Kapitel 48

Der windigen Wiese wich ein dichter Wald, als Herbstbrise zielstrebig durch das Laubclan Territorium trabte. Sie hatte sich zusammen mit Adlerstern,

Rubinfleck, Eschenblatt, Schilfherz und Nebelpfote aufgemacht, um Lerchenstern zu bitten, Nebelpfote vorerst bei sich aufzunehmen,

damit Silberfeder ihm das Heilerwissen lehren konnte. Der dunkelgraue Schüler hatte sich zur Ehre seiner Mutter freiwillig gemeldet,

ihre alte Aufgabe zu übernehmen. Außer ihm aber, hatte kein zweiter Schüler eine Heilerkatze werden wollen

- Nicht einmal Schleierpfote. Nebelpfotes nachtschwarze Schwester, hatte sich so mächtig wie sie konnte gegen diesen Rang gesträubt.

Herbstbrise konnte ihr das aber nicht unter die Nase reiben. Sie selbst hätte um nichts auf der Welt aufhören können, eine Kriegerin zu sein.

"Du siehst ziemlich mies aus, Hübsche. Alles klar bei dir?" Erschrocken fuhr Herbstbrise herum

und schnaubte halb gereizt, halb belustigt, als sie Eschenblatt sah, der sich mal wieder an sie angeschlichen haben musste.

Sie stieß die Luft aus. "Ja, mir geht's klasse, außer dass Ginsterstreif von meinem früheren Mentor ermordet worden ist

und wir nun trotz der vielen erkrankten Katzen keinen Heiler mehr haben." Ihre Rede endete in einem verärgerten Fauchen.

Als Eschenblatt nur in seiner typisch unbekümmerten Art blinzelte, ließ sie seufzend die Schultern hängen. "Jetzt mal im Ernst:

Was sollen wir tun?" Doch ihr Gefährte gähnte nur und zog sie schneller weiter. "Fressen, drüber schlafen

und uns vor allem nicht den Kopf zerbrechen." Herbstbrise rollte mit den Augen. Zu erst tust du so, als hättest du vor, mich zu trösten

um mir anschließend nur mit deinen sinnlosen Tipps auf die Nerven zu gehen.

"Wenn ihr die Schnauzen haltet und zügiger lauft, kommt ihr tatsächlich schneller voran",

bemerkte Rubinfleck trocken, die Eschenblatt einen Stoß in die Rippen verpasste und ihn dann vor sich her scheuchte.

Eschenblatt jedoch drängte sie fauchend von sich und stolzierte hoch erhobenen Hauptes zu Herbstbrise zurück.

"Netter Versuch, Kleine. War diesmal wohl nichts. Merk dir aber eins: Leg dich ja nicht mit mir an!"

Er kräuselte drohend seine Oberlippe, bis Rubinfleck vor ihm zurückwich. Als sie sich davonmachte, drehte er sich wieder lächelnd zu Herbstbrise um

und leckte ihr beruhigend über den Hals. "Oh tut mir leid, Süße. Ich wollte nicht unfreundlich rüberkommen,

aber in manchen Momenten nervt sie mich ein wenig." Freundschaftlich schupste er ihr in die Seite.

"Dich liebe ich aber und das solltest du nie vergessen." Herbstbrise schnurrte geschmeichelt und verschlang ihren Schwanz

mit dem seinen. Aber als sie Schilfherz neidischen Blick wie Feuer auf ihrem Pelz lodern spürte,

ließ sie von Eschenblatt ab und trabte den Pfad weiter, als wäre nichts geschehen. Es war nicht ihr Ziel, Schilfherz zu verletzen

und sie wollte ihm die Erkenntnis, dass sie Eschenblatt und sonst niemanden liebte leichter machen.

Nach einer Weile lichtete sich der dichte Laubwald allmählich und wich einer freien Ebene. Auf ihr waren dutzende Katzen zu sehen,

die Herbstbrise schrecklich bekannt waren. Alte Erinnerungen blitzten in der orange getigerten Kätzin auf:

Wie sie als Junges zusammen mit Minzteich und Apfelfell vor der Kinderstube Moosball gespielt hatte,

wie sie auf dem Versammlungsstein ihren Schülernamen erhielt, wie sie... "Was führt euch hier her?",holte sie Glutschlags unwirsches Knurren

in die Wirklichkeit zurück. "Sei gegrüßt",murmelte Adlerstern so freundlich wie er konnte. "Wir müssen mit Lerchenstern sprechen."

Augenblicklich sprang Echonebel hinter einer Brombeerhecke hervor und umkreiste ihn argwöhnisch.

"Müssen oder wollen", hakte sie mit einem Hauch Verdrießlichkeit in der Stimme nach. "Es ist wirklich wichtig",

bekräftigte Schilfherz. Echonebel und Glutschlag wechselten einen gereizten Blick, dann schnippte Glutschlag mit dem Schwanz

und führte die Himmelclan Patrouille zum Bau seiner Anführerin. "Lerchenstern,wir haben Besuch",rief er hinein,

worauf die braun gescheckte Kätzin erschien. Sie musterte die Eindringlinge nachdenklich.

"Was habt ihr diesmal hier zu suchen?",fragte sie Adlerstern in einem leicht spitzen Ton, in dem ein bitterer Vorwurf schwang.

Ach, wie leid es mir tut, dass wir euch vor ein paar Monden so hinterhältig angegriffen haben. Am liebsten hätte Herbstbrise

diese Gedanken laut ausgesprochen.
"Unser Heiler ist kaltblütig von Distelkralle ermordet worden...",

fauchte Adlerstern zur Antwort. Herbstbrise sah aus den Augenwinkeln,

wie Minzteich sie zu sich winkte. Schnurrend eilte sie zu ihrer schwarz-weißen Freundin um sie liebevoll zu schnäuzeln.

"Oh ich muss dir später unbedingt meine Tochter zeigen",flüsterte Minzteich. "Ich bin so stolz auf sie."

Herbstbrise bekam große Augen. "Sie sind schon da.... ähm, ich meine sie ist schon da?" Minzteich nickte begeistert.

"Glückwunsch!",schnurrte Herbstbrise leise und setzte sich zufrieden neben sie. Aber als sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf

das Gespräch richtete, hatte Adlerstern den Vorfall bereits schon zu Ende erzählt. Lerchenstern legte besorgt den Kopf schief.

"Und was habt ihr nun vor?",verlangte sie schließlich zu wissen. "So wie ich dich kenne, bist du nicht in unser Territorium eingedrungen,

um dich wegen den schlechten Ereignissen von mir bemitleiden zu lassen. Was also willst du?"
Adlerstern holte tief Luft.

"Du hast recht. Ich bin gekommen um dich zu bitten, Nebelpfote von Silberfeder unterrichten zu lassen."

Ein weinig herausfordernd kniff Lerchenstern die bernsteinfarbenen Augen zusammen. "Und wie genau willst du das anstellen?",

fragte sie weiter. "Nun...", Adlerstern trat sichtlich verlegen aufgrund seiner hohen Forderungen von einer Pfote auf die andere.

"Vielleicht könnte Nebelpfote ja ein paar Monde bei euch bleiben." "Wirklich nur solange, bis er bereit ist, seinen Clan selbstständig zu heilen",

fügte Herbstbrise mit einen flehenden Blick hinzu. Doch Lerchenstern funkelte sie für einen Herzschlag lang feindselig an,

dann aber verflog ihr Ärger wieder und die Anführerin sah so gelassen aus wie eh und je. Sie überlegte eine Weile, bevor sie seufzte:

"Nun, was soll ich anderes tun, als euch zu helfen? Meinetwegen kann Nebelpfote für eine Weile bei uns bleiben."

Herbstbrise atmete hörbar vor Erleicherung auf und drehte sich zu dem grauen Schüler um. Aber die Augen,

die ihr begegneten, waren nicht die von Nebelpfote - nein sie waren leuchtend grün und Teil eines bunt getupften Gesichts.

"Lavendelsee!?", flüsterte Herbstbrise leicht erschrocken. "Was machst du denn hier, bei unserer Besprechung?"

Die Antwort ihrer Schwester, war jedoch nur ein zaghaftes "Hallo, Herbstbrise."

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