Kapitel 1

»Und du bist dir wirklich sicher, dass wir sie wecken sollen, Kiefernjunges?«

»Ja, aber noch nicht jetzt! Zirbenjunges, hör auf, so laut zu kichern...«

»Wieso?«

»Weil du sie noch nicht jetzt aufwecken sollst!«

»Das ist mir doch klar, aber ich meine, was hast du vor?«

»Wir suchen uns jetzt eine ganz fette Spinne und legen sie dann auf sie drauf - Ich weiß, dass sie sich von ihnen fürchtet - und wenn sie aufwacht....«

»Was habt ihr denn vor?«

Können die denn nicht endlich mal ihre Schnauzen halten..  Moment, was haben die in meinem Traum zu suchen? Das ist kein Traum!

Mohnröte schlug die Augen auf und blinzelte gegen das grelle Tageslicht, dass in die Kinderstube leuchtete. Das erste, was sie sah war das tadelnde Gesicht von Dämmerwelle, die sich vor ihren drei Jungen aufbaute, die gerade dabei gewesen waren, sich aus der Kinderstube zu schleichen. 

»Oh nein, jetzt haben wir sie auch noch geweckt!« Kiefernjunges wollte an ihr vorbeilaufen. So schnell wie der Blitz war er an der Königin mit dem bereits sehr angeschwollenen Bauch vorbeigesaust und verschwunden. Dämmerwelle, die immer noch flink war, wie eh und je jagte ihm eilig hinterher. Innerhalb eines Augenblicks war sie mit dem braun gestreiftem Jungen im Maul zurückgekehrt. Kiefernjunges war zwar schnell, doch um so schnell wie eine ausgewachsene Katze zu sein, hatte er noch viel zu kurze Beine. 

Schwerfällig erhob sich Mohnröte. Sie sollte sich wohl selbst um ihre Jungen kümmern. Junge... manchmal bekam sie schon fast einen Angstzustand, wenn sie dieses Wort nur hörte. Immer musste sie diese kleine Schurkenbande im Auge behalten... doch es waren ihre Junge und sie liebte sie mehr, wie alles Andere. So wie eine Königin eben für ihre Jungen empfand. 

Die beiden kleinen Kätzinnen Zirbenjunges und Blütenjunges hatten sich während dessen brav auf den Boden gesetzt. Mit einem respektvollen Nicken nahm sie Kiefernjunges Dämmerwelle ab und tappte zu ihren anderen beiden Jungen. Kiefernjunges schmollte, wagte es jedoch nicht, sich seiner Mutter zu widersetzen. 

Eigentlich hatte Mohnröte gerade keine Lust, geschweige denn die Nötigen Nerven, um mit ihren Jungen zu streiten, aber es musste wohl sein. »Das nächste Mal weckt ihr mich normal auf, in Ordnung? Und was bildet ihr euch eigentlich ein, so einen Unfug zu treiben, wo Dämmerwelle schläft? Sie bekommt bald ihre Jungen, ich denke, sie hat sich etwas Ruhe verdient, bevor bald noch mehr Junge in der Kinderstube umherlaufen!« Mohnröte versuchte, streng zu sein, doch bei Blütenjunges' großen Augen... wurde ihr Herz doch wieder weich.

»Aber wir Junge tun doch gar nichts!« Quietschte sie und ketschte sich auf Mohnröte, die daraufhin nicht anders konnte und sich mit ihren Jungen am Boden umherwälzte. 

»Also Mohnröte, jetzt redest du deinen Jungen ein, sie sollen sich gut benehmen und verhältst dich selbst noch wie ein Junges!«, tadelte Dämmerwelle sie.

Mohnröte schüttelte ihre Jungen ab. Dämmerwelle war sanft und nett aber so viel Mohnröte in den letzten Monden gemerkt hatte, hatte diese Königin nicht wirklich Sinn für Humor.

Die dunkelrot getigerte Kätzin kehrte Dämmerwelle den Rücken zu. Sie machte eine kurze Bewegung mit dem Schweif und trabte aus der Kinderstube. Wenig später wuselten auch wieder Kiefernjunges, Zirbenjunges und Blütenjunges zwischen ihren Beinen umher. 

»Genau Mama, so macht man das!« Kiefernjunges nickte heftig und machte einen freudigen Satz. Mohnröte leckte ihrem Sohn schnurrend mit ihrer rauen Zunge über ein Ohr. Ihre Clangefährten versammelten sich schon. Die Große Versammlung würde wie jeden Vollmond heute Nacht stattfinden. Mohnröte freute sich schon sehr darauf. Ihre Jungen müssten jetzt eigentlich alt genug sein, um eine Nacht bei Dämmerwelle in der Kinderstube zu bleiben und Mohnröte könnte wieder mit ihren Clangefährten zur Vollmondlichtung reisen. Sie würde ihre Freundin Holzauge, die Heilerin aus dem RegenClan wiedersehen, außerdem würde sich vielleicht klären, wieso der SumpfClan letztens eine FunkenClan Patrouille an der Grenze angegriffen hatte. Das einzige Problem war, dass ihr Gefährte Harzkralle sie vielleicht nicht dort hingehen lassen würde. Er war zweiter Anführer und hatte besonders viel Einfluss auf die Entscheidung, wer alles auf die Große Versammlung kam. Leider sorgte er sich sehr um seine Jungen und Mohnröte. Ihrer Meinung nach zu sehr.

Ich werde schon sehen, dachte sie und setzte sich neben die Älteste Rostauge, die schon aufmerksam nach oben zum Großen Felsen zu Donnerstern emporschaute.

Geschickt schlick sich Mohnröte durch das Unterholz, immer dem Geruch ihrer schon länger vorbeigezogenen Clangefährten hinterher. Wie erwartet, hatte sie es nicht mit auf die Versammlung geschafft. Doch sie würde schon noch dabei sein. Ihre Jungen wandelten gerade in ihren Träumen und Dämmerwelle schnarchte wie ein Bär. Ihnen würde schon nichts passieren. Niemanden würde etwas geschehen und sie würde eh keinen Schaden anrichten, also wieso nicht?

Ein Uhu heulte aus der Ferne. Mohnröte schauderte. Es war alleine hier draußen ziemlich gefährlich.

Die immer stärker werdenden Gerüche ihrer Clangefährten versicherten ihr, dass sie auf dem wichtigen Weg war und langsam aufholte. Doch noch immer hatte sie noch keinen Katzenpelz im Laubwald erkennen konnte.

Plötzlich zog ein quieken hinter ihr, Mohnrötes Aufmerksamkeit auf sich. Das ist nicht euer Ernst...

Ihre drei Jungen waren ihr gefolgt. 

Zirbenjunges schaute mit verschlafenen Augen zu ihr hoch. Sie sah irgendwie ängstlich aus und ihr Fell war ziemlich zerzaust. »Wir konnten nicht schlafen.. und jetzt wollten wir dich suchen gehen und wir durften Dämmerwelle ja nicht aufwecken... und jetzt ist es so dunkel und mir ist kalt Mama!« Das hellbraun gestreifte Junge gähnte und taumelte vor Müdigkeit. Mohnröte stützte ihr Junges und hatte nur noch Eines im Sinn: Ich muss sie zurück ins Lager bringen. Mit ihnen ist es zu gefährlich hier draußen!

Sie stupste ihre Jungen motivierend mit der Nase voran in Richtung Lager. Sie konnte sie nachher auch noch zurechtweisen, aber jetzt mussten sie zurück. Langsam nahmen sie den Weg zurück, Mohnröte immer auf Gefahren achtend. Junge waren leichte Beute für alle möglichen Tiere. Immer wieder schaute sie sich um. Vielleicht war sie auch von einer Katze aus ihrem Clan entdeckt worden.

Ein Knurren lenkte die Aufmerksamkeit der roten Königin auch sich. Mohnröte fuhr herum. Sie hatten den halben Weg geschafft und genau jetzt wurden sie von ihren Clangefährten entdeckt. Bestimmt hatte Dämmerwelle....

Ein Marder!

Mohnröte stellte sich schützend vor ihre drei Jungen, während der Marder sie gefährlich umkreiste. Sie winselten, Mohnröte knurrte. Die junge Königin verengte ihre grünen Augen drohend zu Schlitzen.

»Du wirst ihnen nichts antun!« Sie fuhr herum und scheuchte die drei Kätzchen weg, schubste sie in ein nahegelegenes Gebüsch. Und dann ging alles ganz schnell.

Der Marder stürzte sich auf sie und Mohnröte war nicht mehr in der Lage, sich zu wehren. Er schlug mit seinen Krallen auf ihren ungeschützten Bauch ein, zerfetzte ihr ein Ohr und Mohnröte jaulte vor Schmerz.

»Mama nein!« Ein braunes Etwas landete auf dem Rücken ihres Feindes und wollte seine Mutter verteidigen. Der Marder ließ von ihr ab und schüttelte Kiefernjunges , der seiner Mutter nur helfen hatte wollen ab. Mohnröte kam eilig, aber mit schmerzverzerrten Gesicht auf die Pfoten. Und dann konnte sie nichts mehr machen. Da waren nur noch Krallen, Geschrei und... Kiefernjunges. Tot.

»Nein...« Sie winselte vor Schmerz. Das war ihr Junges... sie war schuld gewesen, wenn.. wenn sie das Lager nicht verlassen hätte. Jetzt war da nur noch ein kleines Häufchen Elend vor ihr, das sich nicht mehr bewegte.

»Du...« Jaulend vor Trauer stürzte sie sich auf ihren Gegner, ignorierte den steckenden Schmerz, der ihren Körper durchzuckte, da war nur noch Trauer, Frust, Hass und Zorn. Sie wollte Rache. Unkontrolliert schlug sie auf den Marder ein, nicht darauf achtend, wie sie das anstellte, aber irgendwann flüchtete das gefährliche Wesen.

Mohnröte taumelte. Schmerz durchzuckte ihren Körper. Sie jaulte vor Qualen, doch irgendwann war das dann auch nicht mehr möglich. Sie sank bewusstlos zu Boden. In dem Gewissen, dass sie schuld für den Tod von Kiefernjunges war... und sie würde ihn noch rächen wollen...

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