Kapitel 10
Mohnröte fand schneller aus der Höhle heraus, als sie es sich gedacht hätte. Ihr Herz blieb einen Moment stehen, als sie die Welt draußen erblickte. Von blutrotem Licht beschienen, kein Wind, nur Kälte und ziemlich viel Dunkelheit. Es musste doch inzwischen schon längst wieder Tag sein! So viel Zeit war vergangen! Doch der Schnee lag immer noch da. Die Landschaft hatte sich nicht verändert. Sie rutschte eher den schneebedeckten Hang hinunter, als zu laufen, da es so bestimmt schneller ging. Als sie dann wieder im Nadelwald des SumpfClans ankam, wurde der Schnee weniger und sie sprintete los. Merkwürdigerweise fühlte sie sich durch ihre Entschlossenheit vielkräftiger. Ihr Hunger war schon lange vergessen.
Irgendwann hatte sie dann den Wald des FunkenClans erreicht. Sie wurde etwas langsamer und keuchte. Ihr war kalt. Sie keuchte mehr. halt! Das war nicht sie! Sie schnaufte zwar auch sehr viel, aber da war noch jemand. Sie schaute sich langsam um und ihre Augen weiteten sich entsetzt, als sie diesen rostrot getigerten Pelz sah, der ihr noch so vertraut war, da sie erst vor Kurzem mit dieser Katze gesprochen hatte. Rostauge!
Die Älteste humpelte zitternd auf Mohnröte zu. »Mohnröte!«
Mohnröte lief auf sie zu und stützte die frierende, aber so entschlossen wirkende Älteste ab. Gemeinsam humpelten sie eine Weile wortlos auf das Lager zu, das langsam in Sichtweite kam. Die Älteste schien sowieso nicht genügend Kraft zu haben, um zu reden. Nach einer Weile brach sie jedoch die Stille. »Hast du ihn getroffen?«
Mohnröte starrte sie einen Moment lang erschrocken an, bevor sie fragte: »Woher weißt du-«
»Ich war selbst auch schon einmal kurz davor, die Höhle zu betreten. Ich weiß noch, wie er mich damals, nachdem ich in den Fluss gestürzt bin als Schülerin aufgesucht hat. Ich bin direkt vor der Höhle gestanden, konnte es aber nicht tun.«
»Wieso?« Mohnröte war entsetzt. Der Todeswächter hatte es auch bei ihr versucht. Aber sie hatte widerstehen können? War Mohnröte zu dumm oder naiv gewesen? genau, wie er es gesagt hatte.
Rostauge seufzte und hustete zugleich. »Damals hatte ich Angst. Ich hatte Angst vor der Dunkelheit in dieser Höhle, Angst vor ihm. Ich wusste, dass ich ihn wieder treffen würde, wenn ich das tun würde und bin umgekehrt. Ich habe es geschafft, meinen Geist zu verschließen, aber ich habe manchmal gespürt, wie er wieder versucht hat, mich aufzusuchen. Ich bin an all dem schuld. Ich hätte dir nicht von der Höhle erzählen dürfen. Dann wäre es nie so weit gekommen. Aber ich war schon immer eine schlechte Lügnerin.«
Mohnröte starrte wortlos auf ihre marschierenden Pfoten bis sie das Lager erreicht hatten. Es war ungewöhnlich still. Dann miaute sie leise, sodass es beinahe ein flüstern war: »Ich war schuld. Er hat mir gedroht, dass ich Kiefernjunges nie mehr sehen würde und dann kamen diese Schmerzen dazu.... ich habe es nicht mehr ausgehalten.«
Rostauge schüttelte schwach den Kopf »Nein. Ich denke, es ist nun egal, wer schuld ist. Wir sollten uns eher darauf konzentrieren, wie wir ihn besiegen können.«
»Aber verstehst du denn nicht? Wir können ihn nicht besiegen! Wir können nur versuchen, ehrenhaft zu sterben, wenn das überhaupt noch möglich ist.«
Rostauge hob den Kopf, blieb stehen und schaute Mohnröte fest in die Augen »ich weiß nicht, was du in dieser Höhle gesehen hast, aber es gibt immer einen Weg. Man muss nur genug Schneit haben um ihn zu finden.«
Mohnröte schluckte. Vielleicht hatte sie recht.
Plötzlich ertönten vom Lager aus Stimmen. Ein dunkelgoldbraun getigerter Kater kam auf sie zu gerannt. Mohnröte musste nicht lange nachdenken, um ihn zu erkennen. Sie und Rostauge humpelten schneller. Am Lagereingang schmiegte sie sich dann an Harzkralle, während Rostauge von der herbeieilenden Mondpfote und Eulenpfote in den Heilerbau begleitet wurde. Vielleicht würden die Beiden nie zu Kriegern ernannt werden. Doch Mohnröte hatte nicht viel Zeit mit ihrem Gefährten, da im nächsten Moment lautes Stöhnen aus der Kinderstube drang. Sie löste sich von Harzkralle, der sie besorgt musterte und starrte in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Die Kinderstube! Donnerstern rannte nervös vor ihrem Eingang hin und her. Mohnröte rannte auf ihn zu.
»Donnerstern! Was passiert hier?!«
Der Anführer starrte sie einen Moment erschrocken an und nickte dann in die Richtung der Kinderstube »Fuchsnase bekommt ihre Jungen! Fleckennase und Weidennase sind bei ihr.«
Mohnröte rannte, ohne nachzufragen in den Bau. Sie würde ihre Schwester nicht allein die Jungen zur Welt bringen lassen! Nicht in dieser Zeit!
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»Donnerstern, du kannst jetzt kommen!« Kaum hatte Fleckennase diese Worte ausgesprochen, nahm der nachtschwarze Kater schon den Meisten Platz in der Kinderstube ein. Er musterte zuerst besorgt seine Gefährtin, die müde zusammengerollt dalag und schnurrte dann, als er die Jungen sah. »Sie sind wunderschön! Du warst großartig Fuchsnase!«
Weidennase schnurrte ebenfalls »Das war sie! Sie wird bestimmt eine tolle Mutter!«
Fuchsnases Jungen waren wirklich hübsch. Zwei Kater und eine Kätzin lagen zu ihrem Bauch und sie legte ihren weichen Schweif darüber, um sie vor Kälte zu schützen. Für einen Moment hatte sie die Situation ganz vergessen.
»Wie willst du sie nennen?« fragte sie und Fuchsnase betrachtete liebevoll eine schildpattfarben gefleckte und getupfte Kätzin. »Ich würde sie gerne Blattjunges nennen, wenn Donnerstern einverstanden ist.«
Donnerstern stimmte ihr zu. Er deutete mit der Schwanzspitze auf einen hellgrauen, fast weißen Kater, auf dessen Fell sich blitzähnliche pechschwarze Streifen abzeichneten »Blitzjunges würde passen, denke ich.« er leckte ihr liebevoll über die Stirn und betrachtete den letzten Kater. Sein Fell war braun gestreift, allerdings mit einer Spur dunkelrot darin. Ein Stich fuhr in Mohnrötes Herz. Kiefernjunges hatte genauso ausgesehen. Vielleicht schaute er jetzt vom SternenClan aus zu, wenn das denn überhaupt noch möglich war.
Fuchsnase hatte das gemerkt. Einen Moment herrschte Stille, bis Fuchsnase plötzlich flüsterte: »Kiefernjunges. Ich denke, wir sollten ihn Kiefernjunges nennen.«
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