Kapitel 7
Dunkelpfote trat aus einem Farngebüsch hervor. Prüfend sah sie sich die Umgebung an. Plötzlich hörte sie ein feines Rascheln und spitzte die Ohren. Maus. Schnell ließ sie sich in die Kauerstellung fallen.
Leise schlich sie sich an den Nager heran, der nichts ahnend in einer kleinen Nische saß. Mit einem kraftvollen Hieb und einem raschen Biss tötete sie die Beute. Sie nahm sie in den Mund und wollte sie gerade verbuddeln, als Lerchenlied herbei sprang.
Der Kater nickte anerkennend. "Guter Fang.", lobte er sie. Dunkelpfote wurde heiß, doch ehe sie etwas erwidern konnte, kam Beerennase dazwischen. "Kommt endlich. Wir haben genug gejagt.", jaulte er und schlug ungeduldig mit dem Schwanz. Eilig stolperte Dunkelpfote zu ihm. Weißflug und Nelkenbart saßen bereits bei ihm.
Beerennase kniff die Augen zusammen. "Denkt daran, die Beute geht zuerst an Königinnen, Älteste und Kranke.", miaute er scharf.
Dunkelpfote rollte mit den Augen. Als ob ich das nicht wüsste, aber mit Beerennase lege ich mich ungern an. Damit drehte Beerennase sich um und tappte in Richtung Lager davon.
Lerchenlied nickte Dunkelpfote zu, dann folgte er dem sandfarbenen Kater.
Gedankenverloren lief sich ihnen hinterher.
Als die Patrouille fast am Dornentunnel ankam, brach Dunkelpfote in ein Erdloch ein. Ihre Pfote knickte ab und sie schrie auf. Unausstehliche Qualen durchzogen ihr Bein. Ihr Kopf schlug auf den Boden, was sie jedoch kaum noch fühlte.
Ihre Sicht wurde schummrig und die Geräusche um sie herum verklangen. Das letzte, was sie sah, war wie Lerchenlied sich über sie beugte. In seinen Augen flackerte Panik auf. Dann wurde es schwarz.
Oh Sternenclan, sterbe ich jetzt? Ich darf noch nicht gehen, mein Clan braucht mich. Bienenpfote und Schwarzpfote brauchen mich. Dunkelpfotes Herz pochte langsamer. Ein Schauer durchfuhr sie und eine eiskalte Briese durchzog ihren Körper.
Plötzlich schienen Lichtstrahlen zu versuchen, in ihre Augen zu gelangen. Doch als sie ihre Augen öffnete, war es dunkel. Bin ich hier wirklich beim Sternenclan? Nervös erhob sie sich. Der Schmerz aus ihrem Bein war verschwunden und die Luft war angenehm warm.
Dunkelpfote tappte los. Sie musste einen Ausgang finden. Auf einmal streifte weiches Fell ihre Flanke.
Erschrocken wirbelte sie herum. Eine beige Kätzin stand neben ihr und blinzelte freundlich. Dunkelpfote wich zurück, bis sie die Wand berührte.
Die Kätzin lächelte. "Keine Angst, mein Name ist Creme und ich komme aus dieser Gegend. Was führt dich hierher?", sagte sie und neigte den Kopf.
Unsicher musterte Dunkelpfote Creme. "Wieso sollte ich dir das verraten?", forderte sie. Creme schnurrte amüsiert und hob den Schwanz. "Ich tu dir nichts. Ich lebe ohne Gewalt." Dunkelpfote lockerte ihre Schultern. Mir bleibt nichts anderes übrig, als ihr zu vertrauen. "Ich heiße Dunkelpfote. Warum ich hier bin, ist eine lange Geschichte, du würdest mir sie nicht glauben.", erklärte sie.
Cremes Augen wurden groß. "Dunkelpfote? Was für ein seltsamer Name. Du kannst ja versuchen, mir die Geschichte zu erzählen."
Dunkelpfote ärgerte sich ein wenig über die junge Kätzin und schüttelte ihr Fell. "Ich bin dort, wo ich herkomme ohnmächtig geworden und hier aufgewacht. Zufrieden?", miaute sie kühl.
Creme machte ein zerknirschtes Gesicht. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht verärgern.", entschuldigte sie sich. Sofort bekam Dunkelpfote Gewissensbisse. Die beige Kätzin war sehr freundlich zu ihr gewesen. Es wäre unnötig, sie jetzt wegzustoßen.
"Du musst dich nicht entschuldigen. Ich hätte dich nicht so anfahren dürfen.", sagte sie und hob ehrlich eine Pfote. Creme sah sie an. "Soll ich dir aus dem Tunnel helfen?", bot sie an.
Dunkelpfote dachte nach. Vielleicht war sie hier nicht ohne Grund? Was, wenn sie Creme treffen sollte? Was für ein Blödsinn! Ich bin doch keine Heilerin. Sie nickte schließlich. "Das wäre wirklich nett."
Creme schurrte, drehte sich um und lief los. Dunkelpfote folgte ihr.
Plötzlich flüchtete die Dunkelheit und der Boden wurde härter. Creme hielt an. "Da müssen wir hoch." Dunkelpfote legte den Kopf in den Nacken. Dort, wo die Tunneldecke hätte sein sollen, war ein Loch, etwa so groß wie eine Fuchsschwanzlänge.
Creme stieg auf die Hinterbeine. Da sie recht groß war, kam sie mit den Krallen am Rand des Loches an. Mit Kraft zog sie sich hoch und warf den Kopf zurück. "Jetzt du, Dunkelpfote."
Dunkelpfote ignorierte den neckenden Unterton, dann stellte sie sich prüfend unter das Loch. Es war hoch, aber es sollte zu schaffen sein. Dunkelpfote zog die Beine unter ihren Bauch und sprang. Mit ausgestreckten Krallen strich sie die Kante. Mit Mühe versuchte sie, sie in den Boden zu bohren. Mit Erfolg.
Angestrengt zog sie sich nach oben. Creme nickte anerkennend. "Respekt."
Dunkelpfote wedelte abwehrend mit dem Schwanz. Sie sah sich um. Eine große Wiese erstreckte sich vor ihr. Auf ihrer linken Seite, erhoben sich hohe Nadel- und Laubbäume. Ein plätschernder Bach zog sich um ein drei große, spitze Steine und am Rand begann ein Tal mit mehreren Sandkuhlen.
Plötzlich fiel ihr ein rotbraunes, kastenförmiges Gebäude ins Auge. "Ist das ein Zweibeinernest? Wohnen da etwa noch Zweibeiner?", fragte sie und tippte Creme an. Diese schnurrte belustigt.
"Nein, schon lange nicht mehr. Aber jetzt wohnen dort Puma und Stefan.", erklärte sie.
Dunkelpfote legte den Kopf schief. "Puma und Stefan?" Creme setzte sich in das langsam welkende Gras. "Das sind zwei Freunde von mir. Sie treiben sich hier bestimmt irgendwo rum."
Dunkelpfote setzte sich zu ihr und genoss die Sonne. Eigentlich seltsam. Es ist schließlich Blattfall. Sie schob den Gedanken bei Seite.
"Hast du vielleicht Hunger? In unserem Bau haben wir noch etwas Eichhörnchen und ein bequemes Nest." Dunkelpfote überlegte. Eigentlich sollte ich ablehnen, aber ich habe solchen Hunger. Dennoch kenne ich Creme kaum. Was wohl nach meinem Sturz passiert ist? Aber was ist mit meinem Hunger? Jetzt gilt es erstmal, zu überleben. "Ich komme gerne mit.", antwortete sie nach ein paar Herzschlägen. Creme neigte den Kopf und tappte in Richtung Zweibeinernest.
Dunkelpfote folgte ihr. Als sie bei dem Zweibeinernest ankamen, musterte sie es genau. Es bestand aus kantigen roten Steinen und in einem Loch in der Wand, befand sich eine schwarze Katze.
Erschrocken stellte Dunkelpfote ihr Fell auf. Die Katze tat es ihr gleich. Da fiel ihr auf, dass die Katze genauso aussah wie sie.
Creme Schnurrte amüsiert. "Die Hauskätzchen nennen es Seeglas. Die Zweibeiner benutzen es dafür, dass man nichts dahinter sehen kann. Uns verschafft das auch einen gewissen Vorteil gegen Hunde und Hermeline. Wir können sie sehen, sie uns aber nicht.", miaute sie.
Dunkelpfote zuckte mit den Ohren. Hermeline? Lauern hier wohl hinter jeder Ecke Katzenfresser? "Tagsüber kommen keine.", murmelte Creme, als ob sie ihre Gedanken lesen könnte.
Damit schlüpfte sie durch ein weiteres Loch in der Wand. Dunkelpfote tat es ihr gleich. Der warme Geruch von Beute und getrocknetem Gras, mit dem die Nester ausgepolstert waren, strömte ihr entgegen. Creme ließ sich in einem Nest nieder und schob Dunkelpfote ein Eichhörnchen zu.
"Bedien dich.", sagte sie höflich. Dunkelpfote nickte dankbar. Langsam ließ sie sich in ein weiteres Nest nieder und biss in die Beute. Wärme strömte durch ihren Körper und bedeckte ihren Hunger.
"Wo kommst du eigentlich her? Also, wo du ohnmächtig geworden bist?", nuschelte Creme, die selbst einen Happen genommen hatte.
Dunkelpfote erstarrte. Mein Clan! Wie soll ich eigentlich zurückkommen? "Ich komme von der Clans.", hob sie an. "Clans? Was für Clans?", unterbrach Creme sich verwirrt an.
Plötzlich wurde Dunkelpfote schwindlig und der Boden unter ihren Pfoten begann sich zu drehen. "Ich glaube, ich brauche frische Luft.", miaute sie. Creme blinzelte besorgt, doch machte ihr Platz. Dankbar stolperte Dunkelpfote an ihr vorbei.
Als sie draußen war, schnappte sie nach Luft. Was war denn da mit mir los? "Sei gegrüßt, Dunkelpfote." Die Schülerin wirbelte herum. Vor ihr stand eine getüpfelte Kätzin und sah sie höflich an. "W-wer bist d-du?", stotterte Dunkelpfote.
"Ich bin Tüpfelblatt, ich komme vom-" Sie stockte. "Ich komme vom Sternenclan." Dunkelpfotes Mund wurde trocken. Eine Sternenclan-Katze bei mir? Aber ich bin doch keine Heilerin. "Der Sternenclan weiß, dass du wieder herkommen musst.", fing Tüpfelblatt an. Ihre Miene war ernst. "Wandre nur bei Nacht. Folge dem Mond, wo er aufgeht und lasse ihn hinter dir, wo er untergeht."
Dunkelpfote verstand nicht. "Was? Wieso soll gerade ich gehen? Ich bin keine Heilerin und noch nicht einmal Kriegerin.", erwiderte sie verwirrt.
"Dunkelpfote?", ertönte eine Stimme. "Bist du wach?" Die schwarze Kätzin wirbelte herum, doch da war niemand. Als sie sich wieder an Tüpfelblatt wandte, war diese verschwunden.
Plötzlich fingen Dunkelpfotes Beine an zu zittern. Ein seltsames Gefühl breitete sich in ihr aus und sie sackte zusammen. Alles wurde schwarz.
Nur Tüpfelblatts Stimme hallte noch in ihrem Kopf. Der Sternenclan weiß, dass du wieder herkommen musst. Wandre nur bei Nacht. Folge dem Mond wo er aufgeht und lasse ihn hinter dir, wo er untergeht.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top