Kapitel 5

Wolkenfleck schleifte sich eher aus der Kinderstube, als zu gehen. Als Eschenfluch, der auch aus dem Kriegerbau herauswollte, ihn grob aus dem Bau schupste, fiel der langhaarige Kater auf die Nase und stand murrend wieder auf, um sich bei Eschenfluch zu beschweren. Doch daraus wurde nichts, denn Eschenfluch hatte sich schon zu Fleckennase gesetzt und Wolkenfleck hielt es wohl für besser, sich etwas entfernt von den beiden leicht reizbaren Katzen zu halten. Er setzte sich neben Dämmerwelle an den Rand der Kinderstube und musterte Zirbenjunges, Mohnröte, Harzkralle und Blütenjunges, die sich direkt vor dem großen Felsen setzten.

Fuchsnase setzte sich in ihre Nähe und schaute zu ihrem Gefährten hoch. 

Donnerstern blickte zu ihnen herunter. Seine eisblauen Augen musterten die Jungen freundlich, bevor er mit der Zeremonie begann. 

Blütenjunges presste sich aufgeregt an Mohnrötes Flanke. 

»Wieder einmal ist es soweit, dass ich mit Stolz zwei neue Junge zu Schülern ernennen kann. Ich bin davon überzeugt, dass sie uns eines Tages als ehrenvolle Krieger dienen können, wenn sie fleißig trainieren und lernen, sich an das Gesetz der Krieger zu halten. Zirbenjunges, Blütenjunges, ich bitte euch, jetzt vorzutreten.«

Zirbenjunges und Blütenjunges stolperten ein paar Schritte vor und schauten unsicher zu Donnerstern empor. 

»Zirbenjunges, von diesem Augenblick an wirst du Zirbenpfote heißen. Eschenfluch, du wirst ihr Mentor sein und ich vertraue darauf, dass du deine Erfahrung und dein Kampfgeschick dazu nutzt, deine Schülerin gut auszubilden.« Zirbenjunges zuckte erfreut mit den Ohren und hüpfte über die Lichtung zu dem dunkelbraun getigerten Kater, der sie Nase an Nase begrüßte. Er führte die hellbraun gestreifte Schülerin zum Rand der Lichtung, von wo aus sie den Rest der Zeremonie gut beobachten konnten.

»Blütenjunges, von diesem Augenblick an wird dein Name Blütenpfote sein. Staubwind, ich hoffe, dass du als Mentor von Blütenpfote all deine Geschicklichkeit und dein Wissen an deine Schülerin weitergibst.«

Blütenjunges begrüßte den langbeinigen grau-braunen Kater nervös und setzte sich zu ihm. 

»Zirbenpfote!«
»Blütenpfote!«

Mohnröte und Harzkralle waren die Ersten, die die Namen ihrer Jungen riefen. Donnerstern hüpfte elegant vom Großen Felsen zu Fuchsnase. Die beiden fingen sofort an, dich die Zunge zu geben. Mohnröte fand, dass die beiden noch mehr zusammenklebten als sonst, nun da Fuchsnase Junge von ihm erwartete. Mohnröte schmiegte sich an Harzkralle und beobachtete stolz, wie ihre Jungen mit ihren Mentoren das Lager verließen. 

»Jetzt kannst du wieder neben mir im Kriegerbau schlafen. Ich habe dich vermisst, Mohnröte.« Harzkralle schnurrte. Daran hatte Mohnröte noch gar nicht gedacht. Sie hatte sich die letzten Monde lang so sehr daran gewöhnt, in der Kinderstube zu sein. Aber es würde ihr gut tun, wieder jagen zu gehen und öfter aus dem Lager zu kommen. Als sie sah, wie Donnerstern und Fuchsnase zusammen das Lager verließen kam ihr eine Idee. 

»Wollen wir zusammen jagen gehen?«

Harzkralle nickte fröhlich schnurrend und die Beiden zwängten sich durch den Tunnel aus Gebüsch, in dem zuvor noch Fuchsnases dunkelrote Schwanzspitze verschwunden war. Die Bäume waren nun kahl, was den Wald seltsam aussehen ließ, wie Mohnröte fand. Wo im Sommer noch leuchtend grüne Blätter im Überfluss gewesen waren, lag jetzt nur noch Schnee. Weiße kalte Teppiche aus Schnee bedeckten das Gras vollständig und der Schnee knirschte unter ihren Pfoten. 

Mohnröte fuhr herum, als sie ein Eichhörnchen sah, das im Schnee herumwühlte. Es hatte sich den beiden Katzen abgewandt. Während Mohnröte sich an das Eichhörnchen anschlich, wanderte Harzkralle aufmerksam zwischen dem Bäumen umher und beobachtete seine Gefährtin gelegentlich. Noch eine Schwanzlänge Entfernung. Mohnröte hatte das Wissen über die Jagd nicht verlernt. Sie machte einen großen Satz in die Luft und hätte es beinahe geschafft, sich auf das Eichhörnchen zu ketschen, wenn sie nicht so langsam gewesen wäre. Sie musste wohl noch ein wenig trainieren, um ihre Stärke wiederzuerlangen nachdem sie in der Kinderstube gewesen war. Doch Harzkralle hatte ihren Frustschrei gehört und war schneller gewesen, als das flauschschwänzige Geschöpf. Mit drei großen Sätzen war er bei dem Eichhörnchen und machte ihm schnell den Garaus. 

Mohnröte schnurrte. Harzkralle war einfach unschlagbar. 

Nachdem sie das Eichhörnchen im Schnee vergraben hatten, schlenderten sie weiter durch den Wald. Eine Maus konnten sie noch erwischen, ansonst aber nichts. Dieser Winter würde hart werden. Wie gerne hätte sie Wolkenflecks schneeweißen und warmen Pelz, der beim Jagen so nützlich war. Mit ihrem dunkelrot gestreiften kurzen Fell fror sie andauernd. 

Harzkralle, der bemerkte, dass sie das Fell geplustert hatte, schlug vor, zurückzukehren. Dieses Mal nutzten sie einen anderen Weg. Als sie an einer großen kahlen Eiche vorbeikamen, stoppte er plötzlich. Das Fell stand ihm zu Berge. Mohnröte brauchte eine Weile, um zu erkennen, wo sie waren. Dies war der Ort, an dem sie von dem Marder überrascht wurden. Ein knurren drang aus Harzkralles Kehle und Mohnröte zuckte einen Moment erschrocken zusammen, da sie dachte, er hätte sie gemeint. Seine zornesfunkelnden Augen blickten allerdings in die entgegengesetzte Richtung, auf einer Spur Pfotenabdrücken, die weit in den Wald hineinreichte. Mohnröte knurrte ebenfalls. Das waren ganz klar die Pfotenspuren eines Marders. Er war hier vorbeigekommen. Laut jaulend und vermutlich alle Beute im Umkreis von zehn Baumlängen verscheuchend, rannte sie den leichten Hang hinauf. Da ihre Pfoten beim Laufen immer wieder im Schnee versanken, kam sie nicht sehr weit, denn Harzkralle hatte sie bald eingeholt und stellte sich ihr in den Weg. 

»Lass mich durch Harzkralle!«, schnauzte sie ihn rücksichtslos an. 

»Nein! Ich lasse nicht zu, dass du es mit diesem Marder noch einmal aufnimmst!«

»Aber ich möchte mich rächen, ihm sein Leben nehmen, ich...«

»Ich weiß, das möchte ich doch auch, aber wir schicken eine Patrouille und wenn du willst, kannst du ja mitkommen...«

»Das ist nicht das Selbe! ICH will mich rächen!«

»Und ich möchte dich nicht auch noch im Kampf gegen jemanden verlieren, der viel stärker ist als du!«

»Wie kommst du denn bitte darauf, dass ich es nicht mit ihm aufnehmen kann?!« Wieso wollte er sie denn nicht durchlassen?

»Das ist doch nicht dein Ernst? Wenn du nicht einmal einem Eichhörnchen hinterherkommst, wie kannst du dann im Kampf gegen einen Marder gewinnen, der bestimmt im Moment stärker ist als du?« Autsch. Das tat weh. Wie dumm bin ich nur....

Mohnröte ließ sich in den kalten Schnee fallen und starrte den Hang hinauf, der in Richtung berge führte. Harzkralle schmiegte sich an sie, doch sie merkte die sanften Zungenstriche auf ihrem Rücken nicht mehr. Der Berg.... Ich muss den Berg finden. Ist dieser Traum etwa war? 

Doch Mohnröte wusste bereits, dass es nicht anders sein konnte. Sie hatte gespürt, wie echt es sich angefühlt hatte. Es war bestimmt kein Traum gewesen. 

Ich muss diese Höhle finden!

»Finde den Ort an dem du Gestein findest, das härter ist, als alles andere. Und du wirst die Höhle finden, die dort ist.«

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