Funkensterns Spuren (Teil 1/3)
Der Wind fegte über die Felsige Landschaft hinweg, riss Blätter von den vereinzelten Laubbäumen, und ließ Sand durch die Luft wirbeln. Nur eine Schlucht blieb ein wenig verschont von der eisigen Kälte, die der Wind aus dem Norden mitbrachte. In dieser Schlucht war alles still. Fast alles.
"Wie soll es jetzt weitergehen?" Eine Fragende der Stimme erhob sich aus der trauernden Menge, die neben zwei leblosen Leichnamen kauerten.
"Wer soll jetzt Anführer werden? Funkenstern und Nebelsprung sind tot!" Rief der kleine graue Kater und blickte noch einmal zu den beiden töten Körpern einer orangefarbenen, großen, aber ausgemergelten Kätzin, daneben ein hellgrauer, glatter Pelz, den dunklere Streifen zierten, und einer weiteren, leblosen Kätzin gehörten, deren grüne Augen glasig zum Lagereingang starrten.
Zucker, der bis vor kurzem mit gesenktem Kopf etwas abseits der trauernden Katzen stand, Blickte auf, als eine kratzige Stimme vom Heilerbau aus erklang. "Der SternenClan wird uns eine Antwort auf diese Frage geben."
"Nein, Wildfeder. Das werden sie nicht. Der SternenClan hat Funkenstern und Nebelsprung in dieser schweren Zeit zu sich gerufen. Sie wollen, das wir um den Rang kämpfen!" Ertönte Laubnarbes Ruf. Der dunkelbraun getigerte Kater erhob sich von seinem Platz und Schritt anmutig zu Wildfeder, der Heilerin des NachtClans und baute sich bedrohlich vor der alten Kätzin auf. "Du bist schon viel zu lange unsere Heilerin gewesen! Es ist Zeit für dich, in den Ältestenbau zu ziehen. Da kannst du die Schüler anmeckern, so viel du willst, aber sagen kannst du mir nichts!"
Zucker stellte seine Nackenhaare auf. //Will Laubnarbe wirklich darum kämpfen?// Angst stieg in ihm auf, während er nervös mit den Pfoten den Boden knetete. //Aber es wird sicher Verletzte geben! Wie kann ich das verhindern?//
Der Wind säuselte durch das Lager und zerzauste Zuckers schneeweißes Fell, während er mit nervös peitschendem Schweif unter dem Sternenfels, von dem Funkenstern immer die Clanversammlungen abgehalten hatte, kauerte.
Aschenblick, der zuallererst die eisige Stille zwischen den Katzen zerbrochen hatte, erhob sich jetzt auch von seinem Platz und lief zu Wildfeder, während seine Pfoten leicht in dem Sand einsanken, der täglich als Lageruntergrund der Katzen herhalten musste.
Die hellbraune Heilerin legte warnend die Ohren an, als der kleine, graue Kater ebenfalls neben Laubnarbe trat. "Ich stimme dir zu, Laubnarbe. Das Schicksal und der SternenClan haben die Streuner in unser Lager gebracht, damit beide sterben und wir diesen Kampf austragen müssen."
Der breitschultrige Krieger zuckte ignorierend mit dem Ohr und wandte sich mit einem zischen von Wildfeder ab. "Geh in den Heilerbau, alte Katze."
Der ganze Clan hatte das geschehen mitverfolgt, und blickten nun alle zum Sternenfels, auf dem Laubnarbe stolz sein Haupt erhob und mit tiefer, bedrohlicher Stimme zu sprechen begann: "NachtClan! Hört mir zu! Ich habe Schicksalhaftes zu verkünden! Der SternenClan hat uns unsere Anführerin, so wie Nebelsprung, unsere zweite Anführerin genommen! Jetzt müssen wir um die Ränge kämpfen, eine andere Möglichkeit steht und nicht zur Verfügung."
Zucker blickte mit angsterfüllten Augen zu den Katzen. //Können wir das nicht anders regeln? Es wird verletzte geben!// Pures Entsetzen stieg in ihm auf, als Laubnarbe die Frage erklangen ließ, wer um den Rang kämpfen wollte.
Zuerst regte sich niemand, und Zucker atmete erleichtert auf. Seine Augen weiteren sich jedoch, als zuerst der graue, große Krieger Steinflügel nach vorne trat. Der Krieger war schon immer ein angesehener, hervorragender Kämpfer gewesen, der den Clan schon in vielen Kämpfen treu zur Seite gestanden hatte.
Laubnarbe ließ ein Hämisches grinsen auf seinem Gesicht erscheinen, gefolgt von einem knappen nicken.
Der Wind wurde stärker, als auch der braune Kater Otterfang nach vorne trat und dabei die verschrecke, kleine Schülerin Wellenpfote nach vorne schubste, wenn auch nicht ganz unabsichtlich. Die verängstigte, silberfarbene Schülerin, die mit verfilztem Fell unter dem Sternenfels kauerte erhob zitternd, leise und kaum verständlich das Wort: "A-aber ich w-wollte doch gar nicht k-kämpfen."
"Wer nach vorne geht, ist selbst schuld." Meinte Laubnarbe knapp und schüttelte seinen getigertem Pelz. Seine Augen hatten die Form von Schlitzen angenommen, seine langen, glänzenden Krallen waren ausgefahren.
Zucker schloss die Augen. Das konnte nicht wahr sein! Wellenpfote war noch so jung, wie konnte Laubnarbe nur so ein eiskaltes Herz haben, das er eine wehrlose Schülerin im Kampf gegen die stärksten Krieger antreten ließ?
Verzweifeltes Protestgejaule erhob sich in der Menge und schallte an den Wänden der Schlucht wieder. "Das kannst du nicht tun! Wellenpfote hat das nicht verdient!" Eine blaugraue Kätzin trat nach vorne. Ihr Fell war glatt und geschmeidig, ihre blauen Augen wutendbrannt zu Schlitzen geformt, während ihr Bauch eine große Rundung aufwies.
/Nein. Nicht auch noch Himmelblau!// Ein Kloß bildete sich in Zuckers Hals, als er die Königin, und sogleich Mutter von Wellenpfote nach vorne schreiten sah. Ihren Blick hatte sie zornig auf den großen Krieger auf dem Sternenfels fixiert, der gerade eben ihre Tochter und nach ihrer Aktion auch sie selbst zu den Rangkämpfen eingetragen hatte.
Selbst Steinflügel war bestürzt gewesen, als die unerfahrene Schülerin seines Bruders Eschenfluss nach vorne geschubst wurde.
"Weshalb hat unser einst so stolzer Clan einen solchen, kaltherzigen Krieger wie dich Ausgebildet? Wisst ihr überhaupt was hier vorgeht? Hier geht es um Katzenleben! Nicht um einen einfachen Kampf. Wieso sollten ein paar von uns zum SternenClan gehen um einen Rang gewinnen zu wollen und dann jämmerlich zu scheitern? Warum hat der SternenClan überhaupt solch herzlose Stücke wie euch erschaffen? Wieso willst du einer unschuldigen Schülerin den Tod so früh, so schwer zeigen?" Verzweifelt, aber dennoch entschlossen und selbstbewusst rief Himmelblau die Worte zu Laubnarbe nach oben.
Eisge Stille herrschte unter den Katzen. Die Spannung zwischen ihnen war kaum erträglich. Zucker wandte sich ab. Sein schneeweißer Pelz hob sich zwar zwischen den anderen Fellen seiner Clankameraden stark ab, jedoch schien jeder so gebannt zu dem triumphierenden, getigerten Kater zu blicken, das es keinem Auffiel, wie sich der Kater zu Wildfeder gesellte.
"Was können wir nur tun, Wildfeder? Dieser Kampf darf nie stadtfinden!" Niedergeschlagen ließ er seine grünen, verwaschenen Augen, die vor Angst und Kummer funkelten auf der alten Heilerin ruhen.
"Es gibt nur einen Weg, den richtigen Stellvertreter zu finden." Meinte sie mit knarrender, anwesender Stimme, während sie mit glasigen Augen zu Boden starrte.
"Folge Funkensterns Spuren."
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