Kapitel 6

Harzkralle führte Mohnröte ins Lager zurück. Sie hatte ihre Augen stur auf den Schnee unter ihren Pfoten gerichtet, der anfing, sie zu blenden. Ihre dunkelroten Pfoten stapften wütend durch den Schnee. Harzkralle legte unsicher den Kopf schief, sagte aber nichts. 

Mohnröte wollte sofort Donnerstern Bescheid geben. Sofort! Und es durfte nicht warten! Es sollte keiner aus ihrem Clan mehr wegen diesem Biest sein Leben lassen! 

Alls sie allerdings vor Donnersterns Bau stand und fragte, ob sie reinkommen dürfte, musste sie feststellen, dass er und Fuchsnase immer noch nicht von ihrer Jagd zurück waren. Seufzend stapfte sie den Weg im Schnee zurück, den sie sich zuvor gebahnt hatte und ging wortlos an Harzkralle vorbei, um ihre Beute zu holen, die sie im Wald gefangen hatten. Sie wollte allein sein. Einfach mal allein. Aber war sie das nicht immer? 

Oder ist es nicht immer so, dass du dich über alles Mögliche beschwerst und nicht auf deine Clangefährten achtest, denen es auch schlecht gehen könnte?, tadelte sie sich in Gedanken. Vermutlich war es so. Sie drehte sich um und Harzkralle stand tatsächlich noch immer neben dem Großen Felsen und starrte sie mitfühlend an. Und in diesem Moment tat Mohnröte etwas, von was sie eigentlich nicht gedacht hätte, dass sie es heute noch tun würde. Sie lächelte. Und Harzkralle Lächelte überrascht, aber sichtbar glücklich zurück, bevor er sich allerdings wieder seinen Pflichten als Zweiter Anführer zuwenden musste, da sich Rostauge gerade darüber beschwerte, dass Mondpfote vergessen hatte, ihr das versprochene Eichhörnchen in den Ältestenbau zu bringen. 

Die Ältesten! Das ist es! Wieso bin ich denn vorher nicht darauf gekommen? Wenn sie sonst immer alles wissen, müssen sie es diesmal auch tun!

Wieder mit neuer Hoffnung gestärkt, tappte sie über den kalten Boden in Richtung Ältestenbau. Halt! Sie drehte um und lief zum Frischbeutehaufen. Eigentlich konnte man ihn nicht mehr richtig als Frischbeutehaufen bezeichnen, denn er war so kläglich, dass er nur aus zwei dürren Mäusen und tatsächlich auch einem Eichhörnchen bestand. Doch die Beute, die sie im Wald liegen lassen hatten, musste warten, Mohnröte musste es einfach herausfinden. Sie schnappte sich das Eichhörnchen und trug es zum Ältestenbau, in dem Rostauge nach einer kleinen Auseinandersetzung mit Harzkralle wieder verschwunden war. 

Im Ältestenbau, der früher einmal die Wohnung eines Dachses gewesen war, war es viel wärmer als draußen, wo einem der kalte Wind um die Ohren sauste und der Schnee einem die Pfotenballen gefrieren ließ. Der Eingang war durch herunterhängende Farnwedel geschützt vor Wind und Wetter und die Nester sahen frisch eingerichtet und gemütlich aus. Die Hälfte des Bodens war von einer gleichmäßigen Schicht aus  trockenem Moos überzogen, die andere Hälfte wurde gerade von Mohnrötes Vater Stumpfkralle ausgelegt. Er schnurrte gut gelaunt vor sich hin, während er Moosfetzen neben Moosfetzen legte. Einzelne Moosfetzen hingen ebenfalls an seinem Pelz. Von wo hatte er bloß um diese Jahreszeit trockenes Moos her? 

»Was machst du denn da?« murmelte sie durch das Fell des Eichhörnchens hindurch, das sie gerade vor Rostauge ablegte, die es sich in ihrem Nest gemütlich gemacht hatte. 

Stumpfkralle, der ganz in seine Arbeit vertieft gewesen war und Mohnröte nicht bemerkt hatte, fuhr erschrocken herum, wobei er Moosfetzen durch die Luft schleuderte. Doch kaum hatte er seine Tochter erkannt brüstete er sich stolz und begann zu schnurren. »Ich mache es uns gemütlich! Im Winter ist das wichtig! Ach ich mag den Winter, wenn es draußen schneit und kalt ist und du es selbst gemütlich hast... naja jedenfalls scheint ihr das nicht so zu sehen. Dabei würde euch ein bisschen Hungern gar nicht schaden«, schnurrte er, bevor er fröhlich weiterfuhr »Ewigkeiten habe ich es im Bau getrocknet und nun ist es endlich fertig. Solltest du auch mal ausprobieren! aber komm ja nicht auf die Idee etwas von meinem Moos zu klauen!«

Ein liebevolles Schnurren entwich Mohnröte, ehe ihr wieder einfiel, weshalb sie eigentlich hier war. Allerdings konnte sie den Gedanken nicht los werden, dass es schon toll sein musste Ältester zu sein. Frei von allen Pflichten, man musste nichts anderes tun, als ab und zu Tote zu beerdigen und sich bei den Kriegern und Schülern zu beschweren, obwohl man doch sowieso schon alles hatten. Wieso konnte Mohnröte auch nicht einfach sofort in den Ältestenbau umziehen? 

»Nun schau mich nicht so an, als hätte dir jemand dein Fressen weggenommen und sag was los ist!«, beschwerte sich Rostauge, als sie bemerkt hatte, dass sie von Mohnröte Geistesabwesend angeschaut wurde. Diese schüttelte erschrocken den Kopf und wandte sich an beide Älteste, ohne auf Rostauges Kommentar einzugehen.

»Ihr glaubt doch an den SternenClan, nicht wahr?« 

Rostauge legte den Kopf schief »Ja?« Stumpfkralle hörte mit seiner Arbeit auf und konzentrierte sich voll und ganz auf seine Tochter. Eine wunderbare Eigenschaft von ihm war, dass er immer und bei absolut jeder Gelegenheit ein guter Zuhörer war.

»Und gibt es noch etwas anderes außer den SternenClan und den Wald der Finsternis?«

»Nicht, dass ich wüsste..« murmelte ihr Vater nachdenklich.

Oh nein! Nicht mal die wusste, was es damit auf sich hatte! Und sie konnte ihnen auch nicht von diesem Traum erzählen, dann würden sie Mohnröte für verrückt halten.

»Und... wisst ihr irgendetwas von einer Höhle in der Nähe? einer uralten vielleicht bei den Bergen in der Umgebung?«

Rostauge kniff die Augen zusammen »Was willst du wissen, kleine?«

»Das tut nichts zur Sache!«

Stumpfkralle legte ebenfalls den Kopf schief, als würde er aus dieser Perspektive seine Tochter besser verstehen können. »Nein«

»Doch«, meinte Rostauge

»Was doch?« fragte Stumpfkralle verwirrt.

Rostauge seufzte. »Lange Geschichte... jedenfalls hatte ich als ich eine Schülerin war noch Probleme damit, mir die Territoriensgrenzen zu merken und bin irgendwann mal zu weit weggewandert, ok? Und da bin ich an einer Höhle vorbeigekommen. Aber fragt nicht weiter, ich war jedenfalls nicht schuld, die Krieger haben wohl einfach vergessen, die Grenzen zu markieren...« 

In Rostauges Tonfall war etwas seltsames. Mohnröte wusste, dass Rostauge sehr schlagfertig und nicht immer gut gelaunt war, aber nicht böse. Doch sie jetzt so abweisend zu sehen, deutete doch eindeutig auf etwas merkwürdiges hin... vielleicht lag mehr dahinter. Mohnröte musste sich jedenfalls auf die Suche nach dieser Spur machen.


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Und was denkt ihr hat es mit Rostauge auf sich? Und was ist bis jetzt so euer Lieblingscharakter?ヾ(≧▽≦*)o 

Ich hoffe jedenfalls, dass euch das Buch bis jetzt gefallen hat^^


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