Kapitel 2

Dunkelheit umgab Mohnröte. Kalte, beängstigende Dunkelheit. Keine einzige Lichtquelle war zu erkennen. Stille. Totenstille. 

Beim Wald der Finsternis, was ist das hier? Bin ich tot?

Mohnröte hatte schon immer an den SternenClan geglaubt und hatte gehört, dass es ein wundervoller Ort war. Doch hier war absolut nichts wundervoll. Es war grauenhaft!

Das konnte nicht der Ort sein, wo sie nun für immer weilen würde. Das war nicht der SternenClan.

Mohnröte spürte aber einen Boden unter ihren Pfoten. Er war kalt, höchstwahrscheinlich hatte er noch nie die Wärme des Sonnenlichts erfahren, genauso wie alles andere hier. Doch sie war nicht sonderlich davon überzeugt davon, dass hier noch irgendetwas anderes war. Der Boden war vorhanden, doch irgendwie konnte man nicht richtig spüren, aus was er war. Er war kahl, aber nicht aus Erde, oder Stein. Man konnte seine Krallen nicht hineinbohren, dafür war er viel zu hart.

Mohnröte sträubte ängstlich ihr Nackenfell und ihre Schmerzen meldeten sich wieder. Sie zuckte zusammen. Ein knurren ertönte. Sie konnte nicht genau herausfinden, von wo es kam, denn es hörte sich so an als, wäre es überall. Als würde die ganze Umgebung sprechen. Als würde es von einer Macht stammen, die selbst für die erfahrenen Heiler unvorstellbar war.

Die dunkelrote Kätzin fuhr knurrend herum. Wo war sie nur? Sie hoffte, dass das alles nur ein schrecklicher Traum war... doch sie wusste, dass es sich dafür viel zu echt anfühlte. 

Plötzlich hörte ihr Herz beinahe auf zu schlagen. Ihre Beine zitterten. Es war nur ein kurzer Moment, als sie in diese blutroten Augen blickte, die so viel Unheil mit sich brachten, doch es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Mohnröte war wie gelähmt. Sie wollte weglaufen, doch ihre Beine weigerten sich strickt dagegen. Der faulige Atem ihres Gegenübers ließ ihre Lungen beinahe platzen und sie bekam keine Luft mehr. Dann löste sich ihre Umgebung auf.

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»Mohnröte? Mohnröte, hörst du mich? Es wird alles gut, halte durch!«

Mohnröte wollte Harzkralle, der zu ihr sprach dankbar anlächeln, doch sie war nur halb bei Bewusstsein. Sie wollte ihm antworten, doch ihre Schmerzen, erlaubten ihr selbst das nicht. Sie wollte ihm sagen, was sie gesehen hatte, doch selbst er würde ihr nicht glauben.

Ihre Augenlider öffneten sich schwer, nur um kurz darauf wieder zuzuklappen.

»Harzkralle« wollte sie hauchen, doch es hörte sich nur wie ein klägliches Husten an.

»Ich bin da Mohnröte! Du bist über dem Berg, jetzt wirst du es schaffen! Du wirst es überleben!« Harzkralle leckte ihr mit seiner rauen Zunge kräftig das Blut aus dem Fell.

»Welcher Berg...?« Dann schloss sie erneut ihre Augen.

Den ganzen Tag ging es so weiter. Manchmal kam sie zu Bewusstsein, dann wachte sie wieder auf, aber nie bekam sie richtig mit, was sich im Heilerbau, wo sie glaubte zu sein abspielte.

Sie befand sich ständig nur in einer Art Halbschlaf. Ihre unerträglichen Schmerzen quälten sie beinahe zu Tode. Ihr Atem ging rasselnd, ihre Augenlider waren zu schwer, um sich öffnen zu lassen und an ihren Körper, den sie im Moment vor Qualen nicht bewegen konnte, durfte sie gar nicht erst denken.

Irgendwann hatte sie dann das Zeitgefühl verloren. Alles kam ihr nur noch wie eine unerträgliche Ewigkeit vor. Sie ignorierte die Stimmen um sich herum und schloss die Augen. Aber doch wusste sie, dass sie überleben würde. Sie musste es. Für Kiefernjunges, der auch so tapfer gekämpft hatte.

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»Du wirst es schaffen... du musst es schaffen...« dachte Mohnröte und ihr wurde bewusst, dass sie die Worte gemurmelt und nicht gedacht hatte. Sie fühlte sich auf einen Schlag irgendwie besser. Was das ausgelöst hatte, wusste sie nicht.

»Mohnröte! Du bist wach! Endlich!«

Und es war schon wieder Harzkralle da.... doch auch wenn seine Besorgnis etwas ärgerlich war, freute sie sich nun mehr, als je zuvor. Ihr Gefährte war jede Sekunde bei ihr gewesen. 

Mohnröte hatte vor ein paar Tagen schon gemerkt, wie sich ihr Zustand besserte. Doch jetzt fühlte sie sich stark genug, um wieder aufzustehen. 

Sie schlug die Augen auf und begegnete Harzkralles warmen bernsteinfarbenen Blick. Ihr Kopf war klarer und ihre Beine waren kräftiger geworden. Sie wollte aufstehen, doch Harzkralle stand ihr im Weg. »Du sollst dich ausruhen.« Er leckte ihr über ein Ohr. »Danach ist alles wieder in Ordnung und...«

»Nichts ist in Ordnung!« Mohnröte schaffte es trotzdem, sich irgendwie aufzusetzen. Es schmerzte überall, doch der Schmerz in ihrem Herzen, überdeckte die körperlichen Anstrengungen. »Kiefernjunges ist tot und alles war nur meine Schuld! Hätte ich das Lager nicht verlassen, um euch zu folgen, hätte er sich nicht für mich geopfert!«

Harzkralle riss entsetzt die Augen weiter auf und versuchte seiner Gefährtin zu helfen. »Es war nicht deine Schuld! Er hat sich selbst geopfert! Das hätte er nicht tun müssen!«

»Aber er war mein Junges! Ich hätte ihn beschützen müssen! Bedeutete er dir denn gar nichts?«

»Sicher bedeutet er mir viel! Er war mein einziger Sohn!«

»Er war so tapfer und ich... ich war nur leichtsinnig...« Eine salzige Träne lief ihre Schnauze hinunter.

»Beruhige dich, Mohnröte! Alles wird wieder gut! Du hast eine Nahtoderfahrung gemacht, da ist es normal, dass man so verwirrt ist! Viele Katzen haben das schon gemacht!«

Mohnröte schwieg für einen Moment. Dann beugte sie sich langsam zu ihm vor und ihre Schnurrhaare berührten sich. »Nur, dass ich nicht einer SternenClan Katze, sondern dem wahren Tod in die Augen gesehen habe.«

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