Kapitel 16

Schnaufend und keuchend schleppte sich Mohnröte die letzten Paar Meter den Wald hinauf. Sie hatte einen weiten Bogen geschlagen, damit sie von hinten an die Höhle herankam. Dort vorne sah sie schon die Zone, in der fast keine Bäume mehr wuchsen. In möglichst großem Abstand zur Höhle, schlich sie sich von oben an. Sie versuchte, etwas leiser erschöpft zu sein und hielt einen Moment inne, um tief ein und auszuatmen. Die Besessenen durften nicht hören, dass sie sich anschlich. Vielleicht würde ihr Plan nicht funktionieren. Vielleicht würde sie selbst sterben, gnadenlos getötet werden... Mohnröte schluckte und schlich sich näher von oben an den Höhleneingang heran. Direkt über dem Loch, das die Höhle darstellte, befand sie sich, sie konnte auf die beiden Besessenen hinabsehen, die nur nach vorne starrten, als würden sie nicht erwarten, dass sich jemand anschlich. Gut so.

Vorsichtig tappte sie ganz bis zur Kante. Sie hoffte, dass da nicht nur Schnee, sondern auch Fels unter ihren Pfoten war, der sie tragen würde. Sie atmete so still wie möglich ein uns aus. Sie sollte nicht zu lange darüber nachdenken... sie sollte sich sofort auf sie stürzen. Mit den grünen Augen fixierte sie den schwarzen Kater unter ihr, der ihr am nächsten war und ohne weiter nachzudenken sprang sie ab. Die beiden reagierten erschrocken auf den Angriff. Sie und der Kater wälzten sich wie ein Schneeball umher, bis sie es erkannte. Er lag auf der Seite, die talabwärts führte. Ohne lange zu überlegen trat sie ihm unbarmherzig mit den Hinterläufen in den Bauch, woraufhin er schreiend den Hang hinunterrollte. 

Gerade rechtzeitig, denn Wespenstich, die zweite Wächterin kam angelaufen und versuchte, ihr in das Genick zu beißen. Mohnröte wich gerade noch rechtzeitig aus. Auch dieses Mal war es einfach. Mit einem unbarmherzigen Tritt beförderte sie die Kätzin talabwärts. Sie schnurrte zufrieden und wandte sich dem Eingang der Höhle zu. Sie sollte schnell sein, nicht dass die Besessenen schneller wieder da waren, als sie glaubte. Sie waren nun brutaler, als sonst, aber ohne Zweifel dümmer. Sie hatten wortwörtlich den Verstand verloren. 

Sie rannte in den Tunnel hinein. Ihre schnellen Schritte waren gut zu hören und sie musste wieder leiser werden, als sie sich dem Höhleneingang näherte, aber leider auch langsamer. Zu ihrem Pech hörte sie in diesem Moment das Knurren der beiden Katzen, die wieder den Hang hinaufgelaufen waren und sie nun verfolgten. Es hörte sich an, als würde sie von einer Hundemeute verfolgt werden. Sie fing wieder an zu laufen. Fuchsdung, alle Katzen würden sie noch bemerken! 

Sie konnte ihren eigenen Angstgeruch riechen. Dort vorne sah sie schon das schwache rote Licht der Höhle. Sie lief ohne lange nachzudenken hinein. Risiko war alles, was ihr jetzt noch blieb. Und dort direkt neben dem Stein lag der Todeswächter. In seiner Ruhephase saugte er die Energie des Steines in sich auf. Oh nein! Er würde sie bemerken! Doch noch jemand entdeckte sie vor ihm. Der gesamte SumpfClan der in der Höhle verteilt saß reagierte auf ihr Auftauchen blitzschnell. Zähne fletschende, drohend knurrende und laut jaulende Krieger stürzten sich auf sie. 

Sie wich von der ungewöhnlich starken Marillenschweif zurück, die sie ihre Krallen spüren ließ und dann sogleich Silberherz, die sich auf sie stürzen wollte. Sie war umzingelt. Umzingelt von Katzen, die sie jeden Moment töten würden. Sie wollte nicht so sterben! Sie wollte eines ehrenvolles Todes sterben, wenn es denn sein würde, sie würde sich nicht hilflos diesen verlorenen Katzen überlassen! Knurrend rannte sie geradeaus, ohne drauf zu achten, gegen wen. Sie rammte eine hellgraue Kätzin beiseite und schubste einen dunkelbraun getigerten Kater von sich weg. Sie spürte einige Krallen an ihrem Fell, aber das Adrenalin in ihrem Körper verhinderte, dass sie diese richtig wahrnahm.

Sie rannte geradewegs auf den Fels zu, auf dem der Stein lag. Und wurde im nächsten Moment von unglaublich scharfen Zähnen am Nackenfell gepackt. Bei dem Geruch wurde ihr übel und schwindelig. Und dann biss er fester zu. Viel fester, als sie es je bei Grenzstreitigkeiten gespürt hatte. Und im nächsten Moment versagte ihr Verstand. Ihr Körper wurde schwach. Sie erkannte nur noch verschwommen die vielen Besessenen die zu ihr hinaufstarrten, beobachteten wie ihre Feindin vernichtet wurde. Mohnröte konnte nichts mehr tun. Sie konnte sich nicht wehren, ihr Körper war vollkommen dem Tod überlassen. Es gab keinen Ausweg. Vielleicht war es Fuchsnase genauso gegangen. Vielleicht hatte sie sich auch nicht wehren können. Und in diesem Augenblick wurde ihr schwarz vor Augen, ein letzter Atemzug hauchte ihr Leben vollständig aus. Sie dachte an ihre Schwester. 

Vielleicht würden sie sich in der Dunkelheit wieder treffen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top