Bernsteinpfotes Entschluss
Als Feuerstern auf den Hochstein sprang und zu einer Versammlung rief hielt Bernsteinpfote auf ihrem Weg zum Schmutzplatz inne. Der feuerfarbene Anführer unterhielt sich mit ernster Miene mit seinem Freund Graustreif und die junge Kätzin konnte erkennen, dass die Pelze beider Kater gesträubt waren. Langsam trottete sie zu ihrem Wurfgefährten Brombeerpfote der sich neben Aschenpfote nieder gelassen hatte und über irgendetwas diskutierte. Sie setzte sich neben die beiden, aber die jungen Kater waren so sehr in ihr Gespräch vertieft, dass sie Bernsteinpfotes auftauchen gar nicht bemerkten. Als die schildpattfarbene Schülerin bemerkte, dass Graustreif Dunkelstreif auf die Lichtung führte spitzte sie interessiert die Ohren. „Und?“ fragte der dunkelgraue Krieger verächtlich. „Was will unser edler Anführer jetzt?“ Bei dem Ton, mit dem Dunkelstreif mit Feuerstern sprach lief es Bernsteinpfote eiskalt den Rücken hinunter. „Ampferjunges ist aufgewacht!“, verkündete der Anführer. Erleichtert schnappte die Schülerin nach Luft. Sie hatte sich wirklich Sorgen über ihre kleine Freundin aus ihrer Kinderstubenzeit gemacht.
Mit spöttischem Ton erwiderte Dunkelstreif: „Hast du eine Versammlung einberufen, um uns das mitzuteilen?“ Bewundernd blickte Bernsteinpfote den Kater an. Keiner traute sich so mit dem feuerfarbenen Anführer des DonnerClans zu reden außer ihm. „Katzen des Donnerclans. Ich habe euch zusammengerufen, damit ihr alle hören könnt, was uns Dunkelstreif zu sagen hat…“ Verwirrt musterte die Schülerin den Kater, der ein solch guter Freund ihres Vaters war, dass er sie sogar einmal zu ihm gebracht hatte. Während der Diskussion zwischen Feuerstern und Dunkelstreif schweiften ihre Gedanken ab. Was Feuerstern jetzt wohl machen würde? Dunkelstreif war seit vielen Monden ein DonnerClan-Krieger und trotzdem hielt er zu seinem Freund Tigerstern. Bernsteinpfote wollte selbst auch einmal eine solche Treue gegenüber ihren Freunden empfinden können.
Verwundert blickte sie Dunkelstreif nach, als er aus dem Lager schritt und feindselige Blicke in alle Richtungen warf. Jetzt würde er bestimmt zu ihrem Vater gehen. Ihr Blick klebte an seinen Pfoten, als er den Clan durch den Tunnel verließ. Als die wilden Spekulationen unter den Katzen ausbrachen erhob Bernsteinpfote interessiert ihre Stimme: „Ist Dunkelstreif zum SchattenClan gegangen?“ Sie war entsetzt und bekümmert darüber, was der dunkle Kater ihrer Freundin antun wollte und trotzdem bewunderte sie ihn. Bei ihrer Frage erstarrte Feuerstern schlagartig und er schaute sie einige Herzschläge unverwandt an. „Ich weiß es nicht“, gab er zu. „Dunkelstreif kann gehen, wohin er will. Von nun an gehört er nicht mehr zum DonnerClan.“ Die Schülerin achtete nicht länger auf das, was die Katzen um sie herum nun sagten. Dunkelstreif gehörte nun also nicht mehr zu ihnen. Diese Worte trafen Bernsteinpfote tief, da sie sich ja immer noch fragte, ob sie überhaupt hier her gehörte. Wenn sie also nicht hier her gehörte, wohin dann? Zu ihrem Vater in den SchattenClan?
Der nächste Tag lief wie ein Schatten an Bernsteinpfote vorbei. Es kam für sie nicht überraschend, dass sie nicht mit zur Großen Versammlung durfte. Feuerstern vertraute ihr und Brombeerpfote wohl nicht genug. Möglicherweise dachte er sogar, sie würden nie wieder mit zum DonnerClan kommen, wenn sie auf ihren Vater treffen würden. Als Aschenpfote von der Versammlung zurückkam, war sie gerade kurz davor einzuschlafen. Doch die unregelmäßige Atmung und das zittern des grauen Schülers hinderte sie daran und so setzte sie sich zu ihm, als er gerade Brombeerpfote von der Versammlung erzählte: „Und dann hat Tigerstern vorgeschlagen, dass alle Clans zu einem Clan werden sollten der dann TigerClan heißen würde!“ Aschenpfote wirkte wirklich verängstigt und wütend, doch Bernsteinpfote verstand ihn nicht. Wäre es nicht gut, sich diesem Clan anzuschließen? Es würde in diesen harten Zeiten Stärke bedeuten!
So schnell sie konnte rannte Bernsteinpfote mit der frischen Moospolsterung im Maul zum Ältestenbau. Sie katte eine gefühlte Ewigkeit gebraucht, bis sie endlich trockenes Moos gefunden hatte. Brombeerpfote folgte ihr etwas langsamer und jaulte: „Hey, Bernsteinpfote! Warum rennst du so, warte doch mal!“ Die schildpattfarbene Kätzin ignorierte ihren Bruder und lief noch schneller auf den Lagereingang zu. Sie wollte die Ältesten heute nicht schon wieder verärgern. Als sie das Lager erreichte sammelte sich gerade Farnpelz Abendpatrouille, aber Bernsteinpelz hatte nicht mehr als ein kurzes nicken für ihren Mentor übrig. Sie konnte noch öfter auf Patrouille gehen, aber die Ältesten konnten nicht warten. Die Kätzin konnte die alten Katzen nicht ausstehen. Ständig nörgelten sie an ihr herum und erzählten ihr die schlimmsten Geschichten über Tigerstern. Dabei wollte die junge Kätzin es ihnen wirklich recht machen!
Sie betrat den Eingang zum Ältestenbau, nachdem sie die frische Polsterung davor fallen gelassen hatte. In dem düsteren Bau roch es nach der Mäusegalle, die Rußpelz zuvor auf Einauges Fell aufgetragen hatte. „Auch schon da?“, murrte Kleinohr und betrachtete sie argwöhnisch. „Du hättest meine Polsterung schon zu Sonnenhoch wechseln sollen!“ Bernsteinpfote entschuldigte sich mit angelegten Ohren, aber der alte wollte nichts davon hören. „Tigerstern war genauso!“ Die Schülerin erstarrte. Nun betrat auch Brombeerpfote den Bau und blickte verwirrt zwischen seiner Schwester und der Ältesten hin und her. „Der wollte sich auch nie um die Ältesten kümmern. Du bist genau dieselbe. Ich warte nur noch darauf, dass du uns verrätst!“ Brombeerpfote hob beschwichtigend den Schweif, aber Bernsteinpfote stürmte an ihm vorbei aus dem Bau.
Wie konnte Kleinohr nur so etwas sagen!
Sie wollte mit erhobenem Kopf und Schweif aus dem Lager stolzieren, als Feuerstern ihr zurief: „Bernsteinpfote! Was ist passiert?“ Einen Augenblick dachte sie darüber nach ihn zu ignorieren, doch dann hielt sie an. „Kleinohr!“, fauchte sie. „Sollte mich jemals eine Katze bitten, ihm das Fell vom Leib zu kratzen…“ „So solltest du nicht von einem Ältesten reden…“, setzte Feuerstern an. „Kleinohr hat dem Clan wertvolle Dienste geleistet und das sollten wiri respektieren.“
Doch Bernsteinpfote dachte gar nicht daran irgendetwas an diesem bescheuerten Mäusehirn zu respektieren. „Wie wär´s, wenn mir mal jemand Respekt entgegenbringen würde?“ Bernsteinpfote war so wütend, dass es ihr vollkommen egal war, mit wem sie da sprach. „Bloß weil ich die Polsterung ein bisschen spät aus dem Nest geholt habe. Kleinohr hat gesagt, dass Tigerstern sich auch nie um die Ältesten kümmern wollte, und daran würde er sehen, dass ich genauso werde wie mein Vater.“ Sie scharrte mit den Krallen im Boden und stellte sich dabei das Fell des Alten Katers vor. Sie verstand einfach nicht, was sie falsch machte. Sie konnte doch nichts dafür, dass ihr Vater ein Verräter war! „Er sagt solche Sachen auch nicht zum ersten Mal. Ich weiß nicht, warum ich mir so was gefallen lassen muss!“
Brombeerpfote eilte zu ihr und leckte ihr besänftigend über das Ohr. „Du weißt doch, dass Kleinohr bei diesem Wetter die Gelenke wehtun“, miaute er.
Bernsteinpfote konnte nicht fassen, dass ihr Bruder dieses Stück Krähenfraß auch noch in Schutz nahm. „Du bist nicht mein Mentor!“, fauchte sie. „Du hast mir gar nichts zu sagen.“
Feuerstern trottete zu ihr. „Beruhige dich, Bernsteinpfote“, miaute er. Er schien mit sich zu kämpfen, als wolle er irgendetwas sagen. „Du machst dich als Schülerin sehr gut und wirst eine großartige Kriegerin werden. Früher oder später wird der Clan das einsehen.“ Wohl eher später, dachte Bernsteinpfote. Feuerstern redete nur, damit sie sich besser fühlte. Man würde ihr nie vertrauen. Zumindest nicht im DonnerClan.
Während Feuerstern, Graustreif und Brombeerpfote sich unterhielten um ihr zu helfen, fasste Bernsteinpfote einen Entschluss. Sie würde sich das keinen Tag länger gefallen lassen. „Ich gehe jetzt frisches Moos besorgen.“, murmelte sie abwesend und stolzierte auf den Ginstertunnel zu.
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