Kapitel 1

 Die Sonne kitzelte Dunkeljunges im Gesicht. Schnell drehte sie sich weg und kuschelte sich eng an den Bauch ihrer Mutter Zweigast. Mit ihren Pfoten fuhr sie sich über ihre Ohren, leckte sich mit der Zunge ihr Brustfell und sah verschlafen ihre Geschwister an.

Bienenjunges und Schwarzjunges schliefen anscheinend noch tief und fest. Auch ihre Mutter rührte sich nicht. Nur ihr Atem rauschte gleichmäßig und machte Dunkeljunges erneut schläfrig. Da wurde sie hektisch von einer Pfote angestupst. Die beiden Jungen Habichtjunges und Neujunges sahen ihr aufgeregt ins Gesicht. Dunkeljunges war schon wieder wach und schüttelte sich beim Aufrichten Farn aus dem Pelz.

"Was ist los?", fragte sie. Neugierig stellte sie ihre Ohren auf. In Habichtjunges Augen schimmerten gespielte Panik. "Du musst uns verstecken!"

"Ja!", stimmte Neujunges ihr zu. "Unsere Mutter möchte uns für die Schülerernennung waschen." Kläglich sahen sie Dunkeljunges an. Diese spielte das Spiel mit und stellt entsetzt ihr Fell auf. "Schnell! Dort drüben hinter den Brombeerranken ist ein gutes Versteck." Doch ehe sie alle davonlaufen konnten, schallte die Stimme von Rußherz zu ihnen herüber.

"Kommt sofort her!" Neujunges und Habichtjunges starrten verzweifelt zu Dunkeljunges. Die getigerte Kätzin packte ihre Jungen am Nackenfell und zog sie streng mit sich.

Ein belustigtes Schnurren konnte Dunkeljunges nicht unterdrücken. Während sie ihnen hinterher sah, setzen sich ihre Geschwister neben sie. Dunkeljunges drehte den Kopf und nickte Bienenjunges zu, bevor sie sich mit einem kleinen Jaulen auf sie warf.

Bienenjunges versuchte sich wegzudrehen, doch war zu langsam. Dunkeljunges erwischte sie mit einer Pfote am Schwanz und zog schnell die andere hervor, um ihn festzuhalten. Ihre Schwester entriss sich dem Griff, sprang auf und legte bedrohlich die Ohren an.

Doch ehe Dunkeljunges sich erneut auf sie werfen konnte, wurde sie von einer Pfote angestupst. Zweigast. Ihre Mutter schob sie und ihre Wurfgefährten vom Rand der Kinderstube weg, zurück in ihr bequemes Farnnest.

"Ich will weiterspielen!", beschwerte sich Dunkeljunges und strampelte mit den Beinen. Doch Zweigast blieb hart. "Brombeerstern hält gleich eine Versammlung ab, das ist nichts für Junge"

"Aber ich möchte zuhören!" "Ich auch." "Wir sind auch ganz leise.", beteuerten Dunkeljunges, Bienenjunges und Schwarzjunges und starrten flehend zu ihrer Mutter hinauf. Zweigasts Blick wurde weicher, dennoch schüttelte sie den Kopf." "Wenn ihr älter seid.", miaute sie entschieden.

Dunkeljunges schnaubte. Älter! Immer muss ich älter sein. Da ertönte eine krächzende Stimme. "Ich kann sie so lange zu mir nehmen." Es war Wolkenschweif.

Zweigast sah den alten Kater dankbar an und scheuchte ihre Jungen in den Ältestenbau. Dunkeljunges wurde von den muffigen Gerüchen überschwemmt. Sie war noch nie hier. Etwas angeekelt rümpfte sie die Nase, ließ sich aber nichts anmerken und kuschelte sich an Schwarzjunges.

Von draußen ertöne Brombeersterns Ruf. "Jede Katze, die alt genug ist Beute zu machen, möge sich zu einem Treffen unter der Hochnase zu versammeln." Dunkeljunges seufzte innerlich. Irgendwann werde ich zum Schüler ernannt und dann zur besten Kriegerin im Clan. Bienenjunges Quieken ließ sie aufschrecken. "Erzählst du uns eine Geschichte?" Sogar Schwarzjunges sah Wolkenschweif begeistert an.

"Oh ja, am besten eine von Feuerstern." Wolkenschweif überlegte, dann begann er. "Eines Tages, als ich mit Feuerstern, damals noch Feuerherz und mein Mentor, begleitet von der edlen Kriegerin Sandsturm, durch den Wald gegangen bin, geraten wir zu einem Donnerweg. Wir mussten ihn überqueren!"

Dunkeljunges Augen weiteten sich. Sie hatte schon viel von Donnerwegen gehört, aber noch nie einen gesehen. "Doch als wir gerade in der Mitte waren", fuhr Wolkenschweif fort, "kam ein Monster angefahren."

Die Jungen schnappten entsetzt nach Luft. Dunkeljunges riss ihre Augen auf und stellte sich vor, wie ein Monster aussah. Sie sollten angeblich riesig sein und von Zweibeinern kontrolliert werden. Sie töteten Katzen. Manchmal verließen sie sogar den Donnerweg, aber zum Glück nur selten.

Ich werde sowieso schneller sein, wenn mich eins angreift. Wolkenschweif erzählte weiter. "Feuerherz und Sandsturm preschten voran, ich versuchte ihnen zu folgen, doch ich war zu langsam. Das Monster hielt an und ein Zweibeiner sprang heraus. Er packte mich und schleppte mich davon in sein Monster."

Bienenjunges keuchte erschrocken. Dunkeljunges musste ihr zustimmen, doch sie wandte ihre Ohren nicht von Wolkenschweif ab. "Er steckte mich in einen Käfig, dann fuhren wir davon und schon bald konnte ich Feuerherz und Sandsturm nicht mehr sehen.", beendete dieser seine Geschichte.

"Wie groß war das Monster?", hakte Schwarzjunges nach. "Dreimal so groß wie ein ausgewachsener Dachs.", erklärte Wolkenschweif. Farnpelz, der weiter hinten im Bau saß, schnurrte amüsiert, als die drei Jungen die Augen weit aufrissen.

Draußen ertönten die Jubelrufe der Katzen und die Namen der neuen Schüler. "Habichtpfote! Neupfote!" Dunkeljunges stellte begeistert ihren Schwanz auf. Gleich würde sie ihren Freunden gratulieren können.

"Danke Wolkenschweif.", miaute Schwarzpfote und schnippte vergnügt mit dem Ohr. "Das war eine sehr interessante Geschichte." Aus Wolkenschweifs Kehle polterte ein Schnurren. "Du drückst dich ja aus, Jungspund." Schwarzjunges machte ein gleichgültiges Gesicht und leckte sich rasch die Schulter.

Auch Dunkeljunges Schnurrhaare bebten belustigt. Meine Schwester ist schon sehr speziell. Ich frage mich, was aus ihr mal später wird. Sie flitzte aus dem Bau und sah sich um. Wo waren ihre Freunde bloß? Da entdeckte sie Habichtpfote, die von ihren Clangefährten beglückwünscht wurde. Ihre Augen strahlten und sie hatte ihr Kinn hoch erhoben.

Eilig stürmte Dunkeljunges zu ihr. "Ich freue mich für dich, Habichtpfote.", rief sie begeistert. Die junge Schülerin begrüßte die schwarze Kätzin Nase an Nase. Ihre Brust schwoll bei dem Lob ihrer Freundin an. "Danke. Bald wirst du auch zur Schülerin ernannt." Neben Habichtpfote saß der hellgelb getigerte Kater Rauchklang.

Dunkeljunges vermutete, dass er der Mentor von Habichtpfote war. Als ob diese Gedanken lesen könnte, sagte sie: "Rauchklang wird mir gleich das Territorium zeigen." Dunkeljunges konnte einen Anflug von Neid nicht unterdrücken. Sie wollte auch so gerne raus aus dem Lager. Was denke ich denn? Sie ist meine Freundin, ich gönne ihr das natürlich.

Da kamen Neupfote und Adlerfeder angetappt. Auch Neupfote hatte einen strahlenden Gesichtsausdruck. Stolz setze sie sich zu Habichtpfote und Rauchklang. "Ich werde auch das Territorium erkunden.", verkündete sie und knetete mit den Pfoten den Boden.

"Wir könnten doch zusammen gehen.", schlug Rauchklang vor und Adlerfeder neigte zustimmend Kopf. Habichtpfote nickte Dunkeljunges noch einmal zu, bevor die Mentoren mit ihren Schülern aus dem Lager tappten.

Dunkeljunges sah sich um. Eichhornschweif stand oben auf der Hochnase und teilte Patrouillen ein. Ihr rotes Fell leuchtete und Dunkelpfote vermutete, dass sie Feuerstern ähnlich sah. "Wer möchte eine Patrouille anführen?", fragte die zweite Anführerin. Blattschatten reckte ihren Schwanz in die Höhe. "Ich kann eine anführen." "Ich auch.", gab Pflaumensprung sich zur Verfügung. "Ich ebenfalls.", warf Hummelstreif ein.

"Gut." Eichhornschweif nickte. "Dann führen ich und Blattschatten Grenzpatrouillen an." "Ich kontrolliere die Windclan-Grenze, wenn das in Ordnung ist." "Mach das, aber achte auf Gerüche in unserem Territorium. Nicht, dass sie wieder die Grenze übertreten haben." Die schildpattfarbene  Kätzin sammelte ein paar Katzen um sich und verließ das Lager.

"Hummelstreif und Pflaumensprung, ihr führt Jagdpatrouillen an! Hummelstreif, du gehst mit deiner Patrouille zum verlassenen Zweibeinernest. Pflaumenweide, du gehst zur Himmelseiche." Die Patrouillen verließen schnell und geordnet das Lager durch den Dornentunnel.

Eichhornschweif fuhr fort. "Ich gehe zur Wolkenclan-Grenze. Bersteinmond, nimm deinen Schüler mit. Schnapppelz, du kommst auch mit." Der dunkle Kater sah auf und streckte sich. Dann lief er mit Eichhornschweif und dem Rest der Patrouille aus dem Lager.

Dunkeljunges schlurfte gelangweilt zum Frischbeutehaufen. Sie hatten einen riesen Hunger und befürchtete, sie könnte jeden Moment zusammenbrechen. Weißflug stöberte zwischen den Beutestücken herum. Als sie Dunkelpfote sah, warf sie ihr freundlich eine saftige Drossel zu.

Dunkeljunges neigte dankbar den Kopf, packte sie und schleppte sie über die Lichtung. Häherfeder stolzierte gerade aus dem Heilerbau. Dunkeljunges passte für einen Herzschlag nicht auf und rempelte ihn an.

Häherfeder fauchte wütend. "Junge sollten aufpassen und Heilern nicht zwischen den Pfoten herum wuseln." Dunkeljunges zog den Kopf ein und trottete beschämt zur Kinderstube.

Zweigast saß vor dem Bau und leckte ihr über die Ohren. "Keine Sorge.", tröstete ihre Mutter sie. "Häherfeder ist halt ein bisschen mürrisch. Als ich früher Junges war, konnte er mich auch nicht ausstehen." Dunkeljunges wusste nicht so recht, wie sie sich fühlen sollte.

Auch wenn er so mürrisch ist, ist er eine hervorragende Heilerkatze. Ich sollte ihm mehr Respekt zollen. Als Dunkeljunges in ihre Drossel biss, verflogen ihre Sorgen und sie ließ sich genüsslich die Sonne auf ihr Fell scheinen.

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