Frostjunges Lehre

"Unsanft traf mich etwas hartes am Kopf. Kurz drehte sich alles um mich, sogar meine Schwester drehte sich mit.
Mir wurde schwindelig.
Kurzerhand schloss ich meine Augen und schüttelte den Kopf.
Doch der Schmerz zwischen den Ohren verschwand nicht.
"Alles in Ordnung? Ich wollte das nicht! Wirklich nicht.", hörte ich die vertraute Stimme. Verzweifelt entschuldigte sie sich weiter.
Doch ich beachtete meine Schwester Blütenjunges nicht weiter. Stadessen wandte ich mich einfach ab und ging ein paar Schritte weg.
Dort setzte ich mich und rieb mit meiner einzigen, schwarzen Pfote meinen schwarzen, schmerzenden Kopf. Der rest meines Pelzes war schneeweiß. Ich war ziemlich stolz auf meinen seltenen und seidig schönen Pelz, dass musste ich zugeben.

Warum meine Stirn so wehtat? Mal wieder hatte Blütenjunges nicht aufgepasst. Mal wieder war sie auf den Baum geklettert und hatte versucht die Äpfel abzuzerren. Für sie war es ein Kraft- und Gleichgewichtsspiel sich auf den Ästen zu halten während sie an den großen grünen Dinger zerrte.
Diesesmal, wie er schon oft vorrausgesehen hatte, war einer der Äpfel hinunter gefallen, direkt auf seinen Kopf.
Doch auch ein befriedigendes Gefühl stieg in mir hoch. Nicht nur ich hatte dafür büßen müssen. Aus den Augenwinkeln konnte ich noch beobachten, wie meine Schwester von Ast zu Ast viel und verzweifelt versucht hatte, sich irgendwo festzuklammern. Doch sie hatte es nicht geschafft und schlussendlich schlug sie auf dem harten Waldboden auf.

Plötzlich berührte mich etwas an meiner Schulter. Unsanft wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Ich zuckte zusammen und meine Brust schnürte sich wie von selbst zusammen.
Dann war gelächter zu hören.
"Was ist daran so lustig?", maulte ich Blütenjunges an und funkelte sie aus wütenden blauen Augenschlitzen an.
Ich merkte, wie Blütenjunges innehielte und beschämt zu Boden blickte. War ich zu gemein gewesen? Nein, sie hatte es nicht anders verdient!
"Tschuldige. Ich wollte dich eigentlich garnicht erschrecken... Obwohl du zugeben musst, dass es ziemlich lustig aussah. So wie du in die Luft gesprungen bist!", murmelte meine Schwester anfangs erst leise, zum Schluss dann wieder scheinheilig-lustig.
Zorn stieg in mir auf. "Ist das alles, was du mir sagen willst? Dass ich lächerlich aussehe!", maulte ich weiter, nur diesesmal wurde meine Stimme dunkler und fast schon zu einem bedrohlichen knurren.
"Kein Grund, gleich aus dem Pelz zu fahren! Ich wollte eigentlich bloß sagen, dass es mir leidtut, dass mit dem Apfel! Mehr nicht! Und noch was, finde alleine zurück ins Lager!"
Erschrocken war ich, wie noch nie, als Blütenjunges mich erschüttert, wütend und traurig zugleich anfauchte.
Fassungslos beobachtete ich, wie der Pelz meiner Schwester sich rasch umdrehte und nach kurzer Zeit zwischen den Bäumen verschwand.
"Ich kann auch alleine zurückfinden! Ich brauche dich und deine Hilfe garnicht!", schrie ich meiner Schwester hinterher. Ich wusste nicht, ob sie es noch gehört hatte oder nicht. Aber was ich wusste, war dass ich jetzt alleine war. Und dass ich ein großes Problem hatte.
Meine Schwester hatte recht. Ich kannte den Weg zurück in das Lager nicht. Auch wenn wir ihn schon unzählige male gegangen waren, so konnte ich ihn mir einfach nicht einprägen.

Würde Mutter noch leben, dann könnten sie sich niemals einfach so aus dem Lager schleichen.
Jetzt geisterte ich alleine durch den Wald. Die Nacht brach schon langsam ein. Ich wusste nicht, wie lange ich schon gelaufen war. Meine Beine taten von dem vielen Laufen schrecklich weh und meine Pfoten waren wund und taub zugleich.
Aber das war in diesem Moment noch mein geringstes Problem. Der Wald war dunkel. Fast schwarz. Ich konnte nichts sehen, nicht einmal mehr meine eigene Schnauze. Überall hörte ich verschiedenste rufe. Eine Eule kreischte. Eine Amsel zwitscherte allein. Die Flügel der Fledermäuse schlugen durch die Luft. Überall gaben Grillen ihren Laut ab. Aber ich wusste nicht, zu wem die Geräusche gehörten.
Ein großer Schatten huschte neben mir vorbei. Ich zuckte zusammen. "Blütenjunges?" miaute ich. Wobei es eher wie ein erstickter ruf klang, als alles andere.
Damals glaubte ich noch an die Geschichten der großen Timberwölfe. Und natürlich nahm ich sofort an, dass es einer war.

Sofort ergriff ich die Fluch. Dicht gefolgt des schwarzen Schattens. Panik stieg in mir auf. Ich wollte Hilfe jaulen doch es kam nichts aus meiner Brust heraus. Meine Lunge brannte. Noch nie zuvor war ich so schnell wie damals gerannt.

Er kam immer näher...und näher...und näher.
Ich hörte seine großen Pfoten über den Waldboden trommeln. Auch sein warmer Atem war nicht gerade leise, welchen ich bereits an meinem Rücken spürte.

Doch ich gab nicht auf. Ich hatte doch noch einen Traum. Meinen Traum. Einen großen Traum, welcher Wirklichkeit werden sollte. Und ich wollte meinen Traum noch nicht so einfach aufgeben. Besonders nicht wegen so einer blöden Dummheit, wie der Streit zwischen mir und meiner Schwester.

Ich wollte der Anfüher werden. Frostern... Was ware das nicht für ein großartiger Name?

Also rannte ich. Ich rannte, bis endlich viele, ich konnte nicht ganau sagen, wieviele, Katzen an mir vorbei rannten.
Eine blieb stehen. "Zum Glück geht es dir gut! Wir haben uns Sorgen gemacht! Warum bist du deiner Schwester nicht hinterher galaufen?", wurde ich von fragen von der damaligen Zweiten Anführerin überschüttet, welche zugleich auch meine Ziehmutter war.

Ich hörte hinter mir nur noch das fauchen meiner Clangefährten und den komischen, vor panischem schmerz verehrten Laut der fremden Gestalt.
Zusammen mit meiner Ziehmutter kehrte ich ins Lager zurück.
Natürlich wurde ich mit unzähligen Fragen überschüttet.

Später stellte ich fest, dass ich keinen Timberwolf gesehen hatte, sondern bloß einen großen, dummen und einfachen Fuchs. Was aber vermutlich auch gut so war. Ich glaube gegen einen Timberwolf wäre ich nie angekommen. Doch auch so, ohne Timberwolf, wäre ich nur um eine Haaresbreite von dem Fuchs verschlungen worden. Ich hatte großes Glück.

Und was lernt man daraus? Bleibt im Lager und hört auf die Regeln, sonst passiert euch noch das gleiche!
Und jetzt ab zu eurer Mutter und schlafen. Und das ihr mir ja immer Lager bleibt und nicht mehr davon schleicht!"

Begeistert nickten die drei Jungen von Blütenfall, seiner Schwester.
Gebannt und mit gespitzten Ohren hatten sie seiner Geschichte gelauscht und auch er erinnerte sich glücklich an die Vergangenheit.
Zum Schluss gab er den jungen noch einen liebevollen klaps ehe sie hinter dem Flechtenvorhang verschwunden waren.
Ein Glücksgefühl durchströmte Froststerns Körper und er hatte großen drang dazu, den alten, bereits verdorbenen Apfelbaum zu besuchen. Also schlich auch er sich schließlich hinaus und war verschwunden.

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Ich hoffe, meine zweite Kurzgeschichte gefällt euch auch. In meiner ersten ging es um Birkenspung. Kurz tauchte dort sein Anführer Froststern auf.
Diesesmal hab ich eine Vergangenheits Geschichte des mutigen Anführers geschrieben. Auch die Jungen von Birkenspung und Blütenfall sind am Ende dabei.
Ich hoffe mal, sie gefällt euch.
Bei Fehler bitte mich darauf hinweisen. ^^

Bye, eure Schatti✴ (_Schattenklaue_)

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