Kapitel 57

Langsam öffneten sich Adlersterns Augenlieder."Ich weiß nicht viel",keuchte er blutspuckend.

"Aber Weißrose hat einen sogenannten Gewitterstern erwähnt, der sie beauftragt hat, mich zu töten."

Herbstbrise wollte ihm gerade erzählen, dass sie zu ihr dasselbe gesagt hatte, wurde dann aber auf die vielen,

neugierigen Blicke ihrer Clangefährten aufmerksam. Alle starrten sie an. Knurrend schob sich Herbstbrise von Adlerstern weg,

wohl wissend dass es keinen Sinn hatte, sich mit ihm vor den Anderen über Brombeertod und Weißrose zu unterhalten.

Stattdessen rannte sie zu ihren Jungen zurück und scharte sie um sich.

Mit den beiden, eng an sich geschmiegten Fellknäuel, tapste sie zu ihrem Anführer und seinen Gefährten zurück.

Der hatte sich bereits erhoben und stand auf wackeligen Beinen zwischen Blumenfell und Himmelschweif,

die ihn stützten. Sein ausdrucksloser Blick wanderte von Clan Kamerad zu Clan Kamerad und strahlte dabei trotz der vielen Verletzungen Ruhe aus.

"Ich wurde angegriffen",knurrte Adlerstern und fletschte die Zähne. "Von zwei Katzen namens Weißrose und Brombeertod.

Sie wollten mich qualvoll sterben sehen. Weiß der Sternenclan wieso. Jedenfalls haben sie mich, wie man unschwer erkennen kann angegriffen.

Aber tja... ihr Versuch, mich umzubringen ist gescheitert. Und das habe ich Schilfherz und seiner Patrouille zu verdanken,

die genau zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort erschienen und mir deswegen den Pelz retten konnten."

Sein gelber Blick richtete sich auf Schilfherz, der sein grau getigertes Fell, das vom Sonnenlicht in Silber verwandelt wurde

vor Stolz und Erregung aufgestellt hatte. 'Ich danke dir." Schilfherz nickte ihm kurz zu. "Was hätte ich anderes tun sollen?"

In seiner Stimme klang ein Hauch von Bitterkeit und Herbstbrise bemerkte, dass er bei den Worten nicht seinen Anführer

sondern sie anstarrte. In seinem Blick lag eine Mischung aus Befriedigung und Herausforderung.

Herbstbrise schluckte. Sie musste sich ernsthaft bemühen, nicht in ihrem Pelz zusammenzuschrumpfen.

Denn der komplette Clan, der Adlerstern bisher schweigend zugehört hatte, folgte seinem Blick.

Doch keiner zeigte dabei eine Reaktionen, nicht mal Eschenblatt zuckte mit der Schwanzspitze oder legte die Ohren flach.

Nein. Niemand interessierte, was die knisternde Spannung zwischen Herbstbrise und Schilfherz zu bedeuten hatte.

Eschenblatt bemühte sich nicht mal mehr, den grauen Krieger von seiner Gefährtin wegzukriegen.

Seit Schwalbenjunges und Blaubeerjunges geboren worden waren, sah er in Schilfherz keine Konkurrenz mehr.

Schnaubend riss Herbstbrise ihre Augen von ihm los. Sie wusste nicht, ob sie sich freuen sollte,

dass Eschenblatt nicht mehr so fies zu ihrem früheren Freund war
oder ob sie beleidigt sein sollte,


weil er nun keine Anstalten mehr machte, um sie kämpfen und jeden, der sie ihm wegnehmen wollte

zu verdrängen. Doch Herbstbrise schüttelte diese Frage ab, wie eine lästige Fliege. Meine komplette Aufmerksamkeit gilt Adlerstern!,

erinnerte sie sich. "Warum wollten sie dich töten?",rief Veilchenklang aus der Katzenmenge.

"Warum genau, konnte ich nicht in Erfahrung bringen",erwiderte Adlerstern, der nun allmählich wieder zu Kräften kam. "Aber was ich weiß

ist, dass ein gewisser Gewitterstern von Brombeertod und Weißrose verlangt, dass sie mich so lange quälen, bis ich verblute.

So hat es mir Weißrose zumindest gesagt. Wer dieser Gewitterstern ist, wüsste ich nur zu gerne.

Denn ich habe noch etwas mitbekommen: Ich kenne ihn bereits. Das hat mir Brombeertod ins Ohr geraunt.

Was Gewitterstern angeht habe ich aber schon einen ziemlich treffenden Verdacht. Wer von euch glaubt sonst noch,

dass Distelkralle etwas mit dieser ganzen Geschichte zu tun hat? Erinnert ihr euch noch daran, dass er Ginsterstreif ermordet hat?

Warum sollte er nicht auch meinen Tod wünschen? Eins verstehe ich dann aber nicht ganz:

Warum zum Henker hat Distelkralle Auftragsmörder geschickt, wo er mich doch selbst hätte töten können?"

Seine Clan-Genossen machten jedoch nur ratlose Gesichter. Langsam tappte Nebelschweif zu Adlerstern.

"Wer auch immer Gewitterstern sein mag",murmelte sie, "eins steht fest: Wir müssen uns vor ihm hüten. Ich fände es am sichersten,

wenn absofort keine Katze mehr alleine das Lager verlässt. Zu erst haben wir Ginsterstreif verloren, dann Aschenherz und nun...

was ist mit dir? Hast du ein Leben verloren." Adlerstern senkte den Kopf. "Sogar zwei.",presste er sichtlich mühsam hervor.

Auf einmal war alles mucksmäuschenstill. Herbstbrise, die vor Schreck erstarrte, bekam gerade noch mit,

wie ihre Gefährten entsetzte Blicke tauschten. "Zwei Leben?",krächzte Weizenschnee schließlich.

Adlerstern nickte gebrochen. Mondstrahl, die sich eng an Rotbeere und Dornenherz geschmiegt

hatte, verzog das Maul zu einem kläglichen Schrei. Die Angst stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben.

Auch ihre Wurfgefährten waren sprachlos vor Schock. Herbstbrise kniff mitleidvoll die Augen zusammen.

Wie schrecklich es für einen sein muss, wenn man erfährt, dass der eigene Vater zweimal hintereinander gestorben ist.

Dornenherz, Mondstrahl und Rotbeere können von Glück reden, dass Adlerstern ganze neun Leben besitzt.

Die Versammlung löste sich wegen dem Schock der Katzen ganz von selbst auf. Tröstend stupste Herbstbrise ihre Töchter an,

die sich vor Schreck nicht mehr rührten und trug sie behutsam zur Kinderstube zurück.

"Mutter, ich hab Angst!",wimmerte Blaubeerjunges, "was ist wenn diese räudigen Streuner zunächst uns holen?

Werden wir dann auch sterben?" Zunächst war Herbstbrise besorgt. Dann wandelte sich ihre Besorgnis aber in wilde Entschlossenheit.

"Das wird NIE geschehen!",knurrte sie, "nicht so lange es mich gibt. Denn ich werde ALLES dafür tun,

um euch zu beschützen. Niemals werde ich zulassen, dass irgendeine Katze euch etwas antut!" Ihr Blick wurde warm

und sie fuhr ihren Jungen zärtlich mit der Zunge über die Köpfe. "Habt keine Angst. Denn das verspreche ich euch."

Mit der Zeit beruhigten sich Blaubeerjunges und Schwalbenjunges wieder und sanken nach und nach in den Schlaf.

Liebevoll ringelte Herbstbrise ihren Schwanz um sie und schwor sich dabei erneut: Ich werde sie bis zu meinem letzten Atemzug beschützen,

egal was es mich koste. Auf Eschenblatt werde ich natürlich auch noch ein Auge halten. Sie stellte sich in ihrem inneren Auge Weißrose vor,

wie sie sich vor ihr aufgebaut hatte und ihr die Kehle zerfetzte. Herbstbrise erschauderte. Es wäre am sichersten,

wenn ich vorerst nicht mehr das Lager verlasse. Denn wenn ich sterbe dann... Das kann ich Eschenblatt und meinen Töchtern niemals antun!!!

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