Kapitel 8-Geschichten der Vergangenheit

Schattenjäger schlug die rötlichgelben Augen auf. Schweigende Stille drückte die Luft, keiner wagte zu atmen. Dämmerlicht traute sich nicht ihren wütenden Vater anzusprechen. „Wie lange bist du schon hier und beobachtest mich?", fauchte Schattenjäger schließlich. „Nicht lang", versicherte Dämmerlicht ihm nervös. „Was ist?", knurrte er höhnisch; "Hast du etwa Angst vor mir? Ich kann ja nicht mal mehr aufstehen." Dämmerlicht schossen die Tränen in die Augen. „Aber Vater...", flüsterte sie traurig. „Ich bin nicht dein Vater!", schrie er.

So, jetzt ist es raus. Aber ist das gut so? Ich sehe wie Dämmerlicht zu weinen beginnt. „Was?!", schluchzt sie verständnislos. Ich ringe mit den Worten und erzähle ihr die Geschichte: „Nun, als du gerade einige Tage alt warst, griff ein Fuchs das WindClan Lager an..."

Der Fuchs mit seinem rötlichen Fell und den Augen eines Adlers huschte flink durch den engen Tunnel, der den einzigen Durchgang des Ginsterwalls bildete. Zwei starke Krieger griffen den Eindringling an, doch dieser wehrte sie geschickt mit einigen harten Tritten ab. Er schleuderte sie von sich weg und sie flogen über den Wall auf den steinigen Boden. Der Fuchs hob die Nase zum Himmel und sog genüsslich den Angstgeruch vieler Katzen ein, doch dieser interessierte ihn kaum. Vielmehr erregte der Geruch von Jungen seine Aufmerksamkeit. Er folgte der Duftspur zu einem Bau, dessen Eingang mit Dornenranken überdeckt war. Blitzschnell zerfetzte er sie mit seinen scharfen Krallen und schlich hinein. Die verängstigten Königinnen stellten sich schützend vor ihre erschrockenen Kinder. „Wer ist das?", maunzten die Kleinen, doch ihre Mütter antworteten nicht. Da griff der Fuchs an. Er stürzte sich auf eine Königin. Sie fauchte und kratzte, doch der Fuchs war stärker. "Helft mir, bitte", bat die Königin verzweifelt. Tränen tropften von ihrem Gesicht, als der Fuchs ihr Junges im Nacken packte und mit ihm hinauslief. „Dämmerjunges", flüsterte sie voller Trauer. Schlitzauge, der zweite Anführer, sprang den Fuchs an und es entbrannte ein wilder Kampf. Der Fuchs trat ihn, kratzte und wand sich unter Schlitzauges festem Griff. Doch Schlitzauge konnte ihn nicht verletzen, da der Fuchs das Junge im Maul hielt. Schließlich entkam der Fuchs aus seinen großen Pfoten und floh aus dem Lager. Die Krieger, die er hinausgeschleudert hatte, lagen noch immer kraftlos am Boden. Mit verächtlichem Blick rannte er an ihnen vorüber, die Beute im Maul, Dämmerjunges, die kleine Kätzin, schüttelte sich bei ihrem Anblick. Sie maunzte um Hilfe und trat ihn mit den schwachen Pfoten, doch der Fuchs beachtete sie nicht. Er lief durch den nahen Wald, vorbei an Büschen, Bäumen und Hügeln. Dämmerjunges fielen nach und nach die Augen zu. Ihre Ruhe ließ den unruhigen Fuchs langsamer werden. Stille umhüllte sie, nicht das leiseste Rascheln war zu hören, als er aus dem Schatten trat. Er musterte das wie leblose Kind, zog die Lefzen hoch und entblößte seine blutverschmierten Zähne. Auch wenn er noch jung war, so hatte er doch große Pfoten und kräftige Beine. Er war mager, aber eine ungeheure Kraft wohnte in ihm. Der Fuchs legte das schlafende Kind beiseite, um besser kämpfen zu können. Schattenjäger legte die Ohren an, dann sprang er auf ihn zu. Der Wolf begrub seinen Gegner unter sich, sodass nur noch ein rotes Fellbüschel zu sehen war. Er schlug und schüttelte den Fuchs, bis dieser ganz wirr im Kopf war. Dennoch kratzte der Fuchs ihn, biss und trat seinen wütenden Gegner. Mit aller Kraft drückte er den jungen Wolf von sich herunter und sprang auf ihn, doch der Wolf stieß ihn mit Leichtigkeit von sich. Der Fuchs prallte gegen einen Baum, das Blut rann in Strömen von seiner Stirn. Es lagen richtige Pfützen an Blut am Boden und seine Augen wurden plötzlich trüb. Schattenjäger ging zu ihm. Der Fuchs hob seine Pfote, um sich zu wehren, doch er war zu schwach und ließ sie wieder sinken. Schattenjäger legte die eigene auf dessen Brust und auf einmal erstarb der heftige Herzschlag des Fuchses. Stolz hob er den Kopf und stieß ein tiefes Heulen aus. Danach tapste er zu dem grauen Kätzchen. Vorsichtig stupste er es mit der Pfote an. Es rührte sich nicht. Trauernd legte Schattenjäger sich um sie und zog sie zu sich. Seine Wärme weckte die Kätzin und sie begann sanft zu Schnurren. Schattenjäger hob erfreut den Kopf. Sein Sieg war also doch nicht sinnlos gewesen. Ein Zittern durchlief sie und sie reckte und streckte sich, als wäre nichts geschehen. Schattenjäger musterte sie fröhlich. Blaue Augen, graues Fell, beiger Kopf und Pfoten und ein schlanker Körperbau. „Wie heißt du denn?", fragte er sie sanft „Dä ... Dämmerjunges. Und du?", fragte sie zögernd zurück. „Nun", sagte Schattenjäger; „Ich bin Wolf, der den Schatten jagt, aber du kannst mich ruhig Schattenjäger nennen. Du sollst von jetzt an Dämmerlicht heißen, weil wir uns im Dämmerlicht kennen gelernt haben." Schattenjäger nahm sie mit zu einem alten Fuchsbau, dessen abstoßender Gestank von Schattenjägers frischem Geruch überdeckt wurde. In dem dichten Höhlennetz polsterten sie gemeinsam eine kleine Höhle mit Moos aus und brachte Dämmerlicht hinein. Sie erinnerte sich in den nächsten Tagen kaum noch an ihr altes Heim und hielt Schattenjäger für ihren Vater. Es ging ihr gut und bei Sonnenhoch spielte sie meistens mit ihm Moosball vor dem Bau. Sie hatte ihre neue Familie gefunden.

„... So kamst du zu mir.", schloss Schattenjäger. „Wieso hast du mir das nie erzählt?", fragte Dämmerlicht verletzt. All die Monde hatte er gelogen. Hatte ihr nichts erzählt. Deshalb war sie eine Katze und er ein Wolf! Sie stammte aus einer völlig anderen Familie!

„Zu Beginn wusste ich nichts von deiner Herkunft, aber ich hatte immer Angst dich zu verlieren. Jetzt wirst du wohl deine Familie suchen und mich allein lassen", antwortete er traurig; „Du warst immer wie eine Tochter für mich." Dämmerlicht war gerührt: „Das werde ich auch immer bleiben. Ohne dich gehe ich nirgendwo hin." „Dann muss ich wohl mit", lachte Schattenjäger; „Lass uns aufbrechen, bevor Fallstern uns aufhält"

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