Kapitel 11
Wolken zogen über den schwarzen Himmel, als Dunkelpfote durch das Donnerclan-Territorium tappte. Der Wind zerrte an ihrem Fell und ließ sie vor Kälte zittern.
Doch da er ihr entgegenwehte, drangen ihr alle möglichen Gerüche in die Nase. Dunkelpfote konnte deutlich riechen, wie der Windclan-Geruch immer stärker wurde. Sie näherte sich der Grenze.
Vorsichtig schlich sie zu dem Fluss, der die beiden Clans abgrenzte. Sie schob sich hinter einem zerfallenen Farnbusch hervor und blickte den steinigen Abhang zum rauschenden Wasser hinab. Es wurde immer wieder von dem steifen Wind aufgepeitscht, bis es sich dann an den Felsen brach.
Unsicher kauerte Dunkelpfote sich hin und prüfte den Abstand zum anderen Ufer. Das ist zu weit weg. Ich muss einen anderen Weg finden.
Damit lief sie weiter am Fluss entlang. Nach einer Weile blieb sie stehen und sah zum Himmel hinauf. Die Sterne stachen schwach durch die Wolken hindurch, genauso wie der Mond.
Er ist hinter dem Moor aufgegangen. Könnte schwer werden, es unbemerkt zu überqueren.
Plötzlich fiel Dunkelpfote auf, dass der Fluss an einer Stelle besonders schmal war, aber immer noch zu breit um ihn zu überspringen.
Doch da bemerkte sie noch einen dünnen Baum, der sich schief aus dem Boden reckte. Ihr kam eine Idee.
Schnell sprang Dunkelpfote hinter den Baum und stützte sich mit aller Kraft dagegen. Nichts. Mist! Was kann ich noch ausprobieren? Die Trittsteine sind überschwemmt.
Wütend stampfte sie mit den Pfoten auf, wobei sie den Matsch aufspritzen ließ. Was würde passieren, dachte Dunkelpfote, wenn ich die Erde rundherum wegschaufle? Dann müssten sich die Wurzeln doch lockern?
Aufgeregt fing sie an, mit ihren Vorderpfoten eine Grube um den Baum zu buddeln. Nach einer Weile lehnte Dunkelpfote sich gegen den Stamm und er wackelte.
"Perfekt.", schnurrte sie. Anschließend drehte sie sich um und stieß mit den Hinterbeinen gegen den Baum. Dieser ächzte kurz, dann fiel er auf die andere Seite. Jetzt konnte Dunkelpfote den Fluss einfach überqueren.
Langsam setzte Dunkelpfote eine Pfote auf den Stamm. Er knirschte leise, hielt jedoch stand. Also taumelte sie so schnell sie konnte auf das andere Ufer.
Als sie dort angekommen war, stieß sie den Baum zurück in das Wasser, wo er sofort von den Wellen verschlungen und an den Felsen zersplittert wurde.
Dunkelpfote schluckte. Vielleicht hätte ich einfach weiter und so zu der Sandüberquerung laufen können.
Dann sah sie sich um. Der Wald endete schlagartig und die weite Heide zog sich vom Donnerclan-Territorium davon.
Dunkelpfote schnupperte an ihrem Fell. Der Regen hatte ihren Geruch vollkommen verwaschen. So konnte sie einfach durch das Gebiet des Windclans laufen, ohne entdeckt zu werden.
Dunkelpfote lief immer weiter durch das fremde Territorium. Der Wind blies durch ihr Fell und ihre Pfoten sackten immer weiter in den matschigen Boden ein. Als sie sich nach einem Rastplatz umsah, entdeckte sie nichts. Nur den Rest vom Wald, ein paar Büsche und einen großen Stein.
Seufzend sprang Dunkelpfote zu diesem. Er war etwa eine Fuchsschwanzlänge hoch. Müde kletterte sie auf ihn hinauf. Plötzlich bröckelte ein Sims des Felsen und brach ab. Dunkelpfote jaulte kurz, dann fiel sie hinunter. Es wurde schwarz.
Als Dunkelpfote ihre Augen öffnete, stellte sie fest, dass die ersten roten Schwaben über den Himmel zogen. Erschöpft stand sie auf. Auf einmal fuhr ihr Dunkelpfote ein stechender Schmerz ins Bein und sie sackte zusammen.
Verwirrt prüfte sie dieses. Eine tiefe, vom Stein verursachte Wunde, zog sich bis zu ihrem Knöchel hinab. Blut floss aus ihr und triefte Dunkelpfotes Fell rot.
Angestrengt versuchte sie sich zu erinnern, was Schwarzpfote ihr erklärt hatte. Gab es nicht irgendein Kraut, damit sich nichts entzündet. Wie heißt das nochmal? Vielleicht Entzündungskraut?
Doch ihre Gedanken wurden von einem Miauen unterbrochen. Die Stimmen wurden lauter.
"Ich freue mich schon auf ein Kaninchen, wenn wir wieder im Lager sind." Oh nein! Eine Morgenpatrouille. Ich muss hier weg. Mit zusammengebissenen Zähnen erhob Dunkelpfote sich. Trotz des Schmerzes humpelte sie so schnell wie möglich zu einem Dornenbusch.
Leise presste Dunkelpfote sich so tief hinein, bis nicht einmal mehr ihre Schnauze hinaus ragte.
"Ich bin mir sicher, ich habe hier etwas gehört.", ertönte die irritierte Stimme von Haferpfote. "Meinst du wirklich? Es könnte auch der Wind gewesen sein.", fügte eine tiefe Stimme hinzu. "Ich weiß, wie Wind klingt, Felsensprung.", konterte Haferpfote.
Dunkelpfote spürte, wie der Schüler sich näherte. Verzieh dich, Kaninchenhirn! Rasch presste sie sich noch tiefer in den Busch, auch wenn die Dornen ihr das Fell zerkratzten. Innerlich dankte sie dem Sternenclan, dass sie das dunkle Fell ihrer Mutter geerbt hatte.
"Du musst dich geirrt haben. Hier ist nichts.", miaute Ottersee schnippisch. Dunkelpfote erinnerte sich, wie Punktglanz sich auf einen Kampf mit der Kätzin eingelassen hatte.
"Komm schon, Haferpfote.", sagte Felsensprung ungeduldig. Erleichtert stellte Dunkelpfote fest, dass der Krieger schwer davon trottete. Ottersee schien ihm zu folgen.
Vorsichtig spähte Dunkelpfote aus ihrem Versteck hervor. Mit einem wütenden Ohrzucken wandte auch Haferpfote sich ab und folgte der Patrouille.
Dunkelpfote wartete, bis keine Pfotenschritte mehr zu hören waren. Dann zog sie sich aus dem Busch hervor.
Ihr Bein schmerzte immer noch entsetzlich und raubte ihr den Atem.
Die Sonne war noch nicht zu sehen. Tüpfelblatts Worte gingen Dunkelpfote durch den Kopf. Wandre nur bei Nacht. Folge dem Mond wo er aufgeht und lasse ihn hinter dir wo er untergeht.
Mit schmerzverzogenem Gesicht humpelte Dunkelpfote weiter. Bis zum Moor war es nicht weit und dann musste sie den von Zweibeinern gebauten Zaun überqueren. Die Heide piekte von unten in ihre wundgelaufenen Ballen. Müdigkeit breitete sich in ihr aus.
Warum muss ich das hier eigentlich machen? Warum nicht Heiler? Selbst jeder Krieger wäre besser geeignet. Dunkelpfote schüttelte sich. Sie musste das hier unbedingt machen. Also humpelte sie so schnell sie konnte weiter.
Aus irgendeinem Grund verschwanden Hunger und Müdigkeit. Du schaffst das., wisperte die klare Stimme von Blaustern.
Dunkelpfote nickte. Immer mehr klammerte sie sich an diesen Gedanken fest und humpelte so weit, bis sie das Moor erreichte und bereits den Zaun sehen konnte.
Für einen kurzen Moment zweifelte sie, doch dann verschwanden die Sorgen schon wieder. Nach wenigen Herzschlägen kam sie bei dem Zaun an.
Eine silberne Schnur spannte sich zwischen den Holzpfählen hindurch. Ehrfürchtig und mit pochendem Herzen strich Dunkelpfote mit den Schnurrhaaren über das feuchte Holz. Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihr breit.
Hinter dem Zaun lag nicht mehr das Gebiet der Clans, sondern eine neue Welt mit neuen Gefahren. Zögernd setzte Dunkelpfote einen Schritt nach vorne. Es lag nun an ihr.
Mit angehaltenem Atem machte sie so viele Schritte, bis sie unter dem Zaun hindurch war. Vor ihr erstreckte sich ein weites Land mit grünen Wiesen, umhüllten Tälern und dem Moor. Ein angenehmes Rauschen kam von den Bergen, die ihre Spitzen in den Himmel streckten.
Flüsse und Bäche schlängelten sich durch einen dunklen Wald. Dunkelpfote keuchte vor Überwältigung. Sie musste nur diesen Hang hinunterlaufen, dann war sie da. In der neuen Welt. Wo sie Creme finden würde.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top