Kapitel 6

   ,,GUT SO!"
   Am frühen Mittag stand für Schneepfote und Nachtpfote ein Kampftraining an. Zwar waren beide Schüler nicht damit zufrieden gewesen, gegeneinander kämpfen zu müssen, aber Rotherz bestand darauf, damit Schneepfote lernte, wie sie in einem richtigen Kampf handeln sollte. Die Zweite Anführerin saß nun neben Grellschrei und gab ihrem Schüler Kampfanweisungen. Das machte es Schneepfote nicht gerade leicht, die Angriffe ihres Gegners zu parieren. Sie hüpfte wie ein aufgescheuchtes Kaninchen auf der Trainingswiese hin und her und versuchte Nachtpfote auszuweichen. Doch dies gelang ihr nicht wirklich gut.

   ,,Ducken!", rief ihr Grellschrei zu, als Nachtpfote zum Sprung ansetzte und geradewegs auf Schneepfote zuflog. Die weiße Kätzin konnte gerade noch im letzten Moment reagieren und kauerte sich in das warme Gras. Nachtpfote rauschte daraufhin mit einem kräftigen Windzug über sie hinweg und landete etwa eine Fuchslänge hinter ihr. Doch er drehte sich mit einer hohen Geschwindigkeit um und rammte sie ein weiteres Mal.
   ,,Autsch", murmelte Schneepfote, nachdem sie sich wieder aufgerappelt hatte.

   ,,Schnell, nutz die Zeit!", rief Rotherz ihrem Schüler erneut zu, der augenblicklich Schneepfote angriff. Die weiße Kätzin hatte bereits kaum noch Kraft. Ihre Muskeln zitterten, als sie abermals versuchte aufzustehen und Nachtpfote auszuweichen, aber ihr Gegenüber attackierte sie immer und immer weiter. Es schien ihr, als besäße er die Macht des ganzen SternenClans und sie wäre bloß ein neugeborenes Junges. Nachdem Nachtpfote auf Anweisungen seiner Mentorin nicht aufhörte, blieb Schneepfote schließlich erschöpft auf dem Boden liegen und keuchte vor Anstrengung. Ihr war leicht schwarz vor Augen und ihre Gliedmaßen fühlten sich wie zerrissen an. Schließlich befahl Rotherz Nachtpfote, dass er seine Gegnerin ein letztes Mal angreifen sollte, aber Grellschrei heulte plötzlich laut auf.
   ,,Das ist genug! Nachtpfote, geh und setz dich neben deine Mentorin und lass Schneepfote in Ruhe!"

   ,,Warum?", fragte Rotherz verärgert. ,,Wenn Schneepfote in einem richtigen Kampf überleben will, sollte sie das Kämpfen besser schnell lernen. Und Nachtpfote ist ein geeigneter Gegner."
   ,,Warum?!", fauchte Grellschrei zornig und Schneepfote sah, wie die weiß-braune Kätzin zur Zweiten Anführerin herumfuhr. Ihre blauen Augen blitzten dabei im Sonnenlicht auf und ihr Fell war gesträubt. ,,Meine Schülerin lernt keinen Kampf, indem man sie bewusstlos prügelt! Vielleicht gehst du mit Nachtpfote so um, aber wenn du ihn noch einmal so hart gegen meine Schülerin kämpfen lässt, sei dir sicher, dass ich Klauenstern davon in Kenntnis setzen und dir nebenbei das Fell über die Ohren ziehen werde!"
   Grellschrei fauchte noch einmal und drehte sich dann zu Schneepfote, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Sie nahm ihre Schülerin vorsichtig am Nackenfell und hob sie in die Luft. Dann lief sie langsam zum Ausgang der Trainingslichtung. Schneepfote konnte kaum noch etwas vor Erschöpfung erkennen, aber sie merkte, wie sie wie ein Junges zwischen den Zähnen ihrer Mentorin baumelte und sie spürte die Wärme der Sonne, die beruhigend auf ihr weißes Fell schien.

   ,,Dann geh eben mit deiner Schülerin wie mit einem Jungen um! Du wist sehen, bald wird sie deinetwegen Fuchsfraß sein!", knurrte Rotherz Grellschrei hinterher, aber diese schien es zu ignorieren und lief stur weiter zum Wald.
   ,,Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum Cremepfote so weich ist", höhnte Nachtpfote und brachte Grellschrei damit zum Stillstand. Schneepfote wusste, dass er das besser nicht gesagt hätte. Ihre Mentorin legte sie sanft in das warme Gras und fuhr dann blitzschnell herum.

   ,,Beleidige noch einmal meinen Sohn", knurrte sie mit einer Stimme, die so bedrohlich klang, als würde sie dem Schüler gleich an die Kehle springen, ,,und ich versichere dir, dass du den Heilerbau in den nächsten Monden nicht mehr verlassen wirst!"
   Schneepfote drehte ihren Kopf zu den streitenden Katzen und erkannte, wie Rotherz Grellschrei zwar verärgert ansah, aber trotzdem schlug sie ihren Schüler mit dem Schweif an den Hinterkopf. Dieser fauchte kurz und schien nicht zu wissen, welchen von den beiden Kätzinnen er nun böse anschauen sollte. Seine kräftigen Muskeln waren angespannt und sein Schweif zuckte hinter ihm unruhig hin und her. Nachtpfote war so groß, dass er sowohl Grellschrei als auch Rotherz überragte und wenn er es wollte, hätte er wohl auch gegen beide kämpfen können, aber keine der beiden Kätzinnen schien dies zu kümmern.

   Während Rotherz nun Grellschrei ansah, drehte sich diese lediglich um und nahm Schneepfote wieder zwischen die Zähne. Dann verließ sie mit ihr die Trainingswiese.
   ,,Geht es?", miaute sie sanft durch ein Maul voll Fell, als sie sich wieder im Wald befanden.
   ,,Es wird schon wieder", antwortete Schneepfote leise. ,,Ich muss mich nur kurz hinlegen und mich ausruhen."
   Grellschrei miaute verständlich und trabte dann mit ihrer Schülerin zurück zum Lager, um sie im Schülerbau abzusetzen.
   ,,Was ist passiert?", fragte Sturmpfote seine Schwester erschrocken, als Grellschrei den Schülerbau wieder verlassen hatte.

   ,,Kampftraining mit Nachtpfote", entgegnete ihm Schneepfote, während sie ihren Kopf auf die Pfoten legte und es sich in ihrem Moosnest bequem machte.
   ,,Heiliger SternenClan", miaute Dämmerpfote ebenfalls erschrocken. ,,Ein Glück, dass du nicht verletzt bist. Selbst wenn ich gegen Nachtpfote kämpfe, habe ich Probleme."
   ,,Ich bin auch ziemlich fertig", lächelte Schneepfote mit geschlossenen Augen. Sie öffnete diese aber ein kleines bisschen, als sich Cremepfote in das Nest neben ihr legte.
   ,,Dann hoffe ich, dass du dich schnell erholst", murmelte er mit einem aufmunternden Schnurren, ,,denn Rotherz hat dich und mich und unsere Mentoren zusammen mit ihr und Nachtpfote für die nächste Patrouille eingeteilt."

   Schneepfote hob rasch ihren Kopf und sah Cremepfote verständnislos an.
   ,,Ist diese Katze wahnsinnig geworden?", rief sie.
   ,,Leider ist Rotherz sehr hart zu Schülern", entgegnete ihr Dämmerpfote. ,,Das ist auch der Grund, warum Schattenlicht ebenfalls so streng ist."
   ,,Ich finde ihn gar nicht so streng wie Rotherz", warf Sturmpfote ein. ,,War er etwa ihr Schüler?"
   ,,Ja", antwortete Dämmerpfote. ,,Mutter hat uns immer erzählt, wie er Rotherz' Schüler geworden ist. Es war noch bevor sie zur Zweiten Anführerin ernannt wurde. Damals war Klauensterns Stellvertreter ein Kater namens Hummelpelz, eine ziemlich verrückte Katze, die kurz bevor Nachtpfote und ich geboren wurden an einem Dachsangriff starb. Daraufhin musste Klauenstern einen neuen Stellvertreter ernennen und er war kurz davor unsere Mutter, also Blauwolke, zu ernennen. Aber er hat Rotherz genommen, weil er dachte, dass es nicht gut wäre, seine eigene Tochter als Zweite Anführerin zu ernennen."

   ,,Seine eigene Tochter?", fragte Schneepfote erstaunt. ,,Heißt das, dass du und Nachtpfote mit Klauensterns verwandt seid?"
   Dämmerpfote nickte und fuhr fort.
   ,,Nachdem Rotherz ernannt wurde, da wurde sie erst so streng. Schattenlicht hatte es immer gut bei ihr und liebte das Kriegertraining, aber als seine Mentorin dann Klauensterns Stellvertreterin war, änderte sich für ihn alles. Rotherz nahm ihre neuen Pflichten sehr ernst und versuchte dem gerecht zu werden, was ihr aufgetragen wurde. Das färbte auch auf Schattenlicht ab, der darunter leidete. Vater sagte uns immer, ab Rotherz Ernennung hasste er sein Training und er war sogar kurz davor, einen anderen Mentoren haben zu wollen.

   Zwischendurch hatte er sogar heimlich mit Finnenkralle trainiert, der ihn eigentlich selbst als Schüler haben wollte. Nach einer Weile ernannte Klauenstern Schattenlicht schließlich frühzeitig zum Krieger, was Rotherz überhaupt nicht gepasst hatte. Als Entschädigung dafür gab er ihr deshalb Nachtpfote als Schüler, aber mit ihm geht sie bis heute keinesfalls besser um als mit Vater. Ich hoffe deswegen, dass Nachtpfote auch bald zum Krieger ernannt wird. Ich mache mir mittlerweile ziemliche Sorgen um ihn..."
   ,,Um mich brauchst du dir keine Sorgen machen!", ertönte Nachtpfotes grollende Stimme am Eingang des Baus und ließ Dämmerpfote verschreckt den Kopf hochfahren. Sie sagte nichts, sondern starrte ihrem Bruder bloß mit ihren waldgrünen Augen an. Dieser wandte den Blick allerdings von ihr ab und warf ihn auf Schneepfote und Cremepfote.

   ,,Rotherz will euch draußen sehen. Die Patrouille geht gleich los, wir warten auf euch."
   Mit diesen Worten drehte sich der schwarze Kater wieder um und verließ den Schülerbau.
   ,,Na dann", miaute Cremepfote, der Schneepfote beim Aufstehen half. Die weiße Kätzin sah den älteren Schüler dankbar an und wandte sich dann kurz an Dämmerpfote.
   ,,Bis später, vielleicht kannst du uns ja dann noch etwas mehr erzählen."

   ,,Das kann ich machen", entgegnete Dämmerpfote lächelnd, woraufhin Schneepfote dankbar nickte und zusammen mit Cremepfote den Schülerbau verließ. Als sie auf der Lichtung ankamen, standen Rotherz, Nachtpfote, Blauwolke und Grellschrei bereits dort. Rotherz lief sofort los, als alle versammelt waren. Wie immer wartete sie nicht auf den Rest, sondern beschleunigte ihr Tempo ohne Rücksicht auf die anderen. Der einzige, der an ihrer Seite lief, war Nachtpfote. Ihnen folgten mit einer Fuchslänge Abstand Blauwolke mit Grellschrei und am Ende liefen Schneepfote und Cremepfote.
   ,,Wohin es wohl diesmal gehen wird?", überlegte Schneepfote eifrig, woraufhin Cremepfote lächelte.
   ,,Keine Ahnung. Bestimmt endlich mal wieder zur DämmerClan-Grenze. Ich habe schon lange keine DämmerClan-Katzen mehr gesehen."

   ,,Apropos DämmerClan, glaubst du, Rehpfote und Tigerpfote haben ihre Kriegerprüfungen bestanden?", fragte Schneepfote mit schiefgelegtem Kopf, woraufhin Cremepfote grübelnd seinen Blick senkte.
   ,,Schwer zu sagen", miaute er. ,,Aber ich bin mir sicher, dass sie die Prüfung bestanden haben, schließlich sind die beiden starke und geschickte Kat-...."
   ,,Hört endlich mit dem Geplapper auf!", fauchte Rotherz, die vor dem großen Ahornbaum über dem Notbau stehen geblieben war und die beiden Schüler genervt betrachtete. Sofort waren diese still und schauten verschreckt zu der rötlichen Kätzin hoch. ,,Geht doch", miaute Rotherz schließlich und drehte sich zu Nachtpfote um. ,,Also", sagte sie bestimmt, ,,Dämmerpfote hat sie bereits hinter sich und nun bist du heute an der Reihe, deine letzte Kriegerprüfung zu absolvieren."

   Nachtpfote sah seiner Mentorin mit sicherer und zufriedener Miene in die Augen, aber Schneepfote glaubte auch kurzzeitig einen Anflug von Nervosität in seinen Bernsteinaugen zu erkennen. Davon ließ sich der Kater aber nichts anmerken. Er saß da wie ein Fels in einem reißenden Fluss. Seine Schultern waren gestrafft, seine Muskeln angespannt und sein Schweif wirbelte hinter ihm leicht den Staub vom Boden auf.
   ,,Du wirst mir eine Maus, einen Vogel und ein Eichhörnchen fangen und das spätestens bis die Sonne hinter den Bergen verschwunden ist. Enttäusch mich nicht! Abmarsch!"

   Schneepfote wusste, dass Rotherz streng war, aber sie schien zu Dämmerpfote wesentlich strenger gewesen zu sein als zu ihrem eigenen Schüler. Nachtpfote war auch keinesfalls verschreckt bei dem Kommando, sondern nickte bloß und sah kurz zu Schneepfote und Cremepfote.
   ,,Seht und lernt, ihr Hauskätzchenjungen", grinste er und verschwand mit großen Sprüngen zwischen den Büschen im Wald.
   ,,Wie hat er uns gerade genannt?", fragte Schneepfote mit gesträubtem Fell, während sie dem schwarzen Kater knurrend hinterherstarrte. ,,Den zerfetze ich, wenn er nochmal sowas sagt!"

   ,,Du wirst ihm nicht in die Quere kommen", fauchte Rotherz. ,,Wenn du Nachtpfote bei seiner Prüfung behinderst, zerfetze ich dich, hast du verstanden?"
   Ohne weitere Worte bedeutete die rötliche Kätzin Blauwolke mitzukommen und ließ den Rest der Patrouille wieder alleine stehen. Grellschrei knurrte ihr hinterher, aber hörte auf, als die Zweite Anführerin zwischen den Baumkronen verschwunden war.
   ,,Ich verstehe einfach nicht, was mit dieser Kätzin los ist!", zischte sie kopfschüttelnd und sah dann zu den beiden Schülern, die vor ihr standen. ,,Naja, lasst uns patrouillieren gehen, dann tun wir wenigstens etwas Vernünftiges."

   Grellschrei stapfte an dem Ahornbaum vorbei und verschwand zwischen einigen Büschen dahinter. Schneepfote drehte ihren Kopf unsicher zu Cremepfote, der auch zögerte, Grellschrei hinterherzulaufen. Schließlich kam die weiß-braune Kätzin wieder zwischen den Büschen hervor und legte den Kopf schief.
   ,,Kommt ihr? Die Grenzen markieren sich nicht von selbst.''
   Schnurstracks sprangen Schneepfote und Cremepfote auf und folgten der Kriegerin, die in einem angenehmen Tempo Richtung DämmerClan-Grenze lief. Schneepfote sah, wie sie kurz zu ihr und dem Schildpattkater nach hinten blickte und sie liebevoll anlächelte.

   ,,Ihr beiden würdet wunderbare Gefährten abgeben", schnurrte sie grinsend. ,,Ihr passt so gut zusammen."
   ,,Gef-... Bitte was?", fragte Schneepfote überrascht und blieb augenblicklich stehen. ,,Wir können doch keine richtigen Gefährten sein! Wir sind Baugefährten und nur Freunde."
   ,,J-ja...", murmelte Cremepfote verlegen und sah seine Mutter dabei grinsend an, ,,genau, nur Freunde."
   ,,Hmm", gab Grellschrei von sich, während sie ihren Kopf schieflegte, grinste und sich dann umdrehte. ,,Na schön, wenn ihr meint, dann wird es wohl auch so sein", lachte sie schließlich. ,,Kommt."

   Die beiden Schüler liefen Grellschrei weiter hinterher. Schneepfote bahnte sich neben Cremepfote ihren Weg zwischen grünen Sträuchern, dicken Baumstämmen und umherliegendem Laub und Ästen hindurch, die von der Abendsonne mit einem wunderschönen Dunkelrot beschienen wurden. Als sich die Bäume ein wenig lichteten und die drei Katzen der DämmerClan-Grenze näher kamen, stand die Sonne bereits tief bei den Bergen des Gebirges in der Ferne und warf lange Schatten über die Landschaft. Der Himmel glühte wie Feuer und spiegelte sich elegant im Wasser des großen Sees, während die violetten Wolken wie bemalte Schafe über das langsam erscheinende Silbervlies schwebten.

   ,,Die Sonne ist fast untergegangen", bemerkte Schneepfote, die hoch zum Himmel sah, wodurch ihre gelben Augen im Abendlicht wie Bernsteine in der Sonne wirkten. ,,Ob Nachtpfote seine Prüfung bereits abgeschlossen hat?"
   Die weiße Kätzin musste leicht schmunzeln, als ihr der Gedanke aufkam, wie Nachtpfote vor ihr und Cremepfote angeben wollte und er dabei vielleicht die Prüfung versagt hatte. Dann wäre dieser Kater wohl nicht mehr so vorlaut.
   ,,Ich kann es dir nicht sagen", miaute Grellschrei. ,,Wir werden es heute Nacht erfahren."

   Schneepfote bemerkte, wie Cremepfote neben ihr die Luft prüfte und dann den Blick nach vorne zum Waldende richtete. Dort tat sich der lange, stinkende Pfad auf, den Schneepfote ganz und gar nicht leiden konnte. Aber auf der gegenüberliegenden Seite konnte sie etwas erkennen, die Silhouette einer Katze, die zwischen den hohen Schilfrohren am See entlangschlich. Was wollte diese Katze? Etwa auf dem SonnenClan-Territorium jagen?
   Schneepfote wollte gerade losrennen und eingreifen, doch da sprang die Katze auf einmal aus dem Schilf hervor und stürzte sich auf ein kleines Tier. Da konnte sie schließlich erkennen, um wen es sich handelte.
   ,,Rehpfote!"

   Die Kätzin auf der anderen Seite sah verschreckt auf, aber schien sich zu beruhigen, als sie die Schülerin auf sich zulaufen kommen sah.
   ,,Rehbein", antwortete die rotbraune Kätzin grinsend. Sie hob stolz ihren Kopf, als Schneepfote über den Donnerweg gerannt kam und sich am Seeufer an die Grenze zum DämmerClan-Territorium gesetzt hatte.
   ,,Du hast deine Kriegerprüfung bestanden!", miaute die weiße Kätzin begeistert. ,,Das ist ja toll! Jetzt bist du eine Kriegerin!"
   ,,Genau", antwortete Rehbein strahlend. ,,Und Rindenstern hat mir sogar erlaubt, allein auf meine erste Jagd als Kriegerin zu gehen."
   ,,Ich hatte mich schon gefragt, wo deine Patrouille ist", warf Grellschrei ein. ,,Kurze Zeit dachte ich, du wärst jemand, der uns Beute stehlen will."

   ,,Oh nein, das auf keinen Fall", beteuerte Rehbein vorsichtig, während sie auf ihren erlegten Frosch sah. ,,In unserem Territorium gibt es bereits mehr, als wir zurzeit jagen können."
   Grellschrei nickte.
   ,,Ich verstehe", miaute sie. ,,Und so Leid es mir auch tut, Schneepfotes und dein Wiedersehen zu unterbrechen, aber wir müssen wieder zurück zum Lager. Es freut mich für dich, dass du zur Kriegerin ernannt wurdest, Rehbein, und ich hoffe, wir sehen uns alle bald auf der Großen Versammlung wieder."
   Mit einem höflichen Nicken drehte sich Grellschrei um und bedeutete den beiden Schülern, ihr zu folgen. Schneepfote grinste und nachdem sie sich ebenfalls von Rehbein verabschiedet hatte, lief sie zusammen mit Cremepfote wieder ihrer Mentorin hinterher.

   Unterwegs zum Lager markierten die drei Katzen die Baumstämme an den Grenzen, an denen der Geruch nicht mehr so deutlich zu erkennen war. Der Wald lag mittlerweile in tiefer Dunkelheit und der Mond schien mit einem silbrigen Licht über den Baumkronen hervor. Das Silbervlies erstrahlte und glitzerte am Himmel, während das restliche Glühen des Abendlichts hinter den Bergen verebbte.
   Im Lager angekommen, befand sich fast der ganze Clan auf der Lichtung. Klauenstern stand gerade auf dem abgebrochenen Hochast der Linde und schaute zu den drei Katzen, die die Lichtung betraten. Offensichtlich hatte er zu einer Clanversammlung aufgerufen.

   ,,Ahh, wir sind vollständig", miaute er schließlich mit seiner tiefen, alten Stimme. ,,Nun denn, dann wollen wir anfangen. Dämmerpfote und Nachtpfote haben ihre letzten Kriegerprüfungen hinter sich und anhand der mir gelieferten Berichte werde ich nun entscheiden, ob sie diese Prüfungen bestanden haben oder nicht. Fangen wir mit Dämmerpfote an. Tritt vor."
   Schneepfote reckte ihren Kopf ein wenig, um zwischen den vielen Katzen die goldene Schülerin erkennen zu können. Diese stand auf und lief ein paar Schritte nach vorne, um sich direkt unter den Hochast zu setzen. Schneepfote erkannte, dass sie immer noch sehr nervös war.

   ,,Dämmerpfote", erhob Klauenstern seine Stimme wieder, ,,du bist clever und äußerst aufmerksam. Ich habe schon früh bemerkt, dass du über sehr scharfe Sinne verfügst, schärfer als jeder andere von uns. Rotherz und Schattenlicht haben mir zudem berichtet, dass du diese Sinne erneut bei deiner Prüfung bewiesen hast, als du der Spur der LichtClan-Jungen nachgegangen bist. Du hast deine Prüfung also bestanden. Ich werde dich allerdings nicht zur Kriegerin ernennen."
   Aus einigen Ecken der Katzenmenge ertönte schockiertes Miauen und Protest und Schneepfote konnte erkennen, wie auch Dämmerpfote regungslos und mit weit aufgerissenen Augen zu Klauenstern hinauf starrte. Das konnte doch nicht fair sein!
   ,,Ruhe!'', rief Rotherz plötzlich, woraufhin die Laute aus der Katzenmenge wieder verklangen.
   ,,Vielen Dank, Rotherz", bedankte sich Klauenstern schnell bei seiner Stellvertreterin, bevor er weitersprach. ,,Dämmerpfote, ich werde dich nicht zur Kriegerin ernennen, das stimmt. Das liegt aber einzig daran, dass ich etwas anderes mit dir vorhabe. Was genau das ist, wirst du bald in deiner Zeremonie erfahren. Hab bis dahin Geduld und keine Angst."

   Schneepfotes Herz machte einen Satz aus ihr heraus. Für einen Moment dachte sie, scheinbar genau wie der Rest des Clans, dass Klauenstern Dämmerpfote erst lobte und dann einfach im Regen stehen ließ. Nun fragte sie sich aber, zu was er Dämmerpfote dann ernennen wollte, wenn nicht zu einer Kriegerin. Sollte sie gleich Zweite Anführerin werden? Das hätte Rotherz wohl ganz und gar nicht gepasst. Oder sollte sie Klauensterns Leibwache werden? Gab es sowas überhaupt für einen Anführer?

   Tausende von Fragen schwirrten der weißen Kätzin auf einmal durch den Kopf, aber sie beruhigten sich, als Schneepfote Klauensterns Stimme wieder über die Lichtung hallen hörte.
   ,,Nun zu Nachtpfote", miaute er, woraufhin sich der schwarze Kater nach vorne unter den Hochast setzte. Seine Miene war nicht mehr ganz so zielsicher wie vor seiner Prüfung. Irgendetwas musste wohl schiefgelaufen sein, vermutete Schneepfote.

   ,,Nachtpfote", miaute Klauenstern, ,,du bist ein überaus starker Kämpfer und wirklich begabt, was Strategien in Gefechten betrifft. Aber leider mussten mir Rotherz und Blauwolke heute mitteilen, dass du nicht vor Sonnenuntergang fertig geworden bist und es obendrein versäumt hast, die Grenze, an der du dich befunden hast, neu zu markieren. Dass du die Beute nicht rechtzeitig gefangen hast, darüber kann ich hinwegsehen. Aber ein Krieger sollte niemals bei einer Patrouille vergessen, an den Grenzen neue Markierungen zu setzen und das vor allem schon gar nicht als Schüler bei seiner letzten Kriegerprüfung. Daher denke ich, dass dir noch ein wenig Patrouillentraining guttun wird. Ich werde dich leider nicht zum Krieger ernennen, sondern warten, was dein weiteres Training mit sich bringt."

   Schneepfote sah, wie Nachtpfotes Bernsteinaugen erst entsetzt aufblitzten, aber sich dann voller Zorn füllten. Die Muskeln des schwarzen Kater spannten sich an, Krallen blitzten aus seinen weißen Pfoten hervor und sein Schweif peitschte wild in der Luft. Doch bevor er losspringen konnte, kam Rotherz zu ihm und hielt ihn zurück. Schneepfote ließ ihren Blick über die anderen Katzen schweifen und erkannte, wie Blauwolke und Schattenlicht traurig ihre Köpfe hängen ließen. Offenbar hatten sie gehofft, dass beide ihrer Jungen die Kriegerprüfung bestehen würden, aber nun war es nur Dämmerpfote. Diese kam in dem Moment zu Schneepfote und Cremepfote geeilt und setzte sich mit einem unsicheren Blick vor die beiden Schüler. Schneepfote wusste, dass sich die goldene Kätzin nicht sicher war, ob sie froh über ihr Bestehen oder traurig darüber sein sollte, dass Nachtpfote kein Krieger werden würde.

   ,,Das wird schon", miaute Cremepfote aufmunternd, woraufhin Dämmerpfote ein wenig lächelte.
   ,,Ja, Nachtpfote kriegt sich schon wieder ein", fügte Schneepfote grinsend hinzu.
   ,,Wahrscheinlich", antwortete Dämmerpfote. ,,Kommt, wir gehen ihn trotzdem ein wenig aufmuntern."
   Schneepfote und Cremepfote nickten und folgten dann Dämmerpfote zum Schülerbau. Unterwegs schloss sich ihnen Sturmpfote an und so betraten sie zu viert den Bau, der dunkel zwischen den Wildrosensträuchern lag. Nachtpfote, der nach der Auflösung der Clanversammlung sofort hierhergekommen war, war durch sein schwarzes Fell fast gar nicht zu sehen. Nur seine Bernsteinaugen blitzten kurz auf, als er seinen Kopf ein wenig zur Seite drehte.

   ,,Nachtpfote?", miaute Dämmerpfote sanft.
   ,,Lass mich in Ruhe", murrte der Kater als Antwort.
   ,,Willst du vielleicht etwas mit uns unternehmen?", fragte Schneepfote daraufhin vorsichtig.
   ,,Ja, als Ablenkung von all dem hier", fügte Cremepfote mit geduckter Haltung hinzu. Offensichtlich erwartete er von Nachtpfote, dass dieser ihn jeden Moment den Pelz zerfetzen konnte.
   ,,Nein", kam wieder nur eine einfach Antwort.
   ,,Mein Bruder", miaute Dämmerpfote erneut und drückte ihre Nase in das Fell des schwarzen Katers, ,,es tut mir so Leid für dich. Ich hatte wirklich gehofft, dass Klauenstern dich ernennt."

   ,,Eure Aufmunterungen könnt ihr euch sparen", knurrte der Kater, dessen Stimme nun ein wenig ernster klang. ,,Lasst mich einfach in Ruhe."
   ,,Aber wir wollen doch nur, dass du wieder gute Laune hast", mischte sich Sturmpfote ein.
   ,,Vergesst es und lasst mich endlich zufrieden!"
   ,,Aber...", wollte Cremepfote gerade ansetzen, aber er wurde von Nachtpfote unterbrochen.
   ,,Verzieht euch schon!"

   Die vier Katzen sahen sich gegenseitig an und wussten nicht weiter. Offensichtlich wollte sich Nachtpfote von niemanden ein wenig aufheitern lassen. Schneepfote wollte andererseits auch nicht aufgeben, sondern einmal bewirken, dass der Schüler auch gute Laune haben konnte. Doch ihr nächster Versuch, sich dem miesgelaunten Kater zu nähern, endete für die anderen Schüler in einem Entsetzen. Nachtpfote fauchte wütend und fuhr blitzschnell herum. Dabei holte er mit seinen dornenscharfen Krallen aus und traf Schneepfote mit aller Kraft im Gesicht. Die weiße Kätzin wurde dabei durch die Wucht zur Seite geschleudert und landete etwa eine Dachslänge entfernt am anderen Ende des Schülerbaus. Aus Panik und Schmerz schrie Schneepfote instinktiv auf. Während Dämmerpfote und Cremepfote ihr schnell zu Hilfe kamen, hörte sie, wie Sturmpfote laut aufjaulte.

   ,,Du hast meine Schwester verletzt, du Haufen Fuchsdung!"
   Mit einem zugekniffenen Auge, das Schneepfote vor lauter Schmerz auch nicht öffnen wollte, sah die junge Schülerin nur halb, wie sich Sturmpfote wutentbrannt auf Nachtpfote stürzte und diesen mit seinen Krallen bearbeitete. Er biss in das Fell des schwarzen Katers und fauchte wild, als würde er gegen den Krieger eines feindlichen Clans kämpfen. Doch Nachtpfote ließ dies nicht über sich ergehen und wehrte sich. Wie außer Kontrolle geraten wälzten sich die beiden Kater in dem Bau umher und schienen nicht mehr voneinander ablassen zu wollen. Erst als am Eingang des Baus ein paar Krieger erschienen und sie von diesen auseinandergehalten wurden, beruhigten sie sich etwas.

   ,,Was ist hier los?", fragte Klauenstern mit aufgebrachter Stimme. ,,Warum kämpft ihr beiden miteinander?", fügte er hinzu, als er zu Sturmpfote und Nachtpfote sah.
   ,,Und wer hat geschrien?", miaute Grellschrei besorgt. Schneepfote traute sich aus Angst vor Nachtpfote und dem Schmerz in ihrem rechten Auge nichts zu sagen. Daher übernahm Sturmpfote das Reden.
   ,,Fragt doch am besten Nachtpfote!'', knurrte er wütend. ,,Er hat Schneepfote schließlich verletzt!''
   ,,Stimmt das?", fragte Klauenstern den schwarzen Kater mit eindringlicher Miene. Dieser nickte leicht, während er seinen Blick auf den Boden gesenkt hatte.

   ,,Ich hatte ihr und den anderen mehrmals gesagt, dass sie mich in Ruhe lassen sollten. Sie wollten ja einfach nicht aufhören", murrte er.
   ,,Wir wollten dich mäusehirnigen Filzball doch nur aufmuntern!'', fauchte Sturmpfote, der augenblicklich von Klauenstern unterbrochen wurde.
   ,,Mir ist egal, wie und warum es passiert ist! Es ist leider passiert und kann nicht rückgängig gemacht werden!"
   Der hellbraune Kater schloss die blauen Augen, atmete tief durch und beruhigte seine Stimme.
   ,,Dämmerpfote, Cremepfote, bringt Schneepfote in den Heilerbau, damit ihre Verletzungen behandelt werden können. Sturmpfote, Nachtpfote, ihr werdet ihnen folgen und eure Kratzer behandeln lassen. Ich werde ebenfalls mitkommen, da ich mit euch beiden noch nicht fertig bin!"

   Schneepfote sah mit ihrem gesunden Auge zu ihrem Bruder und erkannte sofort das Bedauern in seinem Blick. Er ließ seinen Kopf hängen, hatte die Augen geschlossen und sein Schweif hing schlaff auf dem Boden. Offensichtlich schämte er sich nun, dass er sich mit Nachtpfote angelegt hatte statt einen Krieger zu holen, der sich um die Situation gekümmert hätte. Aber wie Klauenstern es gesagt hatte, diese Situation konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden. Dennoch wünschte sich Schneepfote, dass sie lieber nicht geholfen hätte, Nachtpfote zu beschwichtigen. Jetzt war dadurch ihr rechtes Auge verletzt und schmerzte fürchterlich und es gab einen vollkommen unnützen Aufruhr im Lager.

   Dämmerpfote und Cremepfote halfen ihr schließlich auf die Beine. Die beiden stützten sie, während sie die weiße Kätzin zum Heilerbau trugen, in dem sie Wasserfell und Sonnenrinde bereits erwarteten.
   ,,Leg' dich hier in das Nest", miaute Wasserfell sanftmütig zu ihr. Sie tat, was ihr gesagt wurde und ließ sich in dem weichen Moosnest an der Bauwand nieder. Es war schön warm und gab ihr auf der Stelle eine Geborgenheit, wie sie diese das letzte Mal in der Kinderstube verspürt hatte. Sturmpfote und Nachtpfote legten sich in die Nester auf der anderen Seite des Baus und wurden sofort von Sonnenrinde behandelt. Sie legte ein paar seltsam riechende, dunkelgrüne Blätter auf die Kratzer der beiden und befestigte diese mit ein wenig Spinnenweben. Als Wasserfell ebenfalls mit ein paar Kräutern zurückkam, sah Schneepfote ihn aufmerksam mit ihrem linken Auge an.

   ,,Also", sagte der alte Heiler, ,,dann zeig mal her."
   Schneepfote drehte ihr Gesicht ein wenig und zeigte ihm ihr verletztes Auge.
   ,,Kannst du es öffnen?", fragte Wasserfell daraufhin. ,,Nur ganz vorsichtig, dann wird es nicht allzu sehr weh tun."
   Die weiße Kätzin merkte, wie sich ihr Fell am Schweif sträubte, als sie versuchte, ihr verletztes Auge aufzumachen. Sie hatte Angst davor, dass es noch mehr als ohnehin schmerzen könnte, aber dann nahm sie all ihren Mut zusammen und warf die beiden Augenlider auseinander. Nur... Da war nichts. Sie sah nichts mehr!
   ,,Ich bin blind!", schrie Schneepfote entsetzt und sprang vor lauter Angst aus ihrem Nest. Ihr Fell stand ihr nun von oben bis unten in alle Richtungen zu Berge und ihre Muskeln fingen an zu zittern.

   ,,Bleib ruhig", versuchte Wasserfell sie zu beruhigen und trug sie zurück in ihr Nest. ,,Das wird schon."
   Gelassen legte der alte Kater ein paar hellgrüne Blätter auf Schneepfotes Auge und leckte ihr schließlich sanft über den Kopf.
   ,,Keine Sorge, wir werden uns schon um dein Auge kümmern. Und selbst wenn du darauf nicht mehr sehen kannst, wird es keineswegs das Ende sein. Selbst Katzen, die gar nicht sehen konnten, haben es zu großen Taten geschafft. Mach dir also keinen Kopf, sondern versuch dir am besten zu überlegen, wie du dein verletztes Auge zu deinem Vorteil nutzen kannst. Zum Beispiel kannst du Kampf- und Jagdtechniken entwickeln, die nur du allein kennst. Damit könntest du anderen Katzen überlegen sein."

   ,,Meinst du wirklich?", fragte Schneepfote nun etwas ruhiger.
   ,,Ja", antwortete Wasserfell. ,,Da bin ich mir ganz sicher. Aber nun entschuldige mich kurz, ich muss eben nach dem Kräutervorrat schauen."
   Schneepfote sah dem alten Kater hinterher und blickte dann zu Klauenstern, als dieser durch den Rankentunnel hereinkam. Er sah erst mitfühlend zu ihr, aber wandte dann seinen Blick ab und schaute zu Nachtpfote und Sturmpfote. Die beiden spitzten ihre Ohren, als der hellbraune Kater zu ihnen getappt kam und sich vor sie setzte.

   ,,Nachtpfote", fing er an, damit keiner der Schüler ihm vorschnell ins Wort fallen konnte, ,,ich hoffe, du bist dir darüber im Klaren, was deine Tat für Konsequenzen hat. Ich bin schwer von dir enttäuscht. Allerdings hat es mir auch bewiesen, dass meine Entscheidung bezüglich deines weiteren Trainings offenbar richtig gewesen ist. Weißt du, eigentlich wollte ich dich schon lange zum Krieger ernennen, aber du gibst mir in letzter Zeit kaum das Gefühl, dass dies das richtige wäre. Stattdessen benimmst du dich wie ein Mäusehirn und greifst Clanmitglieder, obendrein jüngere Clanmitglieder an, die dir nur helfen wollen. Ich weiß, dass sie dich vielleicht in dem Moment besser allein gelassen hätten, aber statt Schneepfote anzugreifen hättest du auch einfach selbst gehen oder einen Krieger holen können, der dir hilft. Jedenfalls kannst du in Zukunft darüber nachdenken, denn du wirst das Lager den nächsten Mond nicht verlassen. Zusätzlich wirst du regelmäßig den Königinnen und ihren Jungen Beute bringen, ihre Nester säubern und ihre Jungen beschäftigen, wenn sie keine Zeit haben. Dies sollte dir auch den Respekt vor den jüngeren Clanmitgliedern und generell Respekt gegenüber anderen beibringen. Und enttäusch mich bitte nicht nochmal, sonst bin ich gezwungen, deine Strafe zu verschärfen."

   Schneepfote sah, wie Nachtpfote lautlos nickte und seinen Kopf mit geschlossenen Augen auf seine weißen Pfoten fallen ließ. Als sie Sturmpfote betrachtete, sah sie, wie ein schwaches Lächeln über sein Maul zuckte und so schnell verschwand wie es auftauchte. Klauenstern wandte sich nun an ihn.
   ,,Von dir bin ich auch enttäuscht, Sturmpfote", miaute er mit seiner kräftigen Stimme. ,,Du hättest Nachtpfote ebenfalls einfach in Ruhe lassen oder einen Krieger holen können statt ihn aus Rache anzugreifen. Deine Handlung hat zu nichts geführt, außer dass ihr beide jetzt auch noch hier im Heilerbau sitzt und eure Kratzer behandeln lasst. Dein Verhalten hat von keinem guten Urteilsvermögen bewiesen und so kann ich nicht anders, als dir auch eine Strafe zu geben."

   ,,Das ist nicht fair!", protestierte Sturmpfote sofort. ,,Ich habe doch nur meine Schwester verteidigt!"
   ,,Das ist sehr wohl fair", antwortete Klauenstern mit strenger Miene. ,,Du hast ein ebenso rücksichtsloses Verhalten an den Tag gelegt wie Nachtpfote. Ihr wolltet beide jemanden verteidigen, er sich und du deine Schwester, allerdings habt ihr beide die falsche Entscheidung getroffen. Also bekommt ihr Strafen, die euch das richtige Handeln beibringen werden. Deswegen wirst du den nächsten halben Mond ebenfalls hier im Lager bleiben und dich um Donnerwind kümmern."
   Sturmpfote wollte zwar etwas dagegen einwenden, aber er unterließ es, da er sich offenbar nicht in noch mehr Schwierigkeiten bringen wollte, als er bereits war. Somit legte er wie Nachtpfote seinen Kopf auf die Pfoten und schloss die Augen. Schneepfote sah noch, wie Klauenstern den Heilerbau wieder verließ und Sonnenrinde zu ihr getappt kam.

   ,,Du solltest dich ein wenig ausruhen, meine kleine", sagte sie mit einem liebevollen Blick. ,,Dann kann sich dein Auge besser erholen."
   Kaum verschwand die goldbraune Kätzin wieder im hinteren Teil des Baus, in dem wohl die Kräuter lagen, da schloss Schneepfote mühsam ihre Augen und legte den Kopf auf ihre Pfoten, um ein wenig Schlaf zu bekommen. Sie hörte noch das leise Zwitschern einer Amsel, die über den Bau hinwegflog, und ließ sich dann in die sanften Wogen der Müdigkeit fallen, bis sie anfing zu träumen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top