Kapitel 19

Schwarzpfote lief den steilen Hang zum Mondsee hoch. In ihren Pfoten pochten bereits Aufregung und Neugierde. Es ist so weit, mein zweiter Besuch am Mondsee, um mir mit meinen Ahnen die Zungen zu geben. Sie unterdrückte ein ehrfürchtiges Schaudern. Hoffentlich würde sie eine gute Nachricht erhalten. Direkt nach der Großen Versammlung hatte Brombeerstern die Patrouille, die Stefan suchen sollte, losgeschickt.

Birkenfall war begeistert gewesen, nur seine Gefährtin Weißflug hatte etwas dagegen gehabt. Als die Patrouille hatte aufbrechen wollen, war auch plötzlich Dahlienpfote dazwischen gegangen. Schwarzpfote schüttelte bei dem Gedanken an die Schülerin ihren Pelz. Sie hatte versucht, Stachelkralle vom Gehen abzuhalten, was diesem wahrscheinlich sehr peinlich gewesen war. Er war von einer Pfote auf die andere getreten und hatte nach Gründen gesucht, um sich ihr zu entziehen. Schwarzpfotes Schnurrhaare zuckten vor Belustigung.

Plötzlich unterbrach Erlenherz ihre Gedanken. "Schwarzpfote, wo bleibst du denn?" Der Schülerin wurde heiß und sie eilte ihrem Mentoren schnell hinterher, der bereits am Ende des Hangs angekommen war.

"Tut mir leid.", miaute sie rasch.

"Dein Glück, dass Häherfeder nicht mitgekommen ist.", scherzte Erlenherz mit strengem Unterton.

Schwarzpfote kringelte vor Belustigung ihren Schweif und stellte sich neben ihn. Langsam ließ sie ihren Blick in die Senke hinablaufen. Pfützenglanz und Schattenpfote waren bereits da, doch etwas war anders. Der Heilerschüler des Schattenclans sträubte nervös sein Fell und redete unaufhörlich auf den anderen Kater ein. Warum ist er denn so aufgeregt? Schwarzpfote erschrak, als Erlenherz neben ihr den Hang hinunterlief. Hektisch folgte sie ihm.

"Erlenherz. Schwarzpfote." Pfützenglanz' Augen leuchteten erleichtert auf. "Es geht euch gut. Aber...Wo ist Häherfeder?" Erlenherz machte ein verdrossenes Gesicht. "Freut mich, euch zu sehen. Häherfeder muss sich weiterhin um Schnapppelz und Kirschfall kümmern. Aber zum Glück ist er auf dem Weg der Genesung.", antwortete er und seufzte.

Der Heiler des Schattenclans blinzelte besorgt. "Das ist schade, wir haben nämlich gute Neuigkeiten." Er sah zu Schattenpfote.

Schwarzpfote spitzte neugierig ihre Ohren. Was für Neuigkeiten? Plötzlich ertönte eine Stimme.

"Wollt ihr etwa Neuigkeiten ohne den Wolkenclan verkünden?"

Die weiße Kätzin mit den schwarzen Pfoten wirbelte überrascht herum und sah, wie Tupfenwunsch und Zappelflocke den Abhang hinuntersprangen. Die Augen des Heilers funkelten belustigt.

Pfützenglanz schüttelte rasch den Kopf. "Natürlich nicht, Zappelflocke." "Was gibt es denn für Neuigkeiten?", hakte Erlenherz nach. Pfützenglanz schwieg noch einen Moment und nickte seinem Schüler auffordernd zu. Der braune Kater mit den weißen Flecken trat mit geschwollener Brust vor. "Ich werde Heiler." Schwarzpfotes Augen weiteten sich überrasch. "Herzlichen Glückwunsch. Dann wirst du endlich deine -pfote los und bekommst deinen eigenen Namen.", maunzte sie aufgeregt.

Tupfenwunsch nickte Schattenpfote anerkennend zu. "Das ist ein großer Moment für jeden Heiler." Ihr ehemaliger Schüler Zappelflocke neigte zustimmen den Kopf. "Das stimmt." Mit einem freundlichen Lächeln knuffte Erlenherz dem SchattenClan-Kater in die Seite. "Genieße die Freude, solange sie noch da ist. Schon bald hast du genauso viel zu tun wie Pfützenglanz."

Sofort starrte Schattenpfote zu Boden. "Danke.", murmelte er deutlich verlegen.

"Sobald der Fluss- und WindClan eingetroffen sind, werden wir mit der Zeremonie beginnen." Pfützenglanz setzte sich neben seinen Schüler und sah erwartungsvoll in die Runde.

Schwarzpfote rutschte nervös auf ihrem Platz hin und her. Sie wollte nicht mehr lange warten. Neben ihr saßen Tupfenwunsch und Erlenherz, die im Gegensatz zu ihr einen entspannten Eindruck machten. Es ist ja auch nicht ihre erste Heilerzeremonie. Ich war noch nie bei einer dabei!

"Dürfte ich euch um Rat bitten?", fragte Erlenherz plötzlich. Schwarzpfote ahnte, worauf er hinaus wollte.

Zappelflocke legte den Kopf schief. "Du klingst so besorgt. Was ist ist los?"

"Kirschfall hat eine infizierte Wunde am rechten Vorderbein.", erklärte der dunkelrote Kater. "Ich habe es bereits mit Ampfer, Schachtelhalm und Ringelblume versucht - sogar mit einer Paste aus Beinwell und Mohnsamen - aber nichts wirkt."

Schwarzpfote zuckte bei dem Gedanken an die Kriegerin zusammen. Jede Nacht stöhnte sie im Schlaf und presste ihre Worte nur unter Schmerzen heraus. Auf einmal wehte ihr ein neuer Geruch in die Nase, der ihre Sorgen unterbrach. FlussClan und WindClan!

"Das klingt nicht gut.", ertönte das sanfte Miauen von Mottenflügel. "Vielleicht können wir helfen.", fügte Maulbeerglanz hinzu. Die beiden Heilerinnen tappten elegant den Abhang hinab und gesellten sich zu den versammelten Katzen. "Oder wir." Plötzlich traten Falkenflug und Hirschpfote hervor. Ihre Pelze waren zerzaust. Vermutlich sind sie durchs Moor gerannt. Schwarzpfote nickte den Neuankömmlingen höflich zu, ehe auch sie sich setzten.

"Entschuldigt für die Verspätung. Rennnase hat Fieber und es hat sich eben kurzfristig verschlimmert." Hirschpfote trat neben Schwarzpfote. Maulbeerglanz schnippte gleichgültig mit der Schwanzspitze. "Ist doch nicht schlimm." Dann wandte sie sich an Erlenherz. "Wir hatten neulich das gleiche Problem mit Lotusfall. Sie hatte eine infizierte Wunde an ihrer Flanke."

Mottenflügel neigte zustimmend den Kopf. "Genau wie bei euch hat nichts geholfen. Doch dann hat Brombeerblüte - eine frühere Heilerin des FlussClans - uns gesagt, wir sollen Eichenblätter mit Brennnessel zu einer Paste und mischen und mit den Blättern der Goldrute auf die Wunde drücken."

Schwarzpfote versuchte angestrengt den Worten der Kätzinnen zu folgen. "Blätter der Goldrute?", fragte sie, um sicher zu gehen, dass sie sich nicht verhört hatte.

Die goldene Kätzin nickte. "Genau. Nach ein paar Nächten konnte Lotusfall wieder auf Patrouille."

Begeistert leuchteten Erlenherz Beinsteinaugen auf. "Das werde ich mir merken. Danke!" "Können wir vielleicht weitermachen?", mischte Pfützenglanz sich auf einmal ein. Nachdem er allen nochmal erzählt hatte, dass Schattenpfote heute seinen vollwertigen Namen erhalten würde und Falkenflug, Mottenflügel, Maulbeerglanz und Hirschpfote ihm gratuliert hatten, versammelten die Heiler sich zu einer Traube um die SchattenClan-Kater herum.

Ich möchte auch so gerne Heilerin werden. Schwarzpfote seufzte. Sie wusste, dass es falsch war, Schattenpfote zu beneiden. Der Kater hatte es verdient, endlich Heiler zu werden, schließlich hatte er den Schatten- und WolkenClan zusammengeführt und somit die Vertreibung des WolkenClans verhindert.

Sobald Ruhe eingekehrt war, hob Pfützenglanz zu sprechen an. "Ich, Pfützenglanz, Heiler des SchattenClans, rufe meine Kriegerahnen und bitte sie, auf diesen Schüler herabzuschauen." Schwarzpfote fröstelte. Die Worte des braunen Katers mit den weißen Flecken hörten sich ernst an.

"Schattenpfote, versprichst du, die Wege einer Heilerkatze zu gehen, dich von den Rivalitäten zwischen den Clans fernzuhalten und die kranken Katzen aller zu versorgen, selbst wenn es dich dein Leben kostet?"

Schwarzpfote sah, wie Schattenpfote zitterte. Was passiert, wenn er es nicht versprechen kann? Wenn er einen Rückzieher macht? Ob das den SternenClan erzürnt? Sie schon diesen Gedanken schnell beiseite, als Schattenpfote mit einem lauten "Ja" antwortete.

Pfützenglanz nickte ihm respektvoll zu. "Dann gebe ich dir mit der Macht des SternenClans deinen Heilernamen. Schattenpfote, von diesem Augenblick an wird man dich als Schattenjäger kennen. Der SternenClan ehrt dich und deine Entschlossenheit und wir heißen dich als vollwertigen Heiler in unseren Reihen willkommen." Er leckte seine Schnauze sanft auf den Kopf des Katers, woraufhin dieser ihm respektvoll die Schulter leckte.

"Schattenjäger! Schattenjäger!", jubelte Schwarzpfote und die anderen stimmten mit ein.

Sobald ihre Rufe vom kalten Nachtwind davongetragen waren, drehte Tupfenwunsch sich zum Mondsee um. "Lasst uns nicht weiter Mondlicht verschwenden. Damit tappten sie und Zappelflocke auf den kleinen See zu.

Schwarzpfote spähte zu Erlenherz hinüber, den ihr leicht zunickte, woraufhin sie Tupfenwunsch und Zappelflocke aufgeregt folgte. Ihr Herz fing an, schneller zu schlagen. Erlenherz sprang an ihre Seite und seufzte. "Hoffentlich verrät uns der SternenClan, was wir jetzt machen sollen." Er warf Schwarzpfote einen zuversichtlichen Blick zu, ehe er sich neben Falkenflug an das Ufer hockte.

Schwarzpfote tat es ihm gleich, sodass sanfte Wellen über ihre Pfoten schwappten. Sie schluckte und ein Schauer lief ihr den Rücken hinab. Habe ich Angst davor, meine Träume mit dem SternenClan zu teilen? Schnell verwarf sie diesen Gedanken. Warum sollte ich!

Also streckte sie sich rasch nach unten und tauchte ihre Nase in das kühle Wasser. Sie schloss ihre Augen.

Doch als die schwarzweiße Kätzin sie wieder öffnete, befand sie sich zu ihrer Überraschung immer noch am Mondsee. Sie wollte sich gerade an Erlenherz wenden, doch ihr dunkelroter Mentor war verschwunden. Auch von den anderen Heilern gab es keine Spur. "Erlenherz? Schattenjäger? Hirschpfote?"

Plötzlich ertönte ein lautes Rauschen und Schwarzpfote riss ihren Kopf zum See herum. Wie aus dem Nichts fing das Wasser an, größere Wellen zu werfen. Was passiert hier?

Unsicher machte sie einen Schritt zurück, als die Wogen bereits größer waren als sie.

Dann brach sich eine der Wellen am Ufer und ein Schatten erhob sich. Entsetzt stellte Schwarzpfote ihr Fell auf. Der Schatten formte sich zu einer Gestalt, bis die Schülerin eindeutig einen Katze erkennen konnte. SternenClan, steh mir bei. Vor ihr stand ein weißer Kater mit grauen Streifen und in seinen goldenen Augen bildeten sich helle Sprenkel, sobald das Mondlicht auf sie traf. Er neigte grüßend den Kopf.

"Es freut mich, dich wiederzusehen, Fallende Feder.", maunzte er.

Schwarzpfote blinzelte verwirrt. Fallende Feder? Sie wollte ihn fragen, was er wollte, doch brachte nur ein heiseres "Was?" heraus.

Der Kater runzelte kurz die Stirn, reagierte aber nicht auf ihre Frage. "Wie waren deine letzten Blattwechsel? Bestimmt hast du noch oft an deinen Sieg gegen Grollen des Donners gedacht.", fuhr er stattdessen fort.

Die schwarzweiße Kätzin schüttelte hektisch den Kopf. "Wovon redest du? Wer bist du überhaupt?"

Der fremde Kater machte einen Schritt auf sie zu und musterte sie besorgt. Erschrocken riss Schwarzpfote die Augen auf. "Wieso fragst du? Ich bin es doch, Rasender Bach. Geht es dir nicht gut?" Schwarzpfote wich erneut zurück und sträubte nervös ihr Fell. Sieht er nicht, dass ich diese Fallende Feder nicht bin? "Ich heiße Schwarzpfote.", entgegnete sie unsicher. "Wieso nennst du mich Fallende Feder?"

Rasender Bachs Augen weiteten sich überrascht. "Du weißt es noch nicht, oder?", fragte er und Schwarzpfote war sich sicher, Mitleid in seiner Stimme zu hören. "Was weiß ich nicht?" Sie starrte den weißgrauen Kater prüfend an. Dieser wurde plötzlich nervös und trat von einer Pfote auf die andere.

"Wenn du noch nichts weißt, bin ich mir nicht sicher, ob ich dir das erzählen sollte."

Neugier machte sich in Schwarzpfote breit. "Warum denn nicht?", hakte sie nach, doch Rasender Bach schlug abwehrend mit dem Schweif. Er scheint selbst nicht zu wissen, was er tun soll. "Ich muss zuerst mit Sehendes Blatt sprechen.", erklärte er verzweifelt. "Bitte, Fallende Feder- Entschuldigung - Schwarztatze."

Die DonnerClan-Schülerin schnaubte verärgert. "Mein Name ist Schwarzpfote. Und wer ist Sehendes Blatt?"

Rasender Bach zuckte unter ihrer Frage zusammen. "Mäusedreck!", zischte er in sich hinein. "Kannst du es nicht auf sich beruhen lassen? Ich werde auch gehen."

Schwarzpfote seufzte. Sie sich nicht sicher, ob sie sauer sein oder nachgeben sollte. "Ich brauche eine Erklärung. Es scheint wichtig zu sein und mich zu betreffen, also sollte ich auch erfahren, worum es geht." "Na gut" Rasender Bach schüttelte geschlagen den Kopf. "Aber nur, weil du es bist. Doch eine einfache Erklärung reicht nicht. Lass es mich dir zeigen." Er sah Schwarzpfote durch seine goldenen Augen eindringlich an und sie wusste, dass er es ernst meinte.

Was meint er damit? Irritiert beobachtete die schwarzweiße Kätzin, wie Rasender Bach ins Wasser tappte, bis seine Knöchel von kaltem Wasser umhüllt waren. "Was machst du denn?", rief sie erschrocken.

Der weiße Kater mit den grauen Streifen schnurrte belustigt. "Komm einfach her."

Verärgert schüttelte Schwarzpfote den Kopf. "Aber ich bin keine FlussClan-Katze."

"FlussClan?"

"Ja, warum fragst du?"

Rasender Bach wich ihrem fragenden Blick aus und ging noch etwas tiefer ins Wasser. "Ist nicht weiter wichtig.", murmelte er mehr zu sich selbst. "Aber jetzt komm, du kannst mir vertrauen."

Schwarzpfote zögerte. Kann ich das? Doch sie wagte es nicht, diesen Gedanken laut aus zusprechen und watete hinter dem Kater her in das kühle Wasser des Mondsees. Vom Wind aufgescheuchte Wellen brachen sich an ihren Beinen. Angeekelt schüttelte sie ihre Pfoten.

"Nicht!"

Schwarzpfote zuckte unter Rasender Bachs plötzlichem Ruf zusammen.

"Du darfst das Wasser nicht aufschrecken.", fügte dieser in ruhigem Ton hinzu, als ob damit alles geklärt wäre. Schwarzpfote legte verwirrt den Kopf schief. "Was willst du mir denn zeigen?" Sie sah sich um und betrachtete die leere Senke um den See herum. "Hier ist doch nichts."

"Schau genau auf die Wasseroberfläche.", befahl Rasender Bach und richtete seinen Blick auf den See.

Die Heilerschülerin tat es ihm gleich. Die Spiegelung silberner Sterne erhellte den dunklen Grund des Gewässers. Der weißgraue Kater hob eine Pfote und strich mit ihr sanft über die Oberfläche. Zuerst geschah nichts. Doch dann meinte Schwarzpfote, ein leichtes Flimmern zu erkennen. Es wurde immer heller, bis es sie fast blendete. Schnell kniff sie ihre Augen zusammen. Ist das nur ein Trick? Sie wusste es nicht.

Nach wenigen Herzschlägen wurde sie von Rasender Bach angestupst. "Du kannst sie wieder öffnen."

Als Schwarzpfote ihre Augen einen Spalt breit öffnete, wurde sie von Dunkelheit überrascht. Ihre Pfoten standen nicht mehr im Wasser, stattdessen befand sie sich in einem kalten Gang. "Wo sind wir?", hauchte sie und sah sich um. Rasender Bach lächelte schwach. "Wir sind am Versammlungsplatz. Die Clans nennen ihn Höhle der Sagen."

Schwarzpfote erstarrte. Die Clans? Was redet er für einen Fuchsdung? "Das kann nicht sein. Ich kenne diesen Ort nicht.", entgegnete sie verwirrt. Rasender Bach schnippte belustigt mit der Schwanzspitze.

"Ich meine auch nicht deine Clans."

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Nicht der beste Cliffhanger, ich weiß xD Aber das Kapitel musste hier enden, da es sonst viel zu lang und damit auch langweilig geworden wäre.

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