dachte er besorgt. Schon bald konnte er das Lager ausmachen - ein verlassenes Plätzchen in einer öden Landschaft. Er blieb stehen. Sehnsüchtig blickte er zu den weit entfernten Umrissen des Waldes. Das hat uns der MondClan genommen. Und nun liegt es an mir, ihn zu zerstören. Das hatte jedenfalls der Braune gesagt, und Kohlenpfote glaubte ihm. Schliesslich besann er sich wieder und pretschte zum Lager. Ich hoffe, dass Leopardenfell nichts bemerkt, so wie sie mich bemüttert...
Schnell schloss Kohlenpfote die Augen. Es durfte nicht so aussehen, als wäre er wach. Seine Mentorin schlich leise in den Bau, ging lautlos um Silberpfote herum und beeugte sich über ihren eigenen Schüler. "Aufwachen, Kohlenpfote" schnurrte sie ihm leise ins Ohr. Kohlenpfote blinzelte gespielt verschlafen. " Lass mich nur noch ein Weilchen..." gähnte er. Das wollte er wirklich. Die halbe Nacht lang mit dem Braunen Trainieren und dann noch Jagdtraining bekommen, das war ganz schön viel. Bis jetzt hatte zum Glück niemand etwas bemerkt, aber das konnte sich jederzeit ändern. Also stand er auf und torkelte schlaftrunken hinter seiner Mentorin her. Sie führte ihn zuerst zum Frischbeutehaufen. Er war seit gestern auf ein paar erbärmliche Beutestücke geschrumpft. Der schwarze Schüler wählte sich eine dürre Amsel aus, was alles andere als befriedigend war. "Heute werden wir wieder jagen müssen." stellte er fest, obwohl das schon längstens klar war. Leopardenfell schnupperte an einer zwei Tage alten Maus, zuckte mit den Schultern und biss hinein. Kohlenpfote verschlang den schwarzen Vogel in wenigen bissen, was er jedoch schon wenige Augenblicke danach beteuerte. Sein Magen knurrte immer noch. Es nützte aber nichts, sich zu beschweren, besser war es etwas zu tun. Auch Leopardenfell hatte fertiggefressen und steuerte langsam aus dem Lager. Währenddessen hatten sich schon einige Katzen auf dem Platz versammelt und warteten ungeduldig auf Geiselstern, der bald die Patrouillen einteilen musste. Der Anführer sprang schon bald auf den Hochstein und verkündete: "Die heutige MondClan-Grenzpatrouille führt Leopardenfell an, mit kommen Krähenfeder, Hundezahn und Kohlenpfote. Die Grenze zum Zweibeinerort führt Aschenpelz an, mit kommen Farnpelz und Schädelgesicht. Russpelz, Vogelflug, wenn ihr Kräuter braucht, steht euch Silberpfote zur verfügung. Anderfalls darf sie jagen gehen. Alle, die ich nicht genannt habe, sollten den Beutehaufen auffüllen. Auch ich gehe jagen." Er warf einen Blick auf den mickrigen Beutehaufen. Dann sprang er wieder voooHochstein und stolzierte hoch erhobenen Schwanzes aus dem Lager. Augenblicklich gesellten sich Hundezahn und Krähenfeder zu ihnen und sie brachen auf. Kohlenpfote war bis jetzt nur einmal - ganz kurz - an der MondClan-Grenze gewesen und hatte zum stillen Moor und dem entfernten Wald geblickt. An der Zweibeinerort-Grenze hatte er dafür schon zweimal patroulliert und einmal Rabenpfote, den dort lebenden Streuner, gesehen.
Schon konnte er den Geruch vom nassen Moor entdecken, und mehr als das. In der Luft lag ein ganz besonderer - ein neuer - Geruch. Kohlenpfote hatte ihn noch nie gerochen. Es war wie Wasser, nur viel, viel kälter. Er konnte sich auf ihn jedoch nicht genug lange konzentrieren, denn ein neuer, altbekannter Geruch strömte auf ihn ein. "Katze! Ich rieche Katze!" rief er und rannte zum Moorgrass. Bei den schwachen Grenzmarkierungen blieb er jedoch abrupt stehen. Waren das zwei Tiefblaue Augen, die ihn da Beobachteten?
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